Kr. 321 4 42. Fahrgaug
1. Heilage des vorwärts
Irettag, 10. �oli 1025
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Tte Semite Srennk. her StfpfjdR gkiZht. her Ungfütflidje, der die schattenlose Straße durchpustet oder im vollbesetzten Stadtbahn- abteil brütet, blickt neiderfüllt dem Mann« nach, der mit einer blinken- den Eisstange auf der Schulter in einer Gastwirtschaft verschwindet. Er würde froh wieder in die Sonn« zurückflüchton, käme er m die Der- legenheit, an dem Entstshungsorte dieses Kristalles, bei mirms 7 bis 8° zu arbeiten, oder dauernd Temperaturunterschieden von zirka 35» ausgesetzt zu sein. Doch er genießt nur die angenehmen Wirkungen des Eisblockes auf die Temperatur der Getränke. Wie wäre auch heute lchn« künstliches Eis der Betrieb-in Fleischereien, Gastwirtschaften, der gesamten Lebensmittelbranche, Kranken- Häusern, Brauereien denkbar. Der Eisverbrauch der Stadt Berlin ist sehr beträchtlich. Er erreicht 35 000 Zentner pro'Tag. Gedeckt wird der Verbrauch ausschließlich durch die Kunsteisfabrtken, die den Konsum in den letzten 10 Iahren an sich gerissen haben. Noch bis 1010 beherrschte das Natureis den Berliner Markt. Die Spree und der Mmrmelsburger See bildeten das Arsenal dieser Eis- gewinnung. Die zunehmende Verseuchung des Spreewassers durch Abwässer(kürzlich mußten sogar die Flußbadeanstolten geschlossen werden) zwangen jedoch schließlich, gänzlich zur Kunslcisproduktum überzugehen. Die Geburt ües Gises. Wie die täglich gebrauchten Eismengen entstehen, lehrt uns ein Nundgang bei der größten Berliner Eisfabrik, den Norddeutschen Eiswerkeu, die Tagesmengen bis zu 6000 Zentnern herstellen. Folgt man der Führung und betritt als erstes das gewaltige Kesselhaus, so erlebt man die Uoberraschung, daß das Eis letzten Eudes den kohlen seine Geburl verdankt, die Kälte also aus Wärme gewonnen wird, wenn man die Dampfmaschine als Ausgangspunkt der Pro» duktion ansieht. Der Vorgang der Eisgewinnung ist also«in Physika- lischer. Allgemein bekannt ist, daß bei Verdampfen eines Stoffes der Umgebung Wärme entzogen wird. Das Paradoxe der Ge- winnung von Kälte aus Wärme wird bei dieser lleberlegung bereits verständlich. Um durch möglichst wenig Energieaufnxmd viel Kälte zu erzeugen, wählt man einen Stöfs, der einen möglichst niedrigen Siedepunkt hat, zum Beispiel Kohlensäur«, die bereits bei minus 72° verdampft, oder wie bei den oben erwähnten Eiswerken Amaniaf, dessen Siedepunkt auf minus 33° liegt. Einfach gesehen ist der physikalische Vorgang also folgender: Durch verdampfen von
Amouiak wird der Umgebung wärme entzogen, and dadurch Wasser zum Gefrieren gebracht. In der Fabrikation spielt sich der Vorgang erheblich komplizierter ab. Das Amoniak, das m Kompressoren zum Verdampfen gebracht wird, läuft durch Röhren, die schon Srcherlich durch umhüllende Eiskrusten gekennzeichnet sind und bringt Wasser, das durch Zusatz von.Chlormagnesium zur Sole geworden und
•*Jsolier Schicht 1 Der Eisapparat für den Haushalt
dadurch vor Eisbildung geschützt ist, Wasser werden die Eissormen
rnrnus 7 bfe 8°. 3n dieses mit Brunnen, oder destilliertem Wasser getaucht. Wir sehen auf der einen Zeichnung diese Eis- formen m einem Rahmen, der 32 Formen vereinigt. Ist das in ihnen enthaltene Wasser zu der.Eisstange' umgewandelt, so wird
der ganze Rahmen aus der Chlormagnesiumsol« herausgezogen und in angewärmtes Wasser getaucht, damit die Eisstangen sich von den Metallformen lösen. Durch einfache maschinelle Vorrichtung wirb der Rahmen gekippt, die Eisstangen rutschen einem Transportband« zu, das sie der Verlabeoorrichtung zuführt. Die Formen werden wieder gefüllt und der Vorgang wiederholt sich. Bon diesen Rahmen liegen 75 hintereinander. Die Arbeit des Auskippens ist also fast ein« ununterbrochene. Die Tagesleistung eines Generators ist 2400 Eisstangen gleich 1200 Zentner. Damit ist der maschinelle Borgang noch nicht beendet. Das zu Dampf gewordene Amoniak wird durch ein« umfangreiche Berieselungsanlage abgekühlt und wieder flüssig gemachi, was außer der Abkühlung durch hohen atmosphärischen Druck, der den Siedepunkt heraufsetzt, erreicht
Die Eisformen In der Sohle wird. Dieser Kreislaus ist ein derart vollkommener, daß höchsten» kleine ilndichtigkeiten in der Röhrenanlaye ein Zusetzen von neuem Amoniak«rfvrderiich machen. Einem ähnlichen Kreisläufe ist der überflüssige Dampf der Maschine»mterworsm, auch er wird in Be- riesAmrgskondenfatoren abgekühlt und wieder flüssig. Das hierdurch gewonnene destillierte Wasser wird zur Fabrikation von Eis für Krankenhäuser usw. verwendet. Sie gewonnenen Ssstangen gelangen entweder gleich zum Versand oder werben im Keller ge- lagert, so daß auch ein unvorhergesehener größerer Bedarf gedeckt werden kann. Diese Eiskeller werden wie Kühlhäuser mit Luft- strömen, die wiederum durch Amoniakverdampfung eine Minus- temperatur haben, gekühlt, so daß die lagernden Eisstangen nicht« von ihrem Gewichte einbüßen. Eine Konkurrenz durch Natureisge- winnung haben die Berliner Eiswerte nicht mehr zu befürchten. Zwar hat eine Einfuhr von norwegischem Eis die heimische Pro- duktion etwas beeinträchtigt, aber der überaus milde Winter dieses Jahres läßt diese Frage nicht mehr aktuell erscheinen. Di« Arbeit in einer Eisfabrik stellt an den Arbeiter, namentlich wenn er im Eiskeller arbeitend großen Temperaturunterschieden ausgesetzt ist, in gesundheitlicher Beziehung die denkbar größten Anforderungen. Er- schwerend fällt bei diesem Berufe ins Gewicht, daß der größte Teil der Arbeiter im Winter brotlos ist, da die Kunsteisgewinmmg m den tasten Monaten naturgemäß stark zurückgeht.
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Die Vaumwollpflücker. 17] Romaa von B. Traven . Oopjright 1925 by B. Traven, Oalumbn», TemeuUp««. Mexico, „Was tut denn der hier? Hat der hier auch Arbeit ge» funden?' „Aber nein! Er hat uns doch damals schon immer er- zählt von seiner Speisewirtschast, die er aufmachen woMe.� „Und hat er eine aufgemacht?' „Natürlich! Das können Sie sich doch denken. Was sich so ein Chino einmal vornimmt, das tut er auch. Er hat das Geschäft mit einem Landsmann« in Kompanie." „Ja, lieber Antonio, mir haben halt nicht die gefchäft- liche Ader, die zu solchen Dingen notwendig ist. Ich glaube sicher, wenn ich ein solches Geschäft gründete, würden sofort alle Leute ohne Magen geboren, nur damit ich ja nicht etwa auf einen grünen Zweig komme." „Das kann schon möglich sein," lachte Antonio.„Geht mir gerade ebenso. Ich habe schon einen Zigarettenstand gehabt, schon einen Zuckerwarentisch, habe schon Eiswasser herumgeschleppt und wer weiß, was nicht sonst noch alles ver- sucht. Mir hat selten jemand etwas abgekauft. Ich habe immer elendiglich Pleite gemacht." „Ich glaube, die Ursache ist� eben," erwiderte ich,„wir können die Leute nicht genügend anschwindeln. Und schwindeln muß man können, wenn man Geschäfte machen will. Aber gründlich." „Wir könnten eigentlich mal hingehen zu Sam. Der wird sich auch freuen, Sie zu sehen. Ich esse ab und zu ganz gern mal draußen irgendwo. Zur Abwechselung, sehen Sie. Jeden Tag denselben langweiligen Fraß, das wird einem auch über. 14. Wir machten uns also auf den Weg in das Gelbe Viertel, wo die Chinesen alle wohnten, wo sie ihre Geschäfte und ihre Restaurants haben. Nur wenige hatten ihre Läden in anderen Stadtvierteln. Sie hockten am liebsten immer zu- sammen. Sam war wirklich hoch erstellt, mich zu sehen. Er drückte mir immer wieder die Hand, lachte und schwatzte drauf los, lud uns zum Niedersetzen ein und wir bestellten unser Essen. Die chinesischen Speisewirtschakten sind olle über einen Kamm geschoren. Einfache viereckige Hosttische, manchmal nur drei, an jedem Tisch drei oder vier Stühle. Wegen der Menge der Speisen, die man erhält, können bestenfalls drei sehr verträgliche Gäste gleichzeitig an einem Tisch sitzen. Auf
die Sauberkeit des Geschirres und auf die Sauberkeit in der Zubereitung der Speisen kann man sich besser verlassen als in vielen teuren und eleganten Restaurants in Europa oder in den Staaten. Was in der Küche vor sich geht, kann man in den meisten Fällen von seinem Tische aus mit ansehen. Die Art und die Menge der Speisen ist in allen chine- sifchen Speisewirtschaften der Stadt die ganz genau gleiche. So schließen die Chinesen unter sich jede unreelle Kon- kurrenz aus. Sam � hatte fünf Tische. Auf jedem Tische stand eine braunrote,' tönerne, weitbauchige Wasserflasche, von der Art und Form, wie sie schon bei den Azteken im Gebrauch war. Dann eine Flasche mit Oel und eine mit Essig. Ferner eine Büchse mit Salz, eine mit Pfeffer, eine groß« Schale mit Zucker und ein Glas mit Ehille. Ehille ist eine dicke aufge- kochte Suppe von roten und grünen Pfefferschoten. Ein halber Teelöffel in die Suppe getan, genügt, um einen nor» malen Europäer zu veranlassen, die Suppe als total ver- pfeffert und durchaus ungenießbar zu erklären, weil sie ihm Zunge und Gaumen verbrennen würde. Sam bediente die Gäste, während sein Geschäftsteil- Haber mit Hilfe eines indianischen Mädchens die Küche be- sorgte. Zuerst bekamen wir einen Klumpen Eis in einem Glase, das wir mit Wasser füllten. Kein Wirt hier berechnet den Wert seines Geschäftes nach dem Vierverbrauch, man erhall Bier nur auf ausdrückliches Verlangen, und kein Wirt verdirbt einem den Genuß beim Essen durch sein ewiges Lamentieren, daß er am Essen nichts verdienen könne. Dann bekanzen wir ein großes Brötchen, es folgte die Suppe. Es ist immer Nudelsuppe. Antonio schüttet« sich einen Eßlöffel voll Ehille in die Suppe, ich zwei, zwei ge- häufte. Ich habe ja bereits erwähnt, daß ein halber Teelöffel die Suppe für einen normalen Europäer ungenießbar macht. Aber man wird auch bereits bemerkt haben, daß ich weder normal bin, noch daß ich mich zu den Europäern zähle. Die Europäer haben mir das abgewöhnt, nicht die Indianer in der Sierra de Madre. Während wir noch in der Suppe herumfischten, kamen ein Beessteak, geröstete Kartoffeln, ein Teller Reis, ein Teller mit butterweichen Bohnen und eine Schüssel mit Gulasch. Das gibt es hier nicht, daß man sich nach jedem Gang erst die Galle anärgern muß. weil der Kellner sich eine halbe Stunde lang erst überlegt, ob er einem nun den folgenden Gang eigentlich bringen soll oder nicht, Hier werden alle Gänge sofort gleichzeitig auf den Tisch gestellt. �;■_____________
Nun ging das Tauschen vor sich. Antonio tauschte seine Bohnen ein gegen Tomatensalat, den man sich selbst am Tische zubereitet und ich tauschte meinen Gulasch ein gegen eine Omelette. Antonio schüttete seinen Reis gleich in die Suppe; hätte er seine Bohnen behalten, würde er sie auch noch dazu ge- schüttet haben. Aber Bohnen schien es genug in der Bäckerei zu geben, dagegen wohl seltener Tomatensalat. Ich schüttete mir eine Lage schwarzen Pfeffer aus das Beessteak und eine Lage auf die gerösteten Kartoffeln. Dann würzte ich den Reis mit zwei Eßlöffel Ehille und die Bohnen mit vier Eßlöffel Zucker. Darauf kam für jeden ein Stück Torte. Antonio bestellte Eistee mit Zitrone, ich Oaf<? con leche, wofür man auch ebenso gut sagen kann: Kaffee mit Milch. Kaffee trinkt man mit einem Drittel des Tasseninhaltes Zucker darin. Diese Sitte halte ich für sehr gut und für sehr vernünftig. Es mag dies als fernerer Beweis angesehen werden, daß ich für Europa verloren bin, und zwar für immer; denn wo ich auch zu Tisch sitzen werde, die Hausfrau, vielleicht sogar auch der Hausherr, der ja materiell dafür aufzukommen hat, müßten angebunden werden, well sie sonst Tobsuchtsanfälle bekommen würden an- gesichts meines Zuckerverbrauchs. Beim Bezahlen an der Kasse bekommt man dann noch einige Zahnstocher. Deshalb sieht man auch nie, daß ein Rtexikaner mit der Gabel in den Zähnen herumfuhrwerkt. wie ich das in Lyons Eorncrhouse am Trafalgar Square und an anderen Plätzen, leider auch in Mitteleuropa , häufig zu beobachten Gelegenheit hatte. Daß man mit dem Messer recht gut essen kann, ohne sich gleich die Lippen oder die Mund- »winket aufzuschlitzen, wie so oft von ungeschickten und surcht- samen Leuten behauptet wird, weiß ich aus eigener Ersah- rung. Etwas unbequem sind die starken Seemannsmesier, wie ich eines habe; weil die am Ende spitz sind und nicht breit, deshalb kriegt man die Tunke nicht so gut aus der Pfanne und man muß mit dem Finger nachhelfen. Ob man hier den Fisch mit dem Messer ißt oder mit dem Eßlöffelstiel weiß ich nicht. So oft ich Mexikaner babe Fisch essen sehen, an den offenen Garküchen auf den Märkten und an anderen Orten, aßen sie ihn immer mit dem Zeigefinger und dem Daumen. Das heißt, sie aßen ihn natürlich, wie jeder erwachsene und vernünftige Mensch es tut, mit dem Munde, aber ich meine, sie packten ihre Beute mit den Fingern. Die Berkäufer haben auch meist qay kein Messer, das sie dem Gast geben könnten, sondern eben auch nur die natürlichen Werkzeugs, die pe nicht erst kaufen brauchen.
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(Fortsetzung folgt}