Sonntag 26.?u«m5
Änterhalwng unö �Dissen
Seilage Ües vorwärts
Der Schatzgräber. Von Hans hyan . Aus dem Portal des roten Hauses war er eben herausgetreten und stand, vielleicht doch«in bißchen oerwirrt von der neuen Freihest und geblendet von der Aprilsonne, die so lachend leuchtete, ein paar Augenblicke ganz still. Dann drehte sich Theodor Rossalius bedächtig um nach dem(Beföngnistor und spuckte dreimal symbolisch in dies« Richtung— ein abergläubischer Gebrauch, den zu befolgen er nicht unterließ: und der den, der aus jener Pforte herausgetreten war, davor bewahren sollte, dort j« wieder einzutreten. Dabei rechnet« Rossalius nach, wie oft er das-H-fhaus schon angespien hatte, und kam zu dem Resultat, daß es beinahe zu einem zehnmaligen Zu- biläum langen könnte. So stand er noch immer und ließ den Arbeitsaufseher Meier, der eben herauskam und der ihn jetzt zweiundeinhalbes Jahr beschäftigt hatte, kaltlächelnd, ohne auch nur mit den Augen zu grüßen, an sich vorbeigehen. Dann fing er an, langsam vor dem Gefängnis auf und nieder zu wandeln. Er wartete hier auf jemand, wenngleich er selber noch nicht wußte, auf wen. Da tot sich abermals die schwere Eicheniür auf, und Johann Kawnulski trat heraus, der wegen Körperverletzung mit dem Er- folge des Ablebens der Gegenpartei drei Jahre hiergewesen war. Johann, gebürtig aus Rosfulken. d. h. von der ostöstlichen Grenze des Vaterlandes herstammend, war gleichfalls nicht das erstemal hier- gewesen und spie deshalb seinerseits auch nach dem roten Gebäude zu, aber nicht nur symbolisch, aus. Der Unterschied im Bildungsgrad der beider Männer war unoerkennbar. Kawnulski eröffnete die Verhandlungen:„host du Priem?' Rossalius lächelte: Selbstverständlich. Er hätte sich ja vor sich selber geschämt, wenn er nicht während seiner ganzen Strafzeit „'n lütten Swatten" gehabt hätte! Und er gab dem Kameroden ein ansehnliches Ende der„schwarzen Strippe", die er im Gefängnis um ein Sechzehntel Schweineschmalz und«in Ende Bleistift eingehandelt hatte. „Kumm!' sagte Kawnulski, und ging voran. Mit einem nachsichtigen Lächeln folgte ihm Rossalius. Diese Polacken sind nicht erzogen, aber oft recht brauchbar. Sie gingen ein Weilchen schweigend. Dann lachte der Pole mit witternd breiten Nasenflügeln,„hob'ch Durscht!" Das könnt.» Theodor Rossalius für sich auch nicht leugnen. Sie verschwanden im„Willkommen, Wanderer"! Dieses Wirts- Haus lag an der großen Heerstraße derer, die den Weg meist in der Magistratsequipage machten und deshalb erst auf dem Rückweg« Zeit und Muße fanden, bei dein alten Plätzenseer Kollegen«inzukehren. der sich und seinen Nachfolgern im Zellenstaat der helligen Justitia hier eine bescheiden« Erholungsstation geschaffe hatte. »Na, da seid Ihr ja wieder!" begrüßte der„olle Lehmann' seine langjährigen Bekannten, deren er sich zwar persönlich absolut nicht erinnerte, die er aber mit geschultem Aug« richtig einschätzte.„Ihr warst ja lange nicht hier!" „Ja, wir haben uns'n bißchen länger da drüben aufgehalten, als wir eigentlich wollten!" bemerkt« Rossalius. der bei seinen Scherzen ernst blieb und andere lachen ließ. Der Pole wieherte. „Vafluchtija Hund!.. hoho!.. Reiß dir'n Schlung uff!" Dank ihrer längeren Abgeschlossenheit von der Außenwelt war das Vermögen der beiden Zecher hinreichend, um nicht allein ihr« L�dürfnissc nach Alkoholicis zu befriedigen,— sie aßen auch, vor- nehmlich der Pole, die ganze Speisekarte rauf und runter. Rossalius trank mehr und wurde bald sehr mutig. Dann b«i der Zigarre legte sich Rossalius, dessen„Dessin " die ..Wechselfalle", d. h. die Einwechselung der bereit» in Zahlung ge- gcbenen Münzen in geringwertigere Stücke war, weltmännisch in seinen Stuhl zurück, sah den Rauchringeln nach und meint« leichthin: „Zwei Leute sind mehr wie einer." Das begriff selbst der Pole ohne weiteres, weswegen er denn auch herzlich lachte.„Psia krew!" Rossalius nickte und neigt« sich dem Komplimente anerkennend. Dann redete er bedächtig weiter. Er hätte da einen Zellennachbar gehabt, einen ganz kessen Lal- dower! Und der hatte es ihm mitgeteilt!... Der Pole lachte. Wenn er das nicht tat, konnte es leicht sein, daß et zustach oder doch wenigstens mit den Fäusten dreinhieb. Theodor nickte bedächtig. „Wir sollen drei Teile machen, wenn wir'» haben. Du«inen. ich einen und d«r da drin einen.-- Aber ich lehne die..Kippe" ab!" setzte er in Gedanken hinzu,„und ich brauche dich, du polnisches Hornvieh, nur, weil ich mich allein« nicht an das Ding'rantraue... Oder meinst du.«in Gent wie ich geht aus Vergnügen mit solchem Wasscrpolacken auf die Fahrt?" Der Pole lachte und trank und trank und lacht«. Einer der Anwesenden, seines Zeichens Leichenwoscher» und auch fortgewesen, sechs Jahre, weil er außerdem der Ansicht gehuldigt hatte. Tot« würden in ihrer Grabesruhe durch weltliche Gegenstände, besonder» durch Pretiosen, nur beeinträchtigt,— der richtete an Kawnulski die Frage, ob vielleicht seine Eltern in dem Moment, dem Johann seine Entstehung oerdankt, auch so heiter gewesen seien? „holt' Fresse!" Weiter sagte Kawnulski darauf nichts; er hatte ja nicht die Absicht, den Leichenwäscher zu beleidigen. Dann gingen die beiden ungleichen Gesellen. Und Theodor Rossalius gedachte der Zeit, da er noch andauernder Student der Rechte war: da er noch nicht Objekt, sondern Subjekt der Recht». pflege zu werden hoffte. Er sah nämlich ein« Dame, die Ihm gefiel. di: ihm aber in d«r augenblicklichen Aufmachung seine» äußeren Menschen nicht leicht erreichbar dünkte......Geld." murrte er,„viel Geld!" Der Pole nickte. Er fragte:„Wo host du?" Und nun berichtete Rossalius ausführlich. Jener andere— sein« Freunde nannten ihn„den Halblongen"—. der hatte zur Zeit seiner letzten„Fahrt" bei einem Ehepaar in der Petersburger Straß- ge. wohnt. Der Mann war Athlet: die Frau sogenannter„Untermann" bei einer dreiteiligen Parterreakrobatengnippe, die auf den Rummel- platzen arbeitete. Sie schlug ihn, den Gasten, obgleich er zwei Fünjzigpfünder ein dutzenmol streckte, braun und blau, wenn er auch nur da» kleinste Aesfchen mit nach Hause brachte. Sie war b, könnt und gefurcht«« in der ganzen Petersburger Straß« wegen ihrer Kraft, Gerechtigkeit und Streng«. Selbst der Wachtmeister des Revier», ehemaliger Flügelmann bei den Pasewolker Kürassieren, legt« vor ihr die Hand an die Mütze. Da» hatte Th-odar RossaNu« alle» erfahren. Und vlell«icht Höst« es ihn nicht einmal interessiert, wenn nicht gerade hinter dem Küchen- spind dieser Frau, angeklebt an dessen Rückwand mit Fischleim, da»
Den Veteranen von l8k0 ist ein Ehren- sold von drei Mark bewilligt worden
,Wat willfte Senn mit üen daler Ehrenfolü anfangen, Justav!" .Na, öafor laß ick mir mein tzolzbeen sthwarzweißrvt anstreichen unö loofe für Sie„Netterregierung" Reklame.
Kuvert mit den vier Tausend- und sechs Hundertmarkscheinen gesessen hätte, die der.�zatblange", wie er angab, bei seinen letzten Mose - mosten gemacht und da kabore gelegt hatte. Sie standen vor dem Haus. Vier Treppen. Hof, zweiter Seltenflügel, rechts!..." murmeste der einstige Jurist und sah zweifelnd an seinem mageren, spacken Körperchen hinab. „Komm ruff!" sagte der Pole. Oben öffnete sie. er war nicht zu Hause. „Wat winschen Sie?" Der Plan war: Johann Kawnulski sollt« Frau Amalie Pupper beschäftigen, womöglich aus der Küche in die Wohnung locken, wenn auch nur für«inen Augenblick: den würde dann Rossalius schon richtig ausnutzen! „Wir möchten die Schlafstelle besichtigen... Sie haben doch eine Schlafstelle zu vermieten, nicht wahr?" „Jo! Schlofstelle!" echote der Pole. Frau Pupper sah mißtrauisch auf das Paar. Sie konnte di« Sorte vom abendlichen Zudrang der Rummelplätze. „Kost' suffzig Mark de Woche," sagt« sie, absichtlich ein wenig übertreibend. Den beiden Männern gefiel der Preis dennoch. Sie wollten da» Logis sehen! Frau Amalie ging voraus, ohne Bangen. Drin guckte Theodor in all« Ecken, aus dem Fenster, an di« Decke. Er sprach:„Die miet' ich sofort!" Und zähste zehn Mark an. Frau Pupper spuckte an den Geldschein und steckte ihn dann«in. Dabei lachte sie: „Wenn man det von früher her so jewehnt is! Rich wahr? ... Ra, det macht nischt, ick Hab' mir noch immer jut vadragen mit meine Mieter! Bloß stänkern, det kann ick nich leiden! Und teen« Damens nich, det bist' ick mir aus! Wenigsten» nich in meine Bleibe! Draußen, da kennt Ihr machen, wat'a wollt.'.." „Und das da ist die Küche?" meinte Rossalius und schlängest« sich, wie traumverloren, über den Korridor nach dem Ziele seiner sehn- siüchtigen Wünsche hin. Einen Augenblick blieb Frau Pupper bei dem kräftigen Polen , der sie so nest anlachte. Das Weib in ihr besiegte für kurz« Zeit ihr« Wachsamkeit und Stärke. Und schäkernd ersah Kawnulski seinen Vorteil. Er hiest die noch recht respektabel aussehende Frau bei den Armen sest, deren nackter Drall ihn allerding« hätte warnen sollen. In der Küche raschelte etwas. „Wat macht'n der da brausen?... Siel!" Der Pole bekam einen Stoß. Aber der war auch kein Mann der blassen Furcht und besaß Mu»keln— wie hätten sonst seine Körperverletzungen immer gleich so schwer sein können! Kawnulski hielt die Frau fest— sie war wohl überrascht und besann sich erst einen Moment auf ihre Rechte und Pflichten. Der ehemalige Rechtsgclehrt« stellte unterdessen in der Küche die Untersuchung nach dem bewußten Kuvert an. Jetzt aber Höste er Lärm und suchte das Freie zu gewinnen. Aber die Sekunden, die doch vergingen, ehe er den Ausgang hatte, waren genug, um Frau Pupper so auslangen zu lassen, daß Kawnulski unter einem schreck- lichen Linkser wie ein Ochs zusammenstürzte. Rossalius griff si«. gleich einem Hähnchen. Und ihre Stimme gellt«: „Frau Müllerin!... Müllerin!... Holen S« ma janz schnell'n Schutzmann!" Mit dem brachte sie die beiden auf» Polizeirevier. Die Beamten lächelten: zu lachen erschien ihnen riskant. Aber Kawnulski meinte anerkennend:„Is sich stärker wie Mann!" Gestohlen hasten sie nicht, denn ein Kuvert hatte gar nicht hinter dem Schrank geklebt, der„Halblange", draußen in der„Plätze", haste sich einen Neinen launigen Scherz geleistet damit. So mußt« der Unt«rsuchung»richter die beiden wieder freigeben. Theodor Rossalius kam zuerst heraus, er spuckt« symbolisch nach dem Torflügel hin. Da erschien Kawnulski. Er ging auf den g«. wesenen Juristen zu und schlug ihm den Hut über di« Lugen: der stand zitternd. Darauf gab ihm der Pole noch«inen Hieb und sagte: „Kumm!... Du Schwein!... Hob' Durscht!" Si« verschwanden in der nächsten Budike.
Schlemmereien im alten Spanien . Die Schlemmereien der Hosgesellschaften im Mittelalter sind uns ebenso bekannt geworden, wie die Bacchanal« im alten Rom . Zeichneten sich die römischen Gelage, wie Petronius in seiner Bc- schreibung des.Gastmahl des T r i m a l ch i o" nachweist, durch ungeheuren Luxus der Speisen aus, so setzen uns z. B. die Fest- mahle eines August des Starken durch di« großen Ouantitäteu der verzehrten Speisen in Erstaunen. Nicht minder anschaulich für die Gegensätze zwischen Luxus und Völlerei bei Hof und bei dem hohen Adel und der Genügsamkeit, den Entbehrungen und dem Hunger bei den Mistel- und Unterschichten des Volkes sind die Ueberliefe- rungen aus der Geseicht« des spanischen Volkes. Was und wie die Zeitgenossen eines Cervantes, des Verfassers des.Don Ouichote, aßen, darüber berichtet in ausführlicher Weife Ludwig Pfand l, korrespondierendes Mitglied der spanischen Akademie in Madstd. in seinem Werk über.Spanische Kullur und Siste des l(5. und 17. Jahrhunderts". Um die Miste des 17. Jahrhundests konnte man nach der Per- sicherung eines Hofchronisten mit den gedruckten Kochbüchern für die vornehme Welt berests ganze Schränke füllen. Als der Herzog von M a y c n n e 1612 in Madrid weilte, um wegen der französisch» spanischen Doppelheirat zu verhandeln, wurde ihm für den Unterhast seiner Person und seines Gefolges tagtäglich folgender Mund- vorrat aus den Hofkammern zur Verfügung gestellt: an Fleisch- tagen: 8 Enten, 26 Kapaune, 76 Hühner, 166 Paar Tauben, 50 Rebhühner, 166 Hasen, 24 Hammel, 2 Rinderviertcl, 46 Pfund Rindermark, 12 Rinderzungen, 12 Schinken, 3 gepökelte Schweine, 4 Arrabas(1 Arraba»— 16 Liter) Schweinefett, 4 Dutzend Brötchen. 8 Arrabas gemischte Früchte, sechserlei Wein, von jedem 1 Schlauch zu S Arrabas. An Festtagen: 166 Pfund Forellen, 13 Pfund Aal, 166 Pfund Barben, viererlei Salzfische, von jedem 56 Pfund, 50 Pfund Thunfisch, 166 Pfund Sardellen, 166 Pfund Stockfisch, 1666 Eier, 24 gemischte Fischpastcten. 166 Pfund frische Butter, 1 Schlauch Oel , dazu Wein, Frücht « und Brot wie an Fleischtagcn. Diesem Aufwand entsprach auch der Luxus, der bei Hof und hohem Adel heruntergetajclten Bankett«. Im Herbst 1659 gab der Alrni- rante d e C a st i l l a dem französischen Zwischenhändler Herzog von Agramont ein Festmahl, von dem erzählt wird, daß es von H2 Uhr mittags bis in die sinkende Nacht dauerte. Dabei wurden 866 Platten an Hauptgerichten und 266 an Nebengerichtcn serviert. Daran habe sich eine Komödie angeschlossen, während der soviel an Erfrischungen und Süßigkeiten herumgereicht wurde», daß sie die Gäste durch die Fenster unter die gaffende, sich darum balgende Menge geworfen hätten. Im schreienden Gegensatz« dazu steht, was uns die Quellen über die elende Lebenshallung der unteren Volksschichten zu berichten wissen. Bürger und Soldaten aßen im Verein mit Bettlern und Tagedleben die freiwillig gespendete Klostersnppe. Das Hungerleidcn der Studenten war sprichwörtlich und der Hidalgo lEdelmann), der sich auf der Straße eifrig de» Zahnstochers bedient«, um den Anschein zu erwecken, als habe er eben ein reichliches Mittagessen hinter sich, war zu einer stehenden Spottfigur geworden. In der gleichen Zeit. in der di« oben geschilderten Schlemmereien stastfanden, mehren sich di« Berichte über Mißernten und Hungertodfälle aus dem ganzen Land«. Rur die es sich leisten konnten, hatten ein warnies Mittagmohl, des Abends gab es nur Käse und Brot oder gar nur srisch« oder getrocknete Trauben. Auf dem Tische des spa- nischen Mittelstandes jener Zeit spielten die größte Rolle die Ra- ttonalsuppe. dann Kose, Wein und Brot mit Knoblauch als Würze und schließlich die Kochschokolade. Zur richtigen Nationalsuppe ge- hören Kohl. Mohrrüben. Lauch, Zwiebel, Kürbis. Knoblauch. Pfeffer, Oel. Essig, sowie Fleisch von Schwein, Kalb und Hammel nebst reichlichem Speck. Arm und reich. Luxus. Schlemmerei auf der einen, Not und Elend auf der anderen Seite: die gleichen Gegensätze im Feudolis- mus, wie im Zeitalter des Kapitalismus . H. P. wann wächst der Mensch? Das Wachstum des Menschen geht in einzelnen Wachstumsabschnitten vor sich, während dazwischen Zellen liegen, in denen überhaupt kein Wachstum erfolgt. Man hat nun durch Beobachtungen festzustellen versucht, ob diese Wachstums- obfchnirte wst den Jahreszeiten zusammenhängen, und«» hat sich ergeben, daß der Mensch in den Monaten Rooember bis April so gist wie gar nicht wächst, vom April bis zum Juli ist das Längen- Wachstum am stärksten, vom Juli bis November ist da» Längenwachs- tum schwach, dagegen di« Gewichtszunahme groß. Di- Erklärung kür diese Tatsache liegt natürlich in den günstigeren Bedingungen, die die warme Jahreszeit mit sich bringt.