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öeilage ües vorwärts
Sommergesang. Von Walther G. Oschllewskl. Die Berge dampfen; Sonne knistert im Laub, Und der Himmel hängt tief. Blühende Bäume dampfen wie Träume Und einer rief: „Korn in den Winden, du Iohannisleib!" Da brausten die Bienen unter dem goldenen Stein. Die Erde sang, ein Waldruf sprang Und lief in glühenden Sommer hinein. O Sommer: Herz, du reifende Frucht! Schon duftet das Mehl im Aehrenfeld. Der Wald duftet auch, aus den Tälern quillt Rauch: Du wirst zum Erntemann dieser feurigen Welt!
Der Hut. Bon Max Bernard i.
Er haute ihr eine herunter. Noch eine! Ach— es tat wohl! Zwei blitzende Augen aus einem glühenden Gesicht, zwei kleine Fäuste ganz dicht unter seiner Nase.— Und dann ein Keuchen— Weinen— Wimmern. Sie hotte sich auf den Stuhl geworfen, hielt die Hände vors Gesicht. Die Ellbogen stützten sich auf dem blankgescheuerten Küchentisch. Er war zurückgetreten. Teufel auch, er wollte doch sehen! Wo war denn sein Hut? Jetzt wollte er justament gehen.— Daß es wieder so kommen mußte! Konnte er dafür? Sie wollte es ja so. Er war der beste Mensch, nur durste man— Sie schluchzte. Der gemeine Kerl! Ins Gesicht schlagen! Wo hatte sie nur ihre Augen gehabt— den rohen Menschen zu— Er suchte seinen Hut. Er hatte ihn doch dort aufgehängt. Oder war er vorhin heruntergefallen? Nein— da lag er ja, neben ihr auf dem Tisch-— Wie sie weinte! Nein, er ging nicht so nah« an sie heran. Er konnte ja auch ohne Hut gehen. Warum sollte er nicht chne Hut gehen?— Wenn sie bloß zu weinen aufhören würde. Sie blinzelte aus den Tränen heraus nach dem Hut. Ob er sich wohl den Hut holt? Der gemeine Kerl! Weshalb regte er sich so ruf— sie war auch nervös— darauf konnte er auch Rücksicht nehmen. Aber er, er— Ob er wirklich ohne Hut gehen sollte? Es könnte auffallen. Es sah so aus, als käme er von einer Rauferei. Zum Donnerwetter— es ließ sich kein richtiger Gedanke fasten. Vorhin hatte er ja auch nicht gedacht— Er nimmt den Hut nicht! Er sieht ihn doch— oder sieht er ihn nicht? Sie rückte unter Schluchzen ein wenig mit den Ellenbogen. Jetzt müßte er ihn doch bemerken!— Weshalb nimmt er ihn nicht? Ich werde ihn doch nehmen, den Hut. Weshalb eigentlich nicht? — Noch immer weint sie so schrecklich. So weh kann es doch gar nicht getan haben. Oder weinte sie, weil er so— Wenn er nicht bald den Hut nimmt, werde ich oerrückt! Er will doch fort. Es wird so spät. Er hat ohnehin keine— Ich werde den Hut doch nicht nehmen. Ich kann ja Kopf. schmerzen haben. Habe ich vielleicht keine Kopfschmerzen? Schon den ganzen Tag über- Und zehn Stunden Arbeit. Und dann heim» kommen und wiederum—— nein, er konnte nicht dafür. Mein Gott nocheinmal— Er hott ihn nicht. Er geht ohne Hut! Er wird sich«rkätten! Wo er immer über Kopfschmerzen klagt. Und dann die kalt« Nachtluft! Sie weinte oerstärkt.. Jetzt sängt sie von neuem an. Wo ich mir doch gerade den Hut holen wollte! Eine weinende Frau abends zehn Uhr ist ungemütlich. Jetzt geht er! Ohne Hut! Sie schluchzte in tiefem Weh. Er ging ohne Hut. Die dunkle Treppe hinab. „Max—■!* „Ja—!* Sie flog die Stufen hinunter. „Du sollst doch den Hut—* sie hielt den Hut in der Hand. „Ach— den Hut sollte ich--* und in der Austegung erstickte er fast an dem Wort:
Die Tettenrngs-Krone.
Da öes Schutzzolls arges Wert gedieh, VaZ man seine Ireunöschaflstat belohne. Nohn sich feierlich dem kanzlerthroae Dankbar nach gelöstem Zollproblem Junkertum sowohl«le Industrie, Reicht man ihm das Teurungsüiadem. Recht so! dem Verdienste seine Krone!
„Du Liebe!" „Du Guter!" Sie umschlangen sich herzlich. Der Hut fiel zu Boden. Zwei Arm« streckten fich danach. Er und sie. Hoben ihn auf und trugen ihn gemeinsam die Treppe hinauf.
Und auf dem Treppenabsatz wurde er noch einmal aufs Fensterbrett abgesetzt. Dann weiter ins Heim. Es war ja wieder alles in Ordnung. Wozu brauchten sie überhaupt den Hut?—
Marina.
3] Von Gabriela Preisfooü. (Autorisierte Uebersetzung aus dem Tschechischen von A. Berchtold.) Und er lief, gleich nachdem der Zug an dem Wächterhäuschen vorübergefahren war, zu dem Fenster des Schusterhauses. Er hotte gehofft, daß heute, am Sonntag, der Schuster wie gewöhnlich ins Wirtshaus gegangen sei, um seine Zeitung zu lesen. Diese Hoffnung aber betrog ihn, wie ihm alles in der letzten Zett fehlgegangen war. Auf sein Klopsen kam der Hatlik selbst, die Türe zu öffnen. Iura trat, sich zu einem Gruße zwingend, ruhig ein und meldete dem Meister, daß er gekommen sei, um sich Schuhe zu bestellen, vorläufig nur ein Paar niedriger Hausschuh« aus irgendeinem beliebigen Leder. „Auch solch« Schuhe sind heuzutage nicht billig," antwortete der Schuster.„Setzen Sie sich bei uns ein bißchen nieder!" Jura blickte sich in der Stube wohlgefällig um, alles atmet« hier behagliche Ordnung. Bei ihm zu Hause in dem Wächterhäuschen war alles ganz anders,— so verwirrt—, wohl eine Folge der Krank- beit des Vaters. So denkend, war er dankbar, daß ihm ein Ge- sprächsstoff einfiel.„Mein Vater ist immer kränklich," seufzte er auf.„es geht schon bedenklich zu Ende mit ihm!" „Ich habe davon gehört," antwortete ruhig der Schuster,„und er ist ja gar nicht so alt, der Arme! Glauben Sie, nach ihm die Stellung zu bekommen? Da würden Sie es gut haben!" „Ich hoste, daß ich den Posten bekomme, der Streckenmeister ist mein Pate." „Na also, da könnten Sie von Glück reden, sogar pensions- berechtigt wären Sie dann, nicht wahr?" „Ja, alle Eisenbahner bekommen Pension, aber von Glück reden — welches Glück, da doch der Vater vorher sterben müßte!" „Freilich, freilich, man spricht nur so— alles auf der Well kann einmal geschehen!" „Ig, alles kann einmal geschehen," dachte Jura, während er den Schuh auszog,„auch die Marina kann die Meine werden!" Als der Schuster vor ibm kniete, um ihm das Maß zu nehmen. verdroß es ihn, daß Hatlik noch ziemlich schöne Haare habe. Er dachte daran, daß der Schuster nicht einmal so häßlich war. als er gemeint hatte. Nur diese garstigen, abstehenden Ohren, und im gan. zen recht unansehnlich! Jura heftete seine Augen auf die Türe: „Sehr still haben Sie es hier" „Wer sollte hier Lärm machen? Mein Weib ging schon zeitig früh aus, und Kinder sind noch keine im Haufe."
Das Wort„Kinder" berührt« Jura sehr unangenehm. Trotzig den Kopf schüttelnd, fragte er:„Wohin ging die Meisterin so zeitig?" „Sie ging mit ihrer Mutter und Schwester noch Studniy zur Jungfrau Maria. Die Weiber holten etwas auf die Wallfahrt!" „Das ist bei ihnen immer ein wichtiges Ereignis," bemerkte Jura etwas gereizt. „Ich dagegen bin keiner von den Frommen," sagte lächelnd der kleine Schuster;„ich lese lieber meine Zeitung. Der Mensch muß mit dem Fortschritte gehen, nicht wahr?" Jura interesiierten die Ansichten de» Schusters nicht weiter. „Wann wird Marina zurückkommen," dacht« er bei sich und fügt« laut hinzu:„Welch langer Weg bis Stübnitz. Und da sind sie zu Fuß gegangen?" „Ah, woher zu Fuß! Mtt der Eisenbahn sind sie gefahren. Heutzutage erspart man die Eisenbahn an den Schuhen. — Sonst könnten sie auch nicht in einem Tage zurück sein, die Schwägerin hat Kinder zu Hause und ihre Wirtschost." „Da werden sie abends auf die Haltestelle kommen," dachte Jura zitternd, ober er sprach es nicht aus. aus Angst, es könnte dem Schuster auffällig sein. Also Marina war des morgens an ihm vorbeigefahren,-ünd er konnte ihr nicht einmal mit dem Taschentuchs zuwinken. „Wann werden die Hausschuhe fertig sein?" fragte er nun gleichgültigen Tones,„ich möchte wünschen, daß sie einstweilen mein Vater benützt, wenn er zeitweilig au» dem Bette steigt, er soll es bequem haben!" „Na. jetzt habe ich ziemlich viel Arbeit, aber weil es sich um den Kranken handelt, will ich sie noch diese Woche fertigmachen." „Gut, ich werde nächstens nachfragen." „So Donnerstag abend," versprach Hallik. „Gut, gut, ich werde kommen. Aus Wiedersehen, Meister!" „Und nach dem Preis fragen Sie nicht?" „Oh nein." antwortete Jura, mit der Hand abwehrend,„wir «erden uns schon einigen." „Grüßen Sie also den Vater von mir, ich wünsche, daß er diese Krankheit glücklich überstehe!" „Danke Ihnen!" Jura brach ein vertrocknetes Aestchen von dem jungen Zwetschen- bäume und zerbröckelte es in seiner Hand. „Der Mensch muß mit dem Schuster noch freundlich plaudern, wie mit einem Kameroden," sagte sich Iura bitter.„Die Schachtel mit dem Tabak und Zigarettenpapier habe ich auch vergesien, als ich mir zu Hause den neuen Rock anzog. So verliere ich ganz meinen Kops. Wer weiß, ob mich die Marina auf dem Wege von der Bahn über-
Haupt anblicken wird, die zwei Weiber gehen mit ihr, und ihr Mann kommt ihr vielleicht gar entgegen!" Schließlich scheint sie mit auch so eine Heiline zu sein, mit der schwer zu reden ist!" So blieb er bis zum Abend in llnsicherheit ganz verstört. Aber was wird aus dieser seiner starken Liebe?--- Der Abendzug sauste schnell bei seinem Wächterhause vorbei, zu erkennen war niemand, nur die Lichter huschten rasch an ihm vor- über. Jura legte seine Laterne ab und eilte schleunigst dem Zuge nach bis zur Haltestelle. Da erblickte er auch schon die drei Frauen. Vor ihnen zwei unbekannte Männer. Also der Schuster ist seiner Frau nicht entgegengegangen. Jetzt war es nur geboten, den drei Frauen, vom Wege abbiegend, von weitem zu folgen, vielleicht wer- den sie sich schon in der Allee trennen! Er hatte recht geraten. Am Ende des Dorses verabschiedeten sich die Mutter und ihre ältere Tochtei( von Marina und bogen recht» ab. Marina stieg allein durch die Lindenallee hinan zu ihrem Häuschen. Juras Herz schlug heftig. Er mußte seine Schritte noch ein Weilchen mäßigen. Trotz der Dunkelheit bemerkte er scharfen Auges, daß jemand der Marina entgegenging. Also doch der Schuster? Gott sei Dank, nein! Ihr Mann war es nicht, und nicht einmal ein Bekannter, der sie aufgehalten hätte. Ein alter Mann ging gleichgültig an ihr vorüber. Letzt aber begann Iura ihr schnell nachzulaufen, erreichte alsbald die junge Pilgerin und begann nach kurzem Gruße hastig zu sprechen: „Ich war heute bei euch oben, habe mir ein Paar Pantoffel bestellt, und da erfuhr ich, daß Sie abends mit dem Zuge ankämen, da bin ich Ihnen also entgegengegangen" Sie mähigte ihre Schritte, ja, sie blieb sogar stehen:„Was machen Sie da um Gotteswillen, was ist das für eine Ausführung? Bedenken Sie doch, ich komme vom heiligen Orte und war dort bei der Beichte..... Lassen Sie mich. Grüß Gott !" Mühsam reichte sie ihm die Hand. Iura ließ sich durch ihre Ermahnung nicht einschüchtern, noch ent- waffnen. Er behielt ihre Hand wie mit einer Zange umschlosien. Vergebens suchte sich die Frau dieser eisernen Faust zu entziehen. „Ich beabsichtige ja nichts Böses mit Ihnen," sagte er mit sanfter Stimme,„daß ich von meiner großen Liebe spreche, das kann Gott selbst hören, der sie mir eingegeben hat.— Warum sind Sie, Ma- rina, nicht ein einziges Mal zu den Steinbrüchen gekommen, wie ich Sie so eindringlich bat? Noch pie im Leben habe ich jemand so demütig um etwas gebeten." „Ich bitte Sie.— was wollen Sie von mir?" entgegnete sie erschrocken.„Ich bin verheiratet, wie dürfte ich Ihnen nachlaufen?" (Fortsetzung folgt.)