Die Lübbener Schützen. Es ist immerhin ein Stück märkischer Geschichte, wenn in einem durch seine landschastliche Struktur und seine politische Entwicklung höchst interessanten Landstrich unweit Berlin eine Schützengilde die Jahrhunderte überdauert hat und die Fünfhundertiahrfeier begehen kann. Kommt man nach dem Spreewald, bekanntlich einem Gebiet. wie es in dieser Form wohl in der ganzen Welt nicht zum Zwesten Male zu finden ist, und läßt sich mit dem Kahn durch die zahl- reichen Fließe und Kanäle fahren, so sieht man an jedem Gehöft eine ganze Anzahl großer hölzerner Schießscheiben, schon der äußere Beweis, welchen Boden hier, wie überhaupt in der ganzen Nieder- lausitz, das Schützengildenwesen gewonnen hat. Wohl die ästeste märtische Gilde dieser Art ist die des Spreewaldstädtchens Lübben . Geheimrat Dr. Dippert, Direktor des chauptstaatsarchios in Dresden , der als bester Kenner der mittelalterlichen Geschichte der Niederlausitz gilt, hat als historisches Ursprungsjahr der Gemeinschaft Lübbener Schützen das Jahr 1425 festgestellt. Danach müßten sich die kriege. rischen alten Wenden, deren Nachkommen noch heute allenthalben im Spreewald sitzen, zur Abwehr feindlicher Ueberfälle schon zu- sammengeschlossen haben, als noch mit Armbrüsten geschosien wurde. In der wechselreichen Geschichte des Spreewaldes mauserten sich später alle dortigen Schützengilden, gleich denen des übrigen Deutschland , im großen und ganzen zu monarchistischen Steigbügel - Haltern ..Sie fehlten bei keinem Anlaß zur Verherrlichung des nionarchischen Gedankens und waren stets glücklich, einen Strahl von der Gottesgnadensonne zu erhaschen. An dieser Tradition klebt ja auch die dem Militarismus angepaßte Uniformicrung, das Schützenkönig- und Schützenrittertum und die geschmacklose Sitte. sich die ganze Breitseite mit blechernen Schießorden und Ehrenketten zu behängen. Auch in Lübben wird man während der Festtage vom 5. bis 12. Juli noch viel von diesem alten Popanz sehen. Wie der Festausschuß erklärt, ist die Lübbener Schützengilde parte!- politisch neutral. Es seien Maßnahi»en getroffen, daß das Fest durch politische Störungen nicht beeinträchtigt wird. Das Streben der Schützen gelte der Heimat und dem Vaterland. Dann hält man sich hoffentlich auch bei dem an solchen Tagen und in solchen Kreisen üppigen Schwingen der Festreden von allem fern, was in den Rahmen der Republik nicht hineinpaßt. Der Kutfthermorü bei Jüterbog . Vernehmung der Iürsorgeauffeher. Vor dem Potsdamer Schwurgericht wurden gestern die Auf- seher der Anstalt Strausberg vernommen. Vorher wurden die Fürsorgezöglinge über die kirchlichen Einrichtungen der Anstalt in Strausberg vernommen. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob jeder zur Kirche gehen müsse, wurde diese von den Zöglingen bejaht. Alle vierzehn Tage sei Gottesdienst, zu den Mahlzeiten werde gebetet. Die Zöglinge bekunden, daß der Angeklagte Lönig in der Anstalt in letzter Zeit ein sttlles, fast scheues Wesen gezeigt habe. Vors.: Gab es in der Anstalt Prügel st rasen? Die Zeugen konnten darüber nichts aussagen. Vors.: Wenn jemand ausrückt und wiedergefunden wird, was gibt's dann? Fürsorgezögling K.: Dann Einzelzelle nachts, manchmal gibt's auch.was geschwenkt". Dann werden die Aufseher der An st alt Strausberg darüber vernommen, ob in der Anstalt geschlagen worden ist. Der Vorsitzende. Landgerichtsdirektor Dr. Westerkamp, macht die Aufseher darauf aufmerksam, daß, wenn sie geschlagen haben sollten, sie darüber die Aussagen verweigern können, da das Schlagen in der Anstalt oerboten ist. Aufseher Otto Bumk«, darüber gefragt, ob er mal geschlagen, meint: Es reißt ja jedem mal die Geduld. In besonders schweren Fällen weist der Direktor Schläge an. Wir dürfen ohne Meldung nicht schlagen. Den Angeklagten Lönig be- zeichnet er als schwer erziehbaren Jungen. Er war mürrisch und trotz! jj. Vors.: Lönig hat gesagt, daß er Ihretwegen ausgerückt fei. Zeuge: Da will jeder ausrücken, Herr Vorsitzender. Ober- staatsanwalt Pfaffe: Haben Sie Lönig mit einem Stock ge- schlagen? Zeuge: Genau kann ich das nicht sagen, ich glaube kaum. Aufseher Albert K ö p k e sagte, daß Lönig bei der Arbett gut war. Einmal habe er den Mondsüchttgen markiert, nach einer kalten Dusche sei alles wieder gut gewesen. Der 64jährige Aufseher Max Mendt schilderte in drastischer Weise die Unarten der Zog- linge. Manche seien ja gut. viele aber frech und bösartig: Na, und da gibt's mal von uns au» der.Armenkasse". Vor f.: Hat Lönig auch mal aus der.Armenkasse" von Ihnen bekommen? Zeuge: Der Direktor hat gesagt, wer schlägt wird enttassen von den Aufsehern. Vors.: Aber geschlagen wird doch? Zeuge: Dann nmd's auch gemeldet. Vor s.: Haben Sie Lönig mit einem Stock übers Auge geschlagen? Zeuge: Dann wird er wohl auf mich losgekommen sein. Vors.: Gehen Zögling- auf Beamte los? Zeuge: Sehr selten. Der Angeklagte Lönig springt auf und sagt: Ja, er hat mich geschlagen, der Ausseher, übers Auge mit seinem Krückstock, im Zellengang war's. Zeuge Ausseher Mendt: Ich glaube es nicht. Damit war die Vernehmung der Aufseher beendet. Die vernommenen Zöglinge werden aber nochmals am 9. Juli ge- laden. Der Arzt der Anstalt bezeichnet Lönig al? moralisch minder- wertig. Die als Zeugen geladenen Landleute wußten nichts Wesent- lichez zu berichten. Eine teure Ohrfeige. , Fritz Sch. ist Ingenieur und war früher Fliegerleutnant. Von seinem früheren Beruf hat er etwas mit in den jetzigen hinüber- genommen. Wer sich als schneidiger Pilot die Welt im Fluge er- obert, der braucht sich dort nicht lange aufzuhalten, wo es ihm nicht gefällt. Fritz Sch. gefiel es nun tm ruhigen Hafen der Ehe ganz und gar nicht. Sein sehnlichster Wunsch war es, eines Tages d a- vonfliegen zu können! Das Schicksal war ihm hold, seine Ehe wurde geschieden, er war wieder frei. Ein„freudiges Ereignis" pflegen manche Leute gehörig zu begießen, so auch Fritz Sch. Be- sonders energische Männer pflegen nichts halb zu tun, der gefchie- den« Ehemann war sehr energisch. Er flog von Lokal zu Lokal und war ständig in„gehobener" Stimmung, für einen Flieger- leutnant selbstverständlich. Eines Tages sollte seine Freude ober jäh getrübt werden. In einem„Nothafen" bemerken der Herr Leutnant einen Schlosser Siegsried L., der in seinem Knopfloch das Reichsbannerabzeichen trägt. Das war für Fritz Sch. zu viel, er schäumte vor Wut und forderte den L. auf, in zwei Minuten das Zeichen abzulegen, da er sonst eine Ohrfeige er- halten würde. Der Schlosser oerbat sich jede Belästigung, erhielt aber tatsächlich die versprochene Ohrfeige. Jetzt fand vor dem Schöffengericht in Neukölln das gerichtliche Nachspiel statt. Der Vorsitzende suchte die Parteien zu einem Vergleich anzuregen. Fritz Sch. hielt es für das Beste, darauf einzugehen und erklärte sich sofort bereit, die verlangte Buße von 100 M. zu zahlen. Seine weiteren Festlichkeiten dürfte er vorläufig einstellen! Nebenkosten wie 100 M. pro Backpfeife können in dieser Zett den Dergnügungs- etat doch allzusehr belasten I Die Wohnung der ägyptischen Prinzessin. Eine 16-Zimmer-Wohnung in der Tiergartenstraße, deren In- haberin die ägyptische Prinzessin Nadje, die Gattin Enver Paschas, gewesen war. bildete den Streitpunkt, aus dem eine Anklage gegen den Kaufmann Sund wegen Betruges hervor- gegangen war. Die Prinzessin war vorübergehend zur Regelung ihrer privaten Angelegenheiten nach Aegypten gefahren und hatte Sund beauftragt, während der Zett ihrer Abwesenheit die Woh- nung anderweittg zu vermieten. Durch ein Vermittlungsbureau war Sund mit einem Direktor Klaffte in Verbindung getreten, der die Wohnung auch übernehmen wollte. Hinterher fühlte sich aber K. geschädigt, weil nach seiner Behauptung oersichert worden sei. daß die Wohnung nicht beschlagnahmt werden könne. Sund bestritt das mit aller Entschiedenheit, und Rechtsanwalt Graffelt trat vor dem Schöffengericht Eharlottenburg den Beweis an. daß Klaffke wissen mußte, daß erst eine Genehmigung des Wohnungsamtes nötig sei. Klaffte hatte nach dieser Richtung hin eine Auskunft vom Wohnungsamt bekommen. Er hatte sich auch auf eine Empfehlung des Ministers a. D. Giesberts berufen, der wiederum die
Eulpfehlmeg des«ohlfahrtsministers Hirtstefer und des Abgeordneten Stegerwald in Aussicht gestellt haben soll. Dafür soll sich Giesberts in der Wohnung zwei Zimmer für Konferenz- zwecke ausbedungen haben. Landgerichtsdirektor M ä d e r kam zu einer Freisprechung des Angeklagten, da nach der Beweis- aufnähme keine Zweifel bestehen konnten, daß Klaffke wissen mutzte, daß eine lö-Zimmer-Wohnung zu jener Zeit nicht beschlagnahme- frei sei, so daß von einem Betrug keine Rede sein könne. Genosienschastlicher Werbetag. Die genossenschaftliche Internationale tritt am 4. Juli zum ersten Male in Deutschland stärker in Erscheinung, da dieser Tag von den großen Konsumvereinen als.Internationaler Genossen- fchaftstag" gefeiert wird. Der Feier liegt die praktische Idee einer Werbearbeit für die Konsumgenossenschaften in der ganzen Well zugrunde, soweit eben diese„Welt" dem Internationalen Genossen- schaftsbund angeschlossen ist. Dies ist der Fall mit 27 Ländern, worunter sich alle großen Völker befinden, auch Deutschland mit seinen über 2000 Konsumgenossenschaften und 4X Millionen genossenschaftlich organisierten Familien. Der Internationale' Genossenschaftsbund zähll in diesen 27 Län- dern insgesamt 5 0 Millionen Mitglieder(Familien). Er ist also der Zahl nach eine der größten Wirtschaftsorganisationen der Welt. Und seine wirtschaftliche Bedeutung wie die Eigenart des Wesens der ihm angeschlossenen Genossenschaften besteht darin, daß die Grundsätze und die wirtschaftlichen Methoden, nach denen sie ge- kettet werden, überall die gleichen sind. In den englischen Konsumvereinen sind über 4% Millionen Familien orgat<siert, das Anlagekapital der Mitglleder beträgt rund 1600 Millionen Mark, die Umsätze betragen 3S00 Millionen Mark und die Zahl der beschäftigten Personen beträgt rund 140 000, wovon in den Produktionsbetrieben allein ca. 36 000 beschäftigt sind. Der Bankverkehr der engllschen Großeinkaufs-Gesellschaften ist im Jahre 1924 auf über 11 Milliarden Mark(— 11000 Millionen) angewachsen. Der englischen Konsumoereinsbewegung am nächsten stcht die deutsche mit ihren 4)4 Millionen Mitgliedern. Sie ist zahlenmäßig ebenso stark wie jene, steht aber an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit hinter ihr zurück. Zehn Jahre wirtschaftlichen Stillstandes und wirt- fchastlicher Rückschläge in einem Volke geben ein ungeheures Manko in der Entwicklung seiner genossenschaftlichen Wirtschaft. Und nur so ist es in erster Linie zu deuten, wenn 4)4 Millionen englischer Familien in einem Geschäftsjahr für 3600 Millionen Mark Waren einkaufen können, 4)4 Millionen deutsche abcr nur für rund 600 Millionen, das ist ein Siebtel. Trotzdem könnten die Dinge auch in Deutschland wesentlich anders liegen, denn bei den heutigen Einkommensverhältnissen und Warenpreisen ist ein Durchschnitt von 600 Mark pro Familie und Jahr ein Mindestmaß dessen, was jede Familie aus ihrer Genossen- schaft zu beziehen in der Lage sein muß. Und worin die Werbe. arbeit an den Internationalen Genossenschaftstagen einen Wandel zum Besseren herbeizuführen bestrebt ist. 600 Mark einer Familie würden 2280 Millionen im Jahr ergeben. Der IVB. als Träger des Internationalen Genossenschafts. tages besitzt in den ihm angeschlossenen Organisationen einen starken Inhalt, der sich nicht nur bei den alle drei Jahre stattfindenden Kon- gressen äußert. Schon sind die ersten Schritte getan, um das ge- nossenschaftlich« Bankwesen international zu verknüpfen und damtt die erst« Voraussetzung zu schaffen für einen umfangreichen ge- nosscnschafttichen Güterverkehr in Gegenseitigkeit. Es find die ersten Anzeichen einer wirtschaftlichen Neuordnung der Dinge in den Wechselbeziehungen der Völker. In den wirtschaftlichen Grundsätzen und dem System des Ge- nvflenschastswesens ist also auch eine große sittliche Idee entHollen, für die zu werben jetzt Aufgabe ist. * Die für Berlin geplanten Veranstaltungen finden statt in der �ieuen Well", im Restaurant„Strauchwies?", im Bürger- ? arten im Pankow und im Restaurant„Schwß Weihensee". leben Konzert, Kinderbelustigungcn und sonsttgen Unterhaltungen werden führend« Berliner Genossenschaftler in kurzen Ansprachen auf den Gedanken der Konsum-Genossenschaftsbewegung hinweisen und für ihn werben. Die Groß-Berliner Veranstaltungen zu einer eindrucksvollen Demonstration zu machen ist heute nachmittag die Pflicht der werktätigen Bevölkerung. fragwürdige Rechtsauskunft". Zu der Nottz in Nr. 247 tre„Vorwärts" wird uns folgendes geschrieben: Die dem Reichsbund der Rechtsbeistände Deutschlands ange- schlössen- Vereinigung der Rechtsbeistände im Bezirk des Kammergerichts und die Innung der Rechtsbeistände sind seit Iahren bemüht, das W I n k o n s u l e n t e nt u m in jeder Form zu bekämpfen. In den bezeichneten Verbänden sind nur fachlich vorgebildete und ehrenwerte Rechtsbeistände organisiert und unterstehen dort einer ehrengerichtlichen Standesdisziplin. Auf allen Eeschäftsschreiben dieser Rechtsbeistände befindet sich ein Hinweis auf ihre Zugehörigkeit zu ihrer Organisatton. Die Gebührenfrage ist durch Verfügungen des Kammergerichtspräsidenten geregelt. Den Mitgliedern ist von ihrer Organisation nahegelegt worden, Rechts- suchende in Invaliditäts- und Unfalllachen in der Regel auf die Ver- bände hinzuweisen. Die Organisation ist auch bemüht, die Tätigkeit der Nichtorganisierten, nichtanwaltlichen Rechtsvertreter zu überwachen und Schädlingen unter Beibringung des gegen sie vorliegenden Materials durch die Aufsichtsbehörde entgegenzutreten. Es enwfiehlt sich daher, Ueberforderungen und andere Ungehörigkeiten von Rechts- Vertretern dem Rcichsbund zu Händen seines Vorsitzenden des Rechts- beistand» Gläser in Berlin , Müllerstr. 30, mitzuteilen, der alsdann sofort eingreift._ Mehr Alge nach der Märkischen Schweiz! Wir erhalten folgende Zuschrift: Wiederholt mochte ich die Reichsbahndirektion Berlin und Osten in Frankfurt o. O. auf den verschlechterten Sommerfahrplan Berlin - Dahmsdorf-Müncheberg (Märkische Schweiz) aufmerksam. Es ist keinem Ausflügler, der in die Märkische Schweiz fahren will, selbst am Sonnabend vormittag möglich, eine Fahrgelegenheit mit der Eisenbahn dorthin zu finden, außer 6.21 früh. Dieser Zug ist jedoch an den Sonnabenden so überfüllt, daß die Reisenden nicht mehr im Wagen, sondern auf der P l a t tf o r m der 4. Wagenklasse stehen müssen. Ich frage mich, wie ist es möglich, daß die Reichsbahn. direktion den Beschwerden und Wünschen der Reisenden in keiner Weise Rechnung trägt. Sie gesteht in ihren Antworten zu, daß die Zugfolge zwischen Berlin -Dahmsdorf-Müncheberg spärlich ist, ver- spricht aber erst für die nächsten Jahre eine Perbesserung des Fahrplans, obwohl im Winterfahrplan in Form eines Pendel- bettiebes(zwischen Strausberg und Dahmsdorf-Müncheberg ) am Vormittag eine bessere Verbindung bestanden hat. Es wäre wirk- lich an der Zeit, im Interesse Tausender, die schönsten Flecke der Mark wenigstens an den Sommerfonnabenden mit guten Zugver- btndungen zu versehen. Dss Rundfunkprogramm. Sonnabend, den 4. Juli. Äußer dem üblichen T&gesprogr&iam: S.SS Uhr nachm.: Homoristiachas Funhallerlei(Georg B&m- d erger). 8— 6.30 Uhr abends: Konzert. 7 Uhr abends: Sanitätsrat Dr. Paul Frank: Medizinisch-hygienische Plauderei. 7.80—8.10 Uhr abends: Hans-Bredow-Schule(Bildungskurse). 7.30 Uhr abends: Abteilung Sprachunterricht, Direktor Julius Glück:„Esperanto '. 7.50 Uhr abends; Abteilung Musikwissenschaft, Dr. James Simon : „Chopin '(mit Beispielen am Klavier). 8.30 Uhr abends:„Die Landpartie", von Glaßbrenner. Anschließend: Dritte Bekannt- fabe der neuesten Tagesnachrichten. Zeitansage, Wetterdienst, portnschrichten, Theater- und Filmdienst. 10.30—12 Uhr abends: Tanzmusik.
Dctriföftoffoftofe„Mieterfreunüe'. Das„Gefeh zum Sc h der ANetprellerei". In einer Kleinen Anfrage deutschnationaler Land- tagsabgeordneter wurde die Befürchtung ausgesprochen, daß das Mieterfchutzgesetz praktisch als„Gesetz zum Schutze der Miel- Prellerei" wirke. Hieran wurden einige weitere Fragen geknüpft, auf die der preußische Minister für Volkswohlfahrt, dem Amtliche» Preußischen Pressedienst zufolge, u. a. folgendes erwiderte: Die Tatsache, daß in der Zuweisung von Ersatzräumen laut Mieterschutzgesetz eine unbillige Härte für den Vermieter liegen kann, war wiederholt Gegenstand von Verhandlungen zwischen den zuständigen Reichsressorts und den Wohnungs- und Justizressorts der Länder. Die Reichsregierung hat bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf in Vorbereitung, der, soweit bekannt, vor dem Abschluß steht. Die Möglichkeit einer Einwirkung aus die G e- m e i n d e n zur Behebung der Obdachspflicht, Asyle für Leute zu schaffen, die sich b ö s w illigerweise ihrer Mietzahlungs- Pflicht entziehen, ist der Staatsregierung nicht gegeben. In solchen Fällen liegt jedoch für die Polizei kein Anlaß vor, für die Unterbringung des obdachlos Gewordenen zu sorgen. Die Polizei- behörden werden entsprechend angewiesen. Nach Z 36 Abs. 3 des Mieterschutzgesetzes darf der zur Herausgabe eines Raumes Verpflich- tele von der Gemeindebehörde nicht in den gleichen Raum wieder eingewiesen werden. Der Polizeibehörde stcht ein Ein- Weisungsrecht nur zu, wenn der Familie durch die Obdachlosigkeit eine un mittelbare Gefahr droht und diese sich nur durch zwangsweise Einweisung in die freistehende Wohnung beseitigen läßt. Dies fetzt voraus, daß die Obdachlosigkeit nicht auf Bös- Willigkeit beruht. Vor der Einweisung, die nur für eine be- stimmte Frist erfolgen darf, ist daher die Möglichkeit einer Unter- brfngung in andere Räume zu prüfen.— Durch die polizeiliche Ein- Weisung lebt dos frühere, durch Aufhebungsklage beendete Miet-
Ensschädigungspflichtig ist letzten Endes die Gemeinde, gleich- gültig ob eine staatlich« oder kommunale Polizeiverwattung in Frage kommt, da es sich um unmittelbare Polizeikosten handelt." Die Neuanlagen auf dem Bahnhof Friedrichstraste. Auf Veranlassung der Reichsbahndirektion hatten sich gestern vor- mittag Vertreter des Reichsoerkehrsministeriums der Reichsbahn. direktion, sowie Vertteter der Berliner Presse zur Besichtigung der Neuanlagen de, Bahnhofes Friedrichstroße eingefunden. Die vielen Mängel des alten Bahnhofes wurden durch Neubau des zweiten Fernbahngleises sowie durch Ausbau der S t a d t- und Vorortbahnhofanlage behoben. Nicht nur die techni- schen Anlagen sind völlig erneuert worden, auch neue Wirtschasts- und Warteräume wurden geschaffen. Die alten Warteräume, die schon lange nicht mehr den Anforderungen der Jetztzeit ent- sprachen, sind auf der Südseite des Bahnhofes durch große, gut aus- gestattete Räume ersetzt worden. Es besteht kaum ein Unterschied zwischen den Warteräumen 3. und 2. Klasse. Auch die Wirtschafts- räume, im Keller des Bahnhofes gelegen, entsprechen in jeder Weise unserer Zeit. Ein langer Gepäcktunnel wurde in den Keller- räum hineinverlegt, um die Gepäckstücke vom Gepäckraum nach dem Lahnsteig A befördern zu können, ohne den Bahnsteigverkehr durch Fahrten mit den Gepäckkarren zu behindern. Dir Wart:- räume sollen heute dem öffentlichen Verkehr übergeben werden. Folgen republikanischer Duldsamkeit. In einem geistlosen und hetzerischen Lettartikel ihres Abend- blattes vom 2. Juli ist die völkische„Deutsche Zeitung" wie bisher bemüht, wieder einmal alles, was republikanisch denkt, mit Schmutz zu bewerfen. Man ist diese Gossentonart der nationalisti- schen Presse, die in Ermangelung sachlicher Unterlagen nichts anderes kennt, als den Gegner persönlich zu verunglimpfen, ja zur Genüge gewohnt. Diese Presse, die den Makel der geistigen Urheberschaft der monarchistischen Mord- und Attentatsepidemien auf der Sttrn trägt, tut im Ernstfall immer so, al» ob sie den„kuror teutonicus", den sie selbst herbeigerufen, nicht verstehen könnte. Dann macht man in kläglicher Feigheit in Unschuld, um nach einer kurzen Verwschungs- spanne um so wilder wieder draufloszuhetzen. Auch in dem Schimpfartikel der„Deutschen Zeitung" meldet sich diese Tattik zum Wort! So wird bei einer Polemik gegen eine Pazifistenzeitschrift von dem Reichsbannermann gesproche!:, der auf dem Potsdamer Platz dies Blatt zum Verkauf aus- biete. Und nachher heißt es ganz offen: Daß solch ein Treiben ungesühnt bleibt, sst wirklich nur der unverständlichen deutschen Duldsamkeit zuzuschreiben; in jedem anderen Lande stünde der Reichsbannermann mit seinem „Anderen Deutschland" nicht mehr auf dem Hauptplatz der Reichshauptstadt. Solch niederträchtiges Gesudel erlauben sich jene Herrfchaften, die im November 1918 nicht würdelos genug vor dem Regime des Volkes um Gnade betteln konnten. Die Republik ist allzu duldsam diesen Elementen gegenüber gewesen. Ganz unverhüllt wird hier dem Straßenterror das Wort ge- sprochen. Die ehrenwerten Knüppelpolitiker könnten sich jedoch peinlich verrechnet haben. Zwei Minute« gleich zwei Stunde«! Man schreibt uns:
termin geladen. Da infolge Straßenaroeiren ein vor das Cerichtsgebäud« unmöglich war, mußt« ich eine ganze Strecke zu Fuß gehen und betrat infolgedessen, trotzdem ich mir notgedrungen schon ein Auto genommen hatte, um ja recht pünktlich zn sein, das Gerichtsgebäude erst, als die darin angebrachte Uhr gerade 9)4 Uhr schlug. Ich war also 2 Minuten später im Zimmer 186/167, in dem die Verhandlungen schon im Gange waren. Da meine Sache vom Richter nicht aufgerufen wurde, ver- suchte ich wiederholt, vom Richter zu erfahren, ob ich noch nicht abgefertigt werden könne, wurde aber jedesmal sofort unterbrochen und gefragt:„Sind Sie Kläger ?" und als ich dies verneint-, wurde mir stets ziemlich barsch bedeutet:„Dann müssen Sie warten! Der Rechtsanwall der Gegenpartei wird sich schon melden!" Auf diese Wesse wartete ich etwa 1)4 Stunde. Ein anderer Herr, der sich gleich mir über das Verhalten des Richters ärgerte und sagte, er warte nun schon über eine Stunde auf den Kläger , erhielt die Antwort,„das sei doch nochnichtlange." Endlich nach 1)4 Stunden ließ sich der Richter herbei, als ich dringend wurde, mir Auskunft zu geben, und ich erfuhr. daß die Gegenpartei, ein Rechtsanwalt, bereits pünkttich 9)4 Uhr Berfäumnisurteil erwirkt habe. Also der Beklagte, fast stets der wirtschaftlich schwächere Teil, muß stundenlang auf den Kläger warten und seine kostbare Zeit, für die ihn niemand entschädigt, opfern und der Kläger — wenigstens wenn er sich einen Rechts- anwalt halten kann— braucht auch nicht zwei Minuten zu warten. Für mich, der ich meine FamiNe nur durch meine per- sönliche Arbeit ernähren muß, bedeuten zwei Stunden sehr, sehr viel; dagegen kann der Herr Rechtsanwalt, der durch das Ver- säumnisurteil im Handumdrehen sein Geld verdient, sicherlich eher fünf Minuten warten al» ich zwei Stunden. wegen umfangreicher Jnstandfehungsarbeiten bleibt die Schwimmhall« der Lolksbadeanftait Eharlottenburg. Krumm« Straß« 10, vom 6. Juli 1926 ab auf voraussichtlich 4 bis 6 Wochen für das Publikum geschlossen. Die bereits gelösten Schwmnnunterrichtskarten behalten ihre Gültigkeit ober werden für den Zeitraum der Schließung der Schwimmhalle verlängert. Der Betrieb in den Wannen- und Brausebädern erleidet vorläufig keine UnterdvechlMA.