Knanzausgleich und SoZialöemokratie Eine Erklärung der Reichstagsfraktion
Bei der Beratung des Finanzausgleichs gab gestern der Genosse Keil für die Fraktion folgende Erklärung ab: An die Spitze meiner kurzen Ausführungen stelle ich die E r k l ä- r u n g, daß meine Fraktion den Bestimmungen des Finanz- a u s g l e i ch s in der Formulierung, die sie durch die nunmehr mit den Ländern getroffene Abmachung erfahren, zustimmen wird. Wenn wir das tun, so liegt uns nichts ferner als Begeisterung über die Regierungskünste des Kabinetts Luther . Soweit die Oeffentlichkeit die nun seit Wochen andauernden krampfhaften Vsr- suche der Reichsregierung, mit den Ländern über die Höhe ihrer An- teile an den Reichssteuern zu einer Berständigung zu kommen, oer- folgen konnte, war von der Kunst des Regierens leider nicht die Spur zu merken. Erst mußten die Finanzminister zweier gro- her Länder von dieser Tribüne aus die ihnen anvertrauten Interessen mit der K l a r h e i t und Eindringlichkeit, die uns ihre Reden sehr sympathisch gemacht hat, vertreten und mit dem Einspruch des Reichsrats gegen das Gesetz drohen, ehe das Kom- promiß zustande kam. Nachdem sich nun die Finanzminister der Länder mit den ihnen gemachten Zugeständnissen z u f r i e d en gegeben und selbst Berlreler der Bayerischen volkspackei und des Bayerischen Bauernbundes ihre Namen unter den Antrag 1398 gesetzt haben, liegt für uns kein sachlicher Grund vor, den Ausgleich a b- z u l e h n e n. D i e Frage steht hier nicht zur Debatte, ob die Grund« lagen des Steuersystems, an dem Reich und Länder gemeinsam interessiert sind, anfechtbar sind oder nicht. Wie wir zu diesem Steuersystem im ganzen und im einzilnen stehen, ist im Berlauf unserer Beratungen durch Reden und Anträge klar dargelegt worden. Die Steuern sind in der Gestaltung, die sie erfahren haben, gegen unseren Willen beschlossen worden. Jetzt aber handelt es sich darum, in welchem Maße die Länder und Gemeinden am Ertrag dieser Steuern beteiligt werden sollen. Die Rücksichtnahme auf die finanziellen Interessen des Reichs kann uns nicht veranlassen, gegen die Höhe der Anteile zu stim- men, die den Ländern eingeräumt worden sind. Der Finanz- bedarf des Reichs wird zahlenmäßig gedeckt werden durch die neuen Steuern. Die Wahrscheinlichkeit spricht sogar dafür, daß die beschlossene Lelaslunz de? armen Volksschichten beträchtlich größere Erträge liefern wird, als die Reichsfinanzoerwaltung zugeben will. Wir begrüßen zwar die Einsicht des Reichsfinanzministers und der hinter ihm stehenden Parteien der Rechten, die die Rede des Ministers von heute mittag wieder beherrschte, daß das Reich den Krieg verloren, daß das Reich daher die Reparations- lasten zu tragen habe, und daß in Rücksicht hierauf eine vor- sichtige Finanzpolitik geboten sei. Das war unsere Auf- fassung schon vor Zahren. als wir uns, leider ohne Erfolg, dagegen wehrten, daß das Steuerwerk von Weimar von den Bertretern des Großkapitals unter Führung Dr. H e l f f e r i ch s ausgehöhlt und damit die Znflalions- kalastrophe heraufbeschworen wurde. lieber die bessere Erkenntnis der Kreise, auf die der Finanz- minister sich stützt, kann man sich ja freuen, aber es besteht die G e- fahr, daß sie ins umgekehrte Extrem verfallen. Der Reichsfinanzminister bekundet fast eine übertriebene Sorge um die Erfüllung der Reparationslasken in späteren Zahren und treibt in dieser Sorge eine Thesaurierungspolitik, die wirtschaftlich und sozialpolitisch höchst bedenklich ist, zumal die Kosten dieser Politik überwiegend von den wirtschastlichSchwacheu getragen werden müssen.,> Kann aus diesen Erwägungen vom Standpunkt des Reichs aus die Vereinbarung mit den Ländern nicht abgelehnt werden, so scheint uns umgekehrt, nachdem die Regierungen der Länder zugestimmt haben, auch vom Standpunkt der Länder aus kein Grund zur Ablehnung vorzuliegen. Sicherlich werden die Länder und die Gemeinden, die knapp zu halten der Reichsfinanz. minister sich verpflichtet hält, Mühe haben, ihren Haushalt im Gleichgewicht zu halten. Sie werden vom Reich auf �
die
Hauszinssteuer verwiesen, von der der deutschnationale St�avts- prösidentWürttembergs gesagt hat, daß sie gegen die guten Sitten verstoße, was freilich die unter seiner Führung stehende württembergische Regierung nicht abgehalten hat, diese Steuer in einem Uebermah für fiskalische Zwecke anzuspannen. Die Länder haben aber solange keinen zwingenden Grund, die un- soziale Hauszinssteuer zu überspannen, als die viel gerechtere Steuer von den Znflationsgewinnen des landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht ausgeschöpft ist. Wir haben in der 2. Lesung den Versuch gemacht, die Länder zur Erhebung dieser Steuer ebenso zu v e r« pflichten, wie sie zur Erhebung der Hauszinssteuer verpflichte sind. Mit der Ablehnung dieses Antrages hat die Mehrheit de» Hauses deutlich bekundet, daß sie die landwirtschaftlichen Inflations- gewinnler mit anderem Maße gemessen wissen will� als die übrigen und als besonders die Mieter, die in ihrer erdrückenden Mehrheit Opfer und nicht Nutznießer der Inflation sind. Den Versuch, die Länder zur Erhebung dieser Steuer durch reichsgesetzliche Vorschrift anzuhalten, wiederholen wir auch in der 3. Lesung. Wird er wiederum abgelehnt, so ändert dos nichts an der Tatsache, daß die Länder vom 1. Oktober d. I. ab zur Erhebung der Steuer berechtigt sind. So lange die Länder diese Steuer nicht in Anspruch nehmen, besteht kein Anlaß, die Bestimmungen über die Länderanteile an den Reichssteuern abzu- lehnen, weil diS Anteile zu niedrig seien. Zu diesen sachlichen, finanzpolitischen Erwägungen kommen für meine Fraktion noch poNlische lleberlegungen. Der Kamps zwischen dem Reich und den Ländern um den Finanzausgleich war, wie die Finanzminister Preußens und Sachsens hier erklärt haben, für ihre und für die große Mehrheit der Länder lediglich ein Kampf um die Möglichkeit, die Auf- gaben der Länder und Gemeinden pflichtgemäß zu erfüllen. Aür die bayerische Regierung dagegen ist dieser Kampf, wie wir von ihrem Vertreter gehört haben, ein Kamps um die Befriedigung politischer Machtbedärfulsse. Bayern will, wie es offen erklärt, das Recht der Gesetzgebung und Verwaltung auf dem Gebiete der direkten Besteuerung wieder a» die Länder zurückgegeben wissen. Bayern ist jahrelang von de» Rechtsparteien, vor allem den Deutschnatwnalen, in diesem Bestreben unterstützt worden. Jetzt haben die Rechtsregierung und die Deutschnationale Partei auch in dieser Frage umgelernt. Die Ansprüche Bayerns werden von ihnen abgelehnt. Wir freuen uns auch über diese Wandlung und da wir stets für die Verein- h e i tl i ch un g des Steuerwesens eingetreten sind, werden wir nichts tun, um die bekehrten Sünder in ihren Einsichten irr« zu machen. Unsere Zustimmung zu den Bestimmungen über die Länderanteile beruht daher auch auf der politischen Erwägung, daß die Festlegung von 25 Prozent Reichs anteil an der Einkommen- und Körperschaftssteur einen völlig unzuverlässigen und nnbegründeten Eingriff in da» Hungen Layern» bedeutet, die wir unterstützen wollen. Diese Zurückweisung durch eine möglichst große Mehrheit auszn- sprechen, das ist die Absicht, die wir mit unserer Zustimmung ver- folgen. Wir sind aber nicht in der Lage, dem Gesetz über den Finanzausgleich als Ganzem zuzustimmen. Wir werden es in der Schlußabstimmung ablehnen, nicht nur well es ein völlllig unzuverlässigen und unbegrüadeteu Eingriff ia da» Selbstoerwallungsrecht der Gemeinden ermöglicht, nicht nur. weil dem Verlangen der Länder und Gemeinden nach dem Recht der Erhebung von Zuschlägen zur Einkommen- und Körper» schaftssteusr bereits ein bedenkliches prinzipielles Zugeständnis gs- macht wird, sondern vor allem, weil es bepackt ist mit der gegen die guten Sitten verstoßenden fiskalischen Hauszinssteuer. Diese Hauszinssteuer als Hauptbestandteil de» letzten in der langen Reihe der Steuergesetze drückt gleichsam dem ganze» Werk den Schlußstempel auf, den Stempel eines der unso. zialsten Werke, die je in diesem Hause zustand« gekommen sind. Wjr erheben aufs neuz: schärfsten Einspruch gegen dieses arbeiterfeindliche Werk und bringen das zum Ausdruck, indem wir das Gesetz über den Finanzausgleich als Ganzes ablehnen.
Das �rbeitsgerichtsgefetz. Zum Gesetzentwurf der Regierung. Die Regierung ließ dieser Tage den gesetzgebenden Körper- schasten den Entwurf eines Arbeitsgerichtsgesetzes zugchen. Di« schon seit Iahren hin und her gehende Diskussion über die Form der Arbeitsgericht« ist damit in«in neues Stadium getreten. Im Reichs- wirtschoftsrat und im Reichstag werden die Arbeitervertreter sich mit dem Entwurf der Regierung auseinandersetzen müssen. Der schon oft erhobenen Forderung der Arbeiterschaft nach einer, von den»rdentlichen Gerichten vollkommen losgelösten Arbeitsgerichtsbarkeit ist nur zum Teil Rechnung getragen. An die Stelle der seitherigen Gewerbegerichte(einschließlich Derggewerbegerichte), der Kaufmannsgerichte, der Jnnungsschieds- gerichte und der arbeitsgerichtlichen Kammern der Schlichwngs- ausschüsse soll in erster Instanz das sogenannte Arbeitsgericht treten, das ein vom ordentlichen Gerichtswesen vollkommen unab- hängiges Gericht darstellt. Das Arbeitsgericht soll z u st ä n d i g sein für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die sich aus dem Arbeits- Verhältnis ergeben, einerlei, ob es sich um Differenzen zwischen den einzelnen Arbeitgebern und Arbeitnehmern handelt, oder um Streitigkeiten aus dem Tarifvertrag, oder dem Detriebsrätegesetz, oder um bürgerlichen Rechtsstreit zwischen mehreren Arbeitnehmern (zum Beispiel bei Gruppenaktord). Die neu zu schaffenden Arbeits- gerichte werden auch über die Streitfälle der Landarbeiter aus ihrem Arbeitsverhältnis zu entscheiden haben, für die bisher die ordentlichen Gericht« zuständig waren. Ebenso werden die An- gestellten, die bisher, weil sie nicht in einem kaufmännischen Betrieb tätig waren, die Kaufmannsgerichte nicht in Anspruch nehmen konnten, sich an die neuen Arbeitsgerichte wenden können. Die Arbeitsgerichte setzen sich zusammen aus einem ordentlichen Richter als Borsitzenden und zwei Beisitzern, je einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer. Die Beisitzer werden nach einer Bor- schlagsliste, die von den Organisationen einzureichen ist, für mehrere Jahre von den Justizbehörden ernannt. Gegen die Entscheidung des Reichsarbeitsgerichtes steht beiden Teilen ein Revistonsrecht zu, wenn der Wert des Streites höher als 300 Mark ist, oder wenn es sich um einen Streitfall von allgemeiner Bedeutung handelt. Zweite Instanz ist das Landesarbeitsgericht. Es wird ebenfalls aus einem ordentlichen Richter(Landgerichtsdirektor) und je einem Arbeitgeber- und Arbeitnehmeroertreter gebildet. Die dritte und letzte Instanz ist das Reichsarbeitsgericht. Es soll be- stehen aus einem Senatspräsidenten als Vorsitzenden, zwei Reichs. gerichtsräten als Beisitzern und aus Arbeitgeber- und Arbeit- nehmerbeisitzern. Das Landesarbeitsgericht und das Reichsarbeits- gericht sind den ordentlichen Gerichten«ingegliedert. Es sollen für die Aufgaben der Arbeitsgerichtsbarkeit bei den Landgerichten be- sondere Kammern und beim Reichsgericht ein besonderer Senat ge- bildet werden. In erster Instanz vor dem Arbeitsgericht soll ein« Verhandlung nur ersolgen, nachdem in einem vorausgegangenen Güteverfahren ein Vergleich nicht zustandegekommen ist. Die Entscheidung des Rechtsstreites soll möglichst sofort, im Anschluß an die erst« münd- liche Berhandlung oerkündet werden. Sie soll so formuliert sein, daß sie zwischen beiden Parteien klare Rechtsverhältnisse schafft. Der Betrag der entstandenen Prozeßkosten soll in der Entscheidung ge- nannt werden. Die Gebühren sollen ungefähr ebenso hoch sein wie seither bei den Gewerbegerichten. In den Verhandlungen vor dem Arbestegericht sollen beiden Parteien ihren Rechtsstandpunkt selbst vertreten. Bei einer even- Wellen Revision müssen sie dagegen sowohl bei den Landesa rbeits- g«richten wie beim Reichsarbeitsgericht ihre Vertretung einem Rechts- anmalt übertragen. Durch besondere Vereinbarungen zwischen Arbestgebern und Arbeitnehmern und durch Tarifverträge können für Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis andere Abkommen getroffen werden, die eine Inanspruchnahme der Arbeitsgericht« ausschließen. Di« Arbeitervertreter im Reichswirtschastsrat und im Reichstag werden, sobald die Ausschußverhandlungen über den Gesetzentwurs beginnen, mit allem Nachdruck auf eine freiere Gestaltung der neuen Gerichte hinwirken müssen. Besonders gilt das für die Landesarbestsgerichte und für das Reichsarbeitsgericht.
Die»Nationalpost"- pleite. Gläubigerversammlnng der„Nationalpo�-G. m.b.H. Gestern fand vor dem Amtsgericht Berlin-Mitte die Gläubiger- Versammlung der„Rationalpost�-G. m. b. H. statt. Bis auf den letzten Platz war der Saal mit Gläubigern und Gläubiger-Ver- tretern gefüllt. Der Konkursverwalter, Direktor Otto Gädler, von der Mittelstandstreuhand-Gesellschoft erstattete den Bericht. Bevar der Verlag.Nationalpost".G. m. b. H. gegründet wurde, existierte eine deutschnationale Derlagsfirma, in der eine Zeit- fchrift.Der Boltsfreuird" wöchentlich erschien. Dieser Derlag ar- beitet« mit Ueberschuh. Das Unglück des Verlages begann in dem Augenblick, in dem er mit der neugegründeten.Netionalpost"'- G. m. b. H. zusammengewarfen wurde. Schon zu Beginn des Jahres 1925 arbeitete der Derlag mit einer Unterbilanz von 25.000 Mk. Das kam daher, well der Derlag für jeden der 22 000 Abonnenten pro Monat 15 Mk. zujetzte. Er erhielt, um dieses Minus bestreiten zu können, von den verschiedensten Stellen au» Zuschüsse, die monallich 10—15 000 Mk. betrugen, u. o. vom Grafen Westarp, von Graes « und von der.Kreuz- z e i t u n fl*. Als die Zuschüsse aufhörten, war auch das Ende des Berlages da. Der Geschäftsführer der G. m. b. H. Rentfch, war Naturwissenschaftler, der 1918/19 bei einer Verlagsfirma in Stellung gewesen war, und auch den Verlag des.Volksfreundes" geleitet hatte. Hinter dem Verlage stand bekanntlich der Landesverband Berlin der Deutschnationalen Dolkspartei. Er veranlaßt«, daß am 11. Mai Rentfch abgesetzt wurde und Laoerrcnz zum Geschäfts- führer bestellt wurde. Di« Herrlichkeit von Laverrenz dauerte allerdings nicht lange und am 20. Mai wurde Rentfch wieder Geschäftsführer. Der Landesverband Berlin war nämlich als Ge- sellschafter nicht eingetragen, er konnte also auch kein Gesellschafler- recht ausüben und demnach auch nicht Laverrenz zum Geschästs- sichrer bestimmen. Diese Nichteintragung wurde aber erst am 20. Juni entdeckt, an dem Tage, an dem der Konturs beantragt wurde. Zwischen dem Ausbleiben der Zuschüsse und dem Konkurs- antrag wurden von den verschiedensten Seiten Sanierungs- versuch« gemacht, u. a. auch vom Deutschnationalen Handlungs- gehilfen-Berband. Sie scheiterten. Eröffnet wurde der Konkurs am 9. Iull. Es ist«ine Masse im Werte von ungefähr 41000 Mk. vorhanden, darunter 3000 Mk. in barem Geld«, das bei der Depositenkasse der Deutschen Dank in der Königstroße hinterlegt ist. Der größte Teil der Masse besteht aus Forderungen, deren Einbringung z. T. sehr zweisechast geworden ist. da sie z. T. doppelt ubertragen sind. Dieser Masse stehen Forderungen in Höhe von zirka 300000 Mk gegenüber. Davon haben die Angestellten zirka 50 000 Mk. gefordert. Im Anschluß an den Bericht des Konkursverwalters entspatm sich eine Debatte darüber, warum der Konkurs so spät
eröffnet worden sei. Der Ceschästsführer Rentfch wie» daraus hin, daß erst Ende Mai die Sanierungsversuche als ge- scheitert zu betrachten gewesen seien. Das Unternehmen sei vom Landesverband Berlin der deutschnattonalen Partei abgewürzt worden, da dieser die Zahlungen, zu denen er verpflichtet war, ein- stellte. Dan verschiedenen Seiten wurden Zweifel in die Richtig- keit der Behauptungen von Rentsch geäußert. Müller- Köpnitz, der Vertreter des Landesverbandes, verwahrte sich gegen die von Rentsch in breitester Oeffentlichkeit ausgestellten Behauptungen. Die Partei sei mit ihren Unterstützungen zu weit gegangen und es sei im übrigen festzustellen, daß der Landesverband nicht Gesell- schafter der„Nationolpost" gewesen sei, sondern nur Abonnent auf eine Anzahl von Exemplaren des im Berlag„Nationalpost" er- scheinenden Wochenblatts„Berliner Dolksfreund". Als Abonnent hätte der Landesverband das Recht gehabt, das Abonnement zu kündigen, in dem Augenblick, in dem die Zeitung nicht mehr erschien oder erscheinen tonnte. Rentsch ist der Ansicht, daß für diese Dinge der Gläubigerausschuß zuständig sei und verweist im übrigen auf die noch schwebenden Strafverfahren. Da der oufstcht- führende Richter ebenfalls der Ansicht ist, daß die Dinge vor den Gläubigerausschuß gehören, wird die Debatte hierüber geschlossen. Nach Ansicht des Konkursverwalters ist bestenfalls mit einer Quote von 14X P roz. zu rechnen. Der Kontursverwalter wurde bestättgt und es wurde dann«in Gläubiger- ausschuß gewählt, der sich wie folgt zusammensetzt: 1. Als?ln- geftelltenvertreter der Leiter der Anzeigenabteilung H i l l e r. 2. Der Mitinhaber der Firma Hempel u. Co., Ackermann. 3. Herr Gees« von der Firma E. A. Geese. 4. Herr S ch lö m ih l, Halle a. d. Saale . 5. Freiherr Dr. von B r a n d e n st e i n als Vertreter der �kreuzzeitung" und des Dr. Mylius. 6. Stadtverordneter Buchwitz. 7. Geheimer Iustizrat Dietrich.
Cin Schlag gegen öen Faschismus. Orlando verzichtet demonstrativ aufs Mandat. Rom . 7. August.(Eigener Drahtbericht.) Der ehemalige Minister- Präsident Orlando übersandle dem Kammerpräsidenleu ein Schreiben, in dem er sein Abgeardnelenmandat niederlegt. Orlando begründet diesen Schritt damit, daß die Stadtralswahlen von Pa lermo ihn zwar nicht wegen ihres scheinbaren Ergebnisse», wohl aber wegen der M e l h o d e n. unter denen sie flallgesunden haben, in der Ueberzeugung bestärkt Höllen, daß für Männer van liberaler Ge- 1 sinnung und parleirichtung heule im politischen Leben Italien , kein plah mehr sei. Visher habe er es vermiede«, die Folgerungen aus dieser Ueberzeugung zu ziehen, ans demokratischer Gesinnung heraus und auf Drängen angesehener Politiker faschistischer Richtung. Räch seinen letzten Erfahrungen würde es aber eine Täuschung bedeuten, wollte man glauben, dem Lande noch dienen zu können; deshalb trete er zurück. Der Schritt Orlandos macht einen liefen Eindruck und wird vielleicht nachgeahmt werden.
Das Befinden des fchwerverlehlen Oppostlionsführer» Amen. data bessert sich, jedoch werden die Folgen des U ebersall» von Monlecadinl noch lange andauern. England und Rußland . Auch die konservative Regierung wünscht Handels- deziehungen.' London , 7. August. (WTB.) Im Unterhaus sagte bei de: Berichterstattung über die Vorlage betreffend die Subventionen für die Bergverkehrsindustrie Bromley(Arbeiterpartei), der Entschluß der Regierung, die Bergwerksindustrie zu unterstützen. bedeute keinen Sieg für die Arbeiter, sondern für die Kapita» l i st e n. P u r e e l l(Arbeiterpartei) hob hervor, die Gewert- schaftsbewegung werde sich durch die gestern geäußerten Drohungen nicht hindern lassen, auf ihrem guten Recht zu bestehen. Die Vorlage wird— bei Stimmenthaltung der Arbeiterpartei — mit 351 Konservativen gegen 16 Liberale angenommen. P o n s o n b y warf bei Einbringung eines Antrages auf Ver- togung des Unterhauses die chinesische und die russische Frage auf und verlangte B e w e i s m a t e r i a l für die angebliche Sowjet» Propaganda in England. Er sagte, die Regierung veranlass« durch ihre Haltung den russischen Handel, sich nach anderen Ländern umzusehen und treibe Rußland in die Arme Asiens . Nach Ausführungen weiterer Mitglieder erwiderte Me N eill namens der Regierung u. a.: Die Annahme, daß die Handels- deziehungen von den politischen Beziehungen abhängen, ist irrig, was sich �z. L. aus den Handelsbeziehungen der Vereinigten Staaten , die die Sowzetregierung nicht anerkennen, mit Rußlcrnd ergibt. Die britische Regierung weih, daß es von außer» ordentlicher Bedeutung ist, daß England mii Rußland Handel treibt. Das wahre Hemmnis gegen seine Entwicklung ist das russische Außenhandelsmonopol. Ihre Propaganda ist eine bekannte Tatsache. Die Aufforderung zu freundschaftlichen Beziehungen wird Ponsonby besser an die russische Regierung richten. Ponsonby glaubt doch wohl nicht im Ernst, daß die jetzige russische Regierung von freundlichen Absichten gegenüber Eroßbritamnen beseelt ist. Weiterhin führte Me Neill aus: Die Regierung wünscht lebhaft. den Handel mit Rußland zu fördern und bestreitet, irgendwelche positiv unfreundliche Gesinnung gegen Rußland zu hegen. Wenn eine unfreundliche Gesinnung besteht, so ist sie auf der andere» Seite vorhanden, und wenn die Sowjetregierung sich entschließen sollte, an die britische Regierung heranzutreten und Vorschläge für die Ausnahme ausgedehnter Handelsbeziehungen zu machen, werden diese > Vorschläge sehr aufmerksame und wohlwollende Erwägung finden. Abc? nach den bisherigen Erfahrungen würde es Zeitver- schwendung sein, wenn die brittsche Regierung einen solchen Schritt unternimmt. Das Parlament ist bis zum 16. November vertagt worden. Premierminister Baldmin wird die nächsten Wochen in Aix-les. Bains verbringen, während Macdonald und einige andere Führer der Arbeiterpartei in Marseille zum Iitternattonalen Sszia- listenkongreß gehen.