sierk» i>aß er die Mörder Matteottis der Justiz zu entziehen und die Beweise des Verbrechens zu vernichten gesucht hat; auch die Beschützung der Angreifer Misuris und die Aus- stellung des falschen Passes hat man nichtgenügendbe- weisen können. Dabei war der Mann, dem man diese Dinge zur Last legt, in leitender Regierungsstelle, hatte also alle Mittel, jedes Belastungsmaterial gegen sich sofort zu ver- wischen. Wer gegen ihn zeugen konnte, waren seine Ange- stellten oder feine Mitschuldigen. De Bona besaß also eine Tarnkappe, um sich der Anklage unsichtbar zu machen. Und trotzdem hat man der Einstellung des Haupwerfahrens nicht die Form eines moralischen Freispruchs geben können. Der Generaldirektor der italienischen Polizei steht heute wie gestern unter dem Verdacht, den Mördern Matteottis bei dem Versuch, sich der Justiz zu entziehen, Beistand geleistet zu haben. Daß der Dumini ausgestellte Paß falsch war, auf Befehl der Generaldirektion der Polizei ausgestellt wurde, daß sein Datum gefälscht war, gibt die Urteilsbegrüdung o s f e u z u. Daß der Angreifer des Abgeordneten Misuri, der diesen auf dem Korso in Rom , bei seiner Rückkehr aus der Kammer überfiel und schwer verwundete, von einem Polizei- komniissar einem Offizier der Miliz übergeben wurde— der Angreifer selbst war Offizier der Miliz— und durch eine rein fmnnale Festungshaft dem Untersuchungsgefängnis in gesetz- widriger Weise entzogen wurde, ist auch deutlich gesagt. Als der Abg. Benni, von der katholischen Volkspartei, der sich bedroht wußte sich an den Generaldirektor der Polizei um den ihm zustehenden Schutz wendete, antwortete ihm De Bona, er nwge ruhig sein,„diesmal würde nichts daraas", eine Rede- wendmig, die die Urteilsbegründung bezeichnet als„nicht ganz jener Würde angemessen, die den Kundgebungen öffentlicher Aemtsr nicht fehlen sollte". Daß De Bona den Koffer Duminis zuelst. durchsah, ohne Zeugen, und also die Möglichkeit hatte. ihn: Dokumenle oder andere Beweisstücke zu entnehmen, gilt der Kommission als fest stehend und wird de- kl n g t, wie die unklare Begrenzung des Kompetenzbereichs zwischen Polizeidirektion und Milizdirektion, wie die man- gobtde Vorbildung De Bonos für fein Amt. Die Entfernung des Polizisten, der Matteotti bewachen sollte, kurz vor dem Attentat, wird als ein Mißverständnis der lokalen Polizei- behöröe gedeutet. Wenn De Bono von dem Mord« wußte, ehe die Familie das Verschwinden gemeldet hatte, so wird das auf ein Telephongespräch mit Acerbo zurückgeführt, während die Polizeibehörde die falsche Erklärung gegeben hotte, die Witwe des Ermordeten hätte sich an die Generaldirektton der Polizei gewendet. Ohne weiter in all dem Unrat zu wühlen, ist es wichtig, sich klar zu machen, daß der Mann, der angeklagt war und vor dem Gewissen der ganzen Welt auch heute nicht freige- sprochen ist, alle Mittel hatte, sich rein zu waschen. Die Finzi, Acerbo und all diese braven Leute haben für ihn gezeugt, auf«»tsprechenden Gegendienst hoffend; seine Beamten haben nicht gegen ihn zeugen können. Er hatte Monate Zeit, um alle Dokumente zu dressieren. Trotz» dem schließt der Freispruch, auch wenn er einstimmig ausge- sprachen wäre, statt mit geringer Mehrheit, faktisch, wenn auch nicht rechtlich den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte ein. Gar mancher würde eine Zuchthausstrafe nicht gegen solchen Freispruch eintauschen.> Der Mann, der die Anzeige erhoben hak, Dr. D o n a I i, ist in Frankreich , um die faschistischen Justiz zu ent- gehen. De Bona soll, wie es heißt, Gouverneur in Somali werden. Auf dem jüngsten faschistischen Kongreß hat inan Amnestie für die Faschisten gefordert,„die nur die eine Schuld haben, gegen Leute gehandelt zu haben, die das Vaterland entehren". Und Farinacci hat dem Fordernden geantwortet: „Man darf nicht vergessen, daß wir zu diesem Kongreß und zu dieser Ernmütigkeit gekommen sind, dank unserem Tun, aber auch dank denen, die wenn sie fehlten, dies aus zu großem Glauben und zu großer Liebe für unsere Sache getan haben... Heute, im faschistischen Italien , muß man aus der niederträchtigen Spekulation heraus, die die faschistischen Ge-
fangenen mit denselben Maßen messen will, wie die anderen". Man hat die Frechheit, eine Amnestie für den 25. Jahrestag der Tronbesteigung zu fordern. Und das heute, wo man die öffentliche Meinung des Auslandes nicht auf allzu schwere Velastungsproben stellen sollte, wegen der Regelung der Kriegsschulden. Gewiß, eine zweite Ehrenrettung ä In De Bono dürfte das Regime kaum noch tragen. Aber es deshalb mit einer Amnestie zu wagen, bedeutet eine Antastung des guten Namens Italien . Gerade in diesen Tagen wird man gewahr, daß ein moderner Staat einem gewissen Mindestmaß von sittlichen Forderungen entsprechen muß, wenn er nicht mit dem Vertrauen der eigenen Bürger das des Auslandes einbüßen und damit die Grundlage seiner materiellen Existenz gefährden will.
Deutsthnationale Parteiangelegenheiten. Laverrenz und die„Deutschnatiouale Tagespost". Da Herr Laverrenz sich über unbequeme Fragen in der Oeffentlichkeit ausschweigt und auf die Fragen des Staatsanwalts wartet, hat Herr Christian Max Rosen- th al,' zweiter Vorsitzender der deutschnationaten Parteiorga- nisation im Kreise Vl Berlin ihm offenbar die Arbeit ab- nehmen wollen. Herr Laverrenz wird von dieser Arbeits- tellung keine Freude haben; denn Herr R o f e n t h a l schreibt in der„Deutschnationalen Tagespost": „In Nr. 303 desselben Blattes wird der �vorwärts" etwas dreister und will Herrn Laverrenz anhängen, er habe geschäftlich mit der»Deuijchnationalen Tagespost" etwas zu tun. Der.Vor- wärts" weiß aber ganz genau, wennesandemjowäre, daß Herr Laverrenz sich dann einer strosbaren Handlung schuldig machen würde. Bis heute haben wir uns der Neugründung der.Deutschnatio- nale« Tagespost " gegenüber neutral verhalten, aber dadurch, daß uns Lesern der.Nationalpost" täglich eine Unmenge Zeitungen zu- gesandt wurden, die nicht auf unserem parteipolitischen Boden stehen, warne ich vor einer gewissen Zeitung und rate daher heute unter allen Umständen, die.D e u t s ch n a t i o- nale Tagespost" zu bestellen, damit ihr genügend Abonnenten zufalleu und sie lebensfähig gestattet wird." Herr Laverrenz hat also„geschäftlich" mit der „Deutschnationalen Tagespost" nichts zu tun, aus juristischen Gründe»:. Man darf aber aus der Rofenthal-Reklame schließen, daß sie sein Organ ist. Dos ist um so inkeresscmter, als der deutschnationale Parteivorstand eben erst offiziell von der„Deutschnationalen Tagespost" abgerückt ist. Es fragt sich nun, wer mit der „gewissen Zeitung" gemeint ist, vor der Herr R o s e n t h a l warnt. Ist es die„Deutsche Zeitung", die nach der Pleite der„Rationalpost" den Abonnenten zugestellt wurde? Ist es das osfiziell« deutschnationale„Nachrichtenblatt"?
Kein Tag ohne Schwinüel. Ein Märchen über die Allgemeine Ortskrankenkasse. Die.neue Taktit" der Kommunisten besteht darin, auf sozial- demokratische Arbeiter, die gegen den Brotwucher protestieren, mit Gummiknüppeln loszugehen und jeden Tag einen neuen Schwindel gegen die Sozialdemokratie auszuhecken. Heute berichtet die„Rote Fahne" unter der Ueberschrift:.Die verluderte SPD.", die sozialdemokratische Führerclique beabsichtige, „den berüchtigten Gustav Bauer " zum Direktor der All- gemeinen Ortskrankentasse mit 16 000 M. Gehalt zu machen, damit er.mit dem Gelde der Berliner Arbeiterschaft nach Herzenslust wirtschaften" könne. Zu diesem Zwecke solle Direktor Albert Cohn in den Ruhestand versetzt werden. Die sozialdemotra- tischen Arbeiter werden sodann— dies übliche, schon auf Vorrat gesetzte Schlußformel— aufgefordert,.aus diesem neuen Skandal die unoermeidttche Konsequenz zu ziehen und der SPD. schleunigst den Rücken zu kehren." Direktor Albert Cohn, der nach der.Roten Fahne" als Hin- dernis für die geheimen Pläne der verruchten SPD. beseitigt und
in den Ruhestand versetzt werden soll, befindet sich bereits seit dem 1. April im Ruhe st and e. Der Posten, den die sozialdemokratische Führerclique angeblich dem Genossen Gustav Bauer zuschanzen will, ist seit dem 1. April bereits besetzt, und zwar durch den Direktor Julius Cohn. Der stellvertretende Direktor aber heißt Karl Bauer. Die.Rote Fahne", dieses hervorragende.Arbeiterblatt", ist über diese für Arbeiter immerhin wichtigen Angelegenheiten so wenig unterrichtet, daß sie zwischen Albert und Julius, Karl und Gustav nicht zu unterscheiden weiß. Sie hat im Zusammenhang mit der Allgemeinen Ortskrankcnkasse den Namen Bauer gehört— und das genügt ihr vollkommen zu einer neuen Hetz«. Was ist nun die Moral von der Geschichte? Müssen die Arbeiter der Sozialdemokratie den Rücken kehren? Oder tun nicht pie Leser der.Roten Fahne" besser, sich von einem Blatt abzuwenden, das sie tägllch beleidigt, indem es ihnen zumutet, die plrnnften Lügen zu glauben?
Neue verhanölungen mit Spanien . Man will Abänderung des Vertrages. Nach der Ratifikation des deutsch -spanischen Handelsvertrages am 21. Juni ist entsprechend den bei Beratung des Vertrages im Reichstag abgegebenen Erklärungen an die spanische Regierung das Ersuchen um sofortige neue Verhandlungen zur Ab- änderung der im Reichstag beanstandeten Be- st immungen gerichtet worden. Die spanische Regierung hat sich, wie nunmehr amtlich mitgeteilt wird, zu solchen Verhandlungen bereit erklärt. Heute mittag ist nunmehr eine deutsche D e l e g c- t i o n zur Aufnahme dieser Verhandlungen o b g e r e i st. Sie setzt sich zusammen aus Vertretern der beteiligten Ministerien unter Führung des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Grasen Lerchenfeld. Einige Vertreter des Weinbaues und des Weinhandels schließen sich der Delegation als Sachverständig« an.
Ein Unfall öes Eenahrungsmmisters. Kanrtz bettlägerig und an den Zollberatunge« verhindert. Reichsminister Graf Könitz hat sich beim Reiten eine schmerzhaste Beschädigung des linken Hüftgelenks zugezogen, die ihn ans Bett fesselt. Die behandelnden Aerzt« hoffen jedoch, ihn notdürftig soweit wiederherzustellen, daß er in der nächste n Woche an den Zollberatungen des Reichstags wieder teilnehmen kann, worauf der Minister den größten Wert legt.
Die Untersuchung üer postkreüite. Ter Reichstagsuntersnchungsausschnss tagt biS Weihnachten. In der heutigen Sitzimg des Untersuchungsausschusses des Reichstages richtete der Vorsitzende Abg. Sa eng er(Soz.) einen eindringlichen Appell an dl« Ausschußmitglleder, dessen Berechtigung nicht bestritten werden kann. Cr stellte fest, daß die Sitzungen des Ausschusses in der letzten Zeit schlecht bejucht worden seien, eine Reihe von Abgeordneten hätte gefehlt, außerdem sei ein fortwährender Wechsel unter den Mitgliedern vorgenommen worden. Heute seien von 21 Mitgliedern des Ausschusses im ganzen 12 ein- getragen. Dieser Zustand bedeute eine Herabsetzung der Aufgaben des Untersuchungsausschusses und eine Berkennung der von seinen Mitgliedern zu erfüllenden Pflichten. Der Sache nach habe der Untersuchungsaussckmb die Pflichten«ine» ordentlichen Gerichtes wahrzunehmen. Es sei unmöglich, w den Sitzungen selbst zu fehlen und dann an C�Iusse der Beratungen über die Ehre von Menschen ein Urteil zu fällen. Er richte an die Ob- männer der Fraktion das Ersuchen, die Bitte noch besserem Besuch der Sitzungen zu übermitteln. Zu diesen Ausführungen, die sämtliche Fraktionen treffen sollten, kann festgestellt werden, daß die sozialdemokratische Fraktion in der Regel vollzählig vertreten war; wenn gestern und heute das eine oder andere sozialdemokratische Mitglied des Ausschusses fehlte, so erNärt sich das daraus, daß sie zu gleicher Zeit die Sitzungen des Auswärttgen, des Steuerausschusses oder des Sozialpolitischen Ausschusses wahrzunehmen hatten. Man muß aber weiter feststellen, daß die kommunistische Fraktion in diesen Tagen überhaupt nicht vertreten war, ossenbar
Der Stem von /issuan. Aranfführung in der ßroll-Oper. In der Sommerhitze werden die Abende lang. Das wußten wir schon vor der gestrigen Uraufführung. Daß aber Unterhallung am Abend vier geschingene Stunden dauert mit dem Anspruch, kurzweilig zu sein, das war noch nicht da. Auch die Akte, die Szenen, die Lita- neien, die Tänze werden lang, länger, endlos lang; drücken wir uns. um mit Arno, dem guten Stern des Abends zu reden, präzise aus: Die Sache ist verteufell langwellig. Sie selber nennt sich Operette. Zur Operette fehtt dem Stück(Okonkowskis und Roberts) das Tempo, die innere Lustigkeit, das Unkomplizierte, der Schmiß, die Frechheit, das Tänzerische. Jeden Augenblick wird irgendeine Erinnerung an alte Opern wach, etwa an„Mignon", an„Tiefland", an die„Jüdin". Dunkelheiten fauch solche der Vergangenheit) sind gut, Veywechse- lnngen find gut, Ueberkreuzliebereien find gut. Aber alles in jedem Äkt dvppett und dreifach unterstrichen, das ist nicht gut. Um ohne Siegfried Arno wieder präzis zu werden:„Wer bis an das Ende verharrt, der wird gesegnet." Eine kurze Inhaltsangabe findet der Besucher im Programinbuch auf drei Sellen klar und umständlich her- gejagt. 107 gedruckte Zellen. So oerrate ich nur, daß es sehr lange dauert, bis man entdeckt oder erfährt: a) der Lord ist in höchster Geldverlegenheit und pumpt; b) des Pächters Pflegetochter ist ein ägyptisches Mädchen; c) der Prinz von Aegypten liebt sie, beschenkt sie, peitscht sie, betete fie an, wird sie heiraten; ä) selbiger Prinz soll diplomatisch an des Lords legitime Tochter verkuppelt werden; e) Assiadä ist das natürliche Kind des Lords; k) sie wird zur Kunst- lerin durch die Reklame Hannibals , des Impresarios, gemacht; g) der Prinz gibt das Geld zu ihrer Robe ganz geheim; ll) er verrät dies Geheimnis und kränkt die Pseudokünstlerin; dafür verrät i) Hannibal (ausgerechnet Arno) die dunkle Vaterschaft des Lords. Und so fort das ganze Alphabet durch. Präzis gesagt: langweilig, oder doch nicht operettenhaft. Eher ein Film mit Gartenlauben- allüren, Stelzengefühlen, krampfhaften Versuchen zu originaler Witzigkeit. Die sentimentalen Szenen wiederholen fich sehr oft, die spaßigen schon weniger. Zu diesen gehört die etwas plumpe, aber noch groteske Entkleidungs- und Verkleidungsszene zweier Männer. Lei Arno haben sich alle Lacher zu bedanken, die für komische Ver- renkungen. präzise galizische Redewendungen eines Weltmannes, die für Kautschukbeine und spielerischen Uebermut etwas übrig haben. Wenn er noch einmal zur Welt kommt, wird er sicher ein Tillergirl. Di? sehr temperamentvolle Hanna G o r i n a kommt nicht aus den dramatischen Vorstadtgebärden heraus, wofür die Rolle verantwort- lich ist; aus dem gleichen Grunde bleibt Mimi V e s e l y blaß. Paul 5) a r d e n, Erich Deutfch-Haupt(kaum eine echte Operetten- liebhagerfigur). Hans Wallner und Erich Bartels taten ihr möglichstes, um einen Erfolg der langatmigen Angelegenheit zu erzwingen. Wer eigentlich hat die Operette für Kroll angenommen? Die Musik Richard Goldbergers ist geladen, ist voll von Feinheiten, ist glänzend, nur durchweg zu dick instrumentiert, sie ist im ganzen weich und fällig in Partitur gezaubert. Die Einfälle sind niemals original, sondern Klischees von Originalen, öfter noch tlischee von Klischees. Die Sentimentalität herrscht vor, das Süße, Weiblick>e, sehnsüchtig Schmachtende. In den Tänzen ist nicht genug
Tempo, Leidenschaft» spezifische Note. Man kennt diese Melodien schon und weiß, wann das erste Kreszendo, der erste Trommelwirbel einsetzen soll, wie der Ton auf den Text reagiert, wie etwa die Refrains allgemeingültig gestaltet werden. Nichts haftet zwei Stun- den, manches(wie ein sanfter Walzer, ein herzhafter Step) so beut- llch» daß ein Dakaponicht wie bestellt scheint. Präzis zu reden: eine anständige, nicht nachhalttge Musik. Guttmann versuchte kaum, vom Pult aus der Musik mehr Sinnlichkeit anzudichten, als ihr von Haus aus zusteht._ K. S. hunSstag-Theater. In der D o l k s b ü h n e wird Sommertheater gespielt. K o tz e b u e wird aus der Unsterblichkeit, in die er hineinwandern mußte, ob- gleich er lieber bei uns drunten geblieben wäre, zurückberufen.„2> i e deutschen Kleinstädter" sollen heute lehren, was die Philister von einst mal liebten, was die fortgeschrittenen Leute von heut von sich abschütteln sollen. Diese Lustspielscharteke sst 100 Jahre alt, aber noch gar nicht von der Sommerhitze sehr mitgenommen. Herr Nest, der Hundstagsdirektor in der Bottsbühne, hiell es trotz. dem für notwendig, die Blumen und Blätter der Vergangenheit von einem Neudichter, dem im Programm genannten Herrn Philipp Wenzig, frisch begießen zu lassen. Man flüstert dem Kritiker zu, daß Wenzig ein maskierter Zeitgenosse sei, der sonst ganz erheblich für das Theater und für die Voltsbühne dramatisiert. Da nur geflüstert wird, darf das Geheimnis nicht weiter als bis hierher gelüftet werden. Der falsche Wenzig hat Kotzebue gekürzt und gekittet und aus seinem eigenen geschwitzten Gehim hinzugefügt: Schlechtes und Gutes. Daß die Krähwinkler feine kaiserliche Hoheit den Abgedankten und klangvoll wieder nach Oels zurückgeholten Kronprinzen durch Wenzigs Gnaden wieder erleben würden, haben die guten Leut nicht geträumt. Aber auch der Kritikus findet diesen Possenannex nicht hübsch und nur gekünstett. Lustiger ist schon das Tanzcouplet, bei dem sich die Liebenden im Krähwinkler Mondschein abschmatzen. Man soll diese Posse schauspielerisch gut ausmachen und nicht literarisch, kabarettistisch vertändeln. In der Volksbühne blieb vieles von der Vorbereitungsarbeit auf dem Schreibtisch und dem Tintenfaß liegen. Immerhin war Hedwig Mangel die unterhaltsamste Großmama von Krähwinkel. Frau Mangel piept vor Vornehmheit und Güte, obgleich sie doch über die melodischste Stimme verfügt. Diese Frau, Schwester oller Penn- und Betschwestern, sprüht von Humoren, sie wiegt sich in Molligteit, sie zwinkert mit den Augen voller Verschlagenheit und sorgt doch mit Ueberschwänglichkett sür die Aermsten. Dann kommen brave Schauspieler, die sich selbst besser amüsieren als die Beifallsklatscher im Parkett. Immerhin imponieren Gerhard Ritter und Thea Grodtczinsky. _ M. H. Verschleierter Sklavenhandel in Kamerun , vor einiger Zeit wies ein Mitglied der Mandatskommission des Völkerbundes darauf hin, daß in der ehemaligen deutschen Kolonie sich der Brauch, dem- zufolge die Männer sich ihre Frauen zu kaufen pflegen, zu einem regelrechten verschleierten Sklavenhandel ausgewachsen hat, der noch immer im Zunehmen begriffen ist. Di- Preise, die für solche„Ehe- frauen", die dem Mann: natürlich in erster Linie Arbeitstiere sind,
gezahlt werden, bewegen sich zwischen 2000 bis 5000 Francs; sicher ein Zeichen, daß die glücklichen Gottinnen sich nicht gerade auf di«, faule Haut legen dürfen. Interessant ist die Mitteilung, daß die zuständigen Behörden, um diesem menschenunwürdigen Handel Ein- halt zu tun» sich bemühen» wenigstens'— die Höhe der sogenannten „Mitgift" herabzusetzen. Einführung von Familiennamen in der Türkei . In türkischen Zeitungen macht man eifrig Propaganda für Einführung von Familien-Vornamen mit der Begründung» daß die Gewohnheit, den Namen der Kinder den Namen des Baters zuzufügen, im Laufe der Generationen immer komplizierter geworden sei und bei Behörden und Gerichtsverhandlungen häufig zu den unangenehmsten Bcr- wechslungen und Konflikten führe. So wurden in einem besondere», Fall zehn Emin Ali Beys für den Delikt eines Namen»««»» herangezogen und in den türkischen Schulen werden die Skodcnt«» häufig numeriert, um Irrtümer nach Möglichkeit zu vermeiden. Es sei geradezu absurd, sür eine Bevölkerung von zwölf Millionen nur einige hundert Namen zu verwenden. Man darf annehmen, daß die Regierung sich später mit diesem Problem wird be- schäftigen müssen, das in der türkischen Press« so eifrig erörtert wird. Maschinen als Geldzähler. Noch vor 10 Iahren wurden viel- leicht 98 Proz. aller Geldmünzen mit der Hand gezähtt und ver- packt— naturgemäß ein langsames, mühsames und oft ungenaues Verfahren. Das wurde allmöhttch anders mit der Einführung der zentrifugal arbeitenden Geldzahlmoschine, mit der gleichzeitig fünf oder mehr verschiedene Münzsorten gezähtt und sortiert werden können. Derartige Apparate kommen auch bei m» immer mehr in Aufnahme, zumal nach der Ueberwindung der Inflatton auch im deutschen Geldverkehr allmählich die Münze wieder eine immer größere Rolle spielt. Di« neuesten Maschinen dieser Art haben be- retts einen hoben Grad der Vollkommenheit erreicht. Beispielsweise wird darin jede Geldsorte in eine starte Papierhülse von anderer Farbe eingerollt, so daß die verschiedenen Werte deutlich ausein- andergehalten werden können und Irrtümer bei der Auszahlung ulw. unmöglich sind. Die automatischen Geldzähler arbeiten mtt hoher Geschwindigkeit: in der Minute werden bis zu 15 Geldrollen gepackt. und in einen Geldsack können 2000 Münzen pro Minute mit der größten Genauigkeit hineingezähtt werden. Die modernen Ma- schinen dieser Art werden eletttisch bettieben und namentlich in den Vereinigten Staaten bereits viel benutzt, und zwar nicht nur von Banken, sondern auch bei den großen Bertehrsinstituten. in Waren- Häuser«. Restaurants, Lergnügungslokalen usw.. ja sogar von den Kirchenbehörden zum Zählen der Spenden. Die neuesten Konstruk- tionen der Münzzählmaschinen lassen fick> auf jede Geldart und jedes gewünschte Zählverfohren einstellen: so können z. B. selbsttätig Unterbrechungen eingeschaltet werden» nachdem 20, Ä. 30, 40 oder 50 Münzen gezähtt worden sind. Oder der Apparat zähll und ordnet ununterbrochen bis zu einer vorher bestimmten Summ«. Zeit ist hier in zweifachem Sinne Geld. � i.-___ Ein neues denssche« Ilakurschutzgeblek. Do?.Grübet», der wesMch von Aichach in Bayern gelegene Wald, ig der Verordnung und dem Schutz der Aaturdenkmälcr unterslcllt worden. Im Bereich de»„Grübet- bebnden sich über ggov trichtrriörmige Gruben, au» denen in vorchristlicher Zell Eise» gewonnen ivorden ist.