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Kleingärten und �inöenburg. Vorstoft der Verpächter gegen die Kleingarteuordnung. Der Kleingartenbau ist ein leider viel zu wenig beachtetes Karnpfseld der Arbeiterklasse. Der jlleingartenbau, der dem groß- stadtischen Industriearbeiter und Kleinbürger Licht und Luft und eine frische Obst-, Beeren- und Gemüsekost verschaffen soll, ist aber darüber hinaus eine wichtige Angelegenheit der Volksgesun- d u n g, ebenso wie Leibesübungen und Sport. Er schafft kulturelle Werte und steigert die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mafien. Der Staat hat das größte Interesse an der Erhaltung der Kleingärten und an dem wirtschaftlichen Schutz der Kleingarten- Pächter, wie sie ihnen die �kleingartenordnung' vom 31. Juli 1919 gewährt. Selbstverständlich wittern auch die Kleingartenverpächter und Großstadtagrarier unter dem Regime Luther-Hindenburg Morgenluft und schicken sich an, durch einen Antrag an den Reichspräsidenten und die Reichsregierung das finanzielle und organisatorische Rückgrat der Kleingartensiedlungen, die Klein- gartenordnung, zu zerschlagen im Interesse des schrankenlosen Profits. Die Kleingartenordnung beschränkt nämlich mit vollem Recht den Schacher mit Kleingartenland, die Pachtpreise, die Kündigungsmöglichkeiten durch ihre bei den städtischen Verwol- tungen eingerichteten.Pachteinigungs- und Kleingartenämter'. Den Asrpächtcrn sind natürlich diese Institutionen ebenso verhaßt wie den Hausbesitzern die Mieteinigungsämter und so haben sie in ihrer Eingabe an den Retter Hindenburg eine Breitseite gegen die armen Siedler abgefeuert, daß diese nichts besseres tun können, wie schleunigst ihre Laube einzureißen und ihre Gärten dem Boden- wucher zu überlafien. Dagegen setzt sich der Reichsverband der flleingartenvereine Deutschlands zur Wehr und sagt in seiner Gegendenkschrist, die ebenfalls dem.Retter' übersandt worden ist:.Der Kleingärtner ist trotz der Berbilligung agrarischer Mafienprodukt« immer noch ge- zwungen, einen Teil des Lebensmittelbedarfs im Eigenbau zu er- zcugen. Die Aufrechterhaltnng einer Art Zwangswirtschaft' im Kleingartenbau ist nach wie vor dringend nötig, da die auf dem Boden, der in den meisten Fällen als.Baugelände' anzusprechen ist, ruhenden Lasten, wie Steuern, Verzinsung der zu spekulativen Zwecken investierten Kapitalien, nicht vom Kleingärtner, sondern vom Bauspekulanten getragen werden müfien. Gegenüber den Vorwürfen der Verpächter, die.Zwangswirt- schaff der Gartensiedlungen verschlinge Unsummen, die in die Kassen der Kleingartenverein« flössen und den Stadtverwaltungen entzogen würden, ist festzustellen, daß der.Beitrag' zum Klein- gartenoerein meist 2 bis 3 M. im Jahr betrögt und daß die be- scheidenen Funktionen der.Äleingartenämter' im allgemeinen nebenamtlich von den Kommunen mit versehen werden. Nun ist der Reichsverband der Kleingartenvereine auf seiner Münchener Tagung gegen die Verpächter zur Gegenoffensive über- gegangen und hat den Ausbau der Verordnung zu einem Reichs- kleingartengesetz in einer Eingabe an die Reichsregierung gefordert. Auf welche Seste sich der.Retter' Hindenburg schlagen wird. läßt sich mit Bestimmtheit noch nicht sagen. Er war es ja, der noch im Krieg die Unterbringung der Kriegsbeschädigten und der heim- kehrenden Feldsoldaten auf.Siedlrnigs�ösen' angeregt und ge­fördert hat. Wird er imstande sein, die Gärten unserer Siedler > vor dem Zugriff des Bodenwuchers zu schützen wird er den Willen dazu aufbringen? Kommunisten und Kriegsbeschädigte! Sie schwänzen und schimpfen! Genofie Erich Roßmann schreibt uns: Der kommunistische Abg. Weber hat vor einigen Tagen im Reichstag eine Erklärung gegen den.Vorwärts' ver- lesen, weil dieser trotz einer sogenannten Richtigstellung des konnnu- nistischen Abg. Rädel meine Bemerkung wiedergegeben hat, daß die kommunistische Fraktion in beinahe der Hälfte aller Sitzungen des Kriegsbeschädigten- nusschussesnichtvertreten war. Da ich das Plenum des Reichstags in der Angelegenheit nicht mehr belästigen will, stelle ich hier folgendes fest: Nach den bei den Akten des Ausschufies befind- lichen Anwesensheitslisten war die kommunistische Fraktion bei den sechs Ullterausschußsitzungen, die vom S. Mai bis 26. Mai tagten und wichtige Vorarbeiten für die Novelle leisteten, d r e i m a k überhaupt nicht vertreten. In den acht Sitzungen, die vom 7. Juli bis zum IS. Juli sich mit der Novelle befaßten, war die kommunistische Fraktion z we i m a l ohne Vertretung. In der Sitzung vom 14. Juli erschien als einziger Herr Rädel erst gegen Schluß. Auch in den übrigen Sitzungen war die kommunistische Fraktion zeitweise ganz ohne Vertretung, was u. a. die Folge hatte, daß ein großer Teil der kommunistischen Anträge für die erste Lesung nicht rechtzeitig eingebrocht und begründet werden konnte, soirdern für die zweite Lesung zurück- gestellt werden mußte. Tatsache bleibt ferner, daß ich selbst kommu- uistische Anträge, die sich mit denen meiner Partei inhaltlich deckten oder ihr nahekamen, vertrat, weil kein kommunistischer Vertreter anwesend war. Ich würde diese Feststellungen nicht getroffen haben, wenn Herr Weber nicht den Mut gehabt hätte,/die Sozialdemokratie, die den Kriegsopfern gegenüber ihre volle Pflicht und Schuldigkeit getan hat. im Plenum in ruppiger Weise anzugreifen. Ob die Kommunisten nach dieser Arbeit zu solchen Angriffen berechtigt sind. überlafie ich getrost dem Urteil der Kriegsopserl

Segen öie Seheimüiplomatie! Ei« Artikel Hendersons. Amsterdom, 28. Juli. (MTB.).Algemeen Handelsblad' bringt in seiner gestrigen Abendausgabe einen Leffentliche oder Geheim- diplomatie' überschriebenen Artikel aus der Feder des be- kannten englischen Arbeiterführers und Unterhausmitgliedes Arthur H e n d e r s o n. in der dieser sich scharf gegen eine Fortsetzung der Geheimdiplomatie ausspricht. Der Verfasser führt darin/U. a. aus: Der Friede der Welt erfordert nicht nur die Abkehr von der Praxis des Abschlufies von Geheimverträgen, sondern die Verwerfung der Maxime, daß öffentlich abgeschlossene Verträge als unantastbar er- llärt werden und daß ihre Schwächen und Folgen niemals revidiert werden dürfen. Die Welt steht nicht still. Im Leben eines Volkes müfien alle Gesetze verbessert und neue in Gebrauch genommen werden. Dieser Prozeß muß sich auch im internationalen Leben fort- während vollziehen. Töricht sind daher diejenigen, die das Gegen- teil glauben und meinen, daß das, was sie heute anordneten und konstruierten, ebenso unabänderlich sei wie Naturgesetze.

ver Sparausschoh deS Reichstag? hat einstimmig eine von allen Parteien gezeichnete Entschließung angenommen,.die Reichs- regierung zu ersuchen, noch im laufenden Rechnungsjahr den Reichstag den Haushalt der ReichSpost vorzulegen und im ReichSbauShaU für 1925 im Wege eines NachtragShauShalteS als Rein Überschuß der ReichSvost eine Summe von mindestens 25 Millionen Mark einzusetzen.' Reichzpräsideul van hindenbnrg wird in der ersten Hälfte deS August. vorauSsichilich am 12., der bayerischen Regierung seinen rMellea Besuch als Reichspräsident abstatten.

Vorort Dresden. Man fährt mit dem Flugzeug von Berlin nach Dresden in m Stunde. Das ist ungefähr so lange wie wenn man vom Bahnhof Zoo mit dem Vorortzug nach Erkner kriecht. Die praktische Möglichkeit, daß ein in Dresden wohnender Kaufmann, der in Berlin sein Geschäft hat, jeden Morgen mit eigenem Flugzeug nach Berlin fährt und am frühen Nachmittag zurück, ist also gegeben. Ganz abgesehen von dem Umstand daß man dieselbe Fahrt auch schon in 3 Stunden mit der Eisenbahn machen kann. Dresden Vorort von Berlin Die Dresdener werden sich schön dagegen wehren Und mit Recht. Denn noch ist ja ihre Stadt ein voll- kommen eigenes Gebilde. Noch! Aber wie lange noch? Was jtnd 50, 70, 100 Jahre? Immerhin heute ist Dresden etwas ganz Eigenes und etwas höchst Reizvolles, was der Berliner man kann es getrost sagen mit Sammlung und Bescheidenheit betrachten soll. Da ist für den in Dresden Einsahrenden dieser immer wieder aufs neue über- roschend« Blick von der Eisenbahnbrücke über Stadt und Elbe . Und in dieses wahrhaft großartige Städtebild schiebt sich ganz leise ein anderes Element hinein Man wird plötzlich gewahr, daß die Elbe in Dresden nicht wie in Berlin die Spree in trostlose Kaimauern gezwängt wurde, sondern frei zwischen Wiesen dahinströmt. Und auf diesen Dresdener Elbwiesen im Antlitz eines aus der ganzen Welt herbeiströmenden Reisepublikums, breitet sich gemütvoll und blütenschneeweiß Wäsche zum Bleichen aus. Man stelle sich das in Berlin angesichts des Schlofies oder des Reichstagsgebäudes an der Spree vor. Aber es ist diese Naturnähe, die einen in Dresden immer wieder, auch bei den Menschen, erfreut. Daß die sächsischen Menschengemietlich' sind, ist gar keine Sage und gar keine Frage. Man mache selber die Probe. Man kommt mit ihnen aus. Und der Berliner , der sich aufregt, wird höchst erstaunt angesehen. Dresdener Schupo zum Beispiel gibt sich anders als die Berliner . Bei dem Dresdener, der übrigens nicht die ekelhafteDunstkiepe' trägt, hat man immer das Gefühl. daß er sagt: Ich b i n ruhig, während der Berliner oft etwas Ge- zwungenes. Krampfhaftes und Ueberdiszipliniertes hat: ich muß ruhig sein!(Der Berliner Verkehr ist nun auch nicht mit dem Dresdener zu vergleichen: er zerfrißt die Nerven der Beamten schneller als dort.) Da steht mitten im Verkehr in Dresden ein ziemlich junger Schutzpolizist, die Arme ausgestreckt wie ein Weg- weiser. iMt der einen Hand winkt er ununterbrochen die Fahrzeuge heran, mit der andern riegelt er den Verkehr ab. Die Handbewe- gungen sind von einer gewifieen lässigen Eleganz. Kein wildes Schlenkern und Schleudern von Arm und Hand, wie man es oft in Berlin sehen kann. Alles klappt vorzüglich. Alles regelt sich ruhig. Chauffeure und Schutzpolizist scheinen sich zu verstehen. Mancher Chauffeur lächelt. Der Schupo lächelt wieder. Mancher Chauffeur nickt. Der Schupo nickt wieder. Man ist gemütlich. Man ist in Sachsen , man ist in Dresden . Wann steht man in Berlin daß sich Chauffeur und Schupo anlächeln? Einen ganz neuen Typus von Autobus hat Dresden . Es sind langgestreckte niedrige Wagen, die wie ins autobussige übersetzte D-Zug-Wagen aussehen. Sie sind dreiachsig, fahren und rasen nicht, sondern huschen gewandt eilig und vollkommen geräuschlos durch die Straßen. Sie sehen gut aus, diese Autobufie in Dresden . Und ihre Art zu fahren paßt ganz zu dem Charakter der Stadt und ihrer Bewohner. Der Dresdener zeigt in der Arbeit eine nerven- beherrschte selbstsichere Beweglichkeit und in der Ruhe Witz, Fröh- lichtest und genießerische Behaglichkeit.

Much der Amerikaner im verkehr. Der amerikanische Probeautobus steht fest Tagen auf der Autobuslinie 5(Stettiner Bahnhof Steglitz ) im Verkehr. Auch dieser Autobus wird wie der Londoner Wagen vom P u b l i- tum auffallend bevorzugt. Wenn auch noch Stimmen laut werden, daß der Londoner Wagen insbesondere auf dem überdachten Deck zu eng gebaut fit, so kommt dieser Einwand bei dem omerika- nischen Probcautobus ganz in Fortfall. Die Deckplätze werden durch die befiere Anordnung der Sitzplätze eine doppelseitige Längs- bank in der Mitte und zwei Quersitzreihen vorn über dem Führer- sitz geben sehr bequeme Sitzgelegenheit von den Fahrgästen gern aufgesucht. Allein der Umstand, daß die Schaffner der beiden Probe- outos täglich durchschnsttlich etwa 100 M. mehr abrechnen, zeugt von der großen Inanspruchnahme seitens des Publikums, lieber die Gründe, aus denen dieAboag' neuerdings zwei Lon- d o n e r und zwei amerikanische Wegen aus New Dork und Chicago in den Verkehr bringt, sind teilweise recht wider- sprechende Mitteilungen in die Oeffentlichkeit gelangt. Von gut unter- richteter Seite wird uns dazu folgendes mitgeteilt: Die Gründe für den Versuchsbetrieb sind m erster Linie rein technischer Natur. Die im Ausland gekauften Wagen sind in vielen Teilen der maschinentechnischen Anlage grund- ftitzlich anders konstruiert wie die üblichen deutschen Wagen. Durch den Versuchsbetrieb soll festgestellt werden, ob diese Konstruktionen sich bester bewähren als die eine oder andere von den üblichen deutschen . Was die Karosserien anbelangt, so ist die vielbesprochene Londoner Karosserie mit überdachtem Oberdeck nicht ohne weiteres alsVorbild" zu betrachten. Die Verwendung derartiger Karosserien ist in allen Ländern erst neuerdings möglich geworden, seitdem man für Omnibusse sogenannte Niederfahrgestelle baut, deren Rahmen zirka 3050 Zentimeter tiefer liegen als bisher. Die Bauweise ist also auch für London neu und dort gleichfalls, jedoch in 10 Ver- suchsaussührungen. in Betrieb. DieAboag' hat eine ähnliche Karosserie in eigenen Werkstätten auf ein Chicagoer Fahrgestell bauen lassen und wird weitere aus einigen der neuen 200 Fahr- a«stelle in den nächsten Monaten in Verkehr bringen. Diese Anordnung soll zunächst im kommenden Winter erprobt werden. Die vier ausländischen Wagen sind sänstlich mit Vollgummi bereist. Die Versuche mtt Lustreisen werden trotz alledem immer wieder genau geprüft._ Die Verfassungsfeier in Berlin . Die BnnbeSleitnng de« Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold hat die BerfofiungSfeier in Berlin , zu der auch zahlreiche Ver- treter österreichischer Republikaner erscheinen werden, zur BundeSfeier erklärt. Die Ansprache auf der großen Wiese in Treptow wird der Bundesvorsitzende, Oberpräsident Hör- sing, halten. DaS Originalabzeichen für die Teilnehmer der Verfassungsfeier ist soeben fertiggestellt worden. ES besteht in einer bronzierten Metallpiakette, die den Reichsadler und die Kehrseite BerfassungSfeier Berlin 1925 trägt. Das Abzeichen wird an schwarzrotgoldenem Band getragen. Ferner hat der Waren- vertrieb der Republikaner, Berlin SB. 15, Pfalzburger Sir. 8, eine entspreöbcnde Stock- und Fahncnplalette für die VcrfafiungSfeier hergestellt._ Reifende Tittlichkeitsverbrecher. Verbrecherische Individuen ganz besonderer Sorte sind der 32jährige Kaufmann.Kellerhof und seine Geliebte, die 38jährige Katharine Werres, die wegen Sittlichteitsvergehens skrupellosester Art von den Kriminolbehörden gesucht werden. In einem eleganten Stöwerauto durchfährt dos gemeingefährliche Paar dos ganze Reichsgebiet. Die Werres lockte junoe Mädchen an sich, indem sie Köchinnen, Hausmädchen oder Erzieherinnen sucht. Roch vollzogenem Engagement steigt dos Paar mit seinem Opfer in irgendeinem Hotel ab. betäubt dos gejagte Mädchen und oer- zeroaltigt es aus nicht wiederzugebende Weise. Ist das Risiko, die

Untat in der Stadt des Fanges vorzunehmen, zu erheblich, so fährt man mit dem Mädchen in eine andere Stadt. Man vermutet stark, daß diese Vampire auch einen großzügigen Mädchenhandel betreiben. Die Zeittralstelle zur Bekämpfung des Mädchenhandels beschäftigt sich ebenfalls mtt dem Fall. Anzeigen sind aus Frankfurt a. M., Jülich , Köln sowie einer Anzahl anderer Orte eingelaufen.

Söje Zungen. Verleitung zum Meineid. Welche schlimmen Folgen ein allzu lockeres Mundwerk haben kann, mutzte wieder einmal eine Frau erfahren, die sich vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte wegen Anstiftung zum Meineide in mehreren Fällen zu verantworten hotte. Es war eine Verhandlung, deren oft drastische Art den trüben Ausgang für die Angeklagte nicht voraussehen ließ.' Frau G. versteht bestimmt keine Sympathien für sich zu erwecken. Ihr Varleben ist nicht einwandfrei. Oft hat sie aus der Anklagebank gesessen und dort geschimpft und gekeift. Mit Ge- fängnis mußte sie schon manche ihrer Taten büßen, einmal sogar mtt Zuchthaus. Aber auch t�e Zeugin, eine Frau K., steht der Angeklagten in keiner Beziehung nach. Beide haben einmal bester zueinander gestanden. Wer sie aber jetzt gegeneinanderlos- gehen' hörte, der kann sich ein Bild van tiefem Haß und bitterster Feindschaft machen. Und wenn Frau K., vom Vorsitzenden auf die Bedeutung des Eides aufmerksam gemacht, sich als' eine streng anGott gla übende Frau hinstellt, dann denkt man sich darüber sein Teil. Frau G. soll die Zeugin wiederholt aufgefordert haben, falsche eidliche Aussagen zu machen. Mit dem Ehemann der Angeklagten soll sie auf dessen Verlangen Ehebruch getrieben haben, um dann bei der Scheidung als Zeugin auftreten zu können. Frau K. bestreitet dies auf dos entschiedenste, auch hierzu sei sie von der G. aufgefordert worden. So steht Aussage gegen Aussage. Eine Beschimpfung folgt der anderen! So wenig Verständnis man für die Handlungsweise der Angeklagten aufbringen kann, wenig kann man sich aber dainit abfinden, daß diese Zeugenaussage einen Menschen ins Zuchthaus bringen soll. Erst als noch ein anderer Zeuge unter seinem Eide behauptet, ebenfalls von Frau G. wiederholt zu falschen Aussagen vor Gericht verleitet worden zu sein, scheint das Schicksal der Angeklagten besiegelt. Noch einmal wehrt sie sich mit Händen und Füßen dagegen und bittet um Ladung weiterer wichtiger Entlastungszeugen. Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück. Das Urteil läßt länge auf sich warten, und dann... darf Frau G. nicht mehr nach Haufe gehen... In drei Fällen gilt sie der Verleitung zum Meineid für überführt, das Urteil lautet auf 1 Jahr und 6 Monate Zuchthaus!_

Die Ladeufleischer gegen das Zollkompromih. In den Kammersälen, in der Teltower Straße, veranstaltete der Interessenverband der L a d c»s l e i s ch e r Groß- Berlins eine Protestkundgebung gegen das Zoll- kompromiß und gegen die Kontingentierung des Gefrierfleisches. In durchaus ruhiger und sachlicher Art führten die Referenten aus, daß durch die Hochschutzzölle sich das Fleisch derart verteuern würde, daß die wenig st en Familien überhaupt noch in der Lage sein würden. Fleisch zu essen. Die Teuerung sei seit April katastrophal fortgeschritten, der Preis für Schweinefleisch hätte sich um 36 M. und für Rindfleisch um 12 M. pro Doppelzentner erhöht. hinzu käme jetzt nach der neuen Zolloorlage ein Zuschlag von 7 resp. 12 M. DieZollvorlage.die nur ein Schutz der Landwirtschaft bedeute, sei durch das Steigen der Viehpreise unötig geworden. Da der Fleischzoll die Lebenshaltung stärker beeinflusse als der Brotzoll, könne man noch Inkrafttreten der neuen Zoll- sijtze bestimmt mit einer Verdoppelung des Teuerungs. index rechnen. Mit Entschiedenheit, an Hand von Statistiken. wiesen die Reserenten nach, daß nicht der Fleischer, au der Ver- teuerung des Fleisches schuld sei, sondern der Landwirtdpx.die Preise für lebend Bich gegenüber der Vorkriegszeit umllOProz. gesteigert höbe. Am schlimmsten sei aber der Zoll auf Gefrier- fletsch, der den Import überhaupt unmöglich mache. Zollfrei solle nur das Kontigent fein, das bereits früher eingeführt worden fei. 5lier sei der Zollkompromiß voll Fußangeln. Das Gefrierfleisch solle wieder durch die Kommune an Rtinderbemittelte zur Ver- teilung kommen. Damit wäre der Grund zu einer neuen Zwangs- Wirtschaft gelogt, und wo läge denn überhaupt die Grenze des Minderbemittel'tseius. Der neue Zolltarif sehe eine Erhöhung des Preises für Gefrierfleisch um 45 M. pro Doppel- zcntner vor, damit sei jeder Import unterbunden. Die Versammlung nahm eine Entschließung an, in der sie zum Ausdruck brachte, daß die neuen Fleifchzölle nicht nur dem Fleischergewerbe ungeahnten Schaden brächten, sondern auch das deutsche Volk in neue Ver, clcndung führen würden._ Christliche Weltkonferenz in Stockholm . Dom 19. bis 30. August soll in Stockholm eine W e l t k o n f e- renz derchri st lichen Kirchen stattfinden. Der Träger dieser Idee ist der vom schwedischen Erzbischof Soederblom geleitete Weltbund für praktisches Christentum. Der cvan- gelischen Pressestelle gab diese künftige Konserenz den Anlaß, zu den instruktiven Vorträgen der Herren Konsistorialrat Scholz und Pro- fefior Deißmann einzuladen. Bemerkenswert ist der Versuch, alle Konfessionen und Sekten der protestantischen Kirche in grundlegen- den ethischen Fragen zusammenzufassen und das Bestreben, sich eine Internationale zu schaffen. Auch die g r i e- chisch-katholische Kirche wird ihre Vertreter senden, was mit auf ihren fast nollständigen Zusammenbruch in Kleinasien zu- rückzusübren sein soll. Die römisch-katholische Kirche wird nur Beobachter senden. Auf der Könscrenz in Stockholm soll die Siel- lung der Kirche zu sechs Hauptthsmen behandelt werden, von denen besonders die Frage �Industrie und Volkswirtschast' (die anglikanische Formel: Industrie und Eigentum!),Die soziale und moralische Frage' undDie internationalen Beziehungen der Völker' Interesse haben. Die einsichtigen Kräfte im deutschen pro- testantischen Lager drängen nach Aktivisicrung und interna tio- nalem Zusammenschluß, nach einem Tatchristentum. weil sie darin den einzigen Ausweg sehen, der Lauheit und Interesse- losigkeit ihrer einzelnen' Glieder�zu begegnen. Daß auf dem Kon- greß auch englische Arbeiterführer wie Ramsoy Macdonald und James Brow n über internationale und soziale Fragen sprechen werden, erklärt sich aus der orthodoxen Einstellung mancher englischen Arbeiterführer. Wie weit der Kongreß zu einer Attivi- sierung der verschiedenen und insbesondere der deutschen Kirchen führen, wie weit er klar und eindeutig zu den sozialen Fragen Siel- lung nehmen wird, das sind Fragen, die eines tieferen Interesses nicht entbehren.____ Roch zwei Todesopfer des Sonntags. Die Zahl der gemeldeten Opfer, die durch Ertrinken den Tod in den Fluten fanden,' hat sich auf 1 0 e r h ö h t. I m W a n d l i ß s e e erlrank ein etwa 20iähriger junger Mann, dessen Leiche noch nicht geborgen werden konnte, sowie ein 4jähriger Knabe, der in eine Untiefe geriet. Em weiterer Ertrunkener, der rechtzeitig geborgen wurde, konnte nach sttmdenlangem Bemühen ins Leben zurückgerufen werden. Die eingetretene Abkühlung wird hoffentlich dafür sorgen. daß diese Todesrekordzahlen nicht noch überstiegen werden.

75 Zahre wurde am 27. Juli der Genosse Otto Popp, Reinickendotf- Ost, Sommerstraße 52. Seit 40 Jahren ist dieser Arbeiterveteran Parteimitglied. Viele Genossen werden ihn kennen, da er seit Jahren am Bahnhof Scbön- holz mir demPorwänS' handelt, um zu seiner spärlichen Rente noch etwas zu zuverdienen. Wir gratulieren unserm alten Genossen.