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wieöer ein Umfall. Die Deutschnationalen und der Finanzausgleich. In den nächsten Tagen wird im Steuerausschuß des Reichstags der Entwurf zur Aenderung des Finanz- ausgleicht zwischen Reist), Ländern und Gemeinden zur Beratung kommen. Dieser Entwurf bringt als wichtigste Aenderung die Einräumung des unbegrenzten Zu- schlagsrechts zur Einkommen- und Körperschaftssteuer an Länder und Gemeiltdem Er will also die durch die Erz- bergersche Finanzreform geschaffene Steuerhoheit des Reiches teilweise preisgeben. Es schien bisher, als ob die R e ch t s p a r t e i e n d i e s e n Regierungsvorschlag billigen würden. Die Erz- bergersche Steuerreform war von jeher das Ziel ihrer heftig- sten Angriffe. Stets waren sie für größere steuerliche Selb- ständigkeit der Länder und Gemeinden eingetreten. Jetzt, wo es ernst wich, scheint sich plötzlich ein bedeutsamer Wandel dieser Anschauungen zu vollziehen. Viel bedeutsamer aber ist in dieser Hinsicht ein Artikel des deutschnaiionalen Abgeordneten Dr. Preyer in der Deutschen Allgemeinen Zeitung", in dem die unbegrenzten Zuschläge runi heraus für u n m ö g l i ch erklärt werden. Diese Ansicht wird nit einer interessanten Begründung versehen, die allein. schon die nähere Betrachtung lohnt. Der Hauptvorwurf der Rechtsparteien gegen den bisherigen Finanzausgleich war, daß er Länder und Gemeinden nicht zur Sparsamkeit nötige. Zurück zur finanziellen Selbstverantwor- tung, war die Parole, und ein Mittel dazu sollten die un- begrenzten Zrschläge sein. Jetzt gibt Herr Preyer offen zu:Erholten die Gemeinden das völlig freie Zuschlags:echt, so ist von Sparsamkeit über- Haupt k e i ne Rede mehr." Als weiterer Grund wird angegeben, das unbegrenzte Zuschläge zu wirtschaftlich uner- träglichen Ungeichmäßigkeiten in der Steuerbelastung führen müßten, ein Bedenken, daß die Deutschnationalen bisher auch glaubten in der Wind schlagen zu können. Das w i ch t i g st e aber ist für Hrrn Preyer das außenpolitische Mo- m e n t! Hier ist der unglückselige 29. August, der Tag der Annahme der Dawes-Gesetze, an dem sich die Deutschnatio- nalen zur Retung des Baterlandes in zwei gleiche Teile spalteten, an alem schuld. Was hierzu Herr Preyer schreibt, klingt so erf-illungsfreundlich, daß es unbedingt wörtlich wiedeigegeben werden muß: Wird die Keichsratsvorlag« 19: 99 angenommen und dazu dos Recht der frjen Zuschläge gewährt, so kann leicht der Fall ein- treten, daß noch lnlgcn Zahren die Zahlungen au» dem vawes-plan nicht mehr möglch sind. Mit Recht werden dann unsere Feinde den V o r w u r ferheden, wir hätten den Schwerpunkt der Steuer- erhebung vom Rich in die Länderverschoben", um auf diese Weise uns zahlungsunßhig zu machen. Dieser letzt« Grund ist so durch- schlagend, daß ge>en ihnkeineEinwendung aufkommen kann." Das ist geiau dasselbe, was für die E r z b e r g e r- sche Reform entscheidend war, die die Deutschnationalen unter Anführuig Helfferichs jahrelang wütend bekämpft haben. und das Geg'nteil dessen, was sie selbst vertraten. Schließlich wendet sich Herr Preyer auch gegen ein« Erweiteru,g der Rechte der Länder gegenüber den Gemeinden, weil er endlich richtig herausfindet, daß diese bissin parteiischeingestellt und nicht geeignet find, das Jntsr- effe des Ganzea»u wahren. Deshalb tritt er f ü r e i n e w« i t- g ebendes f sich tsre�ch t d es R etches ein ob- glsich er sich an Anfang seines Artikels als DeutfchnatWNaler zum Föderalisnus bekennt. Anscheinend sind für Deutsch  - nationale Theoie und Praxis auch auf diesem Gebiet zweierlei. Aus diese> Gründen kommt Herr Preyer dann zu salgendem E r«o b n i s: 1. die Frage der Verteilungsschlüssel und der Zuschljge wird v« r t a g t bis zum Sommer 1926; 2. bis dahin me schärfere Aufgabenverteilung zwischen Reich.Ländern und Gemeinden durchgeführt: 3. in- zwischen bleibt es bei der 7Sproz«ntigen Ertrags- beteiligun der Länder und Gemeinden an der Ein- kömmenfteuer. Zum Schluß aber heißt es wörtlich: Grundsätzlic kann-schon setzt festgestellt werden, daß von einem undeshränkten freien Zuschlagsrecht aych nicht die Red fein kann: ein solches wird unter keinen Umständen bewilht werden." - Die Deitschnationalen sind also gegen unbegrenzt! Zuschläge. Werden sie dann aber f ü r begrenzte Ztfchläge eintreten? Hierüber sst sich Herr Nreqer selbst nch nicht klar. Er glaubt offenbar noch die Fragen der Zuhläge und des Verteilungsschlüssels nebenein- .ander Wen zu innen. Taffächlich lautet das Problem aber nicht: Verteilungschlüssel und Zuschläge, sondern Derteilungs- schlüssel oder.uschläge. Zwischen beiden ist zu wählen. Wird den Länden und Gemeinden das Zuschlagsrecht einge- räumt, so fallen>ie Verteilungsschlüssel, auch wenn das Zu- schlagsrecht begrizt wird. Und darin liegt die Gesa H r. die den Ländern!nd Gemeinden aus der agitatorischen Haltung derDeutschnationalen erwächst. Wenn die Detschnationalen dem äußeren Anschein zuliebe statt des bisherig Systems wenigstens die begrenzten Zuschläge cinjhren wollen, so tritt damit kein Fort- schritt, fanden ein Rückschritt ein. Die Länder und Gemeindn gewinnen bei begrenzten Zuschlägen nichts an finarieller Beweglichkeit, sie verlieren aber den einen Voteil, den die Verteilungsschlüssel bisher boten. Nach demvystem der Verteilungsschlüssel waren bis- her die Ansprühe der Wohngemeinden sicher- gestellt. Bei Essührung des Zuschlagsrechts würden diese Ansprüche aefähdet. denn die Wohngemeinde gerät da- durch in Abhängsteit von der Betriebsgemeinde. Herr Preyer weiß woh auch keinen praktischen Weg, was eine Wohngemeinde mhen soll, wenn die Betriebsgemeinde zu niedrige oder gar sine Zuschläge festsetzt, oder wenn sie die Festsetzung zu lang hinausschiebt. Auch hier veeugnen die Deutschnationalen ihre als Oppositionspartei s eifrig vertretenen Forderungen. Solche Wandlungen gehcnaber gemeinhin nicht ohne schwere Ent- täuschung der eigsen Anhänger ab. Zu den betrogenen Aufwertungsgläubicrn werden sich bald die geschädigten Länder und Gmeinden als Opfer deutschnationaler Berwandlungskunft ,esellen.
Ein üierflü'Pges Dementi. Der frühere Reickanzler. Herr Dr. Michaelis, sieht sich veranlaßt, gegen die Ajntasieprodutte des Angeklagten Dittmar im Moskauer   Studcnnprozeß durch das Wolffjche Telegraphen- bureau ein langes Dnenti verbreiten zu lassen. Er versichert darin, daß seine Arbeijn der Studentenschaft niemals mit Politik v--mdetwas zu- tun-Habt habe.. Dem' kann man ganz gewiß Glauben schenken. D> Dementi erscheint uns aber iw übrigen
gänzlich überflüssig. Jedes politssche Kind weiß, daß dieser Mos. kauer Prozeß eine abgekartete Sache ist, die lediglich dem Austausch des in Leipzig   zum Tode verurteilten Russen S k o- blewski dienen soll. Die Redakteure derRoten Fahne" wissen darüber genau so gut Bescheid, wie die Zentrale der Kommunistischen Partei Deutschlands  . Wir haben nichts dagegen, daß Skoblewski nach Rußland   abgeschoben, wird. Aber wenn die russische   Regierung dies Ziel erreichen will, so wird das bei der großen Freundschaft zwischen ihr und dem deutschen   Auswärtigen Amt   nicht sonderlich schwer fallen. Sie könnte getrost auf so alberne Methoden verzichten. Denn schließlich besteht die Mitwelt doch nicht nur aus den gläubigen Lesern derRoten Fahne". Deutsch  - französischer Elsentrust. Die Verhandlungen abgeschlossen? Eine Unternehmerkommission der am Eisenpakt beteiligten Industriellen verhandelte in Luxemburg   am 23. und 24. Juni und erzielte befriedigende Ergebnisse. Daily Telegraph  " undDaily Mail" melden aus Berlin   der erstevon autoritativer Stelle", daß die Verhandlungen zu einem endgültigen Abschluß ge- führt hätten. Es handele sich um die Bildung eines deutsch  -französischen Trusts unter folgenden Be­dingungen: 1. Frankreich   erhält das Recht, aus Elsaß-Lothringen  , dem Saargebiet und Luxemburg   jährlich nach Deutschland   1,7 Millionen Tonnen Eisenerze auszuführen. 2. Die deutsche und die französische   Schwerindustrie behalten die volle Kontrolle über de« heimischen Alarkl, jede in ihrem Land?, während zur Bearbeitung der auswärtigen Gebiete und Märkte ein gemeinsames Syndikat gebildet wird. Die von diesem Syndikat er- haltencn Aufträge sollen zwischen den deutschen   und f r a n z ö- s i s che n Partnern nach einer festgesetzten Quote verteilt werden. 3. Außerdem wird ein besonderes Syndikat zur Produktions- konlrolle gebildet und langfristige Verträge für die Lieferung französischer Erze an die deutschen   Hochöfen und von Ruhrkohle an französischen   Eisenhütten werden abgeschlossen. Schließlich werden noch deutsche und französische   Industrielle sich gemeinsam an französischen   und deutschen   Unternehmungen beteiligen. Diese Meldung desDaily Telegraph  " erhält eine gewisse Bestätigung durch dieBerliner Börsen-Zeitung". Dort wird versichert, daß die englischen Meldungenden Tatsachen vor- auseilten" und versichert, daß die Meldung über die Bildung eines gemeinsamen Syndikatsin dieser Form" un- richtig sei. Das Ziel der Verhandlungen und die Verhandkungsbasis scheint demnach durch denDaily Telegraph  " richtig umrissen zu sein._ Ein chinesischer Protest in Serlin. Personalveränderung in der Abteilung In. Die chinesische   Regierung hat durch ihre Ber  - liner Gesandtschaft dem Auswärtigen Amt   ein« Rote über». reicht, in der gegen die Verhaftung der 18 chinesischen  Studenten Protest erhoben und eine Untersuchung dieser peiss- lichen Angelegenheit gefordert wird. Die Meldungen ver- schiedener Blätter über chinesische Forderungen nach Be- st r a f u n g der schuldigen Beamten und auf Zahlung einer Cntschädia.ung an..dieestzen Tag lang inhaftierten Studenten sind falsch. Indessen scheint, Deutschland   infofern dem Protest stattgegeben zu haben, ots'�eftie n'g in der Ab- t-iknng I, vorgenommen wurde, die von der BS.-Korrespondenz wohl nicht zu Unrecht mit den Borgängen bei der Ehinesen-Ver- sammlung in Zusammenhang gebracht wird. Der bisherig« lang. jährige Bearbeiter der linksraditalen Bewegung, Polizeirat He n. ning, ist nämlich zum Leiter des Polizeiamts Tempelhof ernannt und durch den Polizeirat Mittasch ersetzt worden, der bisher die rechtsradikale Bewegung bearbeitete und dessen Posten künftig vom Regierungsassessor Dr. Schmidt, bisher Leiter de» Polizei- amts Wedding, übernommen wird. Protestaktion der Berliner   Chinese» gegen einen verdächtigen General. Der chinesische   General Hsü befindet sich feit einiger Zeit mit Gefolge in Berlin  , um die politische und wirtschaftlich« Lage Deutschlands   zu studieren. Seine Anwesenheit hat bei den in Ler- lin lebenden chinesischen   Studenten lebhast« Besorg. nisse hervorgerufen. Man neigt zu der Auffassung, daß der General in Deutschland   Waffen kaufen und Anleihen aufnehmen will, die schließlich gegen die chinesischen   Ausstöndischen Derwen- dung finden' sollen. Am Sonnabend abend erschien, aus dieser Besorgnis heraus, auf der chinesischen   Gesandtschaft in Berlin  «ine große An- zahl chinesischer Studenten, die in emer dort abgehaltenen Ber» sammlung dem Gesandten ihre Bedenken gegen die Anwesenheit des Generals Hsü zum Ausdruck brachten und dessen sofortige Ab- reise forderten. Der Gesandte gab die Erklärung ob. daß der General sich ausschließlich zu Studienzwecken in Berlin   auf- hält und gar nicht an den Ankauf von Waffen oder den Abschluß von Anleihen denkt. Der Ausforderung, diese Erklärung in einem mit seiner Unterschrift versehenen Schrissstück feierlichst zu wieder- holen, kam der Gesandte nach. DerAusschuß der chinesischen  nationalen Freiheitsbewegung", der diese Aktion leitete, beabsichtigt, die von dem- Gesandten unterschriebene Erklärung im Wortlaut der deutschen   Oeffentlichkeit zu unterbreiten. Bon chinesischer Seit« wird auf das Bestimmtest« versichert. daß es sich um keine kommunistische Aktion gehandelt und nur Chinesen an ihr teilgenommen haben. Inzwischen ist General Hsü vom Reichspräsidenten   in Audienz empfangen worden. Nach der Entscheidung der Sozialisten. Bezirksverbände gegen Kammerfraktion. Paris  . 29. Juni.  (Eigener Drahtbericht.) Die Haltung der sozialistischen   Fraktion in den Debatten über die Marokkofrage und die Caillauxschen Sanierungsmaßnahmen hat innerhalb der Partei sehr starke Unzufriedenheit auegelöst. I» einer ganzen Reihe von Departements ryird von- den zuständigen Parteiinstanzen scharfe Kritik geübt, weil die Fraktion an der Fiktion einer gemeinsamen Politik der Linken festzuhalten versucht, obwohl' der Kurs, den das Ministerium Painlevc eingeschlagen Hab«, sich von Tag zu Tag mehr von dem Programm des 11. Mai entferne. So hat am Sovntag der. Parteikongreß im Departement Rhone   in Lyon   sich einstimmig gegen die Fortführung der Unter- ftützungspolitik ausgesprochen. Der Kongreß des Departements Pouche du Rhöne in Marseille   hat eine Resolution gesaßt, in der die Delegierten zum Parteitag beauftragt werden, für den s o- fortigen und bedingungslosen Abbruch der Unter- ftützungspolitik zu stimmen und jeden Beschluß abzulehnen, der der Fortsetzung der gegentvärtigcn Politik durch irgendwelche Kam- promisse die Tür offenhalte.
Keine kurzfristige Anleihe. Paris  , 29. Juni.  (Eigener Drahtbericht.) Die Abendblätter vom Montag teilen mit, daß die wertbeständige Anleihe nicht, wie ursprünglich angenommen wurde, kurzfristiger Natur sein wird, sondern daß das Finanzministerium beabsichtigt,«ine auf Goldfranken unkündbare Rente auszugeben. Weiterberatnng des Budgets. Paris  . 29. Juni.  (Eigener Drahtbericht.) Die Kammer fetzt« am Montagnachmittag die in vergangener Woche unterbrochen« Beratung des Budgets fort. Nachdem die Finanzkommission sich mit der vom Senat beschlossenen Streichung eines großen Teiles der von der Kammer in erster Lesung gefaßten Beschlüsse, soweit sie auf die Modifikation der geltenden Steuergesetze hinauslaufen. abgefunden hat, dürfte die Verabschiedung des Haushaltsgesetzes im Plenum auf keine unüberwindlichen Hindernisse mehr stoßen. Nur in einem Punkt bestehen noch ernstliche Differenzen zwischen der Regierung und der Mehrheit der Kammer. Die Finanzkommission hat die in erster Lesung beschlossene Modisitation der Umsatz» st e u e r, die die Unternehmungen des Lebensmittelhandels und der Lebensmittelindustrie, soweit sie nicht mehr als drei Angestellte be- schäftigen, von dieser Abgabe befreit und im Einnahmehaushalt durch eine Produktionssteuer auf gewisse industrielle Fabrikate er- setzen will, ungeachtet der Ablehnung durch den Senat und des Widerspruchs der Regierung wiederhergestellt. Da C a i l l a u x an- gekündigt hat, daß er dazu die Vertrauensfrage stellen wird, ist nach den Erfahrungen der vergangenen Woche damit zu rechnen, daß die Mehrheit auch in dieser Frage kapituliert- In parlamen- tarischen Kreisen rechnet man damit, daß das Parlament unmittel- bar nach der Verabschiedung des Budgets die Diskussion der zurück- gestellten fiskalischen Borlagen beginnen und in wenigen Tagen zu Ende führen wird, so daß die Session spätestens zum 14. Juli ge- schlössen werden kann. /lrbeitslosenöebatte im Unterhaus. Scharfe Kritik Macdonalds. London  . 29. Juni.  (Eigener Drahtbericht.) Am Montag wurde im Unterhaus auf Antrag der Arbeiterpartei das Arbeitslosen- Problem besprochen. Macdonald eröffnet« die Debatte und führte aus, daß dos Heer der Arbeitslosen in den letzten Monaten beispiellos gewachsen sei. Di« Regierung habe die Be- schaffung neuer Arbeitsgelegenheiten nicht mit der«rsorderlichen Energie betrieben, wie sie in der Arbeitslosenfrog« überhaupt äußerst saumselig sei. Anschließend begründet« er einen Antrag der Arbeiterpartei, der sachlich, aber in aller Schärf« Kritik an der Regierung übt und bestimmte Mahnahmen zur Abhilfe for- dert. Der Ministerpräsident B a l d w i n ergriff dann persönlich da» Wort zur Erwiderung. Er teilte mit, daß die Regierung be» stimmt« Pläne erwäge und n. a. auch überlege, ob eine Verminde- rung des Arbeitslosenheeres durch Subventionen an die brachliegen- den Betriebe zu ermöglichen sei. Unter anderem sei an die plan- mäßige Ueberweisung von Aufträgen, die Erteilung von Krediten und die Ermäßigung der Frachtsätze aus den Eisenbahnen gedacht. »st Nach einem WTL.-Bericht besprach Baldwin in seiner Antwortrede auch die außenpolitischen Fragen: Ueber den Einfluß der Außenpolitik auf die Industrielle Lage erklärte er, die britische Außenpolitik der letzten fünf Jahr« habe ohne Rücksicht darauf, welche Regierung an der Macht war, Chaos ,up:d Unruhe in, Europa   durch Ordnung und Friede» zu ersetzen, versucht. Es sei sehr schwer gewesen und werde noch sehr schwer sein, aber ein wirklicher Fo,rt- s ch r i t t fei bereit» gemacht worden. England selbst habe kein« g«. ring« Roll« gespielt bei der Wiederherstellung Oesterreichs  . Ungarns   und Deutschlands  . Entweder habe England selbst im Berein mit anderen Ländern oder durch den Völkerbund einen steten Einfluß ausgeübt, der unaufhörlich und unerschütterlich aus den Frieden hinzielte in dem Bewußtsein, daß Ariede« in Europa   ein unbedingt wesentlicher Begleitumstand für jeden industriellen Fortschritt tn England sst. Auf die Sicherheitspaktverhandlungen über- gehend, erklärte Baldwin, die Regierung unternehm« jetzt einen weiteren Versuch, um eins» Schritt vorwärts zu machen, der nach seiner Ansicht«in« groß« Wirkung auf die Festigung d« Lage w Westeuropa   haben und zum Beginn der Heilung der alten Fehde und BivalllSt zwischen zwei großen Rationen beitragen werde. Wenn diese Bemühungen von Erfolg gekrönt seien, so sei er überzeugt, daß dann«in weitererMei lenstein auf dieser langen mühseligen Straß« passiert worden ist. Putschregierung und Parlament. PangaloS droht mit Auflösung. Athen  . 29. Juni.  (Eigener Drahtbericht.) Der Führer der griechischen Militärrevolte Hai am Sonnabend«in Kabinest gebildet, da» im wesentlichen aus Richtparlamentariern besteht. Die neue Regierung, deren Vereidigung durch den Präsidenten bereits erfolgt ist, beabsichtigt, sich am Montag der Nationalversammlung vorzu­stellen. Da Pangalos sich mit dem Plan trägt, das Parlament im Falle einer Obstruktion aufzulösen, werden parlamentarische Schwierigkeiten nicht erwartet.
Das Tafelgeschirr des Kronprinzen. Allgemeine Aufmerksamkeit erregte bekanntlich in der Oeffent- lichkeit die Debatte über den Antrag der Berliner   sozialdemotra- tischen Rathaussraktion, das seinerzeit für den Kronprinzen des Deutschen Reichs   bestellt)! kostbare silbern« Tafel­geschirr jetzt nicht dem Exknmprinzen zu überreichen, sondern es in einem Museum zur Ausstellung zu bringen unfc. auf die Weise diesen wertvollen Kunstschotz der Oeffentlichkeit zu erhalten. Die Abstimmung im Berliner   Rathaus ergab durch zwei verschie- den« Mehrheiten ein etwas merkwürdiges Resultat. Jetzt hat sich gestern im Berliner   Rathaus die erneuerte Kommission der an der Schenkung der beteiligten preußischen Großstädte, die aus den Oberbürgermeistern und Stadtverordneten der betreffenden Städte zusammengesetzt ist, mit der ganzen Materie noch einmal beschäftigt. Man hat beschlossen, eine dreigliedrige Kommission zum Exkronprinzen nach Oels   zu entsenden und ihm nahezulegen, er möge freiwillig auf die Annahme dieses früher unter ganz anderen Umständen beschlossenen Geschenks verzichten und einer Ueberweisung des Tafelgeschirrs an ein Museum von sich aus seine Zustimmung geben. Es wird sich bald zeigen, ob dieser Appell an das Anstandsgefühl des Schloßherrn von Oels   Erfolg haben wird. Es gibt Skeptiker, die behaupten, der frühere Kronprinz lege vielzuviel Gewicht auf den für ihn angeblich so notwendigen Vermögenszuwachs, als daß solch eine Ver- mittlungsaktion Erfolg haben könnte. Die Oeffentlichkeit wird jedenfalls gespannt sein, zu erfahren, wie sich der frühere Kronprinz in diesem Fall verhalten wird. Im allgemeinen waren ja die Hohenzollern   in Fragen des Taktes nicht immer gut beraten. Lielleicht macht der Herr von Oels   hoch einmal eine Ausnahme.