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die Bundesgenossen der Deutschnationalen im Zollblod, wir warnen vor allem das Zentrum. Beharren sie auf ihren Durchpeitschungsplänen, so werden sie die schärfste Antwort der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion hervor rufen. Sie befigen die parlamentarische Mehrheit, um alle Bergewaltigungspläne durchzuführen. Sie fönnen, wenn sie wollen, die Opposition mundtot machen. Sie können den Zoll­tarif in wenigen Stunden ohne jede wirkliche sachliche Debatte durchpeitschen. Sie fönnen ihr Ferienbedürfnis über das Recht der parlamentarischen Opposition, über das Recht und die Würde des demokratischen Parlamentes stellen. Aber sie müssen wissen, daß sie dann den Konflikt haben werden.

Die Berantwortung für die schweren wirtschaft. lichen und sozialen Folgen dieser Zollgesezgebung lastet auf ihnen. Sie werden hinzu die Berantwortung für die inner­politischen Folgen tragen müssen, wenn sie die Verabschiedung der Zollvorlage zu einem Aft der Gewalt und der Diktatur geftalten.

Scheinargumente der Zöllner.

Die Auswirkung der Agrarzölle. Angesichts des Schrittes der Gewerkschaften beim Reichs. anzler hat die Deutsche Tageszeitung" die von den Gewerkschaften vorgelegte Berechnung einer Berbraucher belastung von 150 m. angezweifelt und außerdem wieder einmal behauptet, daß sich die Zölle doch nicht auswirken würden. Seltsamerweise berechnet sie im folgenden gleich die Ermäßigung dieser Belastung, die durch die ermäßigten Bollfäge für das erste Jahr eintritt, das heißt aber, daß die Deutsche Tageszeitung" die Berechnung zunächst einmal an­erkennt unter der Voraussetzung, daß sich die Zölle voll aus­wirken würden. So obftur fann zudem eine Berechnung wohl nicht sein, die erstens seit einem Monat mit allen ihren Unterlagen der Deffentlichkeit vorliegt und die zweitens von einem Mitarbeiter der Deutschen Tageszeitung" selbst noch

bearbeitet werden kann.

Was die Frage der Zollauswirkung betrifft, so wollen wir nur darauf verweisen, daß nach allgemeiner Ueberein­ftimmung aller Wissenschaftler sich die Zölle in früheren Jahren voll ausgewirkt haben. Trotzdem dies allgemein be fannt ist, wollen wir noch einige Ausführungen, die Sering, ohne Widerspruch zu finden, im Agrarenquete­ausschuß gemacht hat, hinzufügen.

2lls wir im Jahre 1902 die Getreidezölle stark erhöhten und diese. Erhöhung 1906 in Kraft trat, sind sofort die deutschen   Getreide­

und jedesmal haben die Ergebnisse nach Einführung der Zölle seine Unrichtigkeit erwiesen.

Wir stellen fest, daß die Argumente der Deutschen Tageszeitung", was die Berechnung der Zollbelastung betrifft, unaufrichtig sind und, soweit sie die Frage der Auswirkung der Zölle betreffen, den Ergebnissen sorgfältiger wissenschaft licher Untersuchungen widersprechen.

Holland   gegen die deutschen   Agrarzölle. Gefährdung der internationalen Handelsbeziehungen. Aus Rotterdam   wird der Internationalen Finanz- Ror­refpondenz gemeldet:

In einer Eingabe an die Regierung erhebt die Handels. und Gewerbefammer für Rotterdam heftigen Pro teft gegen die deutschen   Zölle auf landwirtschaftliche Erzeugnisse. Die Rammer weist auf die ungeheuren Mühen und Kosten hin, die in den letzten Jahrzehnten auf die Bervollkommnung der Erzeugung von landwirtschaftlichen Qualitätswaren, besonders in Kulturen unter Glas, verwendet worden sind. Ein großer Teil des Erreichten werde durch die neuen deutschen   Zölle wieder zerstört werden. Eine ge fährliche Krisis in der holländischen landwirt. schaftlichen Exportindustrie sei unausbleiblich. Es handelt sich hier um ein Lebensinteresse für die hollän dische Wirtschaft, deren wichtigster Produktionszweig seines bis­herigen Hinterlandes beraubt werden würde. Die Rammer bemerkt, daß die holländische Regierung bereits Schritte bei der deutschen  Regierung unternommen habe, um das Schlimmste abzuwenden. Die holländische Kaufmannschaft habe aber kein Bertrauen in die deutsche Erklärung, daß der autonome Tarif nur ein Verhandlungs. tarif sei. Die Erfahrungen der letzten Zeit mit anderen Ländern würden dieses Mißtrauen rechtfertigen. Die Richtung der jeßigen deutschen   Handelspolitik, deren Auswirkung Holland   schon feit einiger Zeit in den Seehäfen- Ausnahmetarifen zu spüren habe, laffe erkennen, daß Deutschland   den Wert seiner bis herigen Handelsbeziehungen zu seinen Nachbarländern nicht mehr zu schäßen wisse. Die Kammer fordert die niederländische Regierung auf, die deutsche Regierung zu bewegen, daß sie die bisherige Linie der gegenseitigen Handelspolitik nicht

Derlasse.

Die Stinnes- Liquidation. Lusschlachtung des gesamten Vermögensbesthes? Die Besteuerung der Inflationsgewinne, die das Reichsfinanzministerium niemals durchführen kann, wird von den Privatbanten an dem größten deutschen  Industriekonzern in einer Weise vorgenommen, die an läßt. Das Bermögen des Hauses Stinnes wird von dem Stüßungsfonsortium, das mit Rückendeckung der Reichs bank und der Preußischen Staatsbant arbeitet, regelrecht ausgeschlachtet. Wir berichteten bereits, daß nach zu verläffiger Schäßung sich die Verbindlichkeit des Konzerns auf rund 180 Millionen Mart belaufen. Davon fonnten bisher etwa 40 Millionen als abgedeckt gelten, durch Verkäufe von Aftien und Unternehmungen. Der Bertauf des Attienpalets der Riebed- Monian- Werte an die Badische Anilin- und Soda­fabrik bürfte weitere 13 Millionen eingebracht haben. Der Wert der übrigen Berläufe, die inzwischen erfolgt sind, ist Dorläufig noch nicht genau abzuschätzen.

Abdeckung der Schulden ausreicht, het man fich glüdlich bereit gefunden, eine Senkung dieses Zinssatzes zu erzielen. Ini Hause Stinnes verfolgt man natürlich diese Ausschlachtung mit lebhafter Entrüstung. Damit hatte denn doch keiner gerechnet, daß die Schuldenwirtschaft des Konzerns zufammen mit der Politit der Stügungsbanken nicht nur den ganzen Inflationsraub des alten Hugo aufzehren würde, sondern darüber hinaus sogar die ererbte Vermögenssubstanz angrei fen würde. In der Tat hätte sich der Steuergesetzgeber ähn­liches erlaubt, man hätte von einem Mord an der Wirtschaft gesprochen. Die Privatbanten aber fennen die pein liche Hochachtung vor der Substanz der deutschen   Unter­nehmer nicht, die die Herren Schlieben   und Bopik hegen. In einem Augenblick, in dem das ganze Ausland die Entwicklung der deutschen   Wirtschaft mit größter Spannung verfolgt, ziehen sie dem Schuldner die Schlinge zu, die sie ihm seit längerer Zeit mit einer heute als leichtfertig er­fannten Kreditgewährung gelegt haben.

Nach Informationen, die offenfundig aus dem Hause Stinnes selbst stammen, will man sich das in Mülheim  , dem Stammsiz der Familie, nicht mehr gefallen laffen. Das Haus Stinnes erwägt, ob es nicht einfach sich unter Geschäftsaufsicht begeben oder konturs anmelden foll, um das Manöver zu vereiteln. Die Rheinisch- Westfälische Zeitung", die diese Mit­teilung bringt, meint, daß dann das Stügungstonfor. tium selbst stühungsbedürftig werden würde. Das ist eine deutliche Drohung. Das Vermögen des Hauses Stinnes fonnte noch vor kurzem auf mindestens eine Milliarde Gold­mart geschätzt werden. Jetzt bleibt höchstens dann noch ein leberschuß, wenn man die schon früher im Besiz des Haufes Stinnes befindlichen Steinkohlenzechen und das Mül­heimer Kohlenhandelsgeschäft einrechnet in die Summe, die zur Abdeckung der rund 180 Millionen Marf zur Verfügung stehen. Es scheint auch, daß der aus dem Privatkonzern aus­geschiedene Dr. Edmund Stinnes   aus seinen Erbschafts­ansprüchen etwas hergeben muß, um zur Abdeckung der Schuld­forderungen beizutragen.

Welchen Verlauf die weitere Liquidation noch nehmen wird, läßt sich nach den lleberraschungen, die die Banten in dieser Frage der Deffentlichkeit bereits bereitet haben, über­haupt nicht vorgesehen. Selten hat man ein Finanzmanöver in einem solchen Bertrauen auf die Kritiklosigkeit des Publi­fums aufgezogen wie die Stinnes- Liquidation. Als der Ramsch losging, segte sich der junge Hugo Stinnes   aufs hohe Pferd, tanzelte seinen Bruder ab und stellte die ganze Liqui dation als recht harmlos dar. Auch das Stüßungstonsortium hat jede Aufklärung der Deffentlichkeit über den Umfang der Schulden und über die Bedeutung der Transaktion für die Volkswirtschaft vermiffen lassen. Wie man jezt sieht, geschah war nichts anderes als eine Teilung in den Raub, den der typische deutsche Inflationskonzern während der Geldent­wertung am deutschen   Volfe vollzogen hatte. Binzig und lächerlich nimmt sich gegenüber einer solchen Aktion die große Entrüstung aus, die man aus politischen Gründen über Fälle mie Barmat und Kutister entfacht hatte.

preise nicht bloß um den Mehrbetrag der Zölle in die Höhe ge Gründlichkeit wirklich nichts mehr zu wünschen übrig das aus guten Gründen. Die ganze famose Stüßungsaktion gangen, sondern noch stärker. Man aus einem Vergleich zwischen den deutschen   und den englischen Breifen. Das Ergebnis war, daß die deutschen   Großhandelspreise für Weizen von 1901 bis 1905 bei einem 3oll von 35 M. durch schnittlich um 36 m., von 1907 bis 1909 bei 55 M. Weizenzoll um 60 M. über dem Preise für englischen Weizen in etwa 200 englischen Marktorten standen. Also über die verteuernde Wirkung der 3ölle fann fein Streit fein. Deshalb habe ich nicht den geringsten 3meifel, daß auch jezt die Getreidezölle fich voll auswirken würden und auch eine ähnliche foziale Wirkung äußern müssen wie nach 1906 die damats: geltenden Zölle.or

Nach einem Bericht über das Einfommen der Arbeiter der Carl­

Beiß Stiftung blieb 10 bis 15 Jahre vor dem Kriege der Realfohn Der gutgestellten Zeiß- Arbeiter ftabil, die Rominallöhne murden

zwar erhöht, aber ihre Kauftraft blieb unverändert. In weniger guten Betrieben ergeben fich natürlich ungünstigere Wirkungen."

Damit bestätigte Sering indireft, was unser Genoffe Hilferding   vorher ausgeführt hatte, daß in den Jahren 1910-1914 in Deutschland   der Reallohn fiel und nicht stieg.

Das Argument, daß die Zölle sich nicht voll auswirken würden, ist bisher noch in jeder Zollbebatte gebraucht worden

Brasilien  .

Erfahrungen eines Deutschen  , der drüben war. Jährlich wandern Tausende und aber Tausende nach Brasilien  aus, um sich dort eine neue Existenz zu gründen. Benigen nur gelingt es, Hunderte fehren enttäuscht zurück und Tausende fristen notdürftig ihr Leben in den Hafenstädten ohne jede Mittel, ohne festen Erwerb, den allmählichen Untergang preisgegeben. Denn es ist überaus schwer, in diesem Lande festen Fuß zu fassen und es zu einem wenn auch noch so bescheidenem Wohlstand zu bringen. Die Bereinigten Staaten von Brasilien  , ungefähr jechzehnmal jo groß, wie Deutschland  , haben etwa 30 000 000 Einwohner. Dem Klima nach teilt man das Land in drei Zonen. Der Norden, um den Amazonenstrom, ist seines menschenmörderischen Charakters wegen berüchtigt. Die Europäer, die in dieses Gebiet fommen, fallen meist dem tückischen Tropenfieber zum Opfer, Siedlungen befinden fich daher nur an der Küste um Bahia und Pernambuco   herum. Mittelbrasilien ist dagegen ziemlich dicht bevölfert. Hier be findet sich auch die Bundeshauptstadt Rio de Janeiro  , eine der schönsten Städte der Welt. Der wichtigste Staat Mittelbrasiliens ist Sao Paulo  . Hier werden auf Kaffee-, Baumwoll und anderen Plantagen viele Saisonarbeiter beschäftigt. Das sind jedoch haupt­fächlich Italiener und Portugiesen, welche anspruchsloser als der Mitteleuropäer sind und deshalb billiger arbeiten fönnen.

Im Süden des Landes liegen die Staaten Barana, Santa Katherina und Rio Grande do Sul  . Das Klima fommt dem füd europäischen fast gleich und ist für den deutschen   Auswanderer das gesündeste. Dort wohnen daher auch etwa 400 000 Kolonisten. Die Sprache um Blumenau   und Joinville   ist überwiegend deutsch  , denn das Gebiet ist in der Hauptsache von deutschen   Kolonisten erschlossen worden. Die ersten Ansiedler tamen vor etwa hundert Jahren ins Land und haben hier unter schweren Entbehrungen blühende Sied­lungen erstehen lassen.

Für den neu Eingewanderten bestehen zwei Möglichkeiten, sich eine Siedlung zu beschaffen. Die erste ist die, sich von der Regierung Urwald zur Verfügung stellen zu lassen und zu roden. Was diejes Wort lirwald" für ein Elend in fich birgt, weiß nur der, der die Leiben   hinter sich hat. Mit dem Handwerkszeug, daß sich der Aus wanderer selbst beschaffen muß, steht er allein, meilenweit von menschlichen Behaufungen entfernt, unter den Urwaldriesen. Für die ersten fünf Jahre darf er nicht darauf rechnen, daß ihn jein Betztum ernährt. Die Felder werden von den Berifiten, einer Papageienart, heimgesucht und oft vollkommen verwüstet. Infolge der überaus schlechten Wege sind die Transportmöglichkeiten gering und daher auch die Abfahmöglichkeiten sehr schlecht. Auch die öffentlichen Berkehrsmittel sind äußerst unzuverlässig. Soll der Zug 3. B. um 8 Uhr gehen und fährt er dann um 10 Uhr, so hat man Glüd, fährt er heute überhaupt nicht, ist es auch gut, dann fährt eben später. Das Losungswort Brasiliens   heißt Patiencia ( Geduld). Der deutsche Auswanderer, der an Ordnung im öffent lichen Leben und an gewisse Bequemlichkeiten( sauberes Trinkwasser, anftändige Kleidung usw.) im privaten Leben gewöhnt ist, fühlt sich hier totunglücklich. Ein besonderes Rapitel ist auch die brasilianische

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Die Methoden, die das Stügungstonfortium anmen­det, sind weit von jener Vornehmheit entfernt, mit der man anfangs fich vor der Deffentlichkeit brüstete. Jetzt erst wird die selbstver befannt, bez neben den üblichen Banfzinsen die selbstver ständlich ohnebies höher find als die Binfen, die die Banten an die Reichsbant und Staatsbant zahlen eine Bereits stellungsprovision pon pollen 4 Proz von den Schuldnern gefordert und bewilligt wurde. Nachdem bei der Abwicklung fich noch weitere Schmierigkeiten ergaben und es durchaus denfbar wurde, daß das Bermögen nicht einmal zur

Rost. Da der Boden sehr falfarm ist, fehlen den dort wachsenden Pflanzen die Blut- und Nährsalze. Dem Körper des Rolonisten werden durch diese Nahrung nicht genügend Kraftstoffe zugeführt, die schwere Arbeit tut ein übriges, und so stellen sich Malaria und die andern tropischen Krankheiten ein; die Gegengifte Chinin, und Arsenik schwächen den Körper ebenfalls, und mancher Kolonist hat drüben sein frühes Grab gefunden. Biele andere verzichten auf die Anzahlung, lassen alles im Stich und kehren heim- wenn sie irgend noch das Geld dazu haben.

Die andere Möglichkeit ist die, eine schon bebaute Rolonie" zu faufen. Doch gehört dazu neben einer ganz schönen Summe Geldes eine Portion Borsicht und Erfahrung. Wie es einem unwissenden Neuling gehen fann, mag folgendes Beispiel zeigen: Kaufte da ein braver Württemberger für acht Konto( 4000 m.) eine Kolonie. Nachdem er sie bezahlt und bezogen hat, stellt es sich heraus, daß er einem Schwindler in die Hände gefallen ist, der ihm die Kolonie vertauft hat, ohne ein Befizrecht daran zu haben. Der rechtmäßige Besizer machte seine Ansprüche geltend und der Käufer war ge. zwungen, die Kolonie wieder zu räumen. Nur mit großer Mühe erhielt er wenigstens einen Teil seines Geldes wieder, mit dem er schleunigst in seine Heimat zurückkehrte.

Aehnlich unzuverlässig mie der brasilianische Eisenbahnverkehr ist auch das Geldwesen. Die brasilianische Münzeinheit ist der Milreis, etwa 0,50 deutsche Reichsmart. Von Zeit zu Zeit werden dann in der Kolonistenzeitung gemiffe Banknoten aufgerufen, nur Dergißt man einzusehen, welche Bank dieselben eintauscht. Als ich einmal nach vergeblichem Umherlaufen bei mehreren Banten bei dem Redakteur der Zeitung Auskunft einholte, sagte er mir lächelnd: Ja, wir sind eben in Brafilien; das beste ist, Sie tapezieren Ihr Zimmer mit den Scheinen aus. Wir sind eben in Brasilien  ," diese Redensart entschuldigt und erklärt alles.

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Am schlechtesten jedoch steht sich der Arbeiter. Die Zustände auf den Plantagen fommen oft der Stlaverei gleich. Doch find deutsche Arbeiter, mie schon gefagt, in der Landwirtschaft faum zu finden. Auch in den Industriewerfen sind fie in nicht allzu erheb licher Zahl vorhanden, und es fann auch nicht genug gewarnt werden vor Abwanderungen nach den brasilianischen Industrien. 3mar zahlt der Arbeiter feine direkte Steuern, aber sämtliche Gegenstände des täglichen Bedarfs sind so mit indirekten Steuern belastet, daß die Steuerbefreiung der Arbeiterschaft dadurch illusorisch gemacht ist. Der Arbeiter verdient bei neunstündiger Arbeitszeit etwa fünf bis sieben Milreis pro Tag, das sind etwa 25 bis 37 Bf. die Stunde. Die Preise sind im Gegenjazz dazu unverhältnismäßig hoch. Milch fostet pro Liter 35 Pf., Kartoffeln 7,50 bis 17,50 pro Zentner, Rindfleisch 40 Pf., Butter 1,50 M., Schmalz 1,25 m., Beizenmehl 35 bis 40 Pf. pro Pfund. Für Kleider zahlt man Phantasiepreise, so für einen guten Anzug 150 m., für einen Hut 2 M. und für Schuhe auch etwa 20 M. Aus diesen wenigen Sahlen erfieht man, daß sich der Arbeiter ganz ungewöhnlich schlecht steht. Dem Brasilianer, der weder Ansprüche an Ernährung er ist mit ein paar Händen voll Reis den Tag über vollkommen befriedigt noch an Kleidung stellt, ist es möglich, seine Arbeits­fraft so billig zu verkaufen. Der Auswanderer aber geht infolge der schlechten Ernährung und der klimatischen Einflüsse in mehr oder minder kurzer Zeit zugrunde.

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Deutschland   fann auf seine Wirtschaftsführer" stolz sein. Sie sind gerade noch zur Beratung der Rechtsregierung gut.

Die Berliner   Intereffen der Metallabteilung des Stinnes Konzerns find von der Firma Lepy u. Co., Charlottenburg  , ge fauft morden. Die Schiffahrtsinteressen follen nach einer Meldung der Konjunkturforrespondenz" nicht verkauft, sondern in eine be sondere Gesellschaft eingebracht und dem Hause Stinnes erhalten merden. Hugo Stinnes   der Jüngere hat sich nach Hamburg   begeben, um über diese Frage zu verhandeln.

Gibt es schon Luftpiraten? Das Marineamt der Bereinigten Staaten ordnete an, daß das Luftschiff Shenandoah mit zebn Maschinengewehren bewaffnet werde. Es muß also woht mit irgendwelchen leberfallgefahren gerechnet werden

Auswandern nach Brafilien sollte daher nur derjenige, der sich landwirtschaftlich betätigen will und genügend Barmittel dazu zur Berfügung hat; aber auch dann nur, wenn er eine fräftige Gesund heit befizt und gemillt ist, nicht nur zu arbeiten, sondern zu schuften. Dabei darf es ihm nicht darauf ankommen, daß seine Arbeit in den ersten Jahren feine Erfolge zeitigt. Dann mag es ihm gelingen, nach einer Reihe von Jahren im Besitz einer blühenden Siedlung zu sein. Alle übrigen aber werden fast ausnahmslos Opfer jenes Landes, welches ein sterbender Auswanderer Hölle Brafilien" nannte, eine Verwünschung, in die ungezählte andere, die alle jene Leiden durchmachen oder hinter sich haben, einstimmen.

Die Buchhändlerverbände gegen den Boykotiverfuch der Buch­händler- Börse". Wie vor einiger Zeit gemeldet, war in der Buch. händler- Börse" eine Liste solcher Urheber veröfentlicht worden, die irgendwelche Werke neuen, für den Vertrieb von Büchern ins Leben gerufenen Organisationen anvertraut haben. Gleichzeitig war zum Bontott der beteiligten Autoren aufgefordert worden. Geftern fand nun eine Besprechung zwischen Vertretern des Buchhändler- Börsen­vereins, des Deutschen Verlegervereins, der Deutschen Buchhändler­gilde, des Berbandes Deutscher   Erzähler, des Schukverbandes Deut scher Schriftsteller, sowie des Verbandes Deutscher Bühnenschriftsteller und Bühnenkomponisten statt, in der übereinstimmend anerkannt wurde, daß die Freiheit des Schriftstellers in feiner Weise und nach feiner Seite hin beschränkt werden dürfe. Es wurde betont, daß es den buchhändlerischen Berbänden ferngelegen habe, die persönlichen Rechte der Schriftsteller irgendwie einengen zu wollen. Um fünftige Mißverständnisse auszuschließen, murde in Aussicht genommen, die beteiligten Verbände nach Bedarf zu gemeinschaftilchen Tagungen zusammenzurufen.

Kultusministerium zur Verfügung gestellt, damit notleidende Künstler mit Eine Materialspende von fünffausend Mart wurde vom breußischen Material versorgt werden lönnen. Die Summe wird in 200 Gutscheine zu je 25 Mart aufgeteilt; in besonders dringenden Fällen fann der Betrag erhöht werden. Gesuche sind an das Ministerium zu richten.

Der neue Borstand des Deutschen Wertbundes. Der Deutsche   Berbund bat seinen Vorstand neu zulammettgelegt. Erster Vorsitzender bleibt Prof. Richard Niemerschmid in München  , zweiter Vorsigender Geheimrat Beter Brudmann in Heilbronn  . Im engeren Borstand find Berater Prof. Bruno standsmitglieder: Albifer, Behrendt, Czesca, Elsässer, Grok, Huber, Kaiser, Baul und Prof. Hans Boelzig in Berlin  . Hinzugewählt wurden als Bor Mah. v. Miller, Schmidt Frankfurt, Schramm, Stadler, Tarnow, Bicher und Wienbed.

Der Bildhauer Goffl'eb Wilhelm ist in München   gestorben, ein vorzüg .licher Stunsthandwerker, dessen funstgewerbliche Metallipertitätte auch vor. bildlich für die Heranbildung des Nachwuchses arbeitete. Dem Bayerischen  stunstgewerbeverein und dem Münchener Bunde gehörte Gottlieb Wilhelm als Vorstands- und Ausschußmitglied an.

Radio in Riga   Rußlandempfang verbofen. Am Rigaschen Strande in Edinburg   ist seit einigen Tagen bie erfte in Lettland   zur allgemeinen Benubung freigegebene radiotelephonise Empfangstation in Tätigkeit getreten. Die Aufnahme russischer Vorträge ist nichi gestattet.

neues Verfahren auf dem Gebiete der Stunitieidenderstellung erfundes Unverbrennbare Kunstseide. In Frankreich   ist, laut Konfektionär, ein worden. Die nach diesem neuen Prozeß hergestellten Stunstjeidenfäden sind

unverbrennlich.