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Lohmann und Ehrhardt.

Die Ehrenrettung" des Meineidigen.

Die Rechtsregierung schlägt in ihrer Amnestievorlage dem Reichstage die Niederschlagung von Verfahren wegen Landesverrats, Geheimbündelei und Bergehen gegen das Gesetz zum Schutze der Republik vor, die vor dem 1. Oftober 1923 begangene Straf­taten zum Gegenstand haben. Der Stichtag ist gewählt, um die Rapp Rebellen dem Strafrichter zu entziehen und Kom­munisten, die in ihre Fußstapfen getreten sind, zur Bestra fung bringen zu fönnen. Gegen diese Differenzierung mandten sich am 28. Juli unsere Genossen im Rechtsausschuß des Reichstags. Der Genosse Landsberg führte aus, daß Lüttwit und Ehrhardt der Amnestierung meniger würdig seien als viele tommunistische Verschwörer. Die Tatsache, daß Ehrhardt eine Frau, die ihm alles gegeben habe, was eine Frau einem Manne geben fönne, die Prinzessin Hohenlohe, zum Meineide verleitet und durch seine Flucht aus dem Gefängnis im Stich gelaffen habe, fenn­zeichne ihn als einen Mann ohne Ehrgefühl. Diese Charat terisierung ging durch alle Zeitungen, ohne daß Ehrhardt sich rührte. Da wandte fich der deutschnationale Abgeordnete Landgerichts direktor Lohmann mit einer brieflichen Anfrage an ihn. Für die Strafverfolgungsbehörde ist Ehrhardt nicht erreichbar. Aber Herr Lohmann kennt den Weg, auf dem es möglich ist, an ihn

heranzufommen, und dem hohen richterlichen Beamten untersagt es fein Tattgefühl nicht, diesen Weg zu betreten.

In der Sitzung des Rechtsausschusses vom 6. Auguft nahm mun Lohmann außerhalb der Tagesordnung das Wort, um mitzuteilen, daß Ehrhardt ihm brieflich versichert habe, es hätten zwischen ihm und der Prinzessin teine anderen Beziehungen als jolche der Gastfreundschaft und des damit verbundenen tonventionellen Berkehrs bestanden. Erschienen war ferner der dem Rechtsausschuß nicht angehörende deutschnationale Abgeordnete Pfarrer Wolf, der die Erklärung abgab, daß er nach allem, was er von der Prinzeffin misse, es für ausgeschlossen halte, daß fie irgendein intimes Berhältnis zu Ehrhardt gehabt habe. Als er den Bericht über den Brozeß gegen die Brinzessin gelesen, habe er ihre ihm als zuverlässig bekannte Zofe auf Ehre und Gewissen ausgefragt, und sie habe ihm versichert, daß ihr von einem intimen Verhältnis ihrer Herrin nichts

bekannt sei.

Bei den dem Zentrum angehörenden Ausschußmitgliedern erregte das Borgehen der Herren Lohmann und Wolf Be­fremden, und der Zentrumsabgeordnete Wegmann bat den Bor­fizenden, zu derart unangebrachten Ausführungen fünftighin das Wort nicht mehr zu erteilen.

Der Zollsturm im Reichstag.

Das Haus beschlußunfähig.

Deutschnationale Provokation.

spruch bei den Sozialdemokraten.)

Nach der Rede Hilferdings, die eine wuchtige Anklagerede| deutschen Arbeiterschaft fich ständig gehoben hat.( Lebhafter Wider gegen die Zollparteien war, ließen die Mehrheitsparteien durch den 3entrumsabgeordneten Perlitius, den Borfizenden des Handels politischen Ausschusses, eine Erflärung abgehen.

Abg. Perlitius( 3tr.): Die genannten Parteien sind entschlossen, dem Gefeßentwurf in der Fassung der Ausschußvorlage zuzustimmen und mit der Regierung die Verantwortung für das Gesezmert zu tragen, obgleich zahlreiche Forderungen von Erzeugern und Verbrauchern, deren Berechtigung die einzelnen Barteien von ihrer Beurteilung der Lage der Wirtschaft aus für unumgänglich hielten, ihre teilweise oder volle Erfüllung nicht ge­funden haben. Sie betrachten den vorliegenden Tarif als ein Provisorium, das innerhalb einer Frist von längstens zwei Jahren durch einen endgültigen Tarif ersetzt werden muß. Diese Bestimmung hat auch im Gesetz Aufnahme gefunden, und in einer hierzu gehörigen Entschließung ist die fofortige Inangriffnahme der Vorarbeiten, sowie die Zusammenarbeit von Reichswirtschaftsrat und Reichstagsausschuß gefordert morden.

Als wesentliche und damit auch viel umstrittene Aenderung des zurzeit geltenden Zustandes bringt die Vorlage die Wieder. einschaltung der 3ölle auf Produkte der Land. wirtschaft einschließlich des Obst- und Gartenbaues. Die Par­teien sind von der Ueberzeugung durchdrungen, daß die gegenwärtig bestehende Zollfreiheit von Agrarproduften für die Landwirtschaft nicht länger erträglich ist, daß vielmehr auch hier der Schutz vor drohender Ueberschwemmung mit Auslandserzeugniffen zuteil werden muß und wenigstens bisher auch durch Einfuhrverbote genießt.

Der schwere Kampf, den die deutsche Industrie gegenüber dem fapitalfräftigen Auslande zu führen hat, ist zur Aussichtslosigkeit verurteilt, wenn nicht auch fie einen ausreichenden Schuh erhält. Bon diesem Gedanken geleitet, haben sie sich entschlossen, die Indu striezölle mit den Ausschußanträgen anzunehmen. Benn fich die Barteien bei dem Entschluß zur Annahme der Vorlage auf der einen Seite von wirtschaftlichen Gesichtspunkten leiten ließen, jo haben sie sich aber auf der anderen Seite ebensowenig den Schwierigkeiten verschließen fönnen, die die Auswirkung der Zölle für die Ver. Go lange und so brauchertreise zum Gefolge hoben wird. meit Deutschland nicht zu handelsverträgen mit anderen Staaten gekommen ist, bedeuten die autonomen Zölle des Tarifs allerdings eine Gefahr. Es muß doher Gorge getragen werden, zu verhindern, daß die autonomen Zollsäge der Borlage, semeit sie nicht durch Handelsverträge eine mefentliche Herabsetzung erfahren würden, etwa in Kraft treten und zu einer schweren ungewollten Belastung der Bedarfspreise führen könnten. Dazu ist ein Regulatin rötig, melches dem leitenden Gedanken bei dem Zustandekommen dieser Gesetzesvorlage die Wirksamkeit erhält, dem Gedanken, zwar in einem Zolltarif der Wirtschaft, was ihr not tut, zu geben, aber nach Möglichkeit die damit verbundenen Härten zu mildern, die sich aus der Belastung nach der anderen Seite ergeben. Das soll geschehen auf dem Wege der verkürzten Gesezgebung durch eine Ermächtigung, die im Gesetz ihre Beranferung finden foll, monach Regierung, Reichsrat und ein Ausschuß des Reichs­esttages Aenderungen der Zollsäge vorzunehmen haben, wenn die wirtschaftliche Lage es erfordert.

Die

In ihrer Nummer vom 7. August bringt nun die Kreuz 3eitung" über den Borfall im Rechtsausschuß, augenscheinlich aus der Feder des Herrn Lohmann, einen langen Bericht. Die Er flärungen der Herren Lohmann und Wolff werden darin mit epischer Breite wiedergegeben. Dann wird das Referat schweigfam. Rüge Wegmanns wird gänzlich unterdrückt. Und von Lands. berg wird lediglich gesagt, er habe längere Ausführungen gemacht, in denen er erklärte, daß er sein Urteil nicht nur aus Bresseberichten, fendern auch aus Nachrichten eines Münchener Genossen geschöpft habe. Landsberg hat in Wirklichkeit eine Reihe von ftellungen aus dem Prozeß Hohenlohe wiedergegeben, die mir nicht aufzählen wollen, weil uns die Angelegenheiten Ehrhardts und der Prinzessin nicht interessieren. Diese Feststellungen sind aber fp schwerwiegend gewesen, daß sie selbst bei dem Fraffionskollegen + 32ohmanns, dem Pfarrer Wolf, den Verdacht eines intimen Ber­tehrs machriefen. Das beweist das Berhör, dem er die Zofe unter­worfen hat. Wenn ihn die belanglose Austunff dieses Mädajens beruhigt hat, so ist das ausschließlich seine Sache, wie es Sache des Herrn Lohmann ist, der Bersicherung seines Ge finnungsgenossen Ehrhardt Glauben zu schenken, trotzdem dieser sich des misfentlichen Meineides schuldig gemacht hat. Bezeichnend für das Rechtsgefühl des Deutschnationalen Lohmann ist es übrigens, das Rechtsgefühl des Deutschnationalen Lohmann ist es übrigens, daß er im Rechtsausschuß die Verantwortung für den Meineid Ehrhardts- dem Richter zugefchoben hat, vor dem der Kapitän falsch geschworen hat.

Bestrafter Verleumder.

1000 Mark Geldstrafe für Hottenrott. Magdeburg , 8. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Der Schrift. Leiter der in Staßfurt erscheinenden Mitteldeutschen Bresse, Hottentott, der intellektuelle Urheber des Magdeburger Bro­zeffes, hatte sich am Freitag vor dem Schöffengericht zu verant­morten. Der Angeklagte marschiert mit an der Spize jener Ele­mente, die die Bresse dazu mißbrauchen, die Republik und ihre Träger in wüstester Weise zu begeifern und zu verleumden. Vor dem Gericht wurde festgestellt, daß Hottenrott nicht weniger als 18 Borstrafen, darunter folche wegen Beleidigung, in der Hauptsache jedoch wegen Erpressungsversuchen, Gottes Tästerung usw., zu verzeichnen hat. Unter diesen Borstrafen ragt besonders eine mit 2 Jahren 6 Monaten Gefängnis hervor, die Hottenrott wegen Beleidigung des verstorbenen Reichspräsidenten Ebert vom Staatsgerichtshof im Jahre 1923 erhalten hat. Da mals riß der Held aus, um vom Auslande und dem sicheren Bayern aus gegen die Republik zu heben.

Der gegenwärtigen Anklage lag eine Berleumdung des Ober­präsidenten der Provinz Sachsen , Hörsing, zugrunde. Hörfing hatte 1923 die Mitteldeutsche Presse" auf einige Tage verboten. Hottenrott richtete nun einen Beschwerdebrief an das Oberpräsidium zu Händen des Herrn Hörfing, in welchem diesem die moralischen Qualifikationen für sein Amt abgesprochen wurden und u. a. be­hauptet wurde, der Oberpräsident hätte sich an Sauforgien in Halle beteiligt und in der Trunkenheit in einer, Gastwirtschaft ein madel auf seinen Schultern reiten lassen. Bor Gericht konnte der Berleumder seine Behauptungen nicht mehr aufrecht erhalten und zog sie sämtlich mit dem Ausdruc des Bedauerns zurüd. Er ersuchte den Oberpräsidenten, jeinerseits die Anflage zurückzuziehen. Als Hörfing dieses Ber­langen ablehnte und auf dem Termin bestand, kam dem Angeklagten wieder seine alte Frechheit. Er erging sich sofort in neuen Ver dächtigungen gegen die Republik und vor allen Dingen gegen Lie sozialistische Bresse, die nach seiner Meinung fich alles erlauben dürfe, während man die Völkischen wegen der geringsten Kleinigkeit unnachsichtlich verfolge.

Die Berhandlung ergab die völlige Saltlosigkeit der Behauptungen Hottenrotts. Der Staatsanwalt beantragte eine& el d= Strafe von 600 Mart und führte begründend dazu aus, daß er Gefängnisstrafe nicht beantragt habe, weil er annehme, daß Hottenrott die Beleidigungen gegen den Oberpräsidenten nicht selbst in die Presse lanciert hat. Es liege alfo teine öffentliche Beleidi. gung vor, sondern die Beleidigung in dem Beschwerdebrief. Der Rebenfläger Hörfing und sein Rechtsbeistand plädierten auf eine Gefängnisstrafe, da eine solche hinterhältige Berleum­dung unmöglich mit einer Geldstrafe geahndet werden könne. Das Gericht verurteilte aber Hottenrott troßdem zu einer Geldstrafe DOM 1000 Mart wegen Bergehens gegen§ 186 des Strafgefez­buches und begründete die Höhe der Geldfumme damit, daß eine io grove Beleidigung des Oberpräsidenten, als den höchsten Beamten der Provinz Sachsen , empfindlich gestraft werden müßte.

Der Englandboyfoft in China dehnt sich jetzt auf den Besuch vou Engländern geleiteter Schulen aus. Das Ginesische Personal ber britischen Gesandtschaft und Konsulate streitt

Trotz aller Bedenten hat schließlich die Begrenzung der Gel­hungsdauer des Gesetzes auf zwei Jahre es den Parteien ermöglicht, fich zu seiner Annahme zu entschließen, und den Schritt zu tun, der zu einer besseren Zukunft des deutschen Volkes führen soll, einen Schritt zwar ins ungewisse, der aber getan werden muß, in der Hoffnung, daß er gelingt.

Abg. Hoernle( Romm.) lehnt die Borlage als Erzeugnis der Brutalität und Borniertheit der in Deutschland regierenden Klassen ab, zu dem sie eine ftümperhafte Begründung voller Widersprüche erhalte, in der ein Argument das andere aufhebe.( Es sind außer den Kommunisten noch ganze zehn Abgeordnete im Saal.) Wir Die Sache wird sich an ihren Urhebern rächen. Bariament oder werden den Kampf des Proletariats gegen die Wucherzölle führen. Arbeiterräte, das wird die Parole sein. Das Bolf wird richten über die Gesellschaft.( Beifall und Händeklatschen b. d. Komm.)

Abg. Dietrich- Baden( Dem.) betont, man dürfe die 3olfrage nicht einseitig vom Ronsumentenstandpunkt aus betrachten, sondern müsse an die Spitze die Frage stellen: Wie tann man die deutsche Volkswirtschaft in die Weltwirtschaft eingliedern? Das nach dem Weltkrieg verkleinerte Deutsch land braucht heute viele Artikel aus dem Ausland, über die es früher selbst verfügte. Eine wirtschaftliche Berständigung der verschiedenen Länder im Interesse der ganzen Weltwirtschaft sei nicht möglich, so lange sich die Länder mit hohen Zollmauern von einander absperren. Die demokratische Partei sei keineswegs eine grundföhliche Gegnerin des Zollschutzes. Durch die Vorlage der Regierungsparteien fei aber ein wirksamer Schuß besonders der fleinen und mittleren Landwirte nicht erreicht. Ihnen werde viel­mehr das notwendigste Werkzeug zur Hebung ihrer Broduktion gerade durch die jetzige Bollvorlage verteuert. Die demotra. fische Fraktion fönne daher der Vorlage nicht zu it i'm men.

Abg. v. Graefe( Bölt.) bezeichnet die Zollvorlage und die Agrarzölle als notwendig. Es sei aber ein tribes und abstoßendes Bild gewesen, wie bei der Beratung der Borlage versucht worden fei, zu markten und zu feilschen seitens der einzelnen Verbände und Intereffentengruppen gegeneinander. Beschämend jei vor allem, daß zu den Intereffentenvertretern auch 2bgeord: nete gehörten, die berufsmäßig als Syndizi bestimmter Intereffentenverbände im Parlament auftraten. Der Redner men­det sich dann scharf dagegen, daß die Mindestzölle für Getreide, die Graf Kanig selbst als Kernstüd seiner Borlage bezeichnete, weg­gefallen und durch Mindestzölle für Bieh ersetzt worden sind. Wir wollen die Zollvorlage annehmen, aber nur, wenn die mindest 301le für Getreide wieder eingesetzt werden und menn die Konsumenten vor der Belastung durch die daraus entstehende Preissteigerung bewahrt werden durch die Aufhebung der Umjah steuer für inländische Lebensmittel.( Lebhafter Beifall b. d. Völk.)

Das Haus beschlußunfähig.

Um 4 Uhr beantragt Abg. Dittmann( S03.) Verlagung der Sigung und bezweifelt gleichzeitig die Beschlußfähigkeit des Hauses. Die Sozialdemokraten und Kommunisten verlaffen darauf bis auf wenige Ausnahmen den Saal.

Die Prüfung der Beschlußfähigkeit wird durch die Abgabe weißer Abstimmungskarten vorgenommen. Die Auszählung verzögert sich. bis nach 10 minuten noch einige Abgeordnete erscheinen und ihre Zeffel abgeben.

Bizepräsident Dr. Rießer stellt feft, daß 244 3ettel abgegeben find, das Haus also nicht beschlußfähig ist. Er beruft eine neue Sigung mit der gleichen Tagesordnung auf 45 Uhr, also eine halbe Stunde später, ein.

In der neuen Sizung wendet sich in der Fortsetzung der allge­meinen Beratung Dr. Hilferding. Den Sozialdemokraten fomme es offenbar nur Abg. Rippel( Dnat.) gegen die Ausführungen des Abg. darauf an, durch lange Reden die Zeit totzuschlagen. Der Redner bevölkerung betrachte er die Frage Schutzoll oder Freihandel nicht erklärt, als deutsnationaler Vertreter einer städtischen Arbeiter. als Brinzipien, sondern als 3medmäßigkeitsfrage, Bon feiner Seite merde die Notwendigkeit beftritten, der notleidenden Landwirtschaft zu helfen; denn eine notleidende Landwirtschaft habe zur Folge eine notieidende Konsumentenschaft. Es sei doch nicht zu bestreiten, daß unter der Schuzzollpolitik der Borkriegszeit die Lebenslage der

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Der Redner zitiert unter großer Unruhe der Sozialdemokraten Ausführungen Schippels gegen den Freihandel. Die Zollvorlage trage dem sozialen Gedanken Rechnung, aber sie halte sich frei von dem sozialistischen Gedanken des Freihandels. Die Agitation der Sozialdemokraten und Kommunisten gegen die Zoll und Steuervorlage habe mit Sachlichkeit nichts zk tun.

Unterbrechung der Sihung.

Als der Redner gegen die Linte gewandt ausführte: Wenn im Ausschuß einer von uns sachliche Ausführungen machte, so tamen von Ihnen( nach links) sofort zehn Leute mit wohlpräpa rierten, andreffierten Reden", erhebt sich auf der Linken ein ungeheurer Lärm. Taftmäßig ertönen laute Schlußrufe auf der Linken.

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Bergebens versucht Bizepräsident Dr. Rießer durch fortwähren des Läuten mit der Glocke den Lärm zu beschwichtigen. Unter Händetklatschen der Linien verläßt Abg. Rippel die Rednertribüne.

Bizepräsident Dr. Rießer verweift den tom­munistischen Abg. Neubauer aus dem Saal Da der Abg. Neubauer der Aufforderung des Bizepräsidenten, den Saal n verlassen, nicht nachfommt, unterbricht der Bizepräsident Dr. Rießer die Sigung auf fünf Minuten.

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Nach Wiedereröffnung der Sigung der Abg. Neu­bauer hat inzwischen den Gaal verlassen- teilt Bizepräsident Dr. Rießer mit, er habe versäumt, in der Angelegenheit Neubauer den Aeltestenrat zu berufen; er hole das jetzt nach und vertage die Sigung bis 5% Uhr. Die Beratungen des Aelteftentats dauerten bis 6 Uhr.

Nach Wiedereröffnung der Sigung durch Bizepräsi dent Dr. Rieker erklärt dieser: Was den Konflikt betrifft, so hat sich herausgestellt, daß ich die Aeußerung, die der Abg. Rippel getan hat, als parlamentarisch unzulässig bezeichnete. Meine Rüge wurde infolge des Lärms auf einer Seite des Hauses nicht ver­standen. Ich will aber hinzufügen, daß ich inzwischen durch das stenographische Brotofoll festgestellt habe, daß die Aeußerung des Herrn Rippel noch schärfer gemejen ift als ich bei meiner Rüge vorauss lehte. Er hat von wohlandressierten Reden" gesprochen. Ich rufe ihn daher zur Ordnung.

Bizepräsident Dr. Rieger mill nunmehr dem Abg. Ehre hardt( 3.) das Wort geben.

Zur Not beschlußfähig.

Abg. Diffmann( 503.) beantragt munmehr abermals die Ber tagung und beffreitet erneut die Beschlußfähigkeit des Hauses Da das Bureau nicht einig ist, wird die Frage, ob das Haus beschlußfähig ist, abermals durch Zettelabgabe entschieden. Sozialdemokraten und Kommunisten hatten wieder bis auf wenige Abgeordnete den Saai verlassen.

Abgegeben wurden 252 Zettel. Das Haus ist also beschlußfähig. ( Beifall bei den Regierungsparteien.)

Die Beratung wird fortgesetzt.

Abg. Ehrhardt( 3.) tam zunächst auf die Idee der Ver­ einigten Staaten von Europa zu sprechen, die von den Bollgegnern vertreten wird. Die Zentrumspartei habe volles Vers ständnis für ein derartig meitgeſtedtes Biel; es scheine nur, als fci man von einer europäischen Zollunion noch außerordentlich meit entfernt. Gerade wer den Abbau der Zollschranken in der Welt will, müsse auch den Mut haben, reale Mittel zur Erreichung dieses Zieles zu verwenden. Für das Zentrum sei die Frage Schuzzoll oder Freihandel feine prinzipielle, sondern eine solche nach der Zweck Dabei müje die Wirtschaftspolitit einen Ausgleich mäßigkeit. schaffen zwischen Industrie und Landwirtschaft. Es sei ein offenes Ausnahmen, in nicht geringen finanziellen Schwierigkeiten befänden. Geheimnis, daß sich unsere größten industriellen Berfe, mit wenigen Die Folgen des verlorenen Krieges und des passiven Widerstandes machten sich bemerkbar und er, der Redner, habe den Eindruck, daß wir

vor einer induftriellen Krise stehen, die alle Befürchtungen übertreffe.

Wenn die Industrie heute allgemein zollfrei gehalten merde, müßten viele Industriezweige in furzer Zeit zum Erliegen fommen. Bei zukünftigen Beratungen über den endgültigen Zolltarif müsse die Frage der Kartelle und Synditate und ihrer Wirkung auf die Preisbildung behandelt werden. Technische Rüdständigkeit wolle das Zentrum nicht schügen, und der Zoll folle fein Ruhekissen für irgendeinen Industriezweig sein. Zurzeit müßten aber eine Reihe von Industriezweigen durch Bölle geschützt werden, um die technische Umstellung in den nächsten Jahren zu ermöglichen.

Zur Frage der Agrarzölle wies der Redner darauf hin, daß durch die Industriezölle die Produktionsmittel der Landwirt schaft verteuert würden. Eine starte Intensivierung und Industriali fierung der deutschen Landwirtschaft müsse das zu erstrebende Ziel fein. Es habe sich um die Frage gehandelt, wie man für die deutsche Landwirtschaft Preise erreicht, die eine späte Intensivierung ermög lichen. Man habe bei den in der zur Beratung stehenden Borloge festgelegten Zölle eine mittlere Linie gefunden, die den erwähnten Bedürfnissen Rechnung trage.( Lebhafter Beifall im Zentrum.) Das Sentrum, jo erklärte der Redner zum Schluß, halte eine mäßige Schutzzollpolitik für die deutsche Industrie für notwendig. Mit den hohen autonomen 3öllen sei das Zentrum einver standen, weil durch sie das Ziel verfolgt werde, auf einen Abbau der hohen Zölle anderer Länder hinzuarbeiten. Auch ein mäßiger landwirtschaftlicher Schus301l jei erforderlich, weil man auf einen Industriezoll nicht verzichten fönne.( Beifall.) Damit schließt die allgemeine Aussprache. Gegen 28 Uhr vertagt das Haus die Einzelberatung der Zoll­vorlage auf Montag, 10 Uhr.

Reichsrat und Steuergesetze. Annahme der Steuergesetze im Plenum des Reichsrats Der Reichsrat beschäftigte sich in seiner öffentlichen Bolloer­sammlung am Sonnabendnachmittag mit den Beschlüssen des Reichs­tags zu den Steuergesezen. Die Vertreter von Sachfen, Bayern und Baden erklärten, daß ihre Regierungen Bedenken gegen die Beschlüsse des Reichstages hätten. Angesichts der allgemeinen Situation würden sie jedoch von einem Einspruch absehen. Ober­präsident Hörsing erflärte als Vertreter der Provinz Sachsen und zugleich im Namen des Vertreters von Groß- Berlin, daß er darauf gegen die Stimmen des Vertreters der Proving Sachsen gegen die betreffenden Gesetze stimmen werde. Der Reichsrat nahm und des Vertreters von Groß- Berlin Kenntnis von den Reichstags beschlüssen, ohne Einspruch zu erheben.

Der Reichsrat beschäftigte sich dann mit dem Finanzaus. den Reichstagsbefchlüffen Kenntnis zu nehmen, ohne Einspruch zu gleich. Er beschloß gegen die Stimmen Bayerns und Hessens , von erheben.

der es heißt: Die jest norgesehene Beteiligung an den großen Ferner wurde einstimmig eine Entschließung angenommen, in Reichssteuern fann für den endgültigen Finanzas. gleich nicht präjudizierend jein. Die 2änder müffen fich nielmehr norbehalten, insbesondere bei der Einkommen und Körperschaftssteuer alsdann eine höhere Beteiligung zu fordern"