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voaaerstag 2. IoU?H2S

Unterhaltung unö Wissen

Seilage öes vorwärts

Sommer.

Weiße Rosen, rote Rosen: wunderschöner Kranz. Weiße Mädchen, braune Mädchen: leichtbeschwingter Tanz. Ulmcngrun und Himmelsblau, der Sonne reinstes Gold, Und der Sänger. Meister Fink, ist der Finkin hold. Run die Rächt, die Sternelein machen die Augen auf. Und der Freund, der alte Mond, sitzt vor'm Hinrmelshaus. Onkel Mond, erzähle was. Die Sternlein hören zu. Früh um dreie sagt der Mond: für heute war's genug! t)Srt ihr die Trompeten schallen? Osther kommt der Slang. Reugeboren steht die Sonne schon am Waldesrond. Leben! Leben! welche Lust: trotz Mühsal. Streit und Rot. Prost! ein Gläschen Quellenweiu zum trockenen Roggenbrot. _ Max D ortu. Es muß etwas passieren... von Bruno Schönlank . Es muß etwas passieren in der Welt, täglich, stündlich, immerzu. Zusammenstöße, Versammlungen, Brände, Diebstähle, Mordsälle, Eisenbahnunglücke, damit wir kleinen Reporter etwas zu tun haben. Erdbeben, Vultanousbrüche, st« geben dickere Zeilen und lieber- schristen, doch auch das Kleinvieh macht Mist. Wenn nur die ewigen Reichstags- und Stadtverordnetensitzungen aufhören würden, es bleibt kaum Platz sür den lokalen Teil. Es ist ein eigenartiges Weltgeschehen, wie es der Lokalreporter steht. Die Zeitungsfrauen dürfen kosmischer, politischer denken, sie können sich an einem Vulkan- ausbruch ihr Süppchen kochen, Pfennig zu Pfennig mehr für feil- gehaltene Sensation, gibt vielleicht heute abend ein Viertelpfund Fleisch. Man muß sich rechtzeitig einfinden, wenn man nicht wie ein« Ziege an ein bestimmtes Grasplätzchen angepflockt ist. Wir sind mehr Spürhunde, die warten, daß sie Witterung bekommen. Gibt es nichts an dem einen Tag, vielleicht dem nächsten oder übernächsten. denn es muß ja auch einmal etwas für einen passieren. Davon leben wir und wer zuerst kommt, der... Schnapp, schnapp!.�Iler rcporte! Ein Bauunglück, ganz draußen im Weichbild. Zwei Arbeiter waren in einer Baugrube verschüttet worden. Rochsorschen! Es ist schon Sonnabend nach- mittag, wie es dos Glück trifft, dieses Mal bekommt der Verschüttete den Bericht. Ich fahre hinaus. Niemand mehr wird auf dem Bau sein. Wie sich alles verändert. Eine neue Stadt hat sich da draußen gebildet. Fobrikschlote schießen in die Höhe. Da auf einmal ein Stückchen Kleinstodtgepräge. Dann wieder die breite Straße, rechts und links von Fabriken, Neubauten und Bauplätzen flankiert. Die Welt geht ihren Gang weiter. Die Linden duften. Und die Straße zieht sich schier unendlich lang hin, bis ich das Ziel erreiche. Da ist das Gebäude. Der Portier läßt mich nicht hinein, er weiß von nichts. Der vom Dormittagsdienst ist fort. Ich habe keine beredt- snm machenden Zigaretten bei mir. Ein Reporter sollte immer etwas zur sanften Bestechung bei sich haben. Ich gehe um den Bau herum und sehe nichts als Zäune und Mauern. Ich frag« jeden und jede, die mir begegnen, sie wissen nicht mehr als ich. Eisen- bahnarbeiter, die heute den ganzen Tag auf demselben Hofe ge- arbeitet, erfahren es erst durch mich..Ja, es geht komisch zu," meint der eine,.nur eine Haustür weiter von mir hatte sich jemand erhängt, und ich las es erst am nächsten Tag in der Zeitung." In einem Laden erfahre ich mehr. Einer war ganz verschüttet, der andere sah nur noch mit den: Kops heraus. Zwei Feuerwehren auf einmal kamen an. Schwere innere Verletzungen. Auch die Namen erfahre ich. Ich empfinde Genugtuung, daß ich etwas Eigenes bringen kann. Und vor mir steigen Bilder auf. Ich sehe die Verunglückten im Krankenhaus und höre sie stöhnen. Die Familie sehe ich jammern und doch Kaffee trinken. Ich fluche auf den Baumeister. Wohl wieder einmal Mordakkord in einer Bau- grübe. Und dann geht es mir plötzlich durch den Kopf. Es ist keine große Sache, an zwanzig, dreißig Zeilen. Du lieber Himmel, es muß doch etwas passieren. Zwei bis dahin namenlose Arbeiter werden genannt, sie können ihr Unglück in der Zeitung lesen und ihre Nomen und Wohnungen dazu. Die Straßenbahn will und will nicht kommen. Alle halben Stunden einmal. Ich liege im Gras, schreibe den Bericht und blinzle bin und wieder in die Sonne. Und es kommt mir alles so gottes- lästerlich lächerlich und gemein vor. Ich kann wieder einen, und wenn ich bescheiden bin, zwei Tage leben, weil sich einer den Brust- korb eingedrückt hat. Und morgen oder übermorgen schnappe ich wieder noch einem Knochen. Die Straßenbahn kommt endlich. Eine Linde senkt ihre Zweige tief herab. Ich breche mir ein paar Blüte» und stecke sie ins Knopf- loch. Im Wagen finde ich noch einen Sitzplatz. Mir gegenüber sitzt eine ältere Frau, an meiner Seite am Fensterplatz ein sieben- jähriger Junge mit einem Ball, ihm gegenüber sein wohl vier Jahre altes' Brüderchen. Die hellen Rufe des Jüngeren jagen sich vor Entzücken und Wißbegierde. Bald schmiegt er sich an die Frau, bald sehen seine Augen wieder durch die Fensterscheiben in die Welt und entdecken immer mehr. Dann sieht er sich wieder im Wagen um. Sein- Blicke bleiben an den Lindenblüten einen Moment haften und schon klatscht er jubelnd in die Hände:.Blümchen. Blümchen!" Das Leuchten seiner braunen Augen verdunkelt sich in tiefem Nachdenken für eine kleine Weile, auf einmal löst es sich langsam von seinen Lippen:.Blümchen, Blumchen, Gold und Silber!" Und dann noch und noch einmal in heller Begeisterung: Blümchen, Blümchen, Gold und Silber!" Der Dichter in mir ist entzückt, neidlos entzückt und gesteht sich, daß er selbst Schöneres nie gedichtet. Und der Reporter möchte die Kreuz und Quer gehe» und fahren und von frischem Kindermund den Frühling doch auch von alten Lippen müde, doch herbstschöne Worte heimtragen. Es muß etwas passieren in der Welt, es passiert auch so an» endlich viel, aber das ist wohl nur etwas für Dichter und Narren. Amerikas Sommerhauptstadk. Während der diesjährigen Sommermonate erhalten die Vereinigten Staaten eine neue Haupt- stadt, indem der Sitz der Regierung von Washington nach Swampscott in der Nähe von Boston verlegt wird. Hier nimmt nämlich Präsident Coolidge seinen Sommerausentholt in einein lSES erbouten Holzhaus, das der.Weiße Hof" heißt. Zur Te- wachung diesesWeißen Hofes", in dem der Präsident wie sonst alle Regierungshandlungen vornimmt, ist eine Abteilung Marine- soldaten abkommandiert, da die Fernhaltung unerwünschter Elemente bei dem mitten im Wold gelegenen Hans ziemlich schwierig ist. Die Gesandtschaften der fremden Länder verlegen auch vielfach ihre Sommerresidenz m die Nähe der neuen.Hauptstadt".

Die Slutrache zu Veinsberg. von Franz Laufkötler. Am ersten Ostertage des Jahres 1525 erstürmten die Bauern, Florian Geyers schwarze Schar an der Spitze, die feste Stadt und das Schloß Weinsberg . Vergeblich war der Widerstand der Besatzung, vergebens war der Versuch des Befehlshabers H e l f r i ch von Helfen st ein, seine Ritter und die Bürger der Stadt zu bewegen, gegen die hereinströmenden Bauern noch einmal stand- zuhalten. Unter dem lauten Geschrei der Weiber und Kinder er- griffen alle die Flucht, während die ergrimmten Sieger nachdrangen. Die Bauern riefen den Bürgern zu:Geht in eure Häuser mit Weib und Kind, so soll euch nichts zuleide geschehen. Aber die Grafen und Ritter müssen sterben!" Viele von den Herren waren bereits im Kampfe gefallen, die Uebriggebliebenen flüchteten in die Schloß- kirche und auf den dahinter liegenden Turm. Die Bauern sprengten die verschlossene Kirchentür und erstachen alle die Bewaffneten, die sich im Schiff der Kirche und in der Gruft versteckt hatten. Nach einigem Suchen entdeckst"! sie den Eingang zum Turm, sie wollten hineindringen, ober die Wendeltreppe wurde bald durch Leichen ver- stopft. Nun erkannten die im Turm Eingeschlossenen, daß für sie keine Rettung mehr war. Di«tri ch von Weiler, der Schloß- voat, trat auf den Kranz des Turmes und bot um Gnade. Er rief auf den Kirchhof herab, sie wollten sich allesamt gefangen geben und 30 000 Gulden Lösegeld zahlen, wenn man ihnen freien Abzug

Dinge, öie man nicht bemerkt.

Die Müde«.

gewähr«. Hohnlochend antworteten die untenstehenden Bauern: .Und wenn ihr uns eine Tonne Goldes geben wolltet, der Graf und alle Ritter müssen sterben. Wir fordern Rache für das Blut unserer ermordeten Brüder." Gleichzeitig schössen sie von unten herauf zum Turm empor. Plötzlich fiel Dietrich von Weiler durch einen Halsschuß verwundet zu Boden. In demselben Augenblick drangen die Bauern, die inzwischen die Wendeltreppe freigemacht hatten, auf den Kranz des Turmes, warfen den noch Röchelnden auf den Kirchhof hinab und begannen, einen Ritter nach dem anderen hinabzuwerfen. Die Hinabgewarfenen wurden von den Untenstehenden mit den Spießen aufgefangen. Zufälligerweise ritt der Hauptmann Jörg Metzler vorbei, der den Befehl gab, das Morden einzustellen und die Ritter gefangen zu nehmen. Das geschah auch. Die Ritter und Reisige wurden mit Stricken gebunden und dem Hauptmann Jäcklein Rohrbach zur Be- wochung überliefert. Unter ihnen befand sich auch Helsrich von Helfenstein, der sich stumpfsinnig in sein Schicksal ergeben hatte. Nunmehr wurden die Häuser nach Gefangenen und Wertsachen durchsucht, wobei sich aber, nach dem Bericht der Chronik, die Sieger sehr maßvoll benahmen. Als sie im Schulhause in einer Truhe Geld fanden und erfuhren, daß es den armen Kindern gehöre, ließen sie es unberührt. Von unbekannter Hand wurde das alte Schloß angezündet und ging in Flammen auf. Während sich der Bauernhaufen mit Essen und Trinken die Zeit vertrieb und den er- rungenen Sieg mit fröhlichen Liedern feierte, saßen die Obersten bei- sammcn und hielten Kriegsrat, was nun geschehen solle. Es herrschte die Meinung vor, man müsse alle Klöster, Bistümer und geistlichen Stifte beseitigen, ihre zu Unrecht erworbenen Reichtümer einziehen und unter das Landvolk verteilen. Demgegenüber vertrat Florian Geyer einen schärferen Standpunkt: es fei nicht genug, die Pfaffeunester auszuräubern und ihre Insassen an ehrliche Arbeit zu gewöhnen, darüber hinaus müsie auch das weltliche Grundherren- tum beseitigt werden, das den gemeinen Mann ebenso ausräubere wie dies die hohe Geistlichkeit tue. Das deutsche Volk müsse von Pfaffen und Adligen befreit werden, damit die alte Gemeinfreiheit wieder erstehe. Jede Halbheit sei vom Uebel und werde sich bitter rächen. Der frühere hohenlohesche Kanzler Wendel Hipler , der sich der Bauernsache zugeneigt hatte und als Ratgeber der Bauernführer großen Einfluß ausübte, war anderer Meinung. Er hielt es für richtiger, den niederen Adel zu den Bauern dadurch herüberzuziehen, daß man seine schlechte wirtschaftliche Lage durch Zuwendungen aus den zu beschlagnahmenden geistlichen Besitz- tümern bessere, um das Interesse der Ritterschaft on dos der Bauern- schaft zu knüpfen. Ehe noch ein bindender Beschluß gefaßt worden war, wurde die Beratung durch einen blutigen Vorgang gesprengt, der der Sache eine neue Wendung gab. In dem von Jäcklein Rohrbach geführten Teil des Bauernheeres, dem die Gefangenen übergeben worden waren, gärte es in der Tiefe der Herzen und Gemüter. Rachegedanken gewannen die Oberhand und erstickten die Gefühle der Menschlichkeit. Mit Ingrimm erinnerten sich die Bauern an das, was sie Jahrzehnte hindurch hatten erdulden müssen, sie gedachten der Qualen, die sie von dem llebermut ihrer Herren hatten ertragen müssen. Man hatte sie. ihre Frauen und Kinder wegen geringer Vergehen in den Block gespannt und in das Burgoerließ geworfen, man hatte sie mit Ruten gestrichen und mit Zangen gekniffen, man hatte sie schlimmer behandelt als die Tiere.(Wer die mittelalterlichen Marterwerk- zeuge in den Schlössern und Klöstern gesehen hat, der weiß Bescheid.) Ihre Bitten und Klagen, ihre Seufzer und Flüche verhallten in die leere Lust. Aus der Erinnerung an den Uebermut und die Grau. famkeit der Herren entsprang der Wille. Vergeltung zu üben und dem Adel ein.sonderbor Entsetzen und eine unheimliche Furcht einzujagen", wie die Chronik erzählt. Nach stillschweigender lieber- einkuns't, im allgemeinen Einverständnis mit seinen Bauern, ließ Jäcklein Rohrbach am Nachmittag die gefangenen Ritter aus ihrem Gewahrsam herausführen auf eine Wiese vor dem Untertor. Ohne

sich mit den anderen Hauptleuten ins Einvernehmen zu setzen, be- reitet- er die Blutrache vor. Mehr als ein Dutzend Männer von altem Adel, mit ihrem Obersten Helfrich von Helfen st ein, mußten in den Ring treten, um ihr Urteil zu hören. Es lautete auf Tod, und zwar sollte die entehrendste Strafe angewandt werden, die man damals kannte. Die Verurteilten sollten durch die Spieße gejagt werden,.dem Adel zu Schand und Spott, als ob sie ehrlose Leute seien". Die Gräfin von Helfenstein mit dem zwei- jährigen Knäblein auf dem Arm warf sich vor Jäcklein und den anderen auf die Knie und bat mit von Tränen erstickter Stimme, man möge doch ihr den Mann und dem Knäblein den Vater lassen, sie wolle ein hohes Lösegeld zahlen. Vergebens flehte die stolze Kaisertochter, die Herzen der Bauern blieben ungerührt, zu tief hatten sich Haß und Rache eingefressen.Und gäbest du uns zwei Tonnen Goldes," riefen die Bauern wie aus einem Munde,der Henker und Verräter muß den schimpflichen Tod erleiden." Schnell wurde eine Gasse gebildet aus vorgestreckten Spießen, ein Trommel- wirbel erscholl und das Urteil sollte vollstreckt werden. Helsrich von Helfenstein beichtete bei einem Feldkaplan, sein früherer Pseijer Melchior Nonnenmacher, schritt ihm voraus und blies die Zinke, er wurde hineingestoßen in die Gasse, schonbeimdrittenSchritt stürzte er unter den Spießen der Bauern tot zu Boden. In gleicher Weise fanden auch die anderen Verurteilten ihren Tod, unter den höhnischen Zurufen der erbitterten Bauern. Noch die entseelten Körper der Ritter wurden mißhandelt, die schwarze Hofmännin stach mit einem Messer in den Leichnam des Helfensteiners und trat mit Füßen auf ihn. Der Gräfin von Helfen- stein nahm man ihren Schmuck ob, setzte sie mit ihrem Knaben auf einen Mistwagen und fuhr sie nach Heilbronn . Damit war der Zlkt des blutigen Terrorismus zu Ende. Nach kurzer Zeit schon erfuhr das gesamte Bauernheer von dieser Tat. Die Hauptleute und Räte waren völlig überrascht, doch ist uns nicht überliefert worden, welche Stellung sie dazu einnahmen und welchen Beschluß sie faßten. Nur das eine steht fest: Florian Geyer mit seiner schwarzen Schar trennte sich von: Heere der Bauern, sei es, daß er empört war über Jäckleins eigenmächtiges Vorgehen, sei es, daß er mit seiner Meinung im obersten Rate nicht durchgedrungen war. Auf jeden Fall war das Ausscheiden Geyers ein ungemein schwerer Verlust für das Bauern- Heer. Er war unzweifelhaft der bedeutendste militärische Kopf im Bauernheere, er war auch der treueste, redlichste Führer des Land- volks, dessen Sache er selbstlos diente, er war die edelste, lichteste Gestall im ganzen Bauernkriege, deren Spur noch heute durch die Jahrhunderte hindurchleuchtct. Allerdings zog er sich nicht völlig zurück, sondern führte den Krieg aus eigen« Faust weiter. Schon bald ereilte ihn sein Schicksal, denn bereits am 3. Juni 1525 wurde er, nach dein Bericht eines Zeitgenossen, von einem Knecht des Ritters von Grumbach, mit dessen Schwester er verlobt war, heim- tückisch erstochen. So endete dieser edle Held und Freiheitskämpfer sein Leben, das er dem deutschen Landvolke geweiht hatte, das er zum Opfer gebracht hotte für die Sache des Bauernstandes, der den Namen seines Helden längst vergessen hat. Als die Kunde von der Blutrache zu Weinsberg die deutschen Gaue durchlief, bemühten sich die Herren und ihre Sippschaft, eine bauernfeindliche Stimmung zu erzeugen und die Gemüter im höchsten Grade aufzuregen. Der erste, der gegendie mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern" losdonnerte, war Luther . Ohne ruhig und sachlich zu untersuchen, ob nicht auch die Gegenseite mit schuld trug an dem Vorgange, ohne das Verhalten der Herren bei ähnlichen Gelegenheiten zum Vergleiche heranzuziehen, ohne zu berücksichtigen, daß der Helfensteiner und seine Leute die Bauern doch sehr schwer gereizt hatten, fällte dieser heißblütige jähzornige Mann vorschnell sein Urteil und verdommte die Bauern in ihrer Gesamtheit, trotzdem es sich bei der Weinsberger Tat doch nur um einen geringen Bruchteil des Bauernheeres handelte. Aber so war es und ist es noch heute: dieblutigeRachederHerren ist eine gerechte Vergeltung, die Rache der Unter- drückten ist ein scheußlicher Akt des Terrorismus. Schlimm war es für die Bauern, daß Luthers Wort in den Städten und auf Ritterburgen zündete, so daß selbst jene Schichten, die der Bauernbewegung früher wohlwollend oder wenigstens nicht ab­lehnend gegenüberstanden, sich nunmehr von ihr abwandten und bauernfeindlich wurden. Unter dem Eindruck der Weinsberger Bluttat schlössen sich immer mehr Städte und Ritter, geistliche und weltliche Grundherren dem Bunde gegen die Bauern an, dem täg- lich neue Hilfstruppen zuströmten. Zwar verzagten die Bauern nicht, wenn auch weitsichtige Führer trüber in die Zukunft blickten, dennoch aber ging es mit der Bewegung schnell abwärts, es scheint, als ob der Bauernkrieg mit dem glänzenden Siege bei Weinsberg den Höhepunkt überschritten habe. Höllenkonzert im öufch. Die Großstädter klagen jetzt so viel über den ewigen Lärm, den moderne Technik und Verkehr mit sich bringen, und mancher sehnt sich nach dem fernen Urwald, wo er eine paradiesische Stille erwartet. Aber wer einmal eine Nacht in dieser noch unberührten Natur verbringen müßte, der würde sich wohl nach dem Lärm der Großstadt zurücksehnen, der ein Ohrenschmaus ist im Vergleich zu dem Höllenkanzert in Afrika . Ein Reisender entwirft in einem Londoner Blatt eine anschauliche Schilderung von den merkwürdi- gen Lauten, die sich im afrikanischenBusch" nach Eintritt der Dunkelheit erheben:Manche von ihnen, wie das heisere Bellen der Paviane, das dröhnende Gebrüll des Löwen und das schnei- dendeWeh weh weh" der Schakale sind unverkennbar. Aber viele dieser haarsträubenden Schreie und gellenden Laute, die die Nacht des Urwaldes durchschneiden, können nur von dem erfahrenen Jäger bestimmt werden. Ein Lager, das man mitten im Busch aufschlägt, bedeutet eine schlaflose Nacht, in der man ein wahres Höllenkonzert durchleben muß. Mit Einbruch der Dunkelheit er- hebt sich ein dumpfes Gekrächze und Geseufze, ein unheimliches Geschnatter und Geplärr, von wilden Schreien und dem Gellen dämonischen Gelächters unterbrochen. Die»leisten Neuankömm- linge in Afrika bekommen ihren ersten wirklichen Schrecken von den Boumlamuren, den sog.Buschbabys". Diese Assen mit ihren gespenstischen Masken klettern auf einen Zweig über dem Zelt und lassen plötzlich ein scheußliches Geheul hören, das das Blut erstarren macht und allmählich in ein wimmerndes Geächz verklingt. Diese Rufe der Lamuren hört man viele Kilometer weit, aber sie sind nichts gegen das hysterische Gelächter der Hyäne, die sich aus ihr Opfer gestürzt. Eine schrille Folge hohler Laute, die bis zu einem wahnsinnigen Gekreisch aufsteigen. So gewohnt die Eingeborenen auch an die Geräusche des Urwaldes sind, so halten sie doch jeden, der den Schrei der Hyäne nachahmt, für besessen vom Teufel. Für den Jäger ist die Kenntnis der einzelnen Tierstimmen der beste Wegweiser. Das leichte Gedröhn, das wie entfernter Donner klingt, kommt von einer Elefantenherde, die außer Gesichtsweite, aber verhältnismäßig nahe, weidet. Wenn Nebel über dem Busch liegt. hört man oft ein Gequieke und Gekicher, ein unterdrücktes Schreien und Kichern, wie wenn eine ganze Schar von Schulmädchen ver- sammelt wäre. Das sind die Stimmen einer Zebraherde. Ein Urwaldlaut, der besonders in sumpfigen Gegenden ertönt, flößt Mensch und Tier besonderen Schrecken ein. Es ist ein summendes Zischen und Sausen. Pferde und Maulesel scheuen davor: die großen Wildherden rasen in atemloser Flucht davon, und die Men- schen oerbergen sich tief unter Laubzweigen und zittern kläglich. Es ist der Laut der Tsetsefliege, der furchtbaren Bringerin der Schlafkrankheit, bevor sie sticht."