keit, nötigten sie iinmer wieder und wieder im Verein mit ihren Gesinnungsgenossinnen nach neuen Wegen zu suchen, um zu helfen und um die Entwicklung vorwärts zu treiben. Wer Ottilie Baader persönlich kannte, der weiß auch, daß zu der Ausübung der Stellung, auf die sie durch das Vertrauen der Genossinnen gekommen war, hohe menschliche Qualitäten gehörten. Anspruchslos und bescheiden in ihrem Auftreten, war Ottilie Baader ein kluger, klar blickender und fleißiger Mensch, daneben aber auch eine Frau mit starken mütterlichen Eigenschaften, die in ihrer Arbeit und in ihrem Berkehr mit den Genossinnen zum Ausdruck kamen und Früchte trugen. Sie war in ihrer ganzen Art ein in höherem Sinne religiöser Mensch, der im Wisien vom Sozialismus und im Glauben daran seine Kraft fand. Ottilie Baader war bis in ihr ziemlich hohes Aller hinein unverheiratet. Erst spät hatte sie ein kurzes Frauenglück ge- funden. Der Mann, mit dem sie sich verband, wurde ihr durch ein tückisches Leiden sehr bald wieder genommen. Sie mußte einen Teil der Kriegszeit und in der Folge ihren Weg wieder allein gehen. Aber immer hatte sie etwas, wofür sie mütterlich sorgen mußte. Das war ihres Lebens stärkstes Bedürfnis. Ihre Anteilnahme und ihr Interesse an der Partei- bewegung blieb lebendig bis in die letzten Tage ihres Daseins. Trotzdem sie schon lange sehr leidend war, hat sie auch während der Wahlbewegung für die Präsidentenwahl noch regelmäßig die Wählerversammlungen besucht. In den Frauenoersammlungen und Zusammenkünften der Funk- tionärinnen war sie ebenfalls bis in die letzte Zeit ständiger Gast. Sie hat trotz allem Schweren, das sie erfahren, gern gelebt. Sie hoffte auch in diesem Sommer noch Erholung von ihrem schweren Leiden zu finden und suchte deshalb einen kleinen märkischen Ort an der Oder auf, wo sie abseits vom Großstadtgetriebe wieder zu gesunden hoffte. Diese. Hoffnung sollte sich nicht erfüllen. Wir verlieren in Ottilie Baader eine Genossin, die ihr ganzes Leben der Arbeiter- und Frauenbewegung widmete. Ueber ihren Tod hinaus werden die Worte nachklingen, die sie als Fünfundsiebzigjährige den Frauen in ihren Lebens- erinnerungen zurief: „Haltet die Rechte, die euch die neue Zeit gebracht hat, fest und gebraucht sie wie eine heilige Pflicht für die Zukunft, für den Sozialismus!"_
Die Rechte üer Seamtin. Die Mehrheitsparteien gegen Frauenrecht. Der Reichstag hat gestern die Novell « zur Personal- abbauverordnung verabschiedet. Diese Novelle ent- hielt eine Bestimmung, die entgegen den Vorschriften der Reichsverfassung eine unterschiedlich« Behandlung der weiblichen und der männlichen Beam- t e n vorsieht. Weibliche verheiratet« Beamte sollten nach dieser Bestimmung abgebaut werden. In der zweiten Lesung des Gesetzes gelang es der Sozialdemokratie mit Hilfe der iveblichen Abgeordneten aus den bürgerlichen Parteien, diese Bestimmung zu Fall zu bringen. D!e-Re gierung erhob gegen diesen Beschluß Ein- l p r u ch und verlangte die Wiederherstellung dieser Bestnn- mung. In den bürgerlichen Fraktionen, besonders beim Zent- mm und den Deutschnationalen wurde ein starker Terror auf die weiblichen Fraktionsmitglieder ausgeübt. Sie wurden aufgefordert, entgegen ihrer Ueberzeugung und entgegen ihrem ihren weiblichen Berufsorganisationen gegebenen Dersprechun- gen sich dem Fraktionszwang zu fügen. Bei der dritten Lesung setzten die M�rheits- Parteien ihren Willen durch. Die Bestimmung, die nicht nur eine Verletzung der Frauenrecht«, sondern auch der Verfassung darstellt, wurde wieder aufgenommen. Die sozial- demokratische Reichstagsfraktion, für die Frau P f ü l f auf das undemokratische und reaktionär« dieses Beschlusses hin-
wies, erhob den Einwand, daß diese Bestimmung ewe Der- fassungsänderung darstelle. Da eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit für diese frauenfeindliche Bestimmung nicht zustande gekommen war, wird nun zunächst geprüft werden müssen, ob eine Verfassungsänderung vorliegt. Die Mehrhellsparteien des Reichstages haben auch auf dem Gebiet dmer Frauenrechte ihre reaktionäre Gesinnung gezeigt._ warum üie Aufregung? Stresemattn darüber entrüstet, dast man ihm vernünftige Gedanken unterstellt. Die Stresemann-ossiziöse»Deutsche diplomatisch-politische Korrespondenz" schreibt: Der„Fränkische Kurier" läßt sich gestern aus Genf melden, dort werde von Leuten, die unmittelbar aus Paris kommen und nach ihren ganzen Beziehungen als wohlunterrichtet gellen könnten. Hort- näckig die Behauptung vertreten, von gewissen Stellen der deutschen Reichsregierung und in diesem Falle besonders vom Reichsminister Dr. Stresemann seien unter der Hand in Paris in der Zwischenzeit Versicherungen gegeben worden, daß die deutsche Reichs- rcgierung bis zum September hoffe, den Sicherheitspakt unter allen Umständen durchzusetzen und außerdem sich bereit finde, auch ohne die notwendigen Voraussetzungen, wie st« bisher in den deutschen Forderungen enthalten waren, tn den Völkerbund einzutreten. Der Standpunkt der Reichsregierung zu dieser Frag« dürfte nachgerade bekannt sein. Er steht in schroffem Gegen- s o tz zu der vorstehend erwähnten Behauptung, und der Reichsaußen- ministcr so wenig, wie irgend ein anderes Mitglied des Kabinetts hat irgendwo.unter der Hand" Versicherungen abgegeben, die sich im Gegensatz zu der öffentlichen RegierungserNSrung befinden. Die Meldung, die offenbar geeignet ist, neuerdings Mißtrauen im Innern zu säen, dürste unter dem Einfluß der auch in Genf herrschenden Hitze entstanden sein. "Auch dieses erregte Dementi dürfte unter dem Einfluß der Hitze entstanden sein. Die Vermutung, daß Botschafter von H o e s ch bei seiner Unterredung mit Briand eine andere Sprache geführt hat, als die Herren Luther und Stresemann bei chren Verhandlungen mit den Deutschnationalen, ist gar nicht so abwegig. Man ist vielmehr in Berliner polittschen Kreisen überzeugt, daß die mündlichen Kommentare, die der deutsche Botschafter bei der Ueberreichung der Rote gegeben hat, wesentlich dazu beigetragen haben, den ersten sehr g ü n st i g e n Eindruck des Quai d'Orsay zu erzeugen. Ist es wirklich so empörend, daß man die Meinung in Paris und Genf vertreten wird, Deutschland hoffe auf baldigen Abschluß des Sicherheitspaktes und werde sich die Erreichung dieses Zieles nicht durch ein starres Festhallen an niehr fvrmalisti- sehen Bedenken über den Arttkel 16 des Völkerbundsstatuts verbauen lassen? Aber der„Fränkische Kurier" ist ein stramm deutschnatio- nales Blatt bayerischer Couleur. Und da klappt der mutige Stresemann sofort zusammen. Mit lauter Entrüstung prote- 'tiert er dagegen, daß man ihm, wenn auch in etwas schroffer Form, Handlungen und Absichten unterstellt, die ausnahms- weife mutig und vernünftig wären.
Optimismus in völkerbunükreisen. Fährt Stresemann «ach Genf ? Senf. 24. Juli, s Eigener Drahtbericht.) In hiesigen Völker- bundkreiscn erwartet man erfolgreiche Verhandlungen mit der Wahrscheinlichkeit, daß Stresemann im September in Genf mit Briand , Ehamberlain und Bandervelde in einer nicht« offiziellen Konferenz zusammentrifft. Ferner wird ange- nommen. daß der Eintritt Deutschlands in den Völkerbund in den nächsten Monaten auf einer Sonderkonferenz erfolgt, die im Anschluß an eine internationale AbrüstungS- und Sicherheit«- konferenz einzuberufen wäre.
Theaterpläne. Wenn im Sommer sich die Natur ihren Blütenschmuck anlegt, datm erblühen in der Phantasie gewisser.Fachleute' auch olljährlich di» herrlichsten Theaterpläne: nicht bloß so herkömmliche Projekte, irgendwo einen neuen Laden mit Operetten- und Schwankvor- stellungen aufzumachen, sondern vor allem auch großartige Ideen von Kulturtheatern ganz aparter Art, mit organisierter Besucher- schost als linterbau usw. Die Volksbühne hat hier ein so schönes Beispiel gegeben.... Aber pfui Teufel, Volksbühne! Man könnte es doch N'-ch viel besser machen! 2n lächerlicher Verblendung geht die Volksbühne ja immer an gewissen Genies und an gewissen „nationalsn" Tendenzen vorbei. Und doch kommt es darauf an, dies« in den Vordergrund zu stellen. Also: Nieder die Volksbühne! Es leben die neuen Pläne! Der heurige Sommer hat unseres Wissens bisher.nur" zwei Projekte der hier gekennzeichneten Art zur Blüte gebracht: dafür werden sie aber mit um so größerer Inbrunst gepflegt. Das eine will eine Thcatergemeinde sammeln, um auf ihrem Rücktn das leider von Pleite zu Pleite taumelnde Thalia- i h e a t e r unter dem schönen, wenn auch nicht gerade sehr origi- nellen Rainen„Neues Volkstheater" zu einer Pslegestätte neuer Bühnenkultur zu machen. 2n der ersten Zusammenkunst, in der einer breiteren Schar geladener Gäste dieser Plan enthüllt murde, trat als Künder der neuen Bühnenkultur ein merkwürdiges Doppelgespann auf: ein immerhin recht angesehener Autor vielgc- spieller Stücke, der in dem Ruf einer linksgerichteten sehr radikalen Gestnming steht, und ein Regisseur, der für sich die Besonderheit einer„arischen Regickunst" in Anspruch nimmt. Inzwischen munkelt Man, daß diese„arische" Größe schon wieder ausgeschifft und daß dafür ein anderer Bühneninann an Bord genommen sei. Es gibt ja auch so viele, die gerne in Berlin ein Theater haben möchten! In jedem Fall darf man noch den Ankündigungen, die in der ersten Zusammenkunft gemacht wurden, ohne weiteres annehmen, daß dos Ei des Kolumbus mit dem neuen„Reuen Volkstheater" end- gültig gefunden ist. Die Volksbühne wird glatt geschlagen— durch den Spielplan, den dieses neue Unternehmen bringen wird, wie durch die Eintrittspreise, mit denen es auszukommen gedenkt. Man wird unendlich viel Besseres bringen, und die Preise der Plätze werden sich zwischen 90 Ps. und? M. bewegen(das ekelhafte demo- kratische Prinzip des Einheitsbeitrages bei Auslosung der Plätze, das die Volksbühne Hot. wird natürlich abgeschafft). Das 2000 Plätze fassende Theater am Bülowplatz braucht für seine Leistungen eine Tageseinnahme von nahezu 3000 M.. die Künstler des neu lackierten �'challatheaters mit seinen 1200 Plätzen machen es mit einer Tages- c innahme von 1600 oder 1800 M.(sofern das Haus restlas besetzt ist!!) Mein Herz, was willst du noch mehr? Die Massen werden natürlich strömen, um der angekündigten Wunderdarbietungen im„Reuen Bolkstheater" teilhaftig zu werden. Der erste Versuch, die großen Organisationen der Arbeiter, An- gestellten und Beamten zu gewinnen— man hatte sie zu der . Gründungsversammlung' sorgfältigst alle geladen— hotte zwar zunächst ein etwas klägliches Ergebnis: die meisten hotten gar keine Vertreter geschickt, die von einigen anderen entsandten, zeigten
großenteils«ine kühle Schulter. Aber du lieber Gott ! das Gute wird sich schon Bahn brechen, und es wird eine Kleinigkett sein, die 30 000 Menschen zusammenzubringen, die sich verpflichten, all- monatlich einmal das neue„Neue Volkstheater" zu besuchen,— sofern es überhaupt anfängt zu spielen, und solange es spielt. Dieses Projekt unternehniungsluftiger Regisseure und Stücke» fchreiber ist aber noch gar nichts gegen das zweit«, für das z. Z. die Werbetrommel gerührt wird. Es kündet sich mit dem pompösen Namen„N a t i o n a l b ü h n c" an, und unter dem Aufruf, der da- für wirbt, stehen mehr als drei Dutzend klangvollster Namen. Zwei Prinzen von Lippe, Durchlaucht, der vaterländische Graf v. d. Goltz. dazu noch ein Gros sowie ein« Gräfin, Exzellenz von Loebell, der frühere Staotsminister, fünf hohe Militärs im Range zwischen Oberst und General der Infanterie, Exzellenz, ein Fähnlein«vange- lischer Pfarrer, mit den Herren Traub und Hofprediger Doehring an der Spitze, ganze Rudel von Räten, Geheimräten und Wirtl. Geheimräten, Bürgermeistern, Professoren, Generaldirektoren, Syndici usw. Merkst du etwas, lieber Leser? Diese Rattonolbühne soll nicht etwa eine Bühne sein, die im letzten Sinne der ganzen Nation dient, diese Nationalbühne soll vielniehr im Dienste einseitiger und engstirniger nationalistischer Tendenz stehen. Oder, wie der Prospekt es zart, aber verständlich ausdrückt:„Unser Spielplan wird die Werke der großen germanischen Dichter der Vergangenheit und das Schaffen der lebenden deutschen Dichter umsassen." Zlkoliere, Tolstoi bleiben verbannt, von den Juden ganz zu schweigen. Aber um so reicher wird sich Wildenbruchs Genie entfallen können. Im übrigen gehen die Herren von der Nationalbühne aufs Ganze. Mit Hilfe einer zu bildenden Theatergemeinde soll nicht bloß irgendein abgetakeltes Theater neu aufgeputzt werden.„Da wir auch vor allem das Drama großen Stils pflegen wollen, so können wir nicht allein durch Pachtung von Theatern unser Ziel erreichen, wir müssen an Neubauten denken." Gleich in Mehr- zahl: Neubauten! In möglichst vielen Stadtteilen sollen sie entstehen. und zwar, wie der Prospekt ausdrücklich hervorhebt, stets mit Schiebebühne und„Horizont". Im Norden Berlins soll der Anfang gemacht werden. Die Theatergemeinde ist Mar noch nicht da. und mit dem Geld für die grandiosen Baupläne scheint es auch etwas mau zu stehen. Aber man gibt„Bausteine" und„Patronatsschsine" aus, di« vier Prozent Zinsen tragen sollen, und man verspricht denjenigen, die nicht alle werden und sich als Mitglieder melden,„Stammsitze" im Theater, für die sie je Vorstellung nur 1 bis 3 M. zu zahlen brauchen(Auslosung der Plätze wird auch hier verabscheut). Wenn es bloß nicht gerade die„nationalen" Kreise wären, an die man sich wendet! Denn man weiß, daß diese überaus zurückhaltend sind, wenn's an« Zahlen geht und dreifach zurückhaltend, wenn sie dabei auch noch etwas von Kultur hören. Es ist ja auch nicht die erste.nationale" Bühne, zu der in Berlin aufgerufen, wurde.... In jedem Fall sieht man, wie herrlich auch in diesem Sommer wieder die Theaterpläne erblühen, damit uns ihre Früchte im Winter beglücken. Aber zunächst kommen noch die rauhen Herbst- froste. Und die hoben sich von jeher solchen Projekten höchst ge- fährlich erwiesen..,,
Das„Slutbaö' von gestern. So machen sie„Einheitsfront"! Die„Rote Fahne " erzähtte gestern morgen vom Empfang einer kommunistischen Delegation im Gewerkschaftshaus dos Folgende: Die Delegation wurde im Gewerkschastshaus, Zimmer?Z> empfangen. Als sie verlangten, daß auch kommunistische Redner im Lustgarten zugelassen' werden sollen, wurden sie angeschrien: „Wollt ihr ein Bludbad? Wenn ein kommunistischer Redner im Lustgarten zu sprechen versuchen sollte, wird Blut fließen, wir haben schon alles vorbereite t." Jeder denkende Leser erkennt von selbst, daß es sich bei der geschilderten Unterredung um nichts anderes geliandelt hat als darum, vor den verhängnisvollen Folgen,� die eine Störung der gestrigen Kundgebung haben köimte,� zu warnen. Das kommunistische Blatt aber erzählt seinen Lesern, die Gewerkschaften hätten schon„alles vorbereitet", um ein Blutbad anzurichten!_ Durch solche verbrecherischen Lügen versuchte das kommunistische Blatt seine Leser gegen die Veranstalter einer Kundgebung aufzuhetzen, zu deren Besuch es auf- forderte! v So machen sie„Einheitsfront"!
Der Finanzausgleich. Tie Regierungsparteien gegen die Länder. Der Steuerausschuß des Reichstags beschäftigte sich am Freitag nochmals mit der Besteuerung der öffenllichen Betriebe. Ein Antrag der Deutschen Volkspartei will auch die Der- forgungsbetriebe zur Körperschastsfteuer heranziehen und außerdem die Abgabe von Gas und Elekttizität umsatzsteuerpslichtig machen. Eindeinotratischer Antrag geht in der gleichen Richtung, will aber den Ertrag dieser Steuern den Gemeinden wieder zuleiten. Staatssekretär Popih bekämpft olle Abänderungsanträge. Die Re- gierungsvorlage beruhe auf einem Kompromiß mit dem Reichsrat, das man nicht gefährden dürfe. Abg. Dr. Hertz(Soz.) empfiehlt den Antrag, gemischtwirtschaftliche Betrieb« soweit frei zu lassen, als öffentliches Kapital dabei beteiligt ist. Die weitergehenden sozialdemokratischen Anträge, die auch di« Befreiung aller össent» lichen Kreditinstitute, insbesondere der Sparkassen, wünschen, würden im Plenum gestellt werden. Da in der Abstimmung alle Anträge abgelehnt werden, bleibt es bei den Bestimmungen der Regie- rungsvorlage. Der Ausschuß trat sodann in die Beratung des Finanzaus- glclchgesehes ein. Staatssekretär Popih erklärt«, daß die Reichs- regierung an der Regelung, wie st« in der ersten Lesung beschlossen ist, unbedingt festhalte. Uin den Ländern und Gemeinden entgegen- zukommen, wolle die Reichsregicrung die Ilmsatzsteueranteile nach dem geschätzten Aufkommen von 1500 Millionen Reichsmark garantieren. Bezüglich der.�kontrollparagraphen" erklärte er, der Reichsregierung läge jede Konlrollobsicht fern, es handelt sich nur um Finanzstatistik. die für die endgüllige Regelung des Finanz- ausgleichs unerläßlich fei. Abg. Dr. horlacher(Bayr. Bp.) gab nach längeren Ausführungen die Erklärung ab, daß er sich in diesem Stadium noch der Stimnie enthalten werde. Die Bayeriscbe Volkspartei, wünsche aber, daß vor der Beratung im Plenum nctch Cinigungsverhandbmgen zwischen der Regierung und dem Reichs- rat stattsänder». Der preußische Finanzminister Höpker-Aschosi bezifferte das Defizit Preußens nach der Ermäßigung der Beteiligungsquote auf etwa 550 Millionen Reichsmark. Demgegenüber wies Reichs- finanzminist« von Schlieben daraus hin, daß das Reich vor allen Dingen für di« im Londoner Wkommen übernommenen Berpflich-- tungen sorgen müsse. Deshalb könne man den Ländern nicht mehr zugestehen. Abg. Seioath(D. Bp) unterstützt« den Reichsfinanz- minister. Die Regierungsparteien hätten sich die größte Mühe ge- geben, Ländern und Gemeinden entgegenzukommen. Dies« Grenze aber sei jetzt erreicht. Die von den Regierungsparteien vorliegenden Anträge stellten das Höchstmaß an Zugeständnissen dar. Die De- ratungen wurden auf Sonnabend vertagt.
Die Schriflstellerorganisalionen gegen die boykolliermden Buchhändler. Der Schutzverband Deutscher Schrift- st eller, der Verband Deutscher Bühnenschrift- st e l l« r und der Verband Deutscher Erzähler bitten uns um Verbreitung folgender Notiz: Auf Grund der veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse haben sich auch im Buchhandel neue Organisationen für den Vertrieb von Büchern entwickett. Die deutschen Sortimenter— oder wenigstens chr lautester Teil— glauben diesen Wettbewerb dadurch bekämpfen zu können, daß sie die beteiligten Autoren bonkottieren. Sie haben in der Buchhändlcrbörse eine Liste solcher Urheber oerösfenUicht, die irgendwelche Werte diesen neuen Anstalten anvertraut haben, und haben die Buchhändler angewiesen, sich für die sonstigen Werke dieser Urheber nicht mehr einzusetzen. Gegen dieses Vorgehen, das rechtlich, wirtschaftlich und kulturell nicht scharf genug verurteilt werden kann, übrigens auch den Buchhandel selbst schwer schädigt, werden die oben genannten Verbände im Interesse de» deutschen Geisteslebens mit allen Mitteln ankämpfen, bis di« völlig« Freiheit geistigen Schaffens— dem auch der Buchhandel zu dienen Hot— erreicht ist. Entsprechende Schritte der Bedrohten, unter denen sich übrigens erste Namen befinden, sind eingeleitet. Professor Köhler und da» Ankiassengesetz. Auch die Vorträge des als Gastprofessor in den Vereinigten Staaten weilenden Psycho- logen der Berliner Universität, Prof. Wolfaang Köhler, mußten unter der antievolutionären Gesetzgebung in Amerika leiden. Prof. Köhler, bekannt durch seine psychologischen Versuche an Menschen- offen, ist in diesem Sommer an der Harvard -Unioersität tätig, wo er ein Seminar über Gestoltvsychologie abhält. Infolge der Ge- setzgebung der Staaten Tennessee und North Carolina mußten die an der Universität des letztgenannten Staates geplanten Bor- lesungen Köhlers über die Schimpansen einstweilen abgesagt werden, weil man die Möglichkeit in Betracht zog, sie könnten mit den gesetzlich verdammten Lehren in Einklang stehen. .®°s, Rokorflugzeug. Der französische Fliegeringenieur Gligorin beabsichtig, wie die„Umschau" mitteilt, auf einem von ihm ton- sttuierten Flugzeug mit Rotorausrüstung den Flug zwischen Paris und New Vork ohne Zwischenlanduna in 12 Stunden auszusübren. Der Ingenieur hat seine Erfindung, die auf dem Fiettnerschen Prin- zip basiert, den englischen und französischen Flugministerien vorge- legt, und die englische Regierung ist bereit, ein Probeflugzeug genau nach seinen Plänen erbauen zu lassen. Sammluuq für Scope». Zugunsten des Professor» Scopes, der im Affenprozeß zu 100 Dollar Geldstrafe verurteilt wurde, ist«ine Sammlung eröffnet worden, um ihm die Fortsetzung seiner biolo- gischen Studien zu ermöglichen. Bis jetzt sind bereits 10000 Dollar gezeichnet werden._
Bernfung an die Staatliche Hochstmle sdr Ulnfif. Sie der Amtlich« Preuszische Pressedienst mitteilt, bat der Kultue minister den Prot Artur Schnabel atS Leiter ein« Klovierllafle in die Staatliche Sochlckule tür Musik beruten. 0«o wir», der m Bern lebende Echriftsteller. hat von der tchweizerifchen Echlllerstistung dieser Tage eine Ehrengabe von tausend Kraulen sür seinen Roman.Gewalten eines Toren" erhalten.