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e. 30542. Jahrg. Ausgabe A nr. 157

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Vorwärts

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutfchlands

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Mittwoch, den 1. Juli 1925

Auftakt zum Zollkampf.

Sozialdemokratische Protestversammlungen gegen den Brotwucher.

Die Sozialdemokratische Partei hatte für gestern abend sechs Massenprotestversammlungen gegen den Brotwucher ein­berufen. In den überfüllten Versammlungen protestierten ozialdemokratische Arbeiter gegen die Zollpläne der Groß­agrarier und der Industrieherren, die das Volk mit neuer Berschlechterung seiner Lebenshaltung bedrohen. Diese Ber­sammlungen waren ein Auftakt. Wenn die Zollmehrheit Nes Reichstags den Versuch machen will, die Zollvorlage bis Jum 18. Juli durchzupeitschen, so werden die parlamenta rischen Kämpfe ein gewaltiges Echo in den Volksmaffen finden. Wir stehen erst am Beginn des Zollkampfes.

waltung, öffentliche Lasten und Proz. jährlicher Zinsen ür die auf 25 Broz. aufgewerteten Hypotheken und das ebenso aufgewertete Raufgeld zugestanden werden. Diese Ausgaben erfordern lediglich 63% Pro3. der Frieden smiete, während zur zeit 76 Broz. erhoben werden. Da die Hypothekengläubiger durch verfassungswidrige Verordnungen und Gesetze an der vollen Nutz nießung ihrer Rechte an dem offensichtlich und überall noch vor­handenen Besiz gehindert werden, verlangen sie das Mitbe. ftimmungsrecht bei der Mietzinsbildung, um eine ungerecht­fertigte Bereicherung des Eigentümers zu verhindern.

Die beabsichtigte Einführung von Schuhzöllen auf lebens. Während sosialdemokratische Arbeiter gegen die Anschläge notwendige ausländische Lebensmittel und Rohstoffe hat erfahrungs­der Brotwucherer demonstrierten, während die sozialdemo- gemäß feine andere Folge, als die Preise der inländischen Fratischen Redner das ganze werftätige Bolt aufforderten, wie Erzeugniffe in die Höhe zu treiben, ohne daß dadurch ein Mann gegen die 3ollpläne zusammenzustehen, versuchten eine Bermehrung der inländischen Erzeugung eintritt. Unfere Wirt. die Kommunisten unter Führung der Abgeordneten Ruth schaft hat nur dort Anspruch auf Schutz vor überlegenem Wett­Fischer und Höllein die Protestversammlungen gegen bewerb des Auslandes, wo die Einfuhr entbehrlicher Güter zu den Brotwucher zu stören und zu sprengen. Das ist die einer Berschuldung an das Ausland führen würde. Jeder darüber neue Tattit der Einheitsfront, die sie befolgen hinausgehende Schuhzzoll befreit die deutsche Wirtschaft von not. mollen! Als einft im Sportpalast die Massen der sozialdemo- wendigen 2aftrengungen zu gesteigerter Leiffung und unter­fratischen Arbeiter gegen die Pläne der Reaktion demon ftüßt die politik der fonfumfeindlichen kartelle ferierten, fielen die Kommunisten mit Gummifnüppeln, mit und Synditate. Die Einführung der vorgeschlagenen Schutz­effer und Schlagring über sie her. Gestern, als es sich zölle würde eine neue erhebliche Belastung der Gesamtwirtschaft barum handelte, den Zollplänen der Agrarier den geschloffenen herbeiführen und für diese um so weniger fragbar sein, als nach Brotest des gesamten werftätigen Boltes entgegenzusehen, den Bersicherungen der Reichsregierung eine Erhöhung der Auf­unternahmen fie einen gleichen, wenn auch schwächlichen Berwertung über 25 Broz. von der Wirtschaft nicht übernommen wer­fuch. Wer die Geschlossenheit des Kampfes gegen den Brot den kann. mucher zu stören versucht, der macht sich troß aller tönenden Phrasen zum Bundesgenossen der Brotmucherer!

Schußzölle und höhere Mieten können von den Geschädigten

fprüche wiederhergestellt wird. Eine weitere Ueberspannung der Belastung der Geschädigten lehnen wir nachdrücklichst ab.

Vorwärts- Verlag 6.m.b.H., Berlin SW. 68, Lindenstr. 3

Boftfcheckkonto: Berlin 37536- Bauffonts: Direktion der Diskonto- Gesellschaft, Depofitenkaffe Lindenstraße 3

Die neue Unfallgesetzgebung.

Der Reichstag hat den veränderten Entwurf angenommen. Bon August Karsten .

Die Neuregelung der Unfallversicherung war schon seit über einem Jahre vom Reichsarbeitsminister angekündigt. Erst Ende März legte die Reichsregierung dem Reichstage den Entwurf über die Aenderungen dieses Gesetzes vor. Im Reichstage ift in zwanzig Ausschußßigungen der Entwurf der Reichsregierung gründlich umgestaltet worden. Die Wünsche der Versicherten und Berlegten sind leider nicht in dem er­forderlichen Maße befriedigt worden. Die Gesetzgebung fann nicht als abgeschlossen gelten.

Das Verlangen der Arbeitervertreter, den Kreis der Versicherung zu erweitern, lehnte der Reichstag ab. Die Regierung erflärte, daß diefe Frage in einem selb­ftändigen Geseh geregelt werden soll.

Eine Erweiterung des versicherungspflichtigen Beschäftigungstreifes ist dadurch vorgenommen worden, daß der Weg zu und von der Arbeitsstätte in die Versicherung einbezogen wurde. Als versicherungs­pflichtige Beschäftigung gilt jegt auch die mit dem Betriebe zusammenhängende Bewahrung, Beförderung, Instand­haltung und Erneuerung des Arbeitsgeräts, auch menn es in der Wohnung des Bersicherten geschieht.

Die Bemeffungsgrundlage der Renten ist verändert worden. Die Renten werden bekanntlich neben dem Grade der Erwerbsunfähigkeit nach der Höhe des im legten Jahre verdienten Arbeitslohnes berechnet Jetzt wer­den die Jahresarbeitsverdienste in folgender Weise geregelt: Bei den vor dem 1. Juli 1914 Berlegten werden die alten Jahresarbeitsverdienste der Rentenberechnung zugrunde gelegt mit der Maßgabe, daß eine Bervielfältigung eintritt um

1891 1895

R

1896 1897

1898 1899

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1900 1905

1904 -1906

M

Aber der Kampf der werftätigen Bevölkerung gegen die nur in dem Maße getragen werden, als ihre ausgeschaltete Biri 1.65, wenn sich der Unfall ereignet hat in den Jahren 1885 bis 1890 Sahuzzollpläne der Großagrarier und Industrieherren wird gefchloffen sein! Die Sozialdemokratische Partei , Die im Reichstag entschieden den Kampf gegen die Schutzzoll: pline aufgenommen hat, wird in den kommenden Kämpfen die Massen der werftätigen Bevölkerung führen trok aller fommunistischen Störungsversuche, die jedem denkenden Arbeiter die Schamröte ins Gesicht treiben müssen.

( Berichte fiehe 3. Seite.)

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Folgen der Zollvorlage. Stark steigende Lebenshaltungskosten. Die Reichsinderziffer für die Lebenshaltungs­tosten( Ernährung, Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Bekleidung und sonstigen Bedarf) beträgt nach den Feststellungen des Statisti­fehen Reichsamts für den Durchschnitt des Monats Juni 138,5 gegen 135,5 im Bormonat. Sie hat sich also um 2,1 Proz. erhöht. Nach der alten Methode würde die Inderziffer für den Monat Juni 128,2 betragen, also ebenfalls um 2,1 Pro3. höher sein als im Mai ( 125,6). Die Steigerung ist auf das Anziehen der Ernäh­tungsausgaben, besonders der Preise für Rindfleisch. Ge­müse, Milch und Eier zurückzuführen.

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Die Steigerung im Monat Juni ist der größte Sprung, den der Teuerungsinder im Jahre 1925 überhaupt gemacht hat. Er ist auf die bekannte Teuerungswelle zurückzuführen, von der be sonders die Lebenshaltung der breiten Maffen betroffen worden ist. Dabei haben die drohenden 3ölle eine wichtige Rolle ge spielt. Vor allem muß festgestellt werden, daß angesichts der Zoll­epperimente an eine Herabsehung des Preisniveaus gar nicht zu denten ist. Es ergibt sich also die unbedingte Notwendigkeit, die Nominallöhne den Preisen anzupassen, um den Ausgleich im finkenden Reallohn herzustellen. Im übrigen gibt der Zeuerungsinder auch für den Monat Juni die wirklich eingetretene Teuerung nicht wieder. Sie beträgt für verschiedene Waren, und awar gerade solche, die für die nadte Lebenshaltung in Frage femmen, weit mehr als der Inder anzeigt.

Sparer gegen Schutzoll..

Wir müssen von der Reichsregierung und den Boltsvertretern verlangen, daß sie mehr als bis bedacht sind. her auf das allgemeine Staats wohl

Die Zollvorlage im Ausschuß. Durchpeitschungsabsichten.

In der Dienstagssigung des handelspolitischen Ausschusses sprach fich der Kommunist Hörnle gegen die Agrarzölle aus, deren Aus wirtung für die arbeitenden Massen geradezu katastrophal sein müßte. Abg. Horlocher von der bayerischen Volkspartei versuchte nochmals mit den altbekannten und schon tausendmal widerlegten Argumenten, die Notwendigkeit ber Agrarzölle zu begründen. Der Boltsparteiler Schneider beschäftigte sich insbesondere mit der letzten Rede des Genossen Hilferding . Da sich viele vollkommen abge schlossene Wirtschaftsgebiete gegenüberständen, könne man weder von einem Weltmartt noch von einem Weltmarktspreise sprechen. Die Enimidiung zum füdenlosen Suzzoll sei garnicht aufzuhalten, da sonst der nichtgeschützte Staat dem anderen zum Opfer falle. Deshalb müsse Deutschland die Hochschutz 3ölle der anderen mit eigenen Zöllen beantworten.

Abg. v. Richthofen( Dnat.) fordert

für die Landwirtschaft noch höhere Zölle. Wenn sie nicht bewilligt würden, könne die Landwirtschaft nicht über die jezige Krise hinwegkommen. Die Preise würden nicht steigen, fondern infolge einer gesteigerten Intensität direkt sinken. Der Weg, den Bauern durch eine Ermäßigung der Umsatzsteuern zu helfen, sei ungangbar.

daß zwei Redner, die als Vertreter der Industrie zu betrachten feien, Genosse Wissell wies zunächst auf die merkwürdige Tatsache hin, sich von der Rednerlifte hätten streichen lassen, Daraus könne man den Schluß ziehen, daß die Regierungsparteien ohne große De. batte die 3ollvorlage durch peitschen wollen. Es falle der Sozialdemokratie gar nicht ein, die deutsche Wirtschaft der ausländischen Konkurrenz zu überliefern. Es sei die Pflicht der Re­gierung

... und gegen Mietenerhöhung. durch Verhandlungen mit dem Auslande die Schutzölle gegen­Die Arbeitsgemeinschaft der Aufwertungsorganisationen faßte selfig abzubauen, in der Sitzung vom 24. Juni folgende Entschließung: wozu aber die jeßige Zollvorlage tein guter Auftaft sei. Die So­Die vom Reiche geduldete oder gar geförderte weitere zialdemokratie bestreite feineswegs die Kreditnot der Landwirtschaft, euerung der Lebenshaltung trifft die durch Inflation und Ger aber es handele sich nicht um eine Notlage der Landwirtschaft allein, feggebung geschädigten Kriegsopfer, Sparer und Rent. fondern der gesamten Wirtschaft überhaupt. Die Behauptung, daß ner am schwersten. Mangels ausreichender Erwerbsfähigkeit sind durch die Zölle die Preise nicht gesteigert würden, erledige sich schon se außerstande, ihr sie bereits jetzt dem Elend auslieferndes Ein- dadurch, daß die Zölle gerade deswegen eingeführt werden sollen, tommen den täglich steigenden Anforderungen anzupassen. Die um der Landwirtschaft aus den Taschen der deutschen Steuerzahler hellere Erhöhung der Mieten und der Preise für notwendigste höhere Einnahmen zu verschaffen. Nach den Erfahrungen der leßten Lebensmittel und Rohstoffe durch Schutzölle ist für sie wirtschaftlich Jahre müsse sehr ernsthaft bezweifelt werden, daß diefe Mehrerträg völlig untagbar. Diese Teuerung muß sich auf Länder und Ge- niffe wirklich zur Erhöhung der Produktion benützt werden. Biel heinden in der Form erhöhter Fürsorgeleistungen auswirken. beffer wäre der Weg über die Abschaffung der Umsatzsteuer, die Ge­Eine Erhöhung des Mietzinses läßt sich auch gar nicht recht währung von Krediten und die berufstechnische Ausbildung der fertigen. Unter Gleichstellung der Kaufgeldanlage des Eigentümers| Landwirtschaft. Im übrigen fonnte Genosse Bissell an der Hand it den Hypothekenschulden des Grundstücs darf dem Bermieter von Zahlen nachweisen, daß die Behauptung, die Landwirtschaft sei Zurzeit nur eine Erhebung von Mietzins für Reparatures, Berjet noch mit 12 Milliarden Mart belastet, geradezu unsinnig set.

1.60,

1.45,

1.85,

1.25,

1.15,

1.10,

1.00,

1907 1909 1910 1914

Bei den in der Zeit nach dem 30. Juni 1914 bis zum 1. Juli 1924 Berlegten wird als Jahresarbeitsverdienst der Berdienst zugrunde gelegt, den gleichartige Arbeiter heute ver­dienen. Diese Berdienste werden bei jeder Berufsgenossenschaft nach Gruppen festgestellt. An der Feststellung wirken Arbeit­geber und Arbeitnehmer zu gleichen Teilen mit.

Für die nach dem 30. Juni 1924 Berlegten wird ihr wirklicher Jahresarbeitsverdienst der Rentenberechnung zu­grunde gelegt.

Bei Saisonarbeitern wird der wirkliche Jahres­arbeitsverdienst, und nicht, wie bisher, der ortsübliche Tage­lohn der Rentenberechnung zugrunde gelegt. Ebenfalls wird den Notstandsarbeitern nicht der Ortslohn zugrunde gelegt, sondern der Lohn des letzten Jahres vor Eintritt der Arbeitslosigkeit. In allen Fällen muß aber mindestens das 300fache des ortsüblichen Tagelohnes als Jahresarbeitsverdienst erreicht werden.

Landwirtschaftlichen Arbeitern wird als Jahresarbeitsverdienst nicht mehr der ortsübliche Durch schnittslohn gewährt, sondern ein Durchschnittslohn, der von einer paritätisch zusammengesezten Kommission fest­gestellt wird und der sich nach dem Tariflohn unter voller An­rechnung der Deputat- und sonstigen Bezüge richten muß. Die weitergehenden sozialdemokratischen Anträge, ebenso abgelehnt wie der Antrag, allen vor dem 1. Juli 1924 den in der Landwirtschaft Verletzten Renten nach dem wirklich verdienten Jahresarbeitsverdienst zu berechnen, wurden Berlegten Renten zu geben, die sich nach den heutigen Löhnen

richten.

Die Berechnung der Renten erfolgt fünftig in folgender Weise: Als Bollfrente gelten 66% Proz. des Jahresarbeitsverdienstes.

Zu den Renten erhalten die Schwerverlegten( zu 50 und mehr Prozent Berlegte) für jedes Kind unter 15 Jahren eine 10 prozentige 3ulage. Als Kinder gelten auch Stieftinder und Enfel, an Kindes Statt und für ehelich er. flärte sowie uneheliche Kinder. Die Kinderzulage tann auch für Kinder bis zum 18. Lebensjahre gewährt werden, solange fie in Berufsausbildung stehen. Für durch förperliche oder geistige Gebrechen erwerbsunfähige Kinder wird die Kinder­zulage ohne Altersgrenze gezahlt. Der Antrag der Sozial­demokraten, die Kinderzulagen allgemein bis zum 18. Lebens­jahre zu gewähren, wurde abgelehnt.

An Stelle der Hilfiosenrente tritt jetzt die Pflege. Berlegten, die dauernd fremder Wartung und Pflege bedürfen, muß die Berufsgenossenschaft die erforder liche Wartung gewähren oder eine Pflegezulage zahlen. Diese beträgt monatlich 20 bis 75 m. Höhere Forderungen der Sozialdemstaten wurden abgelehnt.

Die Bestimmung, daß Jahreserheitsverdienste, die üb