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zu besitzen, wird das diesen mechanischen Einwirtungen nicht z gängliche Bertikalinstrument nach Fürst Gallizyn verwendet. Dieser Apparat empfängt Erdstöße nach demselben Prinzip. Die Bewe gungen werden von einer Linse aufgefangen, die einen Lichtstrahl durch einen feinen Spalt auf den Registrierapparat wirft. In ihm rotiert nach Ihreinstellung eine mit photographischem Bapier be­Spannte Walze. Die Anschläge werden also optisch verzeichnet. Ein drittes Instrument ist das Horisontalpendel, das ebenfalls photo­graphisch registriert. Die modernsten Präzisionsfeismometer werden in der Botsdamer Erdbebenwarte noch im Laufe dieses Jahres aufgestellt. Es versteht sich von selbst, daß der Raum der Seismo graphen in der Regel unerleuchtet und in Nachtounfel gehüllt sein muß, um die optische Uebertragung zu ermöglichen. Nur bei den täglichen Kontrollen des Observators und bei Besuchen wird die ständige Finsternis verscheucht.

Die Gezeiten der Erde.

Es lohnt zu wissen, daß die Lotfchwanfangen und Deformation der Erde durch Hutkräfte auch mit einem Horizontaipendel in einem Bergment in 189 Meter Tiefe bei Freiberg in Sachsen gemessen wurden. Die Subhöhe der größten halbtägigen elastischen Mond­flut der festen Erde wird mit rund 10 Bentimeter berechnet. Sie ist durch die sekundäre Deformation der Erdscholle durch die Weeres gezeiten vergrößert. Würden feine Meere existieren, so betrügen

fie 5 Zentimeter.

der Erde

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Gewissermaßen Hand in Hand mit dem Seismograph arbeitet Das gleichartig wirkende Instrument zur Messung der Erd. gezeiten. Es liegt 25 Meter in einem vom Brunnenschacht ab­zweigenden finsteren Stollen mit Tonnengewölbe. Seine Registries rungen überzeugen uns von den Schwankungen, denen die Erd­oberfläche unter dem Einfluß des Mondes unterworfen ist. Gezeiten wie Gezeiten des Meeres: Ebbe umd Flut. Der Erb. gezeitenmesser, wie wir ihn nennen wollen, gibt Auf­zeichnungen in ziemlicher Uebereinstimmung mit den Luftdrud. verhältnissen auf der Erde. Tritt irgendwo ein Erdbeben ein, dann pflanzen sich die Stöße in horinzontaler Richtung und in vertikaler Richtung fort. Zuerst treten die sogenannten Vorläufer auf, dann folgt je nach der Entfernung das Maximum und zuletzt das Nachbeben. Aus Erfahrungsfäßen wird aus der Reihenfolge der Wellen die Entfernung errechnet. Die Herdlage wird nach dem Kräfteparallelogramm festgestellt. Bei Nachbeben ist der geringe Abstand der Marimalausschläge von den Vorläufern typisch. Es bedarf mühsamer Gelehrtenarbeit und eingehender Berechnungen, um die Wizbegier über Wirksamkeit und Schauplatz eines Bebens befriedigen zu können. Der Observator fann am roterenden Bogen lediglich aus den Ausschlagsformen bei seiner täglichen Inspektion die Tatsache eines Erdbebens feststellen und eventuell über Beginn eine Auskunft erteilen. Alle weiteren Schlüsse und Nachweisungen find an das Arbeitszimmer des Observators verwiesen.

70 Jahre Litfaß- Säule.

Wir leben in der Zeit des Platates. Alles brängt nach Ber­gröberung, Vergrößerung, Verbreitung. Wer eine gute Ware zu verkaufen hat, muß annoncieren, denn erst Kenntnis im Publikum schafft Käufer. Und ebenso beliebt ist es, zu plafatieren, wenn man der Deffentlichkeit wichtiges bekanntzugeben hat. Borbet die Zeit, da es genügte, die Novitäten" zu wissen, die das Wochenblättchen meldete, vorbei die Zeit, da über alles der Stadtflatsch genügend informierte. Diese Zeit ist vorbei, weil wir heute überhaupt feine Zeit mehr haben. Von Tag zu Tag wächst die Notwendigkeit, alles Wesentliche in tnappster Form und somit innerhalb fürzester Zeit zu erfahren. Die Bedeutung der Bresse wächst daher genau in dem Maße wie das Tempo unseres Lebens beschleunigt wird. Ebenfo verhält es sich mit dem Platat, und aus der Tatsache, daß vor genau 70 Jahren, nämlich am 1. Juli 1855, die ersten 150 Litfaß- Säulen in Berlin der öffentlichen Benutzung übergeben wurden, läßt sich deutlich erkennen, wie die Menge unserer Arbeit, und auch die rein technischen Schwierigkeiten, sie zu bewältigen, wuchs. Die Litfaß Säufen haben ihren Namen nach ihrem Erfinder. Ernst Litfah war ein Berliner Buchdrucker, der durch seine Unternehmungsluft und andere Fähigkeiten eine gewiffe Berühmtheit erlangt hatte. Im Alter von 29 Jahren übernahm er die väterliche Buchdruckerei, ver­befferte sie und probierte in ihr manche neue Technik mit Erfolg aus. Die Fortschritte, die er im Buntfarbenbrud erzielte, tamen ihm bei der Anfertigung von Riefenplafaten, die nicht nur in technischer, fondern auch oft in künstlerischer Hinsicht recht gut ausfielen, be sonders zustatten. Die merkantilen Kreise des aufblühenden Berlins hatten an so wirkungsvoller Werbung natürlich ein großes Interesse und so tam es, daß bald viele Häuser, Mauerwände, Zäune und Bäume mit bunten Blafaten über und über bebedt waren. Das nahm bald so überhand, daß es notwendig wurde, die Platat reflame zu organisieren, was eben durch die Aufstellung von Litfaß- Säulen, von denen ein Teil gleichzeitig als Brunnen­umhüllung biente, geschah. Die Idee der Litfaß- Säule stammte übrigens aus Paris . Sie bewährte sich, denn schließlich gibt es ja auch für den Straßenpassanten teine billigere und bequemere Zeitung. Möge das Geburtstagskind, wenn es auf ein 100jähriges Dasein zurückblicken darf, mur mit frohen Nachrichten betränzt, d. h. also, beklebt sein.

Der Mord an Genta Eckart.

thm noch wegen eines Betruges zu beschäftigen, indem fich der Täter einer anderen Frau gegenüber als Arzt ausgegeben hatte und nach einem feierlichen Eheversprechen diese um 1800 mart geschädigt hatte. Das Schöffengericht erfannte auf 8 Monate Gefängnis wegen Erpressung und Betruges. Friz R. dessen Braut, dann bringe ich Dich ins Gefängnis.

,, Wenn Du mich nicht heiraten willst", sagte zu dem Kaufmann

ver=

Ich werde schon auspacken." Aber alle Drohungen waren geblich, der Bräutigam blieb bei seiner Zurückhaltung. Jetzt machte barschaft den Eltern eines 13jährigen Mädchens, daß diese sich die betrogene Braut auf den Weg und erzählte in der Nach­für Körner Besorgungen erledigt habe und von ihm bei dieser Ge­legenheit verführt sei. Sie selbst wollte die beiden in der Woh nung ihres Bräutigams vor mehreren Monaten dabei überrascht haben. Sie behauptete dies auch in der wegen dieser Angelegenheit angefeßten Verhandlung vor dem Schöffengericht mitte, aber der Begleitsicherung mehrerer unbeteilgter Zeugen darüber vor, daß die Denun­Berteidiger legte dem erstaunten Gerichtshofe die eidesstattliche Ver­ziantin schon vor diesem Vorfall nur aus Rachsucht mit einer Anzeige wegen eines Sittlichkeitsverbrechens gedroht habe, falls fie nicht geheiratet werde. Das Gericht ließ sich auch durch das Ge­ständnis" des Mädchens, das wegen ihrer Jugendlichkeit nicht beweis­K. wurde daher freigesprochen. träftig fet, nicht von der Schuld des Angeklagten überzeugen..

Der Begleiter des Mädchens ist der gefuchle Mörder. Achtzehn Tage sind verstrichen, seitdem die zehnjährige Schülerin Senta Edart, die das Opfer eines furchtbaren Verbrechens geworden war, aufgefunden wurde. Die Mordommission forschte nach Anhaltspunkten, die zur Aufklärung des Berbrechens und zur Ergreifung des Mörders dienen fonnten. Wenn sich auch das Publi­tum in regster Weise durch Anzeigen aller Art an diesen Nach forschungen beteiligte, so fehlen doch der Mordkommission noch viele Anhaltspunkte, die für die Ergreifung des Mörders unbedingt not wendig find. Wie häufig bei derartigen Rapitalverbrechen meldeten fich auch diesmal wieder Leute, die sich teils im Trunt, teils in geistiger Berwirrung fälschlich selbst der Täterschaft be. zichtigten. Um nun wirtlich zweddienliche Mitteilungen und Beugenaussagen zu veranlassen, feien noch einmal die Begleit­umstände der Tat furz erwähnt. Senta Ecart ist am legten Pfingstferientag, am Montag, den 8. Juni, morgens gegen 8 Uhr 40 Min. aus der elter lichen Wohnung fortgegangen, um sich nach der Laube des Baters in Blantenburg zu begeben. Seit der Zeit war sie verschwunden. Erst am 13. Juni, einem Sonnabend, wurde sie in den frühen Morgenstunden in einem Kornfelde unweit diefer Laube ermordet aufgefunden. Es war ein Sittlichkeitsverbrechen an ihr verübt worden. Das Kind ist am Montag um 10 Uhr 16 Min. vormittags vom Bahnhof Gesundbrunnen mit der Eisenbahn abgefahren. Beim Einsteigen in das Abteil war ihm ein mann behilflich, ber fich während der Fahrt mit dem Mädchen unterhielt und mit ihm zusammen um 10 Uhr 30 Min. vormittags am Bahnhof Rarow ausft leg. Bei der übersichtlichen Bauart der modernen Borortwagen auf der Bernauer Strede müffen Mitfahrende dies beobachtet haben. Außerdem muß ihnen das lebhafte Geplauder zwischen dem Mann und dem fremben Rinde im Abteil aufgefallen fein. Später müssen sie gefehen haben, wie die beiden den Bahnhof Rarom verließen und den Weg an dem Bahndammentlang einschlugen. Hinter dem Mann und dem Kinde gingen zwei Frauen. Die eine trug einen dunklen Rod und ein graues Um­schlagetuch und führte einen etwa 8-10 Jahre alten Knaben, der eine Jodeimüge aufhatte, an der Hand. Eine zweite Frau mit einem gelblich- blauen Tuch vielleicht einem Kopftuch folgte dieser ersten und bog vermutlich in die Kronthaler Straße ein. Die erste wandte sich ebenfalls nach dem Laubengelände. Beide Frauen haben fich noch nicht gemeldet und fonnten auch trok aller Be­mühungen der Mordfommiffion nicht ausfindig gemacht werden. Da ihr Zeugnis von dringender Wichtigkeit ist, mögen sie sich um­gehend melden.

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Der Begleiter des Mädchens ist der gesuchte Mörder. Er ist etwa 45 Jahre alt, von guter Mittelgröße und schlant, hat mittel­blondes Haar, einen fleinen geschnittenen Schnurrbart von gleicher Farbe, gebräunte Gesichtsfarbe, leicht gebogene Nase und etwas ftarte Lippen auf die er öfters beißt. Seine Hände zeigen auffallend ftarte Fingertnöchel und wenig gepflegte Nägel. Er trug einen ziemlich fauberen dunklen zweireihigen Jadettanzug mit je brei Knöpfen auf jeder Seite, einen buntien weichen Filzhut mit Band, einen weichen weißen Kragen mit gehäteltem graublaumelierten Wer hat diefen Bindeschlips und schwarze breite Schnürschuhe. Mann am Montag, den 8. Juni, um 10 Uhr 30 min. mit dem Berliner Zuge auf dem Bahnhof Karow ankommen lehen? Wer fennt seinen Namen und seinen Aufenthaltsort? Mitteilungen nimmt die Mordfommiffion Werneburg- Albrecht im Zimmer 80 des Polizeipräsidiums Berlin entgegen.( Sausanruf 433 und 601)

Oerthel- Egloffstein.

Selbstmordverfuch im Gerichtssaal.

Bor der Berufungsstraftammer des Landgerichts I wurde noch mals über den Fall Derthel Egloffstein verhandelt, der das Schöffengericht am Ende des vorigen Jahres mehrere Wochen be schäftigt hat. Die Verhandlung entrollte damals ein sehr vielseitiges Bild aus dem Hochstaplerleben dieses Mannes. Bild aus dem Hochstaplerleben dieses Mannes. Ludwig Derthel, der als Freiherr von Egloffftein bei feinen Schwindeleien auftrat, stammt tatsächlich aus diesem alten Adelsgeschlecht. Allerdings hatte sein Bater mit Rücksicht auf die von ihm befleidete Stellung eines Grenzauffehers auf den Abelstitel Berzicht geleistet und den Namen Derthel angenommen.

Aus der Verhandlung ging hervor, daß Derthel sechs Wochen Gast im Hauptquartier v. Madensens als Delegierter des ameri tanischen Roten Kreuzes war, daß er in rumänischer Generalsuni form ganze Eisenbahnzüge stahl. Zwar war er nicht im Flugzeug, aber mit dem zerbrochenen Propeller unter dem Arm als der be tannte Flieger Oberleutnant v. Richthofen" spazieren gefahren und war dann in Breslau überraschenderweise in den Familientag derer v. Richthofen hineingeraten. Rasch hatte er feinen Ramen geändert. Auch bei Ausbruch der Revolution wußte er in Dresden eine Rolle zu spielen, und nach seiner Behauptung will er der sächsischen Rönigsjamilie zur Flucht verholfen haben. Drei Bände Aften find nur mit den gefälschten Urkunden angefüllt, die Derthel bei seinen Schwindeleien gebraucht hat. Neben Millionenschwindeleien ver fchmähte er es aber auch nicht, Aktentaschen zu stehlen und falsche Schecks auszugeben. Nach der Art des Hauptmanns von Köpenick unter Mitwirkung des Gemeindevorstehers Geld abgeholt. Dreimal hatte er eine Komödie als Steuerassessor aufgeführt und bei Bauern war er aus dem lintersuchungsgefängnis entflohen. Es war ihm fogar gelungen, feine eigenen Atten aus der Gerichts schreiberei zu holen. Das Schöffengericht hatte ihn zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Nachträglich war Derthel auch noch wegen Meineides vor dem Schwurgericht mit einem Jahr Zuchthaus belegt Immer noch keine Rentenerhöhung! worden. Er hatte auch in der Affäre der Meineidsfabrik der Frau v. Kulas die Hand im Spiele. Diese beiden Strafen waren in Anfang Juni berichteten wir über die Mißstimmung von eine Gesamtzuchthausstrafe von vier Jahren umgewandelt worden. Rentenempfängern, denen man am Monatsersten bei der Renten- Derthel tam es nun im wesentlichen darauf an, ble Untersuchungs auszahlung eine bittere Enttäuschung bereitet hatte. Durch Gesetz haft angerechnet zu bekommen, und deshalb beschränkte er sich in vom 25. März d. I. war ihnen eine Rentenerhöhung bewilligt wor feiner Berufung auf das Strafmaß. Das veranlaßte auch den den, die auch Nachzahlung für die Zeit vom 1. Januar d. 3. ab Staatsanwalt, feine Berufung zurückzunehmen. Derthel hatte zu­vorsah. Die Mitteilung, daß sie Anspruch auf Rentener nächst eine scharfe Auseinandersetzung mit dem Vorfizenden, der höhung und auf Nachzahlung hatten, ging ihnen sehr bald nicht geneigt war, wie die Leiter der früheren Berhandlungen auf zu. Aber auf den Bostämtern erflärte man noch am 1. Juni, feine impulsiv sprudelnde Art einzugehen. Das Gericht beschränkte daß einstweilen noch alles beim alten bleiben müsse, weil fich darauf, nur den Gerichtsarzt Dr. Bürger zu vernehmen. Der ,, noch keine Anweisung gefommen" set. Die enttäuschten Angeflagte ist im Gefängnis fehr abgemagert. Der große Mann Rentenempfänger erwarteten, daß die Anweisung auf Auszahlung wiegt nur noch 97 Pfund und ist von reizbarer Nervenfchwäche. der ihnen zustehenden Bezüge dann wenigstens bis zum 1. Juli Eine eigentliche Krankheit als Haftentlassungsgrund besteht nicht, kommen würde. Es scheint aber, daß die Rentenerhöhung, die nun doch ist die Hajtentlassung erwünscht. Die Rechtsanwälte Dr. Herbert schon lange genug auf dem Papier steht, auch am 1. Juli tatsäch Fuchs und Themal baten um volle Anrechnung der Untersuchungs­lich noch nicht in Kraft treten foll. Ein Invalide, der früher An- haft. Als das Gericht sich zur Beratung zurückziehen wollte, gestellter war, teilt uns unter Borlegung eines Bostanweisungsabschrie der Angeklagte faut auf: Mi a chen Sie mit mir, was schnittes mit, daß in dem von der Poft ihm soeben zugestellten Sie wollen. Jegt mache ich ein Ende!" Er stürzte auf Rentenbetrag für Juli die Erhöhung wieder noch feine Aftenmappe zu, entriß ihr eine große Flasche Morphium nicht berücksichtigt ist. Der ihm schon Ende März von der und setzte diese an die Lippen. Nur den vereinten Bemühungen der Reichsversicherungsanstalt füer Angestellte zugegangene Bescheid über Berteidiger und der Justizmachtmeister gelang es, den Händen des Rentenerhöhung fündigte von vornherein an, daß die Arbeit, die Angeklagten das Gift zu entwenden. Die Straftammer rechnete neuen Beträge auszurechnen, auch bei größter Beschleunigung dem Angeklagten noch weitere 7 Monate der Untersuchungshaft an, längere Zeit in Anspruch nehmen" werda Aber daß bis zur Be im ganzen aljo 38 Monate, so daß er nur noch 10 Monate zu endigung dieser Arbeit über ein Bierteljahr hingehen verbüßen haben wird. Die Frage der Bewährungsfrist fam für das könnte, darauf wird wohl feiner der Rentenempfänger fich einges Gericht gar nicht in Erwägung. Derthel war mit dem Urteil nicht richtet haben. Jetzt rächt es sich, daß man bei dem Abbau des zufrieden, da er auf Haftentlaffung gerechnet hatte. Er rief deshalb Bureauperfonals zu forsch" vorgegangen ist. Mit dem beim Hinausführen: Ich bin betrogen worden!" verbliebenen Personal und etwaigen Hilfskräften fann man an scheinend die Arbeit nicht so rasch bewältigen, daß die den Renten­empfängern aufgenötigte Geduldprobe noch erträglich werde. Den Rentenempfängern ist mitgeteilt worden, daß sie Anfragen unter­laffen" sollen, da sie zwecklos sind und das Berfahren nur auf­halten würden. Wir hoffen, daß wenigstens eine Anfrage durch den Vorwärts" nicht zwecklos ist und das Verfahren nicht aufhält, sondern beschleunigt. Sonst fönnte es manchem Rentenempfänger beschieden sein, daß er die Auszahlung der Steige rungsbeiträge gar nicht mehr erlebt.

,, Liebesgeschichten".

Ein Kaufmann St. hatte ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau I., die jedoch mit ihm brechen wollte. Um sich an ihr zu rächen, schrieb er über seine Erlebnisse mit ihr je einen Brief an ihren Vater und an ihren Ehemann. Er verkaufte alsdann ihr diese Briefe für 10 Rentenmart. Darauf begab er sich trotzdem zu dem Ehemann, erzählte diesem die Vorkommnisse und ließ sich auch diese Mitteilung bezahlen. Das Gericht hatte sich mit

Nur nicht Schwarz- Rot- Gold!

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Wenn man sehen will, wie bei Sportveranstaltungen die Farben der deutschen Republik versteckt werden, braucht man nicht zu den Deutschiationalen oder zu den Kommunisten zu gehen. Auch bei den vor kurzem von der Berliner Morgenpost " zusammen mit dem Berliner Sport Club im Grunewald- Stadion veran­stalteten Europatämpfen, an denen Sporttreibende verschie= bener Staaten des Auslandes teilnahmen, fehlte die schwarz­rotgoldene Flagge, obwohl der die Morgenpost heraus­gebende Berlag Ullstein in dem Ruf steht, zur Demofra tischen Partei zu halten. Ein Besucher dieser Sportveranstaltung bat die Direktion des Berlages Ulstein um Auskunft, aus welchem Grunde es unterblieben sei, die deutschen Farben zu zeigen. Er fragte schriftlich an, ob die hierfür verantwortlichen Personen nicht den Mut gehabt hätten, das Schwarz- Rot- Gold des Deutschen Reiches stolz mehen zu lassen. Als Antwort erhielt er folgendes Schreiben: Auf Ihr Schreiben vom 22. Juni teilen wir Ihnen mit, daß auch von uns die Reichsflagge vermißt worden ist, und daß einige unserer Herren noch an Ort und Stelle reklamierten. Der Vor­flgende des Berliner Sport- Clubs, der als Veranstalter und Bächter des Stadions für diesen Tag die Berantwortung trägt, bedauerte das Fehlen der Flagge auch seinerseits, entschuldigte aber seine Leute damit, daß es ohne böse Absicht geschehen sei und sie geglaubt hätten, lediglich die fremden Gäste ehren zu müssen. Tatsächlich erklärt fich vielleicht das Versehen damit, daß der veranstaltende Verein, der Berliner Sport- Club, in Aussicht genommen hatte, seinen Einzug unter der eigenen Klubflagge zu vollziehen und da er für die fremben Klubs deren Flagge nicht hatte, für diese thre Landesflagge zu zeigen. Hochachtungsvoll unstein Aktiengesellschaft, gez. Rich. Muller, Baul Knoll.

Auf diese Auskunft antwortete der Anfragende mit einem Schreiben, in dem er unter anderem ausführte: Sie schieben dem Borsitzenden des Berliner Sport- Clubs die Schuld zu, daß die deutsche Reichsflagge bei den Europakämpfen nicht gehißt war, und zwar mit der seltsamen Bemerkung, daß der Berliner Sport- Club der Beranstalter sei. In sämtlichen Zeitungen des Verlages Unſtein stand dagegen groß und breit, daß die Berliner Morgen­ post " zusammen mit dem Berliner Sport- Club die Beranstalter der Europamettkämpfe feien. Also hat auch die ,, Berliner Morgenpost " die Verantwortung für das Fehlen der deutschen Farben zu über­nehmen."

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Wir tönnen ihm nur beiftimmen. Aus welchem Grunde aber hat der Berliner Sport- Club bei diefer internationalen Beranstaltung allgemein die Flaggen der Länder ausschließen und durch Klubflaggen ersetzen wollen?" Und warum hat er, als er die fremden Klubflaggen nicht erlangen konnte und diese durch die Flaggen der Länder ersehen mußte, nicht auch statt der eigenen Rubflagge- oder neben ihr die Flagge des Deut. ichen Reiches gezeigt? Nein, nur nicht Schwarz- Rot- Gold!

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Wir geben weiter die folgende 3uschrift wieder: Mit dem Berbot der Reichsfarben auf dem Reichsarbeitersporttag im Stadion hat sich das in feiner Mehrheit mit Rommunisten besetzte Ar­beitersportfartell Groß- Berlin" eine bewußte Propofation aller republitanischen Arbeitersportler geleistet. Daß diese Leute die Republik befämpfen, verwundert nicht. Sie haben eben die Befehle ihrer Moskauer Auftraggeber auszuführen. Daß aber die auf dem Boden der deutschen Republik stehenden Sportler und die gleichgesinnten Freunde der Arbeitersportbewegung gezwungen werden, auf einem Reichs sporttag die Flagge der Republif zu verleugnen, ist eine unerhörte Bumutung, die stärksten Protest herausfordert. Den Behörden und den bürgerlichen Sportvereinen wird es verübelt, wenn sie nicht die Farben Schwarz­Rot- Gold zeigen; fie fönnen sich in Zukunft mit Recht darauf be­rufen, daß die stärkste Stüße der Republit, die Arbeiterschaft, felbft die Reichsfarben meidet, weil die kommunistische Leitung des Arbeitersportes in Berlin es so bestimmt. Der Kartellvorstand macht es den bürgerlichen Republiffeinden nach, indem er die parteipolitische Neutralität des Sports herausstellt( auch gegen die eigene Nation"), gegen die Reaktion hätte es bedeutet, wenn der Reichsarbeitersport­aber den Haß gegen die Republif meint. Eine Demonstration gegen die Reaktion hätte es bedeutet, wenn der Reichsarbeitersport­zu einem machtvollen Befenntnis zur Republik geworden tag unbeschadet der sportlichen Interessen der Arbeiterschaft wäre. Aber wie in der großen Politit, so zeigen sich auch in dieser Angelegenheit die Kommunisten als die getreuen hei­fer der Reattion gegen alles, was mit der Re­publit zusammenhängt. Wie lange wollen die republi­tanischen Arbeitersportler diese Art Neutralität" noch mitmachen? falsch angebrachten Zurückhaltung, je eher desto besser für den Ar­Die republikanischen Luzernsportler" müssen heraus aus ihrer beitersport.

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Humor in ernffer Zeit. In den Gartenrestaurants des Spree­und Havelufers vertreibt man ein Mineralwasser, Fürstenbrunn" benannt, an dem ein föftliches Etikett auffällt, auf dem es nach Nennung des Namens im Untertitel heißt: So genannt auf An. trag der gl. Polizei.Direttion von Charlottenburg vom 19. Mai 1857, weil sich Hohenzollern fürsten an Dieser Quelle labten." mit welchem Genuß wird der orthodoxe Monarchist auf der Jagd nach Reliquien dieses von Hohen­zollerngeruch umwitterte Waffer hinunterspülen. Sollte es die ver ehrliche Produzentin dieses Hohenzollernlabetranks nicht doch für angebrachter halten, von der wohllöblichen Charlottenburger Polizeidirektion des Jahres 1857 in die Wirklichkeit des fiebenten Jahres der Republik zurückzukehren?

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Falsche Zehndollarnoten sind in der legten Beit besonders in Berlin , Halberstadt , Jena , Frankfurt a. M. und Beuthen , aber au in anderen deutschen Städten wieder in den Verkehr gebracht morben. Es handelt sich um Fälschungen der Federal Reserve Notes of Serie 1914 mit dem Bildnis des Staatsmannes Sodion in der Mitte Sie find fehr gefchidt matgemacht und die Fälschungen nicht gleich zu erkennen. Das Papier ist leicht geller pergamentartiger als das echte. Die Vorderseite weist ein den echten Scheinen ähnliches leicht verschwommenes Gesamtbild auf. Die blauen Nummern und der blaugedruckte rechte Stempel find auf einigen Stücken unfauber, hell und wie verwaschen, auf anderen Nachbildungen durfelblauer, zuweilen rötlich ausgetonter und durch scheinender Färbung eingefügt. Auf der Rückseite ist die Zeichnung um ein geringes dider, doch sonst ohne besondere Abweichungen wiedergegeben. Anscheinend stammen die Fälschungen noch aus der Werkstatt einer 1922 in Budapest festgenommenen Falschmünzer­bande, deren Falschscheine seinerzeit nicht restlos von der Polizei beschlagnahmt werden fonnten. Mitteilungen an die Falschgeld­zentrale in Berlin .