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Nr. 345 42. Jahrg. Ausgabe A nr. 177

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Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Die einfpaltige Nonpareille ire 80 Biennia. Reklamezelle 5.- Reichsmart. Kleine Anzeigen bas fettgedruckte Wort 25 Pfennig ( auläffia zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Bort 12 Biennis. Stellengesuche das erite Wort 15 Bfennig. tebes weitere Bort 10 Pfennig. Worte über 13 Buch ftaben zählen für zwei Borte Familienanzeigen für Abonnenten Reile 40 Pfennig.

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Redaktion Dönhoff 292-295 Berlag: Dönhoff 2500-2507

mi Jordan.

adela diote to all

Freitag, den 24. Juli 1925

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Wir demonstrieren!

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Gegen Zollwucher und Volksbedrückung.- Für Brot und Arbeit!

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Wir demonstrieren! Die Rechtsregierung und die Rechtsparteien des Reichstages haben sich leicht­herzig und schonungslos über die Nöte des werktätigen Volkes hinweggesetzt. Für sie sind die Massen des Boltes nur Objekte zum Steuerzahlen. Objekte der Ausbeutung, deren Interessen zurückstehen müssen hinter den Intereffen einer kleinen privi­legierten Minderheit. Wir demonstrieren. Wir zeigen ihnen, daß die Massen des Volkes da sind. Wir schreien ihnen unsere Entrüstung und Empörung über das Attentat auf die Wohlfahrt und Gesundheit des Volkes in die Ohren. Nieder mit dem Zollwucher, nieder mit den real­tionären Plänen, die das Bolt mit schwerer Lebensmittel­

wendet sich gegen alle Barteien, die an dem schutzöllnerischen Anschlage gegen die Interessen des ganzen Boltes beteiligt sind. Sie wendet sich gegen den Geist der sozialen Ungerech tigkeit, der die politischen Handlungen dieser Parteien be­stimmt.

eine Hand voll Großindustrieller und Großagrarier ausbeuten laffen. Seine Organisation, die Massenpartei des arbeitenden Volkes, die Sozialdemokratie, die großen Organisa­tionen der freien Gewerkschaften werden den Kampf gegen Bo un sfoziale Unterdrückung und politische Reaktion aufnehmen.

Bir demonstrieren dagegen, daß durch die schutzzöllne­rischen Pläne der Rechtsregierung und der Rechtsparteien ein­schließlich der Deutschnationalen dem Volke neue Opfer auferlegt werden, die über das Maß dessen hinaus, was wir

Wir vertreten die Interessen des Volkes, die wirtschaft­liche Zukunft Deutschlands  , wir demonstrieren gegen den un­geheuerlichen Anschlag, der sich gegen das ganze Bolk richtet. wir schreien es der Rechtsregierung und ihren Parteien in die Ohren: Fort mit der Politik der Bedrückung und Auswucherung des Voltes, fort mit der Zollvors lage, die neue Lebensmittelteuerung, neue Not heraufbe­einer Hand voll Besitzender über die Interessen des Volkes aftellt. but

Lustgarten hört! Fort mit der Regierung, die die Sonderinteressen

teuerung bedrohen. Wir sind da, wir zeigen unseren Willen! Die Kundgebung im Kundgebung im Lustgarten

Wollt ihr nicht auf uns hören, so scheut die Abrechnung! Sie wird kommen.

Die Zollvorlage der Reichsregierung, die von den Inter­effenten in Industrie und Landwirtschaft diktiert worden ist, bedeutet die schwerste Bedrohung des werftätigen Boltes. Die Zeiten sind schlimm genug. Sie sollen nach dem Willen der Rechtsparteien noch schlimmer werden. Hochschutzölle, wie sie die Mehrheit des Reichstages durchführen will, be deuten gewaltige Preissteigerungen auf allen Gebieten. Eine neue Teuerungsmelle muß hereinbrechen, wenn die Borlage der Rechtsregierung Gefeß wird. Die Reallöhne der Arbeiterschaft werden sinken. Die Not wird das werktätige Bolt zu schweren opferreichen sozialen Kämpfen treiben. Soziale Erschütterungen, Erschütterungen der gesamten Wirt schaft müssen die Folge sein.

Wir protestieren. Wir wollen nicht abermals neuem Hunger und neuer gesteigerter Not preisgegeben sein. Wir wollen nicht, daß eine neue Teuerungswelle, die bereits eingesetzt hat, uris über den Köpfen zusammen­schlägt. Wir wollen nicht Ausbeutungsobjekte für eine dünne Oberschicht darstellen. Wir demonstrieren nicht nur gegen die foziale Bebrückung, die uns die Zollvorlage der Rechtsparteien androht. Wir demonstrieren für unser Lebensrecht, unser Recht auf ein fulturelles Dasein!

beginnt pünktlich um 5% Uhr.

Die gesamte werftätige Bevölkerung Berlins  ist eingeladen. Die Belegschaften der Betriebe treffen sich an den in unserer Mittwochausgabe bekanntgegebenen Abmarschplähen. Alle nicht aus den Betrieben direkt abmarschierenden Teilnehmer finden sich an den für ihre kreise bestimmten Sammelplähen zu ge­meinjamem Marsch zum Cuffgarten ein.

Von 17 Stellen im Luftgarten werden Ansprachen ge­

halten. Redner find die Genossen: Aufhäuser, Bohm- Schuch, Cris­pien, Dißmann, Graßmann, Keil, Künstler, Landa, Lempert, Dr. Levi, Meier, Dr. Moses, Dr. Rosenfeld, Joseph Simon  , Georg Schmidt, Stampfer, Stelling.

Die Redner sprechen 10 Minuten. Dann erfolgt die Abstimmung über eine Entschließung, die vorher in Maffen von Flugblättern bekanntgegeben wird. Anfang und Ende der Kundgebung werden durch Trompeten­fignal bekanntgegeben.

Republikanische Fahnen und Banner der Partei find mitzu­

bringen.

Zur Aufrechterhaltung der Ordnung sind die von Partei und Gewerkschaften fenntlich gemachten Ordner sowie das Reichsbanner tätig, deren Anordnungen unbedingt Folge zu leiften ift.

Nach Beendigung der Kundgebung bewegen fich die Teilnehmer nach den Anmarschstraßen wieder zurück. Die Züge lösen fich in ihren Bezirken auf.

Wir wollen, daß oie deutsche   Wirtschaft ge= fundet. Wir wollen, daß der Ertrag der deutschen   Wirt schaft dem ganzen Bolt ein ausfömmliches Dasein ge- zu leisten verpflichtet sind, in die Kassendes Repara. stattet. Wir wollen eine Wirtschaftspolitik, die auf das Gestionsagenten fließen werden. Diese Zollvorlage ist meinwohl und nicht auf die Förderung enger nicht mirtschaftlich flug, sie ist nicht fozial, nicht gerecht, nicht Sonderinteressen abgestellt ist. Die Zollvorlage der national! Rechtsregierung und der Rechtsparteien bedeutet nicht nur soziale Bedrückung für die Massen des Volkes. Sie gefährdet die Gesundung der deutsch   en Wirtschaft, sie erschwert die Ein­gliederung der deutschen   Bolkswirtschaft in die Weltwirtschaft. Deutschland   muß egportieren, um leben au fönnen. Diese Zollioorlage hilft denen, die dem deut schen Export hemmende Schranken in den Weg stellen wollen.

Deutschland   muß sein Preisniveau fenfen, will es fon­furrenzfähig auf dem Weltmarkt sein. Diese Zollvorlage treibt das Preisniveau in Deutschland   künstlich in die Höhe.

Sollen die Massen des werktätigen Volkes in Deutsch  land intensive und Qualiteitsarbeit leisten, so müssen sie menschlich leben fönnen. Diese Zollvorlage setzt ihre Lebens­haltung herab. Sie schwächt ihre Arbeitstraft und ihre Leistungen.

Soll die deutsche   Wirtschaft sich ausdehnen, so muß die Kauftraft der Malfen gestärkt werden. Diese Zollvorlage fett die Kauftraft der Massen her ab.

Die Zollregierung und die Zollparteien haben sich über alle volkswirtschaftlichen Erroägungen hinweggefeßt. Wir demonstrieren dagegen, daß die Zukunft der deutschen   Mirt schaft dem Sonderinteresse eini ger Großindustrieller und Groß­agrarier geopfert wird. Im Namen des Voltes und feiner Zukunft protestie ren wir gegen die Zollpolitik einer unfähigen Regierung, die sich in den letzten Tagen als reiner Interessentenausschuß der Groß industriellen und Großagrarie r bemastiert hat.

Wir demonstrieren geger. Die drohende, Teuerung, gegen drohendes Massenelend, wir demonstrieren gegen die Be­drohung der wirtschaftlichen Zukunft Deutschlands  .

Unsere Demonstration ist eine politische Demonftra­tion. Sie wendet sich gegen die Rechtsregierung, fie

Wir demonstrieren gegen den undemokratischen Geist der Zollwuchervorlage der Rechtsregierung und der Rechtsparteien, gegen jenen Geift, der sich über die Stimme des werktätigen Bolles hinwegsetzt. Die Zollwucherparteien haben geglaubt, die Empörung des Bolles durch das foge­nannte 3ollkompromiß abschwächen zu fönnen. Sie haben den unehrlichen Versuch unternommen, mit der Gefte einer angeblichen Berbesserung der Zollvorlage die Last zu erhöhen, die sie den Maffen der Bevölkerung auferlegen wollen. Sie haben geglaubt, daß das Bolf ihre Pläne nicht durchschauen werde, sie haben geglaubt, daß das Volk ein stumpfe, duldende, schweigende Masse sei, die sich Last auf Last aufbürden lasse, ohne sich zur Wehr zu setzen. Wir schreien ihnen heute den Proteft der Massen des Boltes in die Ohren!

Sie mögen das Kraftbemußtsein der merttätigen Massen des Volkes nicht unterschäßen. Sie besigen dant der Gunst der Berhältnisse der letzten Jahre, dank der zweideutigen Haltung des Zentrums gegenüber der Arbeiterschaft heute im Barlament eine Mehrheit für ihre unsozialen, volts feindlichen, reaktionären Pläne. Sie wollen diese Mehrheit rüdsichtslos und brutal anwenden, nicht im Interesse des Bolfes, nicht im Intereffe des Staates. Sie befizen nicht jenes Pflichtgefühl gegenüber dem Staat und dem Gemeinwohl, das die Arbeiterschaft in den schwersten Zeiten Deutschlands   gezeigt hat. Für sie ist der Staat ein Instrument zur Förderung ihrer Sonderinteressen, ein Instrument zu ihrer Bereicherung. Sie können ihre parlamentarische Mehrheit heute anwenden- um so sicherer wird die Abrechnung mit ihnen in der Zukunft erfolgen. Unsere Demonstration ist eine Mahnung in letter Stunde. Hütet euch, die Dinge auf die Spiße zu treiben! Ihr werdet gewaltige politische und soziale Kämpfe entfeffeln. Das werttätige Volt Deutschlands   wird sich nicht wehrlos für

Auf zum Protest! Der Ruf der Sozialdemokratie ergeht an das ganze werftätige Bolt Berlins. Heute demonstriert die Reichshauptstadt gegen die volksfeindliche Politik der Rechtsregierung!

Und obendrein Mietwucher. Bevorstehende Wiedereinführung der Friedensmiete.

groß angelegten Raubsystems, das gleichzeitig in der Wirt Das Zollprogramm des Rechtsblods ist nur ein Teil eines fchafts, Steuer, Lohnpolitif seinen Ausdrud findet. Wäh rend die Unternehmer eine großzügige Propaganda zur Niedrighaltung der Löhne eingeleitet haben, will man die Preise für Nahrung und Kleidung fowie allen übrigen Lebens­bedarf steigern, gleichzeitig dem arbeitenden Volke den Löwen­anteil an den Steuerlasten auferlegen und schließlich sogar in diesem Zeitpunkt der allgemeinen Verkürzung des Reallohnes noch die Mieten unerhört steigern. Zunächst soll in beschleunigtem Tempo, spätestens bis zum 1. April 1926 die Friedensmiete erreicht sein. Praktisch allerdings wird das noch eher eintreten. Denn das Mietzinssteuertom promiß, das von den gleichen Parteien wie der Zollpaft ver­treten wird, sieht die Beteiligung des Hausbefizes an dem Mietertrage in Höhe von 60 Pro3. vor, verlangt überdies Sonderbeträge für den Wohnungsbau und für fis­falische Zwecke, so daß schon bei Anwendung dieser Maßstäbe die Friedensmiete in allerfürzester Zeit erreicht werden muß. Das Kompromiß tommt in diesen Tagen vor den Reichstag  . Deshalb richtet sich der Protest der breiten Massen heute nicht nur gegen den Zollwucher, sondern gegen das ganze System der Steuer- und Wirtschaftspolitit, aus dem das Zollkompromiß heraus entstehen fonnte, in vor­derster Linie aber auch gegen die Mietzinssteigerung, die genau wie die Zölle die Lebenshaltung der breiten Massen unmittelbartreffen und feinen, auch nicht den 2erm sten verschonen

ad Politische Zölle- Korruptionszölle. Das Zollkompromiß eine Quelle politischer Korruption.

Der anerkannte Führer der nationalökonomischen Wissenschaft Englands, der Cambridger   Professor Alfred Marshall  , hat im Jahre 1907 eine glänzende Schrift zur Verteidigung seines frei­händlerischen Standpunktes geschrieben. Neben all den bekannten wissenschaftlichen Einwänden des Nationalökonomen bringt Marshall dort als vielleicht das wichtigste Argument gegen die Schußzöllnerei, daß, nach all den Erfahrungen, die bisher in Lan­dern mit Schußzzoll gemacht worden sind, die Gefahr einer Zer­fegung des politischen Lebens durch die Korruption der Schuzzollinteressen riefengroß dastehe. Der englische Pro­feffor, der weit ab von allen sozialistischen   Gedanken Zeit seines Lebens ein durchaus bürgerlicher Bertreter der Biffenfchaft gewesen ist, schreibt wörtlich über die deutschen   Ber­hältniffe( 1907!):

Es bt wahrscheinlich wenig Menschen mit einem höheren Ehrbegrim privaten Leben, als die ,, agrarischen Mitglieder des Reichstages. Dennoch haben die Praktiken, welche diese Abgeordneten im Berein mit den Industriellen in der Gesetz­gebung und in der Beeinflussung der von ihnen abhängigen Kreise angewandt haben, mehr als irgend etwas anderes dazu bei­getragen, daß jeder deutsche   Arbeiter mit einer ernsten Cebens­auffaffung und ffrengem Pflichtgefühl zu einem eifrigen Anhänger der Sozialdemokratie wird.".

Diese Worte eines hochangesehenen Wissenschaftlers und etnes dem politischen Tagestampf entrüdten Ehrenmannes der fozialöfono. mischen Forschung rufen wir heute wieder der Arbeiterschaft zu, und gleichzeitig rufen wir sie den Parteien des Bollfompromisses ent gegen! Wir werden nicht nachlaffen, die Deffentlichkeit darüber auf.