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empört gegen die Regierung. Trst unier diesem Druck bequemte sich der Staatssekretär P o p i tz, die Er- süllung des sozialdemokratischen Verlangens für die dritte Lesung zu versprechen. Es ist also eine elende Lüge, wenn die Rechispresse behauptet, daß die Sozialdemokratie die Steuergcsstze nur unter parteipolitischen Gesichtspunkten an» sehe und nicht unter sachlichen. Das ist gerade der Fall bei dem Rcchtsblock. Er sucht jetzt wahr zu machen, was Stresemann und Luther   als Ziel dieser Regierung angekündigt haben: eine Wirtschafts- gesetzgebung gegen die Sozialdemokratie und gegen die Arbeiterklasse. Diese Absicht ist jetzt im vollen Zuge. Man sieht sich kurz vor dem Ziel und ist erbost darüber,'daß man die Ernte nicht so schnell in die Scheuern bringen kann, wie es das Ferien- und Ruhe- bediirfnis der bürgerlichen Abgeordneten wünscht. Der Herren mögen es sich gesagt sein lassen: die sozial- demokratischen Abgeordneten haben dieses Ruhe- und Fericnbedürfnis nicht. Sie wollen, daß die großen Emscheidungen in der Steuer-, Zoll- und Wirtschaftspolitik mit Ruhe und Sachlichkeit getroffen werden. Das sind sie nicht mir ihren Wählern, sondern auch dem deutschen  Volke schuldig, dessen Interesse jetzt zugunsten einer kleinen Schicht von Besitzenden preisgegeben werden soll.
Ein Eewaltftreich! Auffällige Drohungen der Rechtspresse. DieD e u t s ch e T a g e s z e i t u n g' und derL o k a l- Anzeiger" kündigen an, die Reichsregierung werde, wenn die Zollvorlage nicht vor der Vertagung des Reichstags erledigt werde,die notwendigen Gesetzentwürfe durch anderweitige Maßnahmen verwirklichen". Da- nach scheint man in den Reihen der Regierung und der ihr ergebenen Parteien nicht allzu viel Vertrauen auf den Appell an das Pflichtbewußtsein der deutschnationalen Reichstegsabgeordneten zu setzen. Man dreht den Revolver um und richtet ihn zur Abwechslung einmal auf die Oppo- sition. Die Frage bleibt nur, was die Hintermänner der auf- fälligen Rotiz unter denanderweitigen Maßnahmen" ver- stehen. Spielt man etwa mit dem Gedanken eines neuen Ermächtigungsgesetzes oder einer A e n d e- rung der Geschäftsordnung, die es ermöglichen würde, die Zollvorlage in einem Ramsch zu erledigen? Der- artige Gewaltmaßnahmen in einer so einschneidenden Frage und in einer Zeit, die ein derartiges Vorgehen in keiner Weise rechtfertigt, würden zwar den deutschnationalen Junkern durchaus ähnlich sehen, aber zu ihrer Verwirk- lichung ist das Einverständnis des Zentrums nötig. Das wissen die Inspiratoren der Gewaltgedanken nur zu genau, und deshalb richtet dieDeutsche Tages- z e i t u n g" einen Aufruf an das Zentrum, in dem es heißt: Koalitionen haben erst dann den Beweis ihrer Tragfähig- keit erbracht, wenn sie auf ein« Summe beachtlicher Leistungen .zurückblicken können. Die gemeinsame Arbeit und die gemeinsam« Verantwortung führt die Parteien wie die einzelnen näher zu- einander und bildet ein immer fester werdendes Band, von dem wir ja aus der ncudeusschen Geschichte wissen, wie halt- !>ar e» unter llmständem sein tan«. Wenn also der will« zum Jorf- besiand der gegenwärtigen Soalition im Reiche vorhanden ist »nd das scheint uns so zu sein. dann erfordert auch dieser wieder als togische Konsequenz: Dnrchbiegent-; Der Sinn des Appells ist eindeutig. Nachdem das Zentrum den Brotwuchsrplänsn der Ostelbier seine Zustim- mung gegeben hat, verlangen die Landbündler von ihm auch noch, daß es seine Unterschrift zu einer Vergewalti- gung der Verbraucherparteien gibt, da die Herren Großagrarier zu bequem sind, den Kampf um ihren Brotwucher persönlich durchzufechten. In dem einen Punkt muß man den Spekulanten auf die Beflissenheit anderer
edenfalls recht geben: weist das Zentrum das tolle An- innen nicht entschieden zurück, dann verkauft es sich damit rettungslos der agrarisch-schwerindustriellen Reaktion und die Zentrumsarbeiter hätten das Nachsehen.
Hochbetrieb im Zollausschuß. Lcbensmittclzölle und Ermächtigung in erster Lesung durchgepeitscht. Im weiteren Verlauf der gestrigen Zollausschußsitzung legte Genossin Schroeder dar, daß sich die Wirkungen des lückenlosen Zolltarifs geradezu verbrecherisch auswirken. Die Regierung erklärte u. a. in ihrer.Begründung'. die Wiedereinführung von Zöllen sei erforderlich auch im Interesse der zahlreichen Arbeiterschaft. Man schiebt also zur Abwechselung einmal soziale Gründe vor. Dabei beträgt die E i n s u h r in den Monaten Januar bis Mai 1S2S ganze ZZSS Doppelzentner, die Ausfuhr dagegen 45888 Doppelzentner. Zölle avf die Margarine bedeute bei der ganzen Konstellation in dieser Industrie eine Prämie für das ansläadlsche Kapital. Der Einfluß des ausländischen Kapitals ist so groß, daß es öS Proz. der gesamten deutschen   Produktion kontrolliert. Zölle auf Käse dürfen selbstverständlich nicht fehlen. Auch hier kommt deutlich der agrarische Pferdefuß zum Vorschein. Dabei wird durch die Zölle auf diese Produkte die Lebenshaltung der minderbe- mittelten Bevölkerung außerordentlich beinflußt. Die arbeitenden Kreise sind gezwungen, daß minderwertigere Produtt zu kaufen, weil es billiger ist. Sie würden gerne für sich und ihre Kinder die Qualitätsware nehmen, müssen aber aus materiellen Gründen darauf verzichten. Und nun wird diesen Armen die Konsumtion durch die Zölle erschwert, ja fast völlig unmöglich ge- macht. Volkswirtschaftliche und bevölkerungspolitisch« Gründe ver- langten, daß namentlich in diesem Falle das Gruppeninteress« der Margarineindustrie zurücktreten müsse hinter die sozialen Forde- rungen der großen Masse unseres Volkes. Gen. Peine   fragte erneut den Minister, da die tags zuvor erteilte Antwort sehr ungenügend war, wie er sich die praktisch« Durchführung der von den Zollparteien beantragten Regelung bei der Verteilung der tonkingeaklerlen Gefrierfleisch- mengen denk«. Praktisch laufe der Antrag auf eine Täuschung hinaus: er maskiert die schwarz« Absicht, im vermeintlichen Interesse der Landwirtschast die Einfuhr von Gefrierfleisch absolut zu unterbinden. Wenn es der Regierung ernst sei, daß Gefrierfleisch hereinkomme, dann müsse sie sich freimachen von den angestrebten Bindungen und sich namentlich der Genossen- s ch o f t e n und ihrer Zentraleinrichtungen zur Verteilung bedienen. Der Minister ließ darauf erklären, daß die Regierung auf die Mitwirkung der Genossenschaften den größten Wert lege. Sehr entschieden wendete sich auch der demokratische Abgeordnet« Ziegler gegen die Zölle auf die genannten Produkte. Vor allen Dingen wäre notwendig gewesen, nicht nur die Interessierten Wirtschaftskreise zu hören, sondern auch Ae r z t e und sonstig« Kenner der Gesundheitsverhältnisse, um die ver- heerende Wirkung einer erneuten Erhöhung der Lebensmittelpreise zu prüfen. Als Verteidiger der Magari".ezölle erhob sich darauf ein Ze n t r u m s m a n n und zwar der Direktor der christlichen Genossenschaften, Herr Schlack aus Duisburg  . Er verneinte die schlimme Wirkung der Margarinezölle vor allen Dingen auch damit, daß 60 Proz. der Rohprodukte zollfrei beiden sollten. Darüber hinaus seien aber Zölle, um die ausländische Konkurrenz fernzuhalten, eine unbedingte Notwendigkeit. Herr Schlack war lS22 einer der entschiedensten Kämpfer gegen die dowaligeZollvorlage. Erhatsichjetzt zumSchutz- Zöllner entwickelt. Wie seine christlichen Genossenschasts- Mitglieder sich dazu stellen werden, sst eine Frage, die hier nicht zu beantworten sst. Ihm entgegnete kurz aber treffend der Gen. Rowack, der gerode auf Grund der von Schlack angeführten Tatsachen in der Lage war, nachzuweisen, daß der angeblich« Schutz«ine sehr über» f l ü s s i g e S a ch e ist und daß im übrigen der soziale Schaden nicht abgeleugnet werden könne. Den Rest der Positionen bilden Getränk« verschiedener Art. Dabei verlangte Gen. Sollmaan Zollfreiheit auf Mineral­
wasser, umsomehr, als sich die ln Frage« kommenden Wlrlschasts- kreise selbst dafür ausgesprochen haben. Die Regierung sprach sich im Prinzip ebenfalls dafür au», bei den Sätzen handle es sich nur um Berhandlungszölle. Es folgten Abstimmungen. Der Ankrag der Sozialdemokraten auf veseitiguug der Mindest- zölle für Fleisch wurde von dem geschlosienea Zollblock abgelehnt. Ebenso die übrigen Anträge, die zum großen Teil Zollsreiheit verlaogtca für Margarine, Felle aller Art. Eier, Geflügel usw. Angenommen wurden mit der üblichen Mehrheit die Sätze der Regierung, oder die Ant.äge der Komromißpartcien. Dann trat der Ausschuß in die Beratung des Gesetzes selber ein. Ueber die Paragraphen, die das E i n f u h r j ch e i n s y st« m wieder einführen wollen, entspann sich«in« längere Debatte. Die Genossen henke und Hilserding begründeten einen sozialdemo- kratischen Eventualantrag, der vorsieht, daß bei einem Beschluß entsprechend der Regierungsvorlage die Einsuhrscheine für Roggen, Weizen und Spelz.auch nur ausschließlich bei diesen Getreidearten verwendet werden dürfen. Ein Zentrumsredner erklärte sich im Namen der Reglerungs- Parteien mit dem Vorschlag einverstanden, dennoch wurde der sozialdmokcakische Antrag niedergestimml. Die Regierung wurde beaustragt, wegen dieser Frage noch einmal mit den Parteien zu verhandeln. Das Resultat ist sehr zweifelhast. Eine lebendige Debatte entspann sich bei den Anträgen des Z o l l b l o ck s, die für die Regternag eine gewisse Ermächtigung verlangen. Gen. Vreitscheld wandte sich mit aller Entschiedenheit gegen einen so gestalteten Verfassungsbruch. Er berief sich dabei auf ein Gutachten des Iuristentages aus dem Jahre 1S2I. Es nützte nichts. Auch nicht der Hinweis auf die Konsequenzen, die sich aus einem derartigen Verfahren ergeben müßten. Der Volksparteiler von Raumer bestritt die verfassungsändernde Tendenz. Nach seiner Ueberzeuqung handelt es sich nur um eine ganz harmlose Angelegenheit. Ihm assistierte Ernährungsminister v. kauitz, der dann auch dos niedliche Geständnis machte, daß dieser Weg auch den Zweck verfolge, etwaige innerpolitische Konflikte möglichst zu vermeiden. Dann trat der Abstimmungsautomat in Tätigkeit. Die Ermächtigung wurde beschlossen, und das Gesrlerflelsch- konlingenl mit der Wohlfahrlsklausel gutgeheißen. Dabei entspann sich noch einmal eine erregte Zwiesprache, als die Genossin Sender das heuchlerische Spiel von Regierung und Blockparteien kennzeichnete. Dem Zentrum war sichtlich wenig wohl. Am Donnerstag beginnt die zweite Lesung der Vor» läge. Dabei wird man sich jedoch auf eine Behandlung der Be­schlüsse in der ersten Lesung beschränken.
die überflüPge Tabakfteuererhöhung. Toppeltes Recht bei der Steuereintreibung. Aus Kreisen der Zigarettenindustrie wird un» geschrieben: Während die Zollämter auf höhere Anordnung die endgültig« Auslösung tabaksteuerrückständiger Mittel- und Kleinbetriebe der Zigarettenindustrie betreiben, wird aus zuverlässiger Quelle bekannt. daß der I a s m a tz i- Reemtsma-Konzern vom Reichssinanzministe- rium ein Tobak st euermoratorium ohne Sicherheit bis zunächst zum 31. Dezember d. I. bewilligt bekommen hat. Es ist vollkommen unverständlich, wie unter solchen Verhältnissen die Vertreter des Reichsfinanzministeriums in den Verhandlungen über die geplante Erhöhung der Tabaksteuer für Zigaretten ständig per- sichern tonnten, die Klagen über die Notlage der Zigarettenindustri« seien übertrieben. Bollend» unbegreiflich aber ist es, daß durch derartige Maßnahmen zweierlei Recht geschaffen wird. Di« Bemühungen der bedrohten Mittel- und Kleinbetriebe, die ja heute längst für verhältnismäßig gering« Steuerschulden beim Fiskus von diesem gepfändet sind, können nicht die geringste Stundung erlangen: Gloßbetrieb«, die durch Privatschul djen schwer belastet sind, erhalten sicherheitslos ein derartiges Moratorium. Wenn die ge- plante Tabak st euererhöhung nicht': noch ln letzter Stund« zur Ablehnung kommt, wird freilich einer solche Umwälzung der Zigarettenpreise Platz greifen, daß auch diese einseitige Bevorzugung den Zusammenbruch der noch oerbleibenden Fabriken schwer- lich aufhalten wird.
Werkarbeit für Schule unö Leben Glossen zur pädagogischen Woche ln Nürnberg  . Wer den Feind bekämpfen will, muß ihn im eigenen Lager auf- suchen. Die sozialistischen   Pädagogen erweisen unserer Sache keinen Dienst, wenn sie die Kongresse der bürgerlichen Schulreformer nicht besuchen oder nur als passive Zuschauer sich an ihnen beteiligen. Die Tagung.Wertarbeit für Schule und Leben", die vor kurzem die Anhänger der sogenannten Arbeitsschule in Nürnberg   vereinte, wäre sicher lebendiger und reicher an Erkenntnissen gewesen, wenn die marxistisch geschulten Pädagogen ihre Anschauung und Einwände kräftiger zur Geltung gebracht hätten. Nichts wäre ja eigentlich natürlicher, als daß eine pädagogische Tagung, die der Bedeutung der Handarbeit für die Erziehung gerecht werden will, mutig und entschlossen die Arbeit als Erziehung»- und Kultur- Problem in den Mittelpunkt aller Erörterungen stellte. Arbeit, wohlgemertt nicht in dem Sinne bürgerlicher Ueberlieferung, die immer eine reinliche Scheidung zwischen geistiger, d. h. nutzloser, und körperlicher, d. h. Profit- und Lohnarbeit, gezogen hat. Wer nicht mit verbundenen Augen durchs Leben geht, muß merken, daß die sorgsam aufgerichteten Scheidewände zwischen Schule und Leben schon längst zusammengestürzt sind und der Geist des Maschinenzeitalters über- all herrisch seine Rechte fordert. Am stärksten wirkt er aus Lehr- gang und Methode jener Schulgattungen ein, die der Vorbereitung für Beruf und Lohnarbeit besondere Aufmerksamkeit widmen. In der Tat hat ja auch die Entwicklung der modernen Berufsschulen die bürgerliche Pädagogik erst auf den Gedanken gebracht, daß man mit den alten Mitteln der veränderten Situation nicht gerecht werden könne. Man konnte sich.der Tatsache nicht oerschließen, daß der Jugendliche im Beruf ein anderes Erziehungssubjekt darstellt als der Volks- und Mittelschüler." sGewerbeschulrat Dozier, München  .) Kerchensteiner. der Sohn des Maschinenzeitalters, hielt der kleinbürgerlichen Ideologie getreu das Handwerk für die Grundlage aller produktiven Arbeit und suchte das Erziehungssystem des völlig überlebten Handwerkertums mit einem großen Aufgebot von Materialien und Lehrkräften wieder künstlich zu beleben. Diese Versuche sind, wie man ohne Uebertreibung behaupten kann, durch. aus mißlungen. Was aber tun die Erzieher und Schulmänner? Die berufenen Verkünder der neuen Ideen und des neuen Erziehungsgeistes? Wenn Nion den Versicherungen eines ihrer Wortführer, des Stadtschul. rates Konrad Weiß(Nürnberg  ), Glauben schenken darf, dann hat sich ja gerade eine Gruppe selbstbewußter Philosophen und Kukturerzieher die hohe Aufgabe gesetzt,.durch den neuen Seist in Schule und Erziehung eine neue Kultur zu schassen." Und selbst der Demokrat Weiß, der vorsichtig genug ist, um nicht gleich eine neu« Kultur schassen zu wollen, wie» der Arbeitsschule in seiner Eröffnungsrede noch recht respektable Aufgaben zu. Sie solle die Arbeit.wieder mit Geist und Freude, also mit wertvollstem Leben». Inhalt erfüllen, solle Arbeitswillen mit Menschlichkeit verbinden und nicht nur eine äußerliche, sondern eine gesinnungsmäßigc Volks- gcniejnschoit begründen." Man mag über die Möglichkeit, solch: schönen Ziele durch eine kapitalistisch organisiert? Klassenschule zu erreichen, denken nie man will. Dt« Ausgab« lohnte, und war«
de» Schweißes der Edlen wert. Aber vorgeblich suchten wir vier Tage lang auf diesem Kongreß nach Männern, die sich bereit er- klärten, diese edlen Vorsätze in die Tat umzusetzen. Was man hörte, waren stundenlange Belehrungen über den Wert der Handarbeit in den einzelnen Unterrichtsfächern. Man schätzte die Handarbeit in der Schule,.wenn bei ihrer Ausführung auf Sauberkeit, Ordnung, Geduld und Ausdauer gedrungen wird."(Bezirksschulrat W o l f i n g e r, Nürnberg  .) Ein Erziehungsziel, das auch der strammste preußische Leutnant gutheißen kann. Hatten schon die Volksschullchrer und ihre Kollegen von der höheren Schule die neuen Unterrichts- und Erziehungsziele streng innerhalb der Grenzen des Erlaubten und Ueberlieferten gehalten. so konnte man es den Anhängern der bürgerlichen Berufsschule gar nicht übel nehmen, wenn auch sie den Geist des Herkommens zu wahren suchten..Der Werkstattunterricht in der Berufsfort- bildungsschule soll die Meisterlehre ergänzen, verbessern und vertiefen."(Gewerbeschulrat Dozier, München  .) Die alle Formel Kcrchensteiners im neuen Gewände! Kann man noch bescheidener in seinen Forderungen, respektvoller in der Anerkennung des klein- bürgerlichen Ideals sein? Und doch erkläte derselbe Redner einige Augenblicke später:..Berufsertüchtigung gilt der modernen Fort- bildungsschule als Mittel zum Zweck der Menfchenbildung" Es wäre oergeben« Liebesmüh, den Herren beweisen zu wollen, daß sie sich in einem Labyrinth von Trugschlüssen hoffnungslos verirrt haben. Zur Orientierung für den Leser sei festgestellt: Werkarbeit in der Form der handwerklichen Unterweisung wird niemals all g-e meine Bildung vermitteln können. All- gemeine Bildung ist nicht die Folge, sondern die Voraussetzung der speziellen Handwerksausbildung. Nach solch' salbungsvoller Predigt empfand man die rücksichts- lose Offenheit des Betriebsdirektars H a n n e r, von den München- Augsburger Maschinenfabriken, beinahe als erfrischende Aufrichtig. keit. Der Herr will nichts von derMenschenbildung" wissen. Die Industrie will in ihren Lehrwerkstätten nur tüchtige Ar- beiter, vor ollem hochwertige Facharbeiter heranzieben. Das bedeutet Derbilligung der Produktion und Ersparnis an Menschen- Material.Produktiv  " in kapitalistischem Sinne sind auch ihre Lehr- Werkstätten organisiert. Sie dürfen keine nutzlosen Ausgaben ver- Ursachen, müssen sich selbst erhalten. Und damit ja in der industriell- technischen Ausbildung der Lebrlinge kein Pfennig vergeudet werde, hat man die Eignungsprüfung eingeführt. Mit allen Mitteln einer raffinierten Psychotechnik werden die ungeigneten. sckwochen oder unsicheren Bewerber ausgeschieden. Und die Masse der un- gelernten Arbeiter? Wer sorgt für ihreMenschenbildung?" Für sie hat die Industrie kein Interesse. Sie sind auch das geheime Grausen unserer Berufsschulpädagogen, die mit ihnen nichts Rechtes anzufangen wissen. Di« Nürnberger   Heerschau der deutschen   Arbeitspädagogen, der von ihren Einberufern die Aufgabe gesetzt war, ein klares Bild von den Leistungen wie von den Zielen der deutschen   Arbeitsschule zu geben, hat eigentlich nur die innere Zerfahrenheit und Planlosigkeit der ganzen Bewegung enthüllt. Sie endete wie fast all? kul- turellen Demonstrationen des modernen Deutschlands   mit einem Fiasko. Unfähig, der pädagogischen Ausgaben wie der sozialen Nöte des Zettalters Herr zu werden, begnügte man sich mit pathetischen Erklärungen und selbstgejälligen Deklamationen. In der Praxis
überläßt man die wahr« Führung den mächtigen Wirtschaftsgruppen. beharrt eigensinnig in den allen Geleisen und entwickelt nur dann Energie, wenn die Industriekapttäne mit dem guten Beispiel voran- gehen. Bezeichnend ist das Beispiel der st ä d t i s ch e n Lehr- Werkstätten Nürnbergs  . Sie sind, wie Stadtrat Weiß, ausdrücklich erklärte,nach dem glänzenden Vorbild der Lehrwerkstätten der Nürnberger großen Privatfirmen" organisiert worden, entbehren aber»m übrigen jeder pädagogischen Führung. Während man demnach in den Fortbildungsschulen Menschenbildung" erstrebt, Arbeitmit wertvollstem Lebensinhalt" zu erfüllen sucht, treibt man in den Industriellen Lehrstätten die- selbe Abrichtung und Profitwirtschaft wie die Privatinduftrie. Soll das etwa die in so hochtönenden Worten gefordertesittliche Der- knüpfung der Jndustricarbeit mit dem ganzen Menschen durch Wiederbeseelung des Erzeugungsprozesses" bedeuten? Dann sind wir um eine Enllöuschung reicher und die Vertrauensvollen warten umsonst auf den Tag der Erlösung. Die deutsche Arbeiterschaft ver- gesse aber nicht, was kürzlich in einem Moment der Aufrichtigkeit ein bürgerlicher Kulturpolitiker in derNeuen Freien Presse" schrieb: In Amerika   dient übrigens die Schule wie uberall der bestehenden Ordnung. Sie ist die Propagandastätte der Machthaber." Dr. Julius Eisenstädter.
EinDeutscher Ltudenleatag". Der Vorstand des Deutschen Studentenbundes, dessen Berliner   Gruppe auch die So- zialdemokratische Studentenvereinigung angehört, sendet un» folgende Erklärung: DerVorstand der Deutschen Studentenschaft  " hat zum 30. Juli eine Tagung studentischer Vertreter nach Berlin   einberufen, die er zu Unrecht als7. Deutschen Studententog" bezeichnet. Ein großer Teil der deutschen   Studenten, vor allem Deutschösterreichs und Deutschböhmens, ist von dieser Tagung ausgeschlossen. Die im Deutschen Studentenbund" zusammengeschlossenen Studentengrup- pen erkennen den derzeitigenVorstand der Deutschen Studenten- schaft", der sein Am: dem Rechts- und Wortbruch seiner Vorgänger verdankt, nicht an. Sie lehnen die Mitarbeit in einer Organisation. wie dem EesamtoerbandDeutsche Ttudentcnschast" ab, da sein Aufbau nach völkischen Prinzipien einen Hohn auf jede grohdeutsche und nationalpolitische Arbell bedeutet. Daher werden die Vertreter desDeutschen Studentenbundes", wie in den Vorjahren, auch diesem sogenannten Studeittentag grundsätzlich fernbleiben. Da der Deutsche Studentenbund" der Ansicht ist, daß die notwendige, ort- liche studentische Selbstverwalwngsarbeit trotz der unvernünftigen Haltung desVorstandes" des Gesamtverbandes gemeinsam von allen Studenten durchgeführt werden muß, werden Angehörige unseres Bundes als Vertreter einzelner Studentenschaften an der Tagung teilnehmen, soweit es im Interesse der Fortführung der örtlichen, sachlichen Arbeit notwendig erscheint. Hierdurch erfährt unser Standpunkt grundsätzlicher Ablehnung des heutigen Dorstan- des und der heutigen Organisationsfonn des Gesamtverbandes Deutsche Studentenschaft  " keine Aenderung. Al» Folge de» Asfevprozeiie» ist in Amerika   eine Ricsernrnchfroge nach evoluliouiittscher yileraiur eingetreten. Die Schriften TarwinS und Huzley« werden«rasscnhajt verlangt und beginnen sogar die Tetekiivroman«»u verdrängen.