frektag 14. August 1925
Unterhaltung und
Beilage des vorwärts
t
öoöensesfisther. Boa Edgar Hahnewald . Wir gleiten hinaus. Der Motor klopft in gleichmäßigen Touren. Er arbeitel laut, aber im hohen Raum aus Himmel und See ballt sich der puffende Lärm auf das Boot zusammen. Man fühlt ringsum die Stille. Hinter uns strudelt das zerschnittene Master in einer langen gekräuselten Bahn zusammen. Das Boot zittert leise unter den schnellen Schlägen der Maschine. Mit uns rollt eine unsichtbare Luftkugel aus Benzin- und Oelgeruch über den See. Der jüngere der beiden Fischer sitzt auf dein Bootsrand. Er blickt voraus und greift ab und zu in die Hebel. Der ältere hat sich auf das Netzgarn gelegt. Er schläft. Unter dem dünnen Holze des Bootes sinkt das Wasser hundcrtundachtzig Meter tief hinab, aber er schläft wie in einem Bett. Sein braunes Gesicht ist fern von Gedanken und Träumen. Cr liegt wie einer jener Fischer, die Jünger und Apostel wurden, und Fritz von Uhde hätte um dieses gebräunte schlafende Fischergcsicht eine biblische Legende malen können. Der kleine Benzmotor zieht uns unaufhaltsam über das rauschende Wasser. Der See wird immer größer um uns, und weil das Boot so flach ist, daß ich die Hand ins Master tauchen kann, '■ebt sich die wogende Fläche scheinbar um uns zu fernen hohen Horizonten. Die Mainau versinkt schon weit hinter uns im Duft der Ferne- das fruchtrots Schloß leuchtet weich. Meersburg zog vorüber. Das Konstanzer Münster verblaßt auf ganz schmalem Uferstrich zwischen See und Himmel. Friedrichshofen hebt zwei winzige Türme in den grenzenlosen Glanz. Die Alpen /sind nicht zu sehen: man weiß nur, daß sie über den Hügeln des Schweizer Ufers hinter den dichten Gehängen des Dunstes stehen— man weiß das und das macht ihre Unsichtbarteit so geheimnisvoll.
Ganz fern schaukelt die Silhouette von Langenargen über den Wellen. Stunden sind vergangen. Der Fischer am Motor erhebt sich von Zeit zu Zeit, steigt auf die Sitzbank und späht hoch aus den schwankenden See hinaus. Er sucht die Boote, die schon draußen sind. Sie haben am Tage vorher.den Fisch" gesucht. Er hat sich hoch in den Obersee hinaufgezogen. Bor Langenargen soll er stehen. Aber kein Boot ist zu sehen. Der Fischer ändert den Kurs. Mit puffendem Motor knattern wir über die Fläche. Der Kiel schlitzt das Master. Drüben schaukelt das Schweizer Ufer. Nach einer halben Stunde ruft der Fischer: Da sind sie! Ich sehe nur Lichtfunken auf dem Wasser, wie lautlos aufblitzende Schüsse. Aber der Alte erhebt sich mitten aus tiefstem Schlafe, blickt hinaus und macht schweigend das Gerät fertig. Nun sehe auch ich die Boote, kleine, tanzende, treisende Splitter im springenden Glänze des Masters. Die fernsten scheinen über dem Wasser im Dunste zu schweben. Wir halten scharf darauf zu. Die schwarzen Boote tanzen heran, der See weitet sich um sie und dann— nach drei- «nhalbstündiger Fahrt— sind wir mitten unter ihnen. Alle Ein- samkeit ist mit einem Male ausgewischt. Die Boote bevölkern den See als weit verstreute ineinander kreisende Schar. Ich zähle siebenundachtzig Fischerboot«, und der blanke Raum ist erfüllt vom Klopien ihm Motore. Ohne Verweilen, noch im letzten Hineingleiten in die Schar, haben.meine" Fischer die Arbeit begonnen. In gestoppter Fahrt, in der der Motor wie eine Steppmaschme hämmert, haben sie sich einen Dvaum zwischen den kreisenden Booten gesucht. Der Alte wirst die„Schwebe" ins Waster, ein Bündel schwimmender Korkplatten am Tau. Eine daran gebundene Schweinsblase macht die Schwebe im Wasser besser sichtbar. Das lange Tau gleitet über den Boots- rand. Es verbindet die Schwebe mit dem Netz, das nun, während das Boot tn großem Kreisbogen gesteuert wird, mit raschen raffen- dgn Griffen ins Wasser geworfen wird. Runde glatte Feldstein« spannen das Netz in die Tiefe: die„Flotten", lange runde Holz- schwimme? am oberen Netzrande, erhalten es schwimmend. Damit das Garn im kristallklaren Wasser nicht so sichtbar ist, färben es die Fischer mit Kaschu, einer rotbraunen Farbe, die das Garn gleich. zeitig hallbarer macht— vielleicht ist das auch der eigentliche Zweck. Das Netz hängt wie eine rostrote Gardine im grünen Waster. Ein großes kreisrundes Maschengitter, das in der Tiefe sich zum„Sack", zum geschlostenen Netz, verengt. Und wenn das letzte Garn ins Waster geworfen ist. läuft wieder ein Tau ab. indes der Fischer mit raschem Motorengang auf die schaukelnde Schwebe zufährt und sie mit der Hand aus dem Wasser aufhebt. So geschickt handhabt er Motor und Steuer, daß die heranwirbelndc«chwebe immer im rechten Augenblick gegen die Bootswand klopft. Nun ist der Kreis geschlossen— hundertzwanzig Meter etwa ist das Klusgarn, wie der Fischer dieses Netz nennt, lang und im Wasser bildet es einen Kreis von achtzig bis hundert Metern im Umfang.. Sobald die Schwebe gefangen und der Netzkreis geschlossen ist, wird der Motor abgestellt. Der Fischzug beginnt. Beide Fischer, jeder an seinem Ende, holen mit raffenden Bewegungen das Nei ein, wabei es mit geschickten Griffen so geordnet gelegt wird, das die Steingewichte über den Dootsrand hängen, die Holzflotten neben- eiuander auf das geschichtete Garn zu liegen kommen. Damit liegt es für das nächste Auswerfen schon wieder bereit.
Die Fischer raffen in gleichmäßigem ruhigen Takt, während das Boot langsam quer hintrcibt. Immer kleiner wird der Netz- kreis, die ziehende Netzgasse im Wasser wird immer enger. Die letzten Holzschwimmer sind herein, der Kreis ist vom Boote auf- genommen und nun wird mit raschen Bewegungen der Sack des Netzes aufgeholl— eine triefende springende blitzende Last taucht aus dem Wasser auf, wird hereingeschwenkt und aus dem geöffneten Netze glitschen fünf, sechs blanke blausilberne Fische. Sie springen auf dem nassen Boden herum, sie flattern wahrhaftig mit ihren blanken schnellenden Leibern. Der Fischer greift sie und schlägt sie mit einem Eisenstück zwei-, dreimal auf den Kopf. Unter diesen knatschenden Schlägen verzuckt der Fisch, das verzweifelte Schnellen seines glatten Leibes sinkt in der Hand des Fischers zusammen, das Maul klasft rund und rührend auf, einige Tropfen dünner roter Lymphe dringen
/lusgleichenöe Gerechtigkeit.
Schnapp ist nicht Rehnig 'Und Rehnig nicht Schnapp. Kriegt Rehnig zu wenig, kriegt Schnapp nicht zu knapp.
heraus und mit starren erstaunten Augen schickt sich der Fisch in seinen Tod. Er wird in den mit nassen Lappen ausgelegten Korb geworfen und der Fischer greift den nächsten Fisch, der hilflos und wie wahnsinnig aus der nassen Planke flattert... Und wieder klopft der Motor, wieder fliegt die Schwebe ins spritzende Wasser, wieder rundet das Boot den großen Kreis, den Todesring für die Felchen, und wieder raffen die Fischer im Takte dos triefende Netz. Das ist ihre Arbeit. Stunde um Stunde. Es gibt kein Der- weilen— die Schwebe fliegt und der Motor klopft die Runde— und oft kommt das Netz leer heraus. In fünfstündiger Arbeit fing unser Boot in achtzehn Zügen dreiunddreißig Fische: zweiund- dreißig Felchen und eine Forelle. Es war ein schlechter Tag. * In einer kurzen Pause frühstücken die Fischer Brot und Wurst. Der„Most", das dünne weinartige Erfrischungsgetränk, war ver- geffen worden. Die Fischer banden ein Eisenftück an eine Flasche und warfen diese an langer Schnur ins Wasser. Nach geraumer Zeit stieg weitab vom Boot ein Sprudel klarer Luftperlen auf. Die gefüllte Flasche wurde heraufgezogen. Das Waster war rein wie Glas und kalt wie Eis. Und wieder wird das Netz geworfen. Zwischen Fischzug und Fischzug muh das mit dem Netz hereingcschleppte Wasser heraus- gepumpt werden. Es ist niit dem Oel des Motors vermischt. Rings um das Boot breitet sich eine übelriechende schillernde Oslhaut auf dem Waster aus. Immer wieder flattern und sterben die Fische. .Der See blitzt wie ein riesiger Blendspiegel. Der Glanz schneidet in die Augen. Die Sonne brennt wie spritzendes Feuer auf der Haut. Im Dunste stehen jetzt wie fahle Träume die zackigen Um- risse der Alpen mit weißen Schneekanten. Der Schwärm der kreisen-
den Boote zieht sich immer mehr ans Schweizer Ufer heran, er folgt dem ziehenden Fisch. Rohrschach flimmert über den Wellenspitzen. Ringsum hämmern die Motore der siebenundachtzig Borne. Es klingt wie sanftes Gewehrfeuer über die blendende Fläche. Die Pumpen gurgeln blechern. Noch in der flirrenden Ferne ziehen Boote ihre Kreise. Alle Stadien des Fischzuges spielen sich rundum gleichzeitig ab. Immer wieder folgt auf den Wurf der Schwebe. auf die klopfende Kreisfahrt das rhythmische Raffen des Reges— man denkt an biblische Bilder, an den See Genezareth , an Pctri Fischzug. So uralt ist der Takt, in dem die Fischer, nebenernandtr an der geneigten Bootskante stehend, ihre Netz» raffen. In das rieselnde Triefen des Garns schallt aus benachbarten Booten der fletschende Schlag des Eisens auf die Fischköpfe. » Mit einem Male ist lautlose Stille ringsum. Kein Motor klopft mehr. Es ist drückend heiß. Der Fisch ist in kühlere Tiefen ge- gangen, in denen ihn kein Netz mehr erreicht. Siebenundachtzig Boote liegen oerstreut still auf dem blitzenden Waster und warten, bis der Fisch wieder heraufkommt. Es kann stundenlang dauern. Es kann darüber Abend werden. Die Fischer ziehen ihre Messer, mit denen sie vorhin Brot und Wurst schnitten. Sie beginnen die Fische auszuschlachten. Ein Messerschnitt, ein Fingergrisf in hervorquellende Eingeweide, ein Wurf in den Korb und ein Wurf in den See, über den lauernd weiße Möwen schweben. Die Sonne brennt. Die Wellen blitzen wie gläserne tanzende Scherben. Es riecht schwer nach Benzol, nach Oel , nach Waster und Fischen. Eingeweide schaukeln in felligem Wasser. » Nach zwei Stunden, während der die Boote wie schlafend auf dem Waster lagen, frischt Alpenwind den See auf. Und wie von ihm geweckt, klopfen draußen auf dem Wasser einige Motore ihren raschen Takt. Andere setzen ein. Auch wir schießen in hämmernder Fahrt neuen Revieren zu. Es ist, als hälle sich ein Bann gelöst. Die lastende Schwüle hat sich vom Waster gehoben. Frisch und kühl und kristallklar rauscht es um unser Boot und aus den Dünsten tritt in sanfter Klarheit der hohe Wall der Berge, vor dem fern, vom Wasser umtanzt, die grünen Ufer und die blinkenden Städte der Schweiz liegen. Die Schwebe fliegt spritzend ins Waiser und die rostbraunen Maschenwolken des Netzes entfallen sich in der schimmernden Tiefe.
Wie St Helena besiedelt wurde. Der Besuch, den der Prinz von Wales auf seiner Weltreis« dieser Tage der Insel St. Helena
abstattete, gibt englischen Blättern Gelegenheit, an die Besiedclungs- geschichte dieses öden, durch Napoleons Gesangenschaft berühmt ge- wordenen Felseneilands zu erinnern. St. Helena wurde am 2?. Mai
Jnfel� zu verpflanzen und neue Getreidearten auszusäen, Als dann ""-Ostindische Kompagnie 1657 gegen Abtretung des Kaps
die
1502 am Namenstag der heiligen Helena,, von der es auch den Namen empfing, von dem Portugiesen Joao de Noza entdeckt. Das Eiland war damals vollständig unbewohnt. Die Portugiesen begannen zwar die Anpflanzung, legten aber keine eigentlichen Nieder- assungen an, sondern begnügten� sich damtt, neue Tiere nach der 'el zu verpflan Engllsch-vmni der guten Hoffnung St. Helena erhielt, begann man damit, englische Kolonisten heranzuziehen. Die englische Regierung versprach den Auswanderungslustigen allerlei Erleichterungen und Bergünsti- gungen, hatte aber bei ihrer Werbetätigkeit nur geringen Erfolg. Da kam ihr der Zufall zu Hilfe. Der große Brand, der im Jahre 1666 London heimsuchte und ganze Stadtviertel mtt mehr als 1Z000 Häusern vernichtete, halle zahlreiche Bewohner obdachlos gemacht, ..v-prjjgjT.
die nicht wußten, wo sie ihr wählte die englische Regierung die ersten Ein-
und aus der Zahl dieser Ungli Hauot betten sollten. wanoerer. Sie gingen nach St. Helena in der Hoffnung, sich dort ein neues Leben aufbauen zu können. Um den Unterhall brauchten sie sich in den ersten Iahren nicht zu kümmern. Der englische Gouverneur hatte von der Regierung die Anweisung erhalten, jeden Tag ein großes Mahl zu veranstalten, an dem alle Kolonisten der Insel auf Kosten der Regierung teilnehmen durften. Auf diesem Wege gelang es, einen festen Stamm von Kolonisten zu bilden. Die Größe der Weereswellea. Die genaue Berechnung der Länge und Hohe von Meereswellen ist bisher auf große Schwierig- kellen gestoßen. Mit Hilse besonders gebauter photographischer Apparate ist es jetzt aber gelungen, einwandfreie Messungen vor- unehmen und genaue Größenverhältniste festzustellen. Die Wellen den bei mäßig bewegter See eine Höhe von zwei bis vier Metern. die sich bei starkem Wind auf acht bis neun und bei Orkanen auf zehn bis zwölf Meter steigern kann. Eine darüber etwa noch hin- ausgehende Höhe der Meereswellen ist auch bei Vornahme von vlulloaraphische,, Aufnahmen bei wildbewegtestom Seegänge nicht festgestellt worden, und früher genannte Zahlen von fünfzehn und noch mehr Metern sind demnach ins Reich der Fabel zu oerweisen. Die Länge einer solchen Meereswell«, d. h. die Entsernung von Wellenkamm zu Wellenkamm, beträgt etwa dreihundert Meter. Die teit, in der ein Wellenberg auf den andern folgt, dauert zwanzig etunden, so daß die Geschwindigkeit einer großen Welle rund zwanzig Meter in der Sekunde, also Schnellzugsgeschwindi-»!»»». beträgt.
Marina.
4] Von Gabriela PreissvvL. (Autorisierte Uebersetzung au» dem Tschechischen von A. Berchtald.) „Mll dem Rechte der Liebe, die über alle» geht, können wir auch'zusammenkommen. Lassen Sie sich scheiden, ich mache Sie zu meiner rechtmäßigen Frau, und auf Händen will ich Sie tragen." „So einen Tausch verstehe ich nicht." wehrre sie sich gerode so. wie vor einer Woche dort beim Fenster.„Um Gottes willen, lassen Sie mich in Ruhe. Bedenken Sie. mein Mann ist ein guter Mensch, eii ordentlicher Handwerker, wir haben unser eigenes Häuschen. Die Leute würden nur sagen, daß ich vom Teufel besessen bin." Also an andere denken Sie. nur nicht an mich und meine auf- richtige Liebe Was habe ich Ihnen getan, daß Sie mir meine Ruhe -rnd den Verstand genommen haben? Am besten, ich werfe mich mit meiner Qual unter den Zug. dann ist mit einem Schlage alles zu Dann erst werden Sie an meine Liebe glauben!" Di'e Stimme versagte ihm.«r log nicht in diesem Augenblicke. Das fühlte auch Marina deutlich, während sie leise�erwidorte:„Jesus Christus , was soll denn aus uns beiden werden? Der Bursche fühlte aus den Worten„uns beiden"«in süßes Be- tenntnis des geliebten Weibes. Seine Seele jauchzte und schwang sich hoch hinauf, wie das Lied der Lerche über dem Kornfeld-. Plötz- 'ich umarmt« er den Nacken Marinas und sie wurde stumm, als wen? ihr etwas zuraunte:„Das ist das große Glück dieser Well. halle es fest, verscheuche es nicht." Sie wußte selbst nicht, wie es geschah, daß sie sich der Um. ormung willig überließ und ihr Kops an die Brust des Burschen sank. der nicht ihr angetrauter Mann war. Sie hörte nur. wie er ihr zuflüsterte:„Warte nur. Kindchen. wir werden es dort im Wächterhäuschen über alles schön haben. Wir haben dort Hühner, Tauben und Kaninchen und einen schönen Garten, ich werde dir die ollerschönsten Blumen in deine Fenster
stellen. 2m Garten wachsen Reseden, Salbei, Lilien und Sonnen- blumen, so schön, wie nirgends in der Umgebung. Der Vater, der arme, kann kaum noch länger als ein paar Tage am Leben bleiben, ich werde seinen Posten bekommen, und dann sollen uns in der Einsamkeit weder die Menschen noch ihr Gerede etwas kümmern! Schau iNur, Marina, wie dort vom Wächterhäuschen die zwei Lichter auf dich herüberleuchten. Dort wirst du mein« Hausfrau fein und niemand'-nf dir Uebles antun. Bereite ruhig deine Kleider vor und olles, dir gehört, und wenn dein Mann aus dem Hause ist, trage die Sachen zu uns, am besten in der Dämmerung, und wirf sie über den Zaun in den Garten, wenn ich nicht selbst dir entgegenkommen könnte. Fürchte dich nicht, mein Täubchen, du wirst sehen, es wird alles gut werden, vertraue mir nur." Er überschüttete ihr wie in Ohnmacht erstarrtes Gesicht mit Küsten und fügte noch hinzu:„Wir dürfen uns noch nicht verraten. Ich warte jetzt geduldig, da ich weiß, daß du mein wirst. Geh jetzt nach Hause, meine Liebe wird dich begleiten, und komm dann, sobald du kannst, zu meinem Garten. Wir haben dort eine hübsche Laube. Der Voter wird nichts hören, und die Schwester kommt nur mittags. Kehr» jetzt nach Hause zurück, Marina, ich werde dich zu jeder Stunde erwarten. Denk daran, daß du mir das Leben gerettet hast. Ich dachte schon an das Ende meiner Qualen auf den Eisanbahnschienen. Du gabst mir das Leben wieder.... Gute Nacht, süße Marina!" Iura wendete sich ab, ging ein wenig abseits und über die Berg - lehne hinunter. Das war nicht mehr der wilde Bursche, das war nun ein weicher, ergebener Mensch, und wie schön erschien er ihr und süß in dieser Dämmerstunde! Iura blieb in einiger Entfernung stehen und blickte dem Weibe noch, wie ee langsam den Alleeweg hinaufschritt, bis es verschwunden war. Er warf sich zur Erde nieder und vergrub seine heiße Stirne in den kühlen Rasen. Ganz nahe auf einer blühenden AkaZie piepte ein Vögelein, zwei Grillen zirpten verliebt im Grase, und am Himmel huschten weiße, kleine Wölkchen dahin, anzusehen wie spie- lende Lämmlein. Wie schön ist doch das Leben— wie schön! Der
Mensch möchte die ganze Well umarmen, nur um einen.Kuh von Marina. Am liebsten hätte Iura hier auf diesem schönen Erden- fleck die Nacht verbracht. Aber die ihm verblieben« Vernunft hieß ihn nach Hause gehen. Er kehrte langsam zurück, ganz wonnetrunken, keine Sorge trübte mehr seinen Glauben. Zu Hause angekommen, fragte er den Vater nach seinem B>.- finden und stellte den Wecker auf 1 Uhr, weil um%2 Uhr der Last zug durchfahren sollte. „Ich werde nicht verschlafen, mein Junge," sagte der Vater, „ich werde dich schon zur Zeit wecken." „Schlafen Sie nur ruhig, Väterchen, heute sst eine wunderschöne, milde Nacht," erwiderte Jura. Er zog Schuhe und Nock aus, vergrub seinen Kopf tn die weichen Kissen und schlief sofort den Schlaf der gesunden Jugend. Marina war zum beleuchteten Fenster ihres Hauses gekommen und klopfte daran. Sie sah ihren Mann beim Tische sitzend lesen. Ueber der Stirne hatte er einen grünen Schirm zum Schutze der Augen. Cr beeilte sich, die Haustüre zu öffnen und bewillkommssre sie freundlich:„Na, gut, daß du schon da bist. Ich habe einen Kaffee gekocht, einen sehr guten, dämit du siehst, daß ich auch etwas kann." Trotz des freundlichen Willkommengrußes erschrak Marina vor dem ihr bekannten Augenschirm des Mannes. Es schien ihr. als od er einen spähenden, mißtrauischen Blick auf sie richte. Dann kam ihr vor, daß sie die hohe Gestalt des„anderen" wieder draußen vor dem Hause gehen höre. Der arme Iura! Wie leicht kann er aus lauter Sehnsucht und Liebe die Vernunft verlieren. Heilige Maria,«rbarine dich seiner und auch meiner! „Waren in Studnitz viel Leute?" fragt« der Mann. „Genug Leute." anwortete sie, sich zusammennehmend. „Habt Ihr große Auslagen gehabt?" „Die Bahn hat ungefähr 8 Kronen gekostet, 50 Heller habe ich in die Büchse gegeben und einen Sechser dem Kirchendiener in den Klingelbeutel." „Und für dich hast du nichts gekauft?" „Nichts!"(Fortsetzung folgt.)