10 Millionen Haushaltungen gibt, die nicht Selbswersorger sind, bedeutet das eine Gesamtbclastung der Verbraucher mit 1% Milliarden. Setzt man davon die Staatseinnahmen aus den Zöllen ab, so bleiben für die Laichwirtschaft selbst immer- hin noch etll>a.1,2 Milliarden Mark Mehreinnahmen. Was kaust nun die Landwirtschaft von der Industrie? Nach einer Zusammenstellung des Freiherrn v. L ü n i n g in der„Landbiirch-Zeitung" der Provinz Sachsen , die sich auf Betriebe aller Größenklassen erstreckt, und nach Berücksichtigung der besonderen Wirtschaftsverhältnisie in Sachsen kommt man zu dem Ergebnis, daß die Landwirtschast jährlich für etwa 1 Milliarde Mark i n d u st r i e l l erzeugte Produktions- mittel verbraucht. Baade zieht aus seinen Feststellungen folgenden Schluß: Wir finden also das Endergebnis unserer Berechnungen, daß die Summe die der Landwirtschast an künstlicher Kauskraslsleigerung durch die Zölle auf Kosten der Konsumenten zugewandt werden soll, größer ist als die bisherige Gesamtausgabe der tandwirtschast für Industriell erzeugte Produktionsmittel; sie übertrifft diese Summe um ein volles Fünftel. In der Tat ist dieses Ergebnis überraschend und sogar entscheidend für die gesamte Beurteilung der Zollfrage. Denn nach den obigen Feststellungen kann die Landwirtschast überhaupt nicht soviel Produktionsmittel kaufen und verbrauchen, wie sie durch die Zölle an Geldwert er- hält. Die Zölle bedeuten also keine„Stärkung des inneren Marktes", mindestens nicht in dem Ausmaße, wie ihr Ertrag über den Produktionsmittelbedarf hinausgeht. Tatsächlich bringen die Agrarzölle dem kleinen Teil der Landwirtschaft, der überhaupt aus den Zöllen Nutzen ziehen kann, nichts an- deres als einen gewaltigen Kapitalzuwachs und eine enorme SteigerungderBodenrenteauf Kosten der breiten Verbrauchermasstn. Der Kaufkrafwerlust, den die letzteren erleiden, aber muß sich in verminderterNach- frage nach Industrieprodukten geltend machen, muß also Arbeitslosigkeit zur Folge haben. Nicht nur Verminderung des Reallohnes, sondern Beschästigungslosigkeit und Not wären also die Wirkungen der agrarischen Hochschutz- zollpolitik. Diese Auffassung, die wir seit jeher an dieser Stelle vertreten haben, wird durch die Ergebnisse der außerordentlich wertvollen Berechnung Dr. Baades vollinhaltlich bestätigt. Die Front der Industrie, die sich noch für Agrarzölle einsetzt. ist falsch, und das nicht nur zum Verderben der breiten Volksmasien, sondern auch zum Nachteil der Industrie selbst.
Die müden Schutzzöllner. Ter Arbeitseifer des Zollausschusses. Die Furcht der Zollblockparteien, daß sie trotz ihrer Sabotage der sachlichen Durchberatung nicht rechtzeitig in die Sommerferien gehen könnten, war die Veranlassung dafür, die heutige Sitzung des Zollausschusses um g Uhr beginnen zu lassen. Die sozialdemokrati, schen Vertreter waren rechtzeitig da. Aber wo waren die anderen? Als der Vorsitzende begann, war der Ausschuß gerade beschlußfähig. Nach und nach trotteten die Herren herein. Als letzter Herr Schneider-Dresden, der deutschvoltsparteiliche Führer der passiven Resisten.; der Regierungsparteien im Zollausschuß. Es scheint also doch nicht so dringlich zu sein, wenn man Zeit hat, müde zu sein. Als Zwischenspiel eine interessante Geschäftsordnung s» d e b a t t e. Genosse Krüger-Merseburg hatte auf die bemerkenswerte Totsache hingewiesen, daß der bayerisch « Bauerndoktor horlacher auf einmal bei einer bestimmten Gruppe der Industriezölle«in b«. solideres Interesse bekundet«. Krüger führte da» zurück auf die ideelle Verbindung Horlacher» mit der Schweinfurter-Grün-Fabri- katron. Diese Bemerkung rief Herrn v. Raumer auf den Plan, der sich als Interessenvertreter bestimmter Wirtschaftsgruppen mitgetros- sen fühlte. Er versicherte, seine und seiner Freunde Entscheidungen seien nur bestimmt von dem Gesamtinteresse der deutschen Wirtschaft und des deutschen Volkes. Wirklich? Wifsell bezweifelt« die Auf- richtigkeit der Raumerschen Argumentation. Diese Bemerkung ver- anlaßt« v. Raumer. seinerseits zuzugeben, daß der Zolltarif offen- sichtliche Mängel besitze, daß er und seine Freunde aber ihre Be- denken zurückstellten, um eine schnelle Verabschiedung des Provi-
soriums zu erreichen und um dadurch die Möglichkeit zu bekommen, dann endlich die große Zolloorlage endgültig zu erledigen. Genosse Müller erklärte, daß die Sozialdemokratie genau dasselbe handelspolitische Interesse habe, unseren Vertretern ein brauchbares Instrument in die Hände zu geben, daß aber gerade das für uns Veranlassung sein müsse, aus einer gründlichen Durchberat»ng zu beharren. >* Der Zollausschuß behandelte am Donnerstag vormittag die Positionen Chemikalien, Farben und Locke. Die sachliche Debatte wurde bestritten durch die Genossen Kcüger-Merseburg und Wissel!. Um der deutschen verarbeitenden Industrie die Lebens- möciichtliten nicht zu erschweren, beantragten die Sozialdemokraten zu allen Positionen Z o l l f r e i h e i t. In einigen Fällen gelang es, dieses Ziel zu erreichen, in anderen die Säge der Regierung herabzumindern. Der Genosse Acöhlich-Thürlngen wendete sich im Interesse der Gerbindustrie, der Lederindustrie und des Leder vor- arbeitenden Handwerks gegen die Zölle auf Gerbholz und Gerbstoff- extrakte. Bei der Position Farben und Lacke fragte der Genohe Schaffner die bürgerlichen Parteien, wie es in diesem Falle mit der von ihnen immer gerühmten Handwertersreundlichkeit sei, wenn sie jetzt durch einen Schutzzoll aus dieses Produkt dem Handwerker die Materialien bis ins Unerträgliche verteuerten.
Ebert-Süfte und ßrank-öildms. Aus der Ansschmückungskommifsion des Reichstags. Im Reichstag war gestern in der Vorhalle vor dem Bureau die dort aufgestellte Moltke-Büste entfernt und zur Probe eine vom Bildhauer Prof. Kolbe verfertigte Büste E b e r t s auf hölzernem Sockel aufgestellt worden. Die Aufregung, die ob dieser angeblichen „rpten Bilderstürmerei' auf der Rechten entstand, war grundlos. In der heutigen Sitzung der Ausschmückungskommission des Reichs- tags einigte man sich ohne Widerspruch dahin, die Moltke-Büste im Vorsaal vor dem Bureau und die mit ihr korrespondierende Bis- marck-Büfte im Vorsaal vor dem Reichsrat an ihren Plätzen zu be- lassen. Mit Pros. Kolbe soll über die Ausgestaltung der Eberl- Büste weiter verhandell werden. Daun will man für sie auch einen würdigen Platz suchen. Die Ausschmückungskommission beschloß ferner, vom Ankauf de beiden im Hause ausgestellten Porträts Ludwig Franks r u Corinth und Zülzer abzusehen. Man wird mit dem Profc' � Arthur Kampfs wegen der Herstellung eines neuen E � wurfs in Perbindung treten.
Heruhigung an der Sörfe. Nach der gestrigen überraschemden Protsstdomrmstrativn de» Börsenvorstanses ist heute auf den Ejsektemnäoiten, wenn die Ten- denz auch zur Schwäche neigte, ein« stärkere Beruhigung ein- getreten. Bon panischen Bevkäusen des Publikums war keine Rede mehr; die erlittenen Kursrückgänge durften zumeist auf Blanko- abgaben der Börsenspekulation zurückzustrhren sein(I). Hieraus geht zur Genüge hervor, daß der gestrige Beschluß des Börsen- Vorstandes den Börsenverkehr wogen der geringeren Auswertung des spekulativen Reubositzes aussallen zu lassen und alle AnleiHkurse bis auf weiteres zu streichen, ebenso übereilt wie ungerechferügt war. Ganz abgesehen daoon, ob der Börsenoorstand überhaupt berechtigt ist, die Kursslreichung der öffentlichen Anleihen anzuordnen, kann es doch nicht Ausgabe einer Börsenbehörde sein, die Kriegs- anleih efpetulanten in Protestkundgebungen unterstützen zu wollen. Den gestrigen Schritt hätte man im Einvernehmen mit den Staatsbehörden schon vor Jahresfrist er- greifen sollen, ehe das unwürdige Spiel mit den Kriegsanleihen überhaupt den beobachteten Umfang erreichen tonnte. Erst durch die spekulativen Ausschreitungen wurde der überspannte Kurs er« reicht, auf Grund desson einflußreich« Spekulantengruppen einen Aufwertungsanspruch gegenüber dem Reiche herzuleiten suchten. Jetzt will man den Spieß umdrehen und angeblich die bisherigen Erwerber von Anleihen vor weiteren Veränderungen der Auf- wertungsgesetzgcbung schützen. Im übrigen hat der Beschluß de» Börsenvorstandes, die Anleihe- kurse zu streichen, nur zu dem Ergebnis geführt, daß sich nur ein a u s g ed e h n t er F r e i v e r k e hr in den Papieren entwickelt.
grenzt ist. Bevorzugt behimbelt wurde bisher nur Polen auf Grund des Genfer Abkommens. Nachdem dies abgelaufen ist, erfährt Polen dieselbe Behandlung wie alle anderen Staaten. Es muß sich wie diese bei der gegenwärtigen deutschen Kohlenlage eine Beschränkung in seiner Kohlen- ausfuhr nach Deutschland gefallen lassen. Wir wünschen selbstverständlich, daß Deutschland mit Polen zu einem Handelsvertrag kommt. K a m p f m a ß- n a h m e n aus ein Angebot, das man vom polnischen otand- prmkt für zu gering halten mag, zu erlassen, sind aber nicht geeignet, das Ziel zu erreichen. Vie deutsche Antwort auf das polnische Angebot. WTB. teilt mit: Die polnische Delegation hat am Dienstag ihr« Antwort auf die letzten deutschen Borschläge zum vorläufigen deutsch -polnischen Wirtschaftsabkommen überreicht. Ob- wohl die deutsche Delegation durch Erhöhung des Kohlenkontingents von SO 000 auf 100 000 Tonnen, durch Garantierung des status quo hinsichtlich der Fleischeinfuhr, durch den Vorschlag eines pactum cie contrahendo für die Viehelnsuhr und durch Zurückziehung der deutschen Forderungen in der Liquidationsfrage den polnischen Wünschen weit entgegengekommen ist. machte die polnische Delegation in ihrer Antwort nichteinmoldenVersuch, durch Gegenvorschläge sich dem deutschen Angebot zu nähern. Sie wiederholt nur ihr« früheren abgegebenen Erklärungen, daß Polen die zolltarifliche Meistbegünstigung um das Ein- r e i s e r e ch t für Handlungsreisende nur zugestehen kann gegen ein Kohlenkontlngent von 350 000 TonnenimM onat uno gegen die Sicherstellung der Einsuhr nicht nur von Fl e i s ch, sondern auch voa lebenden R in d e r n und Schweinen. Die Forderung eines Kontingents von 350 000 Tonnen, die dem bisherigen, durch den Versmller Bertrag Deutschland aufgezwungenen Kontingent nahekommt, verkennt völlig die durch die Weltkohlenkrise auch für die deutsche Kohlenproduktion entstandenen Schwierigkeiten. Diese Forderung ist deshalb für Deutschland völligunannehm- bar. Ebenso wenig trägt die polnische Forderung auf Einfuhr von lebenden Rindern und Schweinen dem deutschen Stanhpunkt Rechnung. daß die Einfuhr von Rindern überhaupt nicht in Frage kommt, und daß auch die Einfuhr von Schweinen in dem jetzt abzuschließenden Provisorium nicht geregelt werden kann, da mit Rücksicht auf den deutschen Viehbestand dazu eingehende Verhandlungen und Vor- bereitungen notwendig sind. Hat doch Deutschland außer mit Oester- reich mit keinem seiner Rachbarländer ein Veterinärabkommen gc- schlosien. Polen erklärt wsiter, daß es von diesen Forderungen nur dann absehen könne, wenn Deutschland bereit wäre, auf die zoll- tarifarische Meistbegünstigung zu verzichten und ledig- lich ein Abkommen zu schließen, dessen Inhalt nach Ansicht der polnischen Delegation sich darauf zu beschränken hätte, daß der Wert der ausgetauschten Waren sich auf beiden Seiten entspricht. Die polnische Delegation kommt somit auf den bereits früher von ihr oft dargelegten Gedanken zurück, ihr« als ausgesprochene Kampf- maßnahm« ausschließlich gegen Deutschland gerichteten und jeden Handelsverkehr unterbindenden Einfuhroerbote dem seit einem Jabrzehnt und gegenüber allen Ländern bestehenden deutschen Kohlen- einfuhrverbot gleichzustellen. Ein Abkommen auf dieser Grundlage, das die von Polen beliebte Taktik, während der schwebenden Ver- Handlungen neue Einfuhrverbote zu erlassen, sanktionieren würde, ist für Deutschland unannehmbar und auch nicht geeignet, die durch die polnischen Einfuhrverbote hervorgerufene Störung im Wirtschaftsverkehr zu beseitigen. Diese Antwort der polnischen Delegation bietet daher keine Aussicht, zu einer Einigung zu gelangen.
Agrarzölle und innerer Markt. Die falsche Front der Industrie. Die Schutzzöllner aller Richtungen behaupten unausge- setzt, daß die Agrarzölle den inneren Markt stärkten. Der landwirtschaftliche Sachverstärchige Dr. Fritz La ad«er» bringt nun w der„Bossischen Zeitung" den Nachweis, daß dies« Behauptung absolut irrig ist. Zunächst muß der Kon« ßument verlieren, was die Landwirtschaft gewinnt. Auf Grund amtlicher Zahlen bedeutet das, daß die Zollvorlage eine minderbemittelte Familie von fünf Köpfen mit rund 150 M. jährlich böastet. Da es in Deutschland etwa
Ver neue Portier. Seit einer Woche ist ein ueuer Portier im Hause. Sein Bor - gäuger war schon zu alt: zwar sahen alle vier Aufgänge immer noch leidlich sauber aus, die Zentralheizung und die Warmwasser- Versorgung funktionierte, der Hof wurde mindestens einmal in der Woche gefegt, aber reichlich sauer wurde dem Alten und seiner nicht viel jüngeren Frau die Arbeit doch schon. Und als er sich zuletzt den Arm gebrochen hatte und der noch der Heilung nicht wieder recht beweglich werden wollte, da verstand er endlich den Wink, den der Hausverwolter ihm schon ein paarmal gegeben hatte: er gab seine Stellung auf: wie man sagt, ist er zu seinen Kindern gezogen. Leicht muß ihm der Entschluß nicht gefallen sein: denn täglich um die Mittagsstunde kommt er, besteht sich den Hof, guckt in die Aufgänge hinein und läßt feine Blicke langsam über die Fenster gleiten. Himer denen er mehr als zwanzig Jahre seines Lebens verbrachte. Jetzt werden fremde, junge Gesichter dahinter sichtbar. Der neue Portier ist erst seit einigen Iahren verheiratet und hat bisher mit seiner Frau und seinem etwa einjährigen Kinde in einer Not- wohnung Hausen müssen. O, er ist glücklich über sein neues Heim, das sogar Badeeinrichtung hat. Zwar Legt die Parterrewohnung auf dem Hof in der dunkelsten Ecke, und es ist kaum anzunehmen, daß mehr als Dämmerlicht je in den Räumen herrscht: aber es ist doch eine Wohnung, eine eigene.richtige' Wohnung. Die junge Frau putzt und poliert den ganzen Tag darin herum— man fleht es von den gegenüberliegenden Fenstern: das Baby kräht so ver- gnügt, als begriffe es auch bereits das Heil, das der Familie wieder- fahren zst: und der Mann arbettet, arbeitet vom Morgen bis zum Abend. Nicht mit der Langsamkeit der beiden Alten, die einen ganzen Tag brauchten, ntir um das Notwendigste zu schaffen, sondern mit unermüdlichem Eifer. Rührende Demut liegt in diesem Noch-immer-nicht-verstehen-können, in diesem Staunen: ich habe ein Heim, werde ich es behalten dürfen? Hochbezahlt jft die Portier- stelle sicher nicht: ober um seiner Wohnung willen werkt der Mann fast ohne Pause von fünf Uhr in der Frühe bis zehn Uhr nachts. Seit einigen Tagen hat er sich besonders der Rasenanlagen auf dem Hof angenommen, um derentwillen Seitenflügel und Quer- gebäude den stolzen Rainen.Gartenhaus' führen. Recht verwahr- lost sah das Grün aus, das spärlich aus der Erde hervorsproßte. Der Portier hat sich Grassamen beschafft, obgleich die Jahreszeit schon reichlich vorgeschritten ist, hat gesät, geharlt, gegossen, von den Sträuchern die toten Zweige abgeschnitten. Viel Erfolg frellich wird er mit seineu Kulturen nicht haben. Die Gartenanlagen sähen näm- lich besser au«, wenn Familie Schmidt im Quergebäude nicht zwei Dackel hatte, die sich immer auf dem Raseu vergnügten. Der eine heißt„Mausi', der andere hört— meistens zwar nicht— auf den schönen Nomen„Elfenkind'. Mausi und Elfenkind werden fünfmal am Tag« ausgeführt. Jedesmal, wenn sie hereinkommen, ver- mrstallen sie eme Hetzjagd aus dem Ras», toll« und kratz«, daß
Sand und Gros nur so herumspritzen. Frauchm steht dabei und freut sich. Gestern kam ihr Mann dazu, als die beiden Hunde wieder im wildesten Raufen waren..Leg' doch die Hunde an die Leine, wenn du über den Hof gehst," sagte er zu seiner Frau.„Du siehst doch, daß der Portier eben erst geharkt hat.'.Aber Olli'— ihre Stimm« bebte vor Entrüstung,.ich kann doch den armen Tier« nicht ihre Freiheit nehmen! Dann wird der Portier eben morgen wieder harken!' Sie hat recht. Der Portier hat ja endlich eine Wohnung: er wird ebm morgen wieder harken.<8— r.)
Ein poet fßc den Tagesgebrauch. Ein swiges Gehetze von Sensation zu Sensation, Gelese von estung zu Zeitung, Äelebe von Stunde zu Stunde, wo ist das ohi«. das alles behalten will und w«n es will, das alles halten kann? Aber da sind doch ein paar Zeitungsschreiber in Deutschland , von d«« wir,«vas sie im Hastgetrisb schufen, alles oder doch vieles behalt« wall« und auch halten können, Journalist«, die uns, viel- leicht gerade weil sie alles so schön stodtbohnfenig machen, genau so leuer sind wie die besseren Dichter dieses dichterreichen Landes, und einer von diesen Poet« für d« Tagesgebrauch heißt Fred Hildenbrandt . Der schreibt schon seit längerer Zeit im„Berliner Tageblatt' in äußerst graziösem Stil Feuilletons , in dm« das ganze Wirbel- leben dieser aufgeregten Zeit gefangen und gespiegelt wird. Nicht in irgend welchen Verzerrung«, die das Unheimliche, das uns um- strickt, das Übermächtige bewußt beton« wollen, nicht in scharf« Zynism«, die mit Wucht anklagen, auch nicht mit der Technik des Naturalist«, die uns heute doch im Letzten unbefriedigt lassen muß. Da d«kt nicht nur das Him eines Reporters, da schreibt nicht nur die Hand eines gewandten Schriftstellers, da klopft auch das fühl« de Herz eines M«schm, und das Herz diktiert zunächst einmal dem Him ganz deutlich, was und wie es zu denken hat. Das ist es. die große Liebe ist es, es muß hingeschrieben werden, so dumm. so abgenutzt das Wort auf Zeitungspapier sich auch ausmacht. Ob HiDmbrandt über Sechstageremt« schreibt, über das Versöhnungs- werk der Heilsarmee , über die Giftwirtung der Inflation, die rvi»sch«den Kostümfeste, die Spitäler der Aermsten, über Bücher oder Theater— nie klingt etwas bitter und häßlich, immer gut, mahnend, vielleicht sogar religiös. Dieser Seltsame ist«in Schwärmer, ein Träumer, ein Idealist, so einer, wie er vielleicht vor hundert Jahr« öfters heoumgelaufen sein mag, und daß dieser Typus m unserem Deutschland nicht ganz ausgestorben ist, darüber wollen wir uns freuen. Und Hildenbrandls gesammelte Aussätze, deren erster Band jetzt im Landsberg -Verlag zu Berlin unter dem Titel .Tageblätter'«rschi«, als unbedingt lesenswert notieren. _ Erich Gottgetreu.
ver grollend« Lebmann. Der Lehmann'sche Verlag in München , der die früheren Werke von Amundsen verlegte und dem nun auch der Flug nach dem Nordpol angeboten wurde, hat das Anerbieten mit der Begründung abgelehnl, dag Amundsen im Kriege daS Tischluch zwischen sich und der deutschen Nation zerschnitten habe, und daß er die Deutschland zugesügte Kränkung»och nicht wieder gutgemacht habe.
Die russischen Kommunisten und der.alle kulluntachlaß". Sei« längerer Zeit wird von den leitenden Stellen der Kommunistischen Partei in Sowjctrußland um die Befreiung der Literatur vom Parteizwang und gegen die Monopolisierung der Literatur durch die Kommunistische Partei «in Kampf geführt. In den letzten zwei Iahren ist in Rußland eine ganze Reihe junger, talentvoller Schrist- steller hervorgetreten, welche die Schrecken der Bürgerkriege mit- erlebt haben und die gegenwärtigen Lebensverhältnisse der russischen Bauern, welche ohne Zweifel das Schicksal des Sowjetstaates ent- scheiden werden, genau kennen. Doch sind diese Schriftsteller in ihrer Mehrzahl durchaus keine Kommunisten, und daher der Ver- folgung der extremen Kommunisten ausgesetzt. Diese ging soweit, daß auf einem Schriststellerkongreß die linken Kommunisten sogar für die Gründung einer literarischen Tscheta eintraten. Die extremen Kommunisten haben aber bisher in ihr« Reihen nicht einen einzigen talentvollen Schriftsteller auszuweisen, so daß das Zentral- komitee der Kommunistischen Partei sich gezwungen sah. in der Moskauer.Iswestija"(vom 1. Juli) eine„Deklaration' zu ver- öffentlichen, in welcher es viele von ihm bisher eifrig verteidigte Thesen ausgibt. So heißt es u. a.:„das Proletariat konnte zwar die politische Macht an sich reißen, doch keine Kunstliteratur, noch eine besondere Form derselben oder einen Stil schaffen.'„Das Prole- tariat tonnte'— heißt es weiter—„weder naturwissenschaftliche noch technische Probleme lösen. Deshalb wird jetzt empfohlen, das l e i ch t- fertig« und verachtende Verhalten zum alten Kultürnachlaß zu bekämpfen.'— Selbstverständlich muh diese neue Richtung der Sowjetregierung nicht überschätzt werden, doch das Erscheinen der Deklaration zeigt, daß die Sowjetherrschcr unter dem Druck der Verhältnisse gezwungen sind, nicht nur auf dem ökonomischen Gebiet, sondern auch auf dem des geistigen Lebens nachzugeben. Ein Land, in dem der Automvbiloerkchr verboten ist. Es klingt kaum glaublich, aber es ist nichtsdestoweniger Tatsache, daß es in der Schweiz zwei Kanton« gibt, in den« der Automobilvertehr verbot« ist. Erst in dies« Tagen ist in Groübünden— das ist einer dieser Kanton«— eine Vorlage von der Volksoersammlung an- genomm« ward«, wonach der Automobilvertehr gestattet sein soll. Von viel« Bergfreund« allerdings wird diese Vorlage auss heftigste bekämpst und bedauert. Und nicht ganz mit Unrecht. Denn für die Touristen, sind die Automobile auf den Landstraßen eine der un- erfreulichsten Erscheinungen._ Die Ausstellung.Berliner Kunst\62i' im Saalbau des Deutlchen Opern- bauseS Thnrlottenvurg, Bismarckärabe 34—87, oeranstnltet täglich zwischen 11— 12 Nbr vormittags und S— 6 Uhr nachmittags, Sonntags nur vor« mittag«, Führungen durch die Ausstellung. ver von-ko'aten-Chor unter Leitung seines Dirigenten Serge Jaroff bat im Mai und Juni in iortlauiender Serie«ine groß« Anzahl von Konzerten in London veranstaltet. Der Thor kebrt jetzt nach Deutichland zurück und wird im September wieder in Deütichland zu hören sei». vi« hafftrontell la der letzte» Malwoche. Wie der Amtliche Preußische Pressedienst einer Ueberslcht de« Polkswohlsartsminister« enliiimmt, erfolgten in der Woche vom 24. bis 30. Mai in den RegierungSdezirken Königsberg und Marienwerder 23 sicher« und« unsichere lkrtranlunge». ZodeSs-ll« waren nicht zu verzeichne».