Das �ZufWertungsgefetz. Tie Anträge des Rcichstags-Ausschnsses. Der Aufwertungsausschuß des Reichstags hat die Be- ratung des Gesetzes über die Auswertung der Hypotheken und anderer privatrechtlicher Schuldforderungen am Freitag abgeschlossen. Das Gesetz über die Ablösung der ösfent- lichen Anleihen ist noch der Zweiten Beratung zu unter- Ziehen, die bis um die Mitte nächstes Woche beendet sein dürfte. Gegen Ende der nächsten Woche ist mit dem Beginn der Einzelberatung der Aufwertungsgesetze in der Vollsitzung des Reichstags zu rechnen. Im Augenblick ist das Interesse der Oeffentlichkeit vor allem auf die Frage gerichtet, in welcher Gestalt das Auf- wertungsgesetz aus dem Ausschuß herauskommt. Die grund- legenden Bestimmungen der Ausschußbeschlüsse sollen daher hier kurz und ohne eingehende Kritik dargestellt werden. Rur so viel sei vorweg bemerkt, daß der deutschnationale Graf Posadowsky in einem in den letzten Tagen veröffent- lichten Zeitungsartikel ein geradezu vernichtendes Ur- teil über das Kompromiß der Regierungsparteien fällt, das nunmehr in Gesetzesparagraphen gekleidet worden ist. Der ehemalige kaiserliche Minister und deutschnationale Abgeord- nete in der Nationalversammlung spricht von der Aufwer- tungsgesetzgebung als„einem dunklen Blatt in der deutschen Rechts- und Sittengeschichte" und bezeichnet es als „politisch unmöglich, daß die deutschnationale Fraktion jetzt für das Kompromiß stimmt, das im schärfften Gegensatz zu ihren bisherigen Forderungen und Versprechungen steht". Der Herr Graf wird sich bald davon überzeugen können, daß bei seinen Parteigenossen im Reichstag kein Ding un- möglich ist. Der äußeren Form nach erkennt man in den Ausschuß- antrügen den Regierungsentwurf nicht wieder. War dieser nur 20 Paragraphen zählende Entwurf in die Form einer Abänderung der 3. Steuernotvcrordnung gekleidet, so er- scheinen die Anträge des Ausschusses in der Gestalt eines ganz selbständigen Gesetzes, das nicht weniger als 88 Pa- ragraphen umfaßt. Der Aufbau und die Gliederung des Ge- setzes ist von Grund aus umgestaltet. Inhaltlich weichen die Beschlüsse nicht so erheblich von den Regierungsvorschlägen ab. Die wesentlichste Aenderung ist wohl die, daß die Auf- werlung der Hypotheken und ähnlichen Forderungen nicht in zwei Teile zerlegt ist, wie die Reichsregierung vor- schlug(15 Proz. und 10 Proz. Zuschlag— 25 Proz.), auch nicht einheitlich auf 20 Proz. bemessen ist, wie der R e i ch s r a t es wollte, sondern einheitlich 25 Proz. betragen soll. Die Rückwirkung bereits gelöschter Hypotheken reicht nicht bis zum 15. Dezember 1922, wie die Regierung vorschlug, sondern bis 15. Juni 1922. Die Erhöhung der Aufwertung der Industrieobligationen von 15 auf 25 Proz. ist nicht völlig ausgeschlossen, wie die Regiening wollte, son- dern für die sogenannten A l t b e s i tz e r in Form eines sehr anfechtbaren Genußscheinsystems zugestanden worden. Das find die beträchtlichsten Verbesserungen, welche die Regierungsvorlage erfahren hat. So ungenügend sie sind, so wären sie doch nicht erreicht worden, ohne den scharfen Kampf, den die Sozialdemokratie gegen die wortbrüchigen Deutsch - nationalen geführt hat. Nimmermehr hätten sich die Re- gierungsparteien zu diesen Zugeständnissen herbeigelassen, wenn nicht die Sozialdemokraten ihnen dauernd auf den Nähten gesessen und immer wieder auf das himmelschreiende Unrecht hingewiesen hätten, das in ungezählten Fällen an unschuldig Verarmten durch die eng begrenzte Aufwertung verübt wird. Aber diesen wenigen Verbesserungen, die hinter den be- rechtigten Forderungen der Gläubiger ebensoweit zurückbleiben wie hinter den Wahloersprechungen der Deutschnationalen , stehen selbst Verschlechterungen des Regierungsentwurfs gegenüber. Eine solche Verschlechterung ist es beispielsweise, daß die persönliche Kaufgeldforderung, die bisher der unbegrenzten individuellen Aufwertung unterlag, woran auch der Entwurf nichts ändern wollte, nunmehr auf 75 Proz. beschränkt ist, wenn sie aus der Zeit vom 31. De- zember 1908 bis 1. Januar 1912 stammt. Forderungen dieser Art, die in der Zeit vom 1. Januar 1912 bis 1. Januar 1922 begründet worden sind, dürfen nur bis zu 100 Proz. aufge- wertet werden. Daraus kann sich ergeben, daß eine in der Inflationszeit entstandene Forderung, die zur Zeit ihrer Ent- stehung 50 Proz. des Kaufpreises ausmachte, mit 1 Proz. des gegenwärtigen Grundstückswertes zurückzuzahlen ist.� Die Differenz steckt der Schuldner ein, der bei städtischen Gebäuden oft ein Ausländer ist. Festgehalten hat die Mehrheit an dem ungerechten Um- rechnungsverfahren. Die Umrechnung von Forderungen, die nach dem 1. Januar 1918 entstanden sind, geschieht nach einer Meßzahl, die den Durchschnitt von Dollarkurs und Groß- handelsindex bildet. Die Kaufkraft der Papiermark war bis gegen das Ende der Inflationszeit aber viel größer, als es nach dieser Meßzahl scheint. Festgehalten hat die Mehr- heit auch an der e i n s e i t i g e n H ä r t e k l a u s e l, die nur der Schuldner, der in der Regel um 75 Proz. seiner Schuld entlastet wird, nie aber der Gläubiger für sich in Anspruch nehmen kann. Neu hinzugekommen ist noch eine zweite Härte- klausel, die wiederum nur dem Schuldner zugute kommt, der durch die Nückwirkungsbestimmungen in Anspruch genommen wird. Abgelehnt ist die Ausdehnung der Rückwirkung bis 1. Juli 1921. Auch eine von den Sozialdemokraten beantragte bewegliche Schutzvorschrist zugunsten der Gläubiger, die vor dem 15. August 1922 mit lächerlichen Beträgen abgefunden worden sind, verfiel der Ablehnung. Rückzahlung des aufgewerteten Betrages kann vom Gläu- bigcr nicht vor dem 1. Januar 193„ verlangt werden, der Schuldner kann sogar Stundung bis zum 1. Januar 1938 verlangen. Nur wenn die Verhältnisse des Schuldners als g ü n- st i g anerkannt werden und die wirtschaftliche Lage des Gläu- b'gcrs es dringend erfordert, können von diesem vorzeitige Zahlungen, aber nicht mehr als 10 Proz. im Jahr(!) verlangt werden. Die Verzinsung des Aufwertungsbetrages hat vom 1. Januar 1925 bis 1. Juli 1925 mit 1,2 Proz., vom 1. Juli 1925 bis 1. Januar 1926 mit 2,5 Proz., vom 1. Janimr 1926 bis 1. Januar 1928 mit 3 Proz., von da ab mit 5 Proz. zu ge- schehcn. Diese Zinssätze aeltcn auch für die 15prozentige Aufwertung der Industrieobligationen. Die lOprozentige zusätz- liehe Aufwertung in Gestalt von Genußscheinen tritt erst in Kraft, wenn die Aktionäre zuvor 6 Proz. Dividende bezogen haben. Was die Aufwertung von Pfandbriefen betrifft, so ist am Entwurf nichts wesentliches geändert. Die Höhe der Auswertung richtet sich hier nach der Größe der Teilungsmasse. die aus den aufgewerteten Hypothekenansprüchen der Pfand-
Limburg a. d. Lahn , 6. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Unter großer Spannung der Limburger Bevölkerung begann heute der Angerstein-Prozeh. Seit zwei Monaten wurde seine Anberaumung erwartet. Die Vorbereitungen verlangten aber zu viel Zeit. Die verschiedenen psychiatrischen, gerichtlich-medizinischen, Buchhalter- und Schreibsachverständigen-Gutachten mußten mit entsprechender Gründlichkeit ausgearbeitet werden. Daß die Stadt Limburg , die nur 150 000 Einwohner zählt, sich ganz aus den Prozeß umgestellt hat— in erster Linie natürlich die Hotels, die 30 Pressevertreter und eine Anzahl von Sachoer- ständigen und Zeugen zu beherbergen haben— bedarf keiner besonderen Erwähnung. Bon einer Aufregung jedoch, wie dieses in Hannover beim Haarmann-Prozeß der Fall war, ist selbstverständ- lich nichts zu merken. Die Fälle sind ja auch ganz verschieden ge- artet. Die öffentliche Meinung jedoch, sofern man von einer solchen hier in Limburg sprechen kann, ist gegen Angerstein. Während es den einen doch nicht einleuchten will, daß seine Taten die eines ge- sunden Menschen sein könnten, würden die anderen ihn gern wegen Mordes verurteilt sehen, lieber sein Befinden und Verhalten im Gefängnis— bei den kleinen Verhältnissen im Orte ist man hier natürlich über alles, was im Gefängnis geschieht, gut orientiert— hält man sich am meisten auf. Man kann nicht die ihn erfüllende Ruhe oerstehen— eine Gewichtszunahme von 12 Pfund wird ihm zur Last gelegt— und schließt daraus, daß er absolut keine Reue empfände. Man behauptet auch, daß er in erster Linie seine Ver- teidigung so aufzubauen gedenke, daß ihm nur Totschlag, nicht aber Mord zur Last gelegt werde. Auch will man wissen, daß er im Gefängnis sehr scharf bewacht werde, damit er sich ja nicht der irdischen Gerechtigkeit entziehe. Schließlich soll Angerstein, dem Beispiel aller berühmten Verbrecher der letzten Zeit folgend, seine Memoiren schreiben. Die Schwierigkeiten, die der B e r i ch t e r- st a t t u n g in den Weg gelegt wurden, sind dank Intervention des Justizministers glücklicherweise behoben worden. Allerdings haben 60 Zuhörer ihre Karten einbüßen müssen— sie sollen übrigens äußerst gerecht verteilt worden sein—, denn ein Teil des Zuhörer- raumes ist nun für die Presse reserviert. Der Gerichtssaal ist wirklich nicht besonders groß und für solch einen Monsterprozeß nicht ge- dacht. Ängerstein befindet sich schon seit einigen Tagen im Lim- burger Gefängnis, das dicht am Gerichtsgebäude steht. Bis vor kurzem war er in der Strafanstalt Freiendietz untergebracht, die etwa drei oder vier Kilometer von Limburg entfernt ist und zu den modernsten Strafanstalten Deutschlands gehört. verhanölungsberlcht. Kurz vor 9X Uhr wurde Angerstein, der Zivilkleidung, aber ohne Kragen, trägt, von zwei Gefängnisbeamten vorgeführt Seine Hände waren g e s e s s e l t und wurden erst freigemacht, als er auf der Anklagebank Platz genommen hatte. Dann blieb er mit gesenk- tem Haupte sitzen, ohne zunächst auch nur einen Blick zu heben und seiner Umgebung Aufmerksamkeit zu schenken. Kurz nach'A10 Uhr eröffnete Landgerichtsrat Roth die Sitzung, der zunächst die Geschworenen vereidigte. Dann gab Angerstein zu- nächst mit leiser, dann aber mit kräftigerer Stimme in ziemlich unverfälschtem rheinischen Dialekt Auskunft über feine Personalien. Er ist jetzt 34 Jahre alt, als Sohn eines Hüttenarbeiters in Dillen- bürg geboren, hat eine Mittelschule besucht und war in einem Land- messerbureau tätig. Dann ging er als technischer Angestellter zur Nassauischen Bergbau-Gesellschaft, bei der er 1917 Prokurist wurde und seit 1919 wurde die Gesellschaft von der Firma van der Zypen übernommen. Diese Firma errichtete in Haiger ein Verwaltungs- gebäude, in das Angerstein 1919 einzog. 1911 hatte er sich verheira- tet. Auf die Frage des Vorsitzenden, wie sich sein Eheleben ge- staltete, erklärte der Angeklagte zunächst stockend, daß seine Frau be- reits kurz nach der Heirat eine Fehlgeburt gehabt habe, der in den nächsten Jahren weitere vier Fehlgeburten folgten. Vors.: Lebten Sie glücklich mit Ihrer Frau? Angekl.(leise): Ja.— Dann
briefanstalten gebildet wird. Aehnlich ist die Aufwertung der Versicherungsansprüche gestaltet. Besonderen Wert haben die sozialdemokratischen Vertreter auf eine gerechte Behandlung der Sparkassengut- haben gelegt. Sie haben auch einige Verbesserungen er- reicht. Die Regelung im Einzelnen bleibt aber den Ländern überlassen, denen mir Richtlinien gegeben werden. Einige Bedeutung kommt der Bestimmung zu, daß die Aufwertung der Sparkassenguthaben mindestens 12!4 Proz. betragen„soll". Wichtig ist. daß Ansprüche an Fabrik- und Werkspar- lassen, sowie an Betriebspensionskassen, desgleichen Kau- tionen, der unbegrenzten Auswertung unterliegen, während Sparkasseneinlagen bei Konsumvereinen zwangsweise nur bis 25 Proz. aufzuwerten sind. Wird hier freiwillig Häher aus- gewerte, so fällt die Schenkungssteuer, die bisher verlangt wurde, weg. In Kraft treten soll das Gesetz am 5. Juli.
Steine unü Eröen. Tie Zollberatungen im handelspolitischen Ausschnh. In der Vormitagssitzung des handelspolitischen Ausschusses kam es zu einem kurzen aber heftigen, dramatisch zugespitzten Zusammen- stoß zwischen dem deutsch -volksparteilichen Abg. Schneider und den sozialdemokratischen Mitgliedern des Ausschusses. Abg. Schnei- der reizt der Widerspruch der Linken gegen den beabsichtigten Zoll- wucher der Regierung und der Industrie- und Agrargewaltigen. Für ihn, den Unternehmersyndikus, haben die anderen, denen der Profitwillen dieser Herren nicht unantastbar ist. zu kuschen. Heute paßte es Herrn Schneider nicht, daß Genosse W i s s e l l sich gegen einen Antrag Horlacher(Bayer. Vp.) wendete, der eine ganz unmögliche Bestimmung bei einer Position eingefügt haben wollte. Seinen Widerspruch machte er in einer so zugespitzten Weise geltend. daß sich die sozialdemokratischen Vertreter spontan und geschlossen zur Wehr setzten.. � � Die Regierungsparteien schwiegen im großen und ganzen auch heute. Sie rafften sich höchstens zu kurzen Bemerkungen auf oder brachten irgend ein Monitum zur Geschäftsordnung vor. Die Besprechung nahm ihren Fortgang beim Kapitel Steine und Erden. Dabei wurde vom Vorsitzenden der Vorschlag ge- macht, die gesamte Materie in Bausch und Bogen zu erledigen. Genosse Silberschmidt wies darauf hin, daß es sich bei diesen Positionen um so verschiedenartige Gegenstände handele, daß eine differenzierte Behandlung unumgänglich notwendig ist. Der Ausschuß beschloß schließlich die zusammenpassenden Positionen zur gemeinsamen Beratung und Be- schlußfasfung zu stellen. Bei den Gruppen Marmor und ähnlichen Artikeln wies Silber- schmidt im einzelnen nach, daß die Erhöhung der Zollsätze eine Schädigung der verarbeitenden Industrien mit sich bringen müsse und daß dadurch die in Deutschland hervorragend entwickelten Veredelungsgewerbe in Nachteil gegenüber dem Ausland geraten müßten. ,,...., Bei Porzellan und Steingut wies Genosse Frölich auf die nachteiligen Wirkungen des Zollsatzes für die gesamte thürin- gische Industrie hin. Schon die alten Zollsätze haben außer- ordenllich hemmend gewirkt. Eine Erhöhung müsse die kata- strophalsten Folgen für das ganze Thüringer Land zeitigen. D,e zu diesen Positionen von den Sozialdemokraten gestellten Antrage auf Z o l l f r e i h e i t wurden von der geschlossenen Rcgierungs- Mehrheit abgelehnt. Um 1 Uhr unterbrach der Ausschuß seine Beratungen. Fortsetzung nachmittags Uhr.
äußerte sich der Angeklagte weiter über seine Dermögensverhältnisse. Er habe 1924 ein Gehalt von 300 M. gehabt, außerdem freie Woh- nung und Gartenbenutzung, so daß er sein gutes Auskommen gehabt habe. Seine weiteren Angaben über ein Konto bei einer Dillenburger Bank und über Forderungen an seine Gesellschaft wegen rückständigen Gehalts, veranlaßten den Vorsitzenden zu der Beinerkung, daß das Konto schon seit 1923 gelöscht sei und daß er über die Fordetungen an seine Gesellschaft früher andere Angaben gemacht habe. Ueber feinen Gesundheitszustand äußert sich der An- geklagte, daß er früher ganz gesund, später aber k e h l k o p s- leidend geworden sei. Im Verlauf dieser Krankheit sei er mehr- fach operiert worden, sei auch in einer Heilanstalt gewesen und habe sich schließlich auch ein Nervenleiden zugezogen, so daß er dauernd in ärztlicher Behandlung war. 1915 wurde er Soldat, wurde aber von seiner Firma reklamiert. Dann wurde die Anklage verlesen, die auf Unterschlagung in Verbindung mit Urkunden- fälschung, Alord in acht Fällen. Brandstiftung und Meineid lautet. Aus die Frage des Vorsitzenden, ob er sich zu dieser Anklage bekenne, antwortet Ängerstein: Jawohl, aber ich habe keine Unterschlagungen begangen. Vors.: Ich möchte Sie zuerst über diesen Punkt vernehmen. Sie sollen in der ersten Hälfte des Jahres 1924 20 bis 30 000 M. unter- schlagen und diesen Fehlbetrag durch unrichtige Buchungen und gefälschte Quittungen verschleiert haben.— Angekl.: Ich habe nur fingierte Belege ausgefüllt.— Vors.: Sie hatten also Fehl- betrüge in der Kasse?— Ängerstein: Nein, es handelte sich um Gelder, die von der Firma ausgegeben worden waren. Dem Angeklagten wurden dann die einzelnen von ihm gefälschten Quit- tungen vorgehalten, wobei er die Fälschungen nach Einsichtnahme in die Schriftstücke auch zugibt. Vors.: Warum haben Sie Quittungen gefälscht? Angerstein: Ich hatte für diee Firma Zahlungen zu leisten, für die ich kein Belege hatte, für Beamtenbestechung und Schmiergelder. Vors.: Wen haben Sie bestochen oder geschmiert? A n g e r st e i n: Das möchte ich nicht sagen, es handelt sich dabei um eine Angelegenheit der Firma. Ich bin dann deswegen erpreßt worden. Vors: Welche Helfershelfer haben Sie bei diesen Fäl- schungen gehabt, und wer soll Sie damit erpreßt haben? Anger- stein: Das will ich nicht angeben. Vors.: Das klingt aber sehr unglaubwürdig. Trotz aller Vorhalte bleibt Ängerstein bei seiner Darstellung und erläutert dann noch im einzelnen, wie er erpreßt worden sei. Dann wurden die Unterschlagungen Anger- st eins in der zweiten Hälfte des Jahres 1924 erörtert, und zwar im Oktober 1924 4500 M. Vors.: Die großen Beträge der letzten Kassenbestandsaufnahme sollen sich nicht im Kassenschrank sondern im Wandschrank Ihres Herrenzimmers befunden haben? Angekl.: Nein, sie lagen im Kassenschrank. Irgendwelche Ent- nähme für seinen eigenen Bedarf bestreitet der Angeklagte, ebenso behauptet er, daß er für die Grundstücksankaufe auch anderes Geld zur Verfügung gehabt habe, und zwar fei ihm ein Freund größere Beträge schuldig gewesen, doch wollte er den Namen des Be- treffenden nicht nennen. Dabei blieb er auch, trotzdem ihn der Vor- sitzende darauf aufmerksam machte, daß das Gericht aus einem solchen Verhalten eventuell ungünstige Schlüsse für ihn ziehen könne. Dann wurde zur Erörterung der Akordanklage übergegangen, und zwar wurde zunächst die Lage des Anger- st einschen Hauses gegenüber dem Bahnhof Haiger , sowie die Anordnung der einzelnen Räumlichkeiten erörtert. In dem Unter- geschah befanden sich fünf Bureaus, im Obergeschoß die Anger- ft e i n s ch e n P r i v a t rä u m e. Die Wohnung selbst bestand aus Wohn-, Herren-, Eß- und Schlafzi nmer, nebst Küche. Im Dach- geschah waren dann noch mehrere Räume, in dem einem Zimmer schlief die Schwiegermutter, Frau Barth und ihre Tochter, Ella Barth, die Schwester der Frau Angerstein. Außerdem befand sich dort noch das Badezimmer und die Dienftbotcnkammer.
fius üem Königreich Sapern. Tc. Kgl. Hoheit, Kronprinz Rupprecht Ehrendoktor. München , 6. Juli. (Eig. Drahtb.) Die Teilnahme des Exkronprinzen Rupprecht an der Wieder- sehensfeier des 19. Jnfanterie-Regiments in Erlangen am gestrigen Sonntag gestaltete sich zu einer selbst für die bayerischen Verhältnisse außergewöhnlichen monarchistischen Kundgebung. Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten stand die Verleihung des philo- logischen Ehrendoktortitels der Erlanger Universität an den Exkronprinzen Rupprecht. In der Begründung der durch ein- stimmigen Beschluß ersolgten Ernennung heißt es:„Seiner kgl. Hoheit, dem Kronprinzen Rupprecht von Bayern , dem ausge.zeich- neten Kenner der morgenländischcn Kultur, dem eifrigen, verdienst- reichen Förderer von Wissenschast und Kunst, dem Verfasser wert- voller Werte, die als Früchte weiter Reisen, ernster Wissen- schaft und glänzendster Darstellungsgabe zu bezeichnen sind." Die niorgenländischen Kenntnisse hat der Kronprinz vor dem Krieg auf einer Jndienreise erworben! Seine damaligen Erlebnisse und Ein- drücke legte er in einem kleinen Buch nieder, das seinerzeit im Buchhandel erschienen ist, ohne aber weiteren Kreisen bekannt zu werden....
Die Internationale üer völkerbunüligen. Der Weltverbond der Dölkerbundgesellschoften umfaßt Ver- einigungen aus mehr als 30 verschiedenen Ländern. Sie stehen in ihrer Mehrzahl den Regierungen nahe. Die jährlich abgehaltenen Kongresse sind deshalb eine Art Vorspiel der alljährlich im September zusammentretenden Versammlungen des Völkerbundes. Auf der vor- jährigen Tagung in Lyon wurde mit Frankreichs Stimme(gegen Polen und.Rumänien ), der Antrag angenommen, Deutschland sofort einen ständigen Ratssitz im Völkerbunde zu gewähren. An der dies- jährigen Tagung, die ursprünglich in Deutschland stattfinden sollte. aber verlegt wurde, well für eine aktive Beteiligung der Reichs- regierung keine Gewähr geboten schien, ist Deutschland wie im Vor- jähre durch den demokratischen Reichstagsabgeordneten Graf Vernstorss, durch Prof. Iäckh u. a. vertreten. Di« Verhandlungen werden außer im Plenum vor allem in vier Kommissionen geführt werden. Die p o l i t i f ch e K o m- Mission wird sich mit dem Genfer Protokoll befassen. zu dem von der Deutschen . Englischen. Japanischen und Französischen Liga Gutachten ausgearbeitet sind, die die verschiedenen Probleme des Protokolls vom nationalen Gesichtspunkte beleuchten. In War- schau werden zum erstenmal Deutsche vor einem internationalen Forum zum Genfer Protokoll Stellung nehmen. Ferner wird sich die politische Kommission befassen mit dem Problem der gleich. mäßigen Behandlung von Fremden und unter anderem außerdem mit der Frag«, wie die nichtständigen Sitze im Völkerbundsrate unter Berücksichtigung der geographischen Lage der einzelnen Mitglieds- staaten zweckmäßig zu verteilen wären. Auf der Tagesordnung der Minder heitenkommifsion steht die Frage der Univerfalisation und Kodifikation des Rechtes der Minderheiten. Deutsche Interessen werden wahrzunehmen sein bei der Behandlung der Lage der deutsch -dänischen Minderheiten und derjenigen in Südtirol . In der juristischen Kommission wird verhandelt werden über die Verantwortlichkeit von Staaten für politische Ver- brechen, die auf ihrem Gebiete an Ausländern begangen werden. Ferner sieht die Tagesordnung die Erörterung der Möglichkeit einer Univerfalisation des Zivilrechtes vor. Andere Verhandlungsfragen sind die der obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit und die der Ver- Hinderung von Repressalien in Friedenszeiten.