Britische Reichskonferenz.
Erste Konferenz der Arbeiterparteien des britischen Weltreichs.
In der letzten Juliwoche tagte in London die" British Commonrealth Labour Conference", der in der Geschichte der britischen Arbeiterbewegung außerordentliche Bedeutung zufommt. Zum ersten Male waren die Vertreter der Arbeiterparteien der verschiedenen Teile des britischen Weltreichs zu einer offiziellen Beratung zusammengetreten, um den Zusammenhang zwischen der Arbeiterbewegung im Mutterlande und in den Dominions sowie in den Kolonialländern fester zu gestalten. Der Organisationsbereich der britischen Arbeiterpartei ist auf Großbritannien im engeren Sinne beschränkt. Er umfaßt England, Wales und Schottland , während Irland, das heute die Unabhängig feit der anderen Dominions erlangt hat, auch eine selbständige Arbeiterpartei oder genauer gesagt, zwei Parteien befißt, die in der Konferenz allerdings als einzige Fraktion auftraten. Die Arbeiterparteien in Amerika , Afrika , Australien und Asien entstanden zum Teil unter dem Einfluß von englischen Auswanderern, die der Orga: nisation im Mutterlande angehört hatten. Sie sind aber vollständig unabhängig.
Die Arbeiterparteien in Kanada und Australien sind voll kommen anglosächsisch, ihre Organisation ist aber auch keineswegs eine zentralisierte Einheit. So besteht in Ranada wegen der enor men Entfernungen nur ein schwacher Zusammenhang zwischen den einzelnen Organisationen. In Australien liegt der Schwerpunkt der Organisation in den einzelnen Staaten, während der Verband, der ganz Australien umfaßt, nur alle drei Jahre eine Konferenz abhält und in der Zwischenzeit von untergeordneter Bedeutung ist. Neben den angelsächsischen bestehen aber noch die Arbeiterorganisationen der Eingeborenen des Landes, die vor allem in Indien im Bordergrund stehen. Am kompliziertesten werden die Organisationsprobleme in jenen Ländern, wo es neben den weißen Einwanderern auch noch solche anderer Rassen gibt. So find in Südafrika neben den Weißen und den eingeborenen Negern noch Hundert taufende von indischen Arbeitern beschäftigt. Am drastischsten treten diese Verhältnisse vielleicht in Britisch- Guyana zutage, dem einzigen, relativ fleinen Stück Land, das Großbritannien auf dem füdamerikanischen Kontinent befigt, Seine Bevölkerung ist zufam mengesezt aus Negern, Indiern, Chinesen, Japanern und Europäern. Aber während in Britisch- Guyana in der fleinen Arbeiterpartei von nicht viel mehr als 1000 Mitgliedern alle diese Raffen unter der anerkannten Führung des Genossen H. Critchlow, eines Negers, vereinigt find, stellen die Rassenprobleme in den übrigen Teilen des britischen Weltreiches, vor allem in Indien und in Südafrifa, noch vollständig ungelöste Aufgaben dar.
Die Konferenz war auf einen fleinen Kreis von Teilnehmern beschränkt. Die britische Arbeiterpartei und der Generalrat der britischen Gewerkschaften waren durch 23 Genossen vertreten. Aus Irland waren vier, aus den überseeischen Teilen des britischen Weltreiches 13 Vertreter anwesend. Außerdem waren als Vertreter des Internationalen Gewerkschaftsbundes Brown und als Vertreter der Sozialistischen Arbeiterinternationale Adler anwesend. Arbeiterpartei Neuseelands hatte umfangreiche Memoranden eingefendet. Der Vertreter der Arbeiterföderation Neufundlands war am Erscheinen verhindert.
Die
Die Verhandlungen der sechstägigen Konferenz wurden steno. graphisch aufgenommen und werden bald mm Druck allgemein zu= gänglich sein. Sie werden großes Interesse finden, denn wenn die Probleme auch noch weit von ihrer Lösung sind, ist es doch das Verdienst dieser Konferenz, sie zum erstenmal in vollem Umfang aufgezeigt zu haben. Die Konferenz sah davon ab, Refolutionen zu faffen. Die einzige Ausnahme bildete der Beschluß, in dem die Delegierten den Parteien, denen sie angehören, empfehlen, die Forderung Indiens nach unmittelbarer Verwirklichung der Selbstverwaltung zu unterstüßen. Im übrigen beschränkte sich die Konfe. renz auf die Formulierung von drei Fragebogen, in denen die Srbeiterparteien des britischen Weltreiches aufgefordert werden, in Memoranden ihre Stellungnahme zu den Problemen darzulegen, die als Material für die nächste Konferenz, die im Sommer 1927 in London zusammentreten foll, bestimmt find. Mit ihrer Borberei tung wurde Genosse W. Gillies, der auch als Gefretär der Ronferenz fungierte, betraut. Als Tagesordnungspunkte find in Aussicht genommen: 1. Unterworfene Bölfer; 2. Politische Beziehungen innerhalb des britischen Weltbereiches; 3. Weltfriede; 4. Staatliche Handelsbeziehungen innerhalb des britischen Weltreiches; 5. Wanderungen; 6. Sozialisierung; die Politik des britischen Reiches, der Arbeiterbewegung und bereits erreichte Resultate.
Auch im Auslande ist des Verfassungstages gedacht worden. So veranstaltete die deutsche Kolonie in Genf am Sonnabendabend eine Reichsverfassungsfeier unter zahlreicher Teilnahme der an den Ferienfurfen der Universität Genf teilnehmenden deut schen Studenten, darunter vieler rechtsstehender( u. a. Angehörige des Jungdo).
Eine große schwarzrotgoldene Fahne schmückte den Raum. Der Leiter, ein Demotrat vom alten Schlage der 48er, gab in seiner Eröffnungsansprache dem Gedanken Ausdruck, daß wir gerade in unserer außenpolitischen Ohnmacht uns um die Weimarer Verfassung , die Grundlage unseres ganzen staatlichen Seins, scharen müssen, und daß die zu den Ferienkursen der Universität Genf zahlreich anwesenden deutschen Studenten hier Gelegenheit haben, auch an der Verständigung der Völker zu arbeiten, nachdem die während des Krieges Deutschland sehr feindliche Genfer Atmosphäre sich seit einiger Zeit erfreulicherweise sehr gebessert hat. Ein Vertreter der deutschen Studenten dankte dem Komitee für die Einladung und dankte der deutschen Kolonie für ihre Arbeit für das Deutschtum. Man sang das Deutschlandlied und beschloß, ein Telegramm an den Reichspräsidenten zu senden.
Auf Anfrage aus der Versammlung mußte der Leiter unter allgemeiner Aufmerksamkeit feststellen, daß das deutsche Konsulat in Genf ( wenn auch der Konsul und der Bizetonful auf Urlaub find) trotz Einladung an mehrere Beamte es nicht für nötig gehalten hatte, zur Verfassungsfeier zu erscheinen oder auch nur sonst von ihr Renntnis zu nehmen. In wohltuendem Gegensatz dazu fonnte der Leiter ein Begrüßungsschreiben des Bundesvorstandes des Reichsbanners SRG. verlesen, der trotz der Vorarbeiten für den Großdeutschen Tag dieser Feier in Genf gedacht hatte. Auf die zur Verfassungsfeier in Berlin erschienenen 2000 Desterreicher wurde ein Hoch ausgebracht.
Ein offensichtlich rechtsstehender Herr wünschte zwar die schwarzweißrote Fahne zurüd, betonte aber wiederholt mit Nachdruck, daß, folange Schwarz- Rot- Gold offizielle Reichsfahne ist, jeder Deutsche , besonders gerade im Auslande, verpflichtet ist, es anzuerkennen und zu ehren.
Die Einreifevija nach der Schweiz . Die Schweizerische De peschenagentur dementiert die Meldung, daß die Einreisevisa nach der Schweiz fortan ohne Inanspruchnahme eines schweizerischen Konfulats auf dem Badischen Bahnhof in Basel eingeholt werden können. Diese Meldung ist falsch. Die schweizerischen Grenzorgane find zur Erteilung von Einreisevifa fchon seit langem nur in dringenden Aus nahmefällen ermächtigt, wenn der Nachweis erbracht werden fann, daß die Zeit fehlt, um sich an das Konsulat zu wenden. Einreisevisa in die Schweiz werden nach wie vor bei den schweizerischen Ronfulaten eingeholt werden müssen. Sie werden zu vorübergehendem Aufenthalt, geschäftlichen Zwecken, Ferienreisen, Besuchen usw. ohne Zeitverluft erteilt.
Das Preisfieber.
Erneutes Anziehen fast aller Lebensmittelpreise.
In den letzten Tagen haben die Preise für fast alle Lebens miffel angezogen, besonders start für die Fette. Margarine wollen wir hiervon ausnehmen, weil bei dieser die Verhältnisse ganz besonders geartet sind, am Margarinemarkt fämpfen zwei auslän dische Trustfirmen um die Herrschaft, die alle freie Firmen verdrängen wollen und zu diesem Zwecke vorerst die Preise so niedrig wie möglich halten. Start gefliegen find die Butterpreise. Seit dem 1. Juli ist eine Preissteigerung für inländische Butter Don 1,85 auf 2,12 M., erfolgt. Für dänische Butter von 1,87 auf 2,19 m., für schwedische Butter von 1,75 auf 2,03 m., für fibirische Butter, die man als Ware zweiter Qualität betrachten fann, von 1,52 auf 1,98 m. und für deutsche Butter von 1,75 auf 2,15 M. Das find die Engrospreise. Im Detail tann man einen Zuschlag von 25 Broz. rechnen. Nun pflegt um diese Zeit der Butterpreis stets zu steigen, denn einmal ist der Verbrauch der Landwirte in der Ernte ein erheblich größerer und dann läßt die Milchproduktion nach. Der Fremdenverkehr übt auf die Preise keinen nennenswerten Einfluß aus, weil dieser Butterkonsum ja nur eine Verschiebung erfährt. Immerhin ist festzustellen, daß unter den Einwirtungen der 3ollgefeggebung die Steigerungen in diesem Jahr erheblich höhere sind als in anderen Jahren. Vor allem lann man aber die Wirkung der Zollgesetzgebung auf die Preise beim Schmalz beobachten, die im Engros von 77 Bf. Anfang Mai auf 95% Pf. jetzt stiegen. Diese Steigerung ist eine Folge der starken amerikanischen Spekulation, für die die Bollgesetzgebung der Hauptantrieb war. Das sind die Wirkungen, die man jetzt schon jest stellen kann, wie wird es erst im Winter werden, wenn die Zölle in Kraft getreten find! So sieht der Preisabbau des KabinettsLuther aus.
In bezug auf die augenblickliche Teuerung auf dem Lebensmittelmarkte wurde bei Beratung der Zollvorlage eine Ent= schließung gefaßt, worin die Reichsregierung ersucht wird, unverzüglich mit Bertretern der Organisationen der Landwirtschaft, der Industrie, des Handels, des Handwerks, der Beamten, Angestellten und Arbeiterschaft eine Enquete zu veranstalten zweds Feststellung der Mittel und Wege, wie die ungeheuerliche berzeitige Spanne zwischen Erzeuger und Berbraucherpreis für lebenswichtige Waren fchleunigst beseitigt werden soll. Es soll sich dabei nicht um eine Erneuerung der Zwangswirtschaft, sondern lediglich um eine Ber fürzung des Weges vom Erzeuger zum Kleinhändler und damit um eine Verbilligung der Waren für den Berbraucher handeln. Wie wir erfahren, dürften die Erhebungen der mittleren Preisprüfungsstelle des Schöneberger Polizeipräsidiums über die Höhe der Preisspanne nunmehr soweit vorliegen, daß mit einer Veröffentlichung der als angemessen zu erachtenden Preise für Fleischwaren zu rechnen fein dürfte. Anfang der Woche werden noch einmal Berhandlungen mit den Intereifentenvertretern des Fleischgewerbes im Polizeipräsidium Schöneberg stattfinden.
Werbesportfest in Neukölln.
Der Fußballklub Rüstig Vorwärts", Mitglied des Ar beiter Turn- und Sport- Bundes, veranstaltet am Sonntag, den 16. b. M., einen Werbetag, dessen Kaffenüberschuß der Arbeiter Veranstaltung wird bestehen in einem um 2 Uhr beginnenden Um zug, welcher vom Hohenzollernplag aus seinen Ausgang nimmt. Samariter Rolonne" in Neukölln zugute fommen soll. Die Im Anschluß daran finden Wettspiele auf dem Sportplaz RaiserFriedrich- Straße, Ede Innstraße, statt. Der Eintritt auf den Platz beträgt 30 Pf. In Anbetracht des guten Zwedes ersuchen wir unsere Parteigenossen, die Beranstaltung zu besuchen und sich auch an dem Umzug zu beteiligen. Die Kommunisten versuchen mit den schäbigsten Mitteln die Veranstaltung zu hintertreiben. So haben sie noch gestern Abend versucht, durch ein Telefongespräch mit unserer Redaktion, bei dem sich der Anrufer als Beauftragter des A.- S.- B.- Neukölln vorstellte, die obige Betanntmachung zu vereiteln, das Fest sollte angeblich technischer Schwierig feiten megen nicht stattfinden. Das ist die Einheitsfront dieser Aucharbeitersportler! Alle unsere Parteigenossen und alle anständig denkenden Arbeiter werden mun erft recht das Fest besuchen.
Das Fest der Republik im Film.
In den Richard Oswald Lichtspielen in der Kantstraße gelangten am Freitag abend die Aufnahmen vom riesigen Verfassungstag des Reichsbanners zur Aufführung. Die Ankunft der Desterreicher auf dem Anhalter Bahnhof , die Begrüßung durch den Genossen Löbe, der Ulap mit den begeisterten Zehntausenden, das Riefenmeer republikanischer Männer auf der Treptower Spielwiese, das Volksfest in den Treptower Gärten, dies alles zog, von stürmischem Beifall begrüßt, als lebendiger Nachklang an den Bersammelten vorüber. Wenn auch einige Möglichkeiten dem Zuschauer einen umfassenden Begriff von der Wucht dieses Massenaufmarsches zu geben versäumt sind( der endlose Aufmarsch der Reichsbannerkolonnen auf dem Terrain der Spielwiese fehlt fast völlig) so wird der Film doch überall stärkstes Echo finden. Nicht unerwähnt sei, daß der rührige Photograph den Festschmuck des Vorwärts"-Hauses abfonterfeite. Es ist anzu nehmen, daß der Film in Kürze den einzelnen Reichsbannerfameradschaften in geschlossenen Veranstaltungen vorgeführt wird.
Die letzte Zuflucht eines Verzweifelten. Zur Selbsthilfe wollte gestern der Angestellte eines Geschäftes in der Friedrichstraße schreiten. Der Angestellte hatte tontrattlich eine Forderung von 200 m. an die Firma. Die Auszahlung des Geldes hatte sich längere Zeit hingezögert, und der Gläubiger gebrauchte die Summe notwendig. Mehrmalige Mahnungen hatten feinen Erfolg. Gestern nachmittag erschien er selbst und verlangte sein Geld. Als man ihn wieder mit Ber[ prechungen hin hielt, geriet er so in But, daß er drohte, den ganzen Laden zu demolieren, wenn man ihn nicht fofort zu friedenstelle. Der Geschäftsinhaber, der eine Ausführung der Drohung befürchtete, rief das Ueberfallfommando herbei, das den Wütenden, der aber noch nichts zerschlagen hatte, beruhigte, tatsächlich schon seit längerer Zeit 200 m. zu fordern habe. Er ihn mit zur Bache nahm und sich davon überzeugte, daß der Mann ihn mit zur Bache nahm und sich davon überzeugte, daß der Mann wurde nach Feststellung seiner Personalien fofort wieder entlaffen. Das Gericht wird entscheiden, ob der Geschäftsinhaber berechtigt war, bei einem Privatstreit das Ueberfallkommando zu Hilfe zu rufen noch ehe der Gläubiger feine Drohung in Taten umgelegt hatte. Unter Umständen fann er außer den 200 m., die der Angestellte noch nicht bekommen hat, noch 150 m. Bolizeiftrafe für nicht berechtigtes Anrufen des Ueberfalltommandos bezahlen.
Empfang der spanischen Aerzte. Gestern abend fand im Langenbed- Birchow- Haus, Luisenstraße, der Empfang der spanischen Aerzte durch die Medizinisch - wissenschaftliche Vereinigung statt. Professor rauß hielt in deutscher Sprache die Begrüßungsrede. Er betonte die innigen Beziehungen zwischen Spanien und Deutschland , nannte Spanien das Land der Schönheit und Wahrheit und wies auf die große Bedeutung hin, die die spanische medizinische Wissenschaft in der Welt erlangt hätte. Vor allem würdigte er die Verdienste der beiden anwesenden Professoren Rosell und Ferran, der wichtige Entdeckungen auf dem Gebiete der Impfungen gemacht hat. Professor Rosell von der medizinischen Fakultät in Barzelona danfte ebenfalls in deutscher Sprache. Er erklärte, daß die spanischen Aerzte Deutschland sehr viel zu verdanken hätten und daß er sich selbst gerne seiner Studienzeit an deutschen Univerfitäten erinnere. Ein noch engeres Zusammenarbeiten der beiden Länder in wissenschaftlicher Beziehung werde bestimmt eintreten, der Auftakt dazu sei bereits durch das Erscheinen einiger medizinischer Zeitschriften in spanischer Sprache in Deutschland gegeben. Bro
feffor Ferran ließ einen Vortrag über Tuberkulose- Impfung in deutscher Sprache verlesen. Er stellte seinen deutschen Kollegen frei, die Resultate seiner Forschungen nachzuprüfen, und erbot sich, die Präparate nach Berlin zu schicken. 3wei weitere Vorträge re demnächst in der medizinischen Zeitschrift publiziert werden.
Angeklagte Reichsbannerleute.
Weil sie einem überfallenen Kameraden zu Hilfe tamen.. Ende Februar dieses Jahres wollte die Deutsche Volks partei die östlichen Vororte mit Flugblätter überschütten. Sie ging dabei sehr schofel vor, denn sie wollte gefälschte Flugblätter zur Berteilung bringen. Diese Flugblätter waren nämlich von einem schwarzrotgoldenen Rand umgeben und den Flugblättern der Reichsbannerverbände nachgeahmt. Die Bis mardbundler waren gerade dabei, in Wartenberg diese Dinger zu verteilen, als sie einem Reichsbannermann mit einer schwarzrotgoldenen Fahne begegneten. Die Bismarcheldenjünglinge glaubten nun eine ganz besonders mutige Tat zu begehen, wenn sie in ihrer Uebermacht dem einzelnen Mann die Fahne entrissen. Sie hatten aber nicht damit gerechnet, daß gerade ein Trupp Reichsbannerleute den Ort besucht hatte. Einige Kameraden eilten nun ihrem bedrängten Kameraden zu Hilfe und sollen, weil sie ihren Kameraden vor den Gewalttätigteiten der Bismärder schüßen wollten, gewalttätig gegen die Schwarzweißroten geworden sei, denn ein Verfahren, das gegen die Reichsbannerleute eingeleitet worden war, lautete auf 3usammenrottung, Aufruhr und Landfriedensbruch. Die Anzeige war gestüzt auf ärztliche Atteste des bekannten deutsch nationalen Arztes Dr. Quendt , der zugleich seltsamerweise Anzeigender und Sachverständiger in einer Person war. Die Verhandlung gegen die Reichsbannerleute sollte vor dem großen Schöffengericht Lichtenberg stattfinden. Bei Beginn der Verhandlung beantragte der Berteidiger Rechtsanwalt Dr. Siegbert Loewy Einstellung des Verfahrens auf Grund des foeben beschlossenen Amnestiegesetzes. Das Gericht vertagte daraufhin den Prozeß auf unbestimmte Zeit, um festzustellen, ob dieser Fall unter das Amnestiegesetz falle. Jeder mit gefundem Menschenverstand begabte Staatsbürger fragt sich erstaunt und fassungslos, was das für eine Justiz sein muß, die es fertig bekommt, die Angegriffenen statt die Angreifer und Provofateure unter Anflage zu stellen.
Auf der im Bau befindlichen Eisenbahnftrede Belbert -Kettwig stürzte heute vormittag furz nach 11 Uhr das 30 bis 35 Meter hohe Gerüft an der Eisenbahnbrüde über den Mühlenbach bei Laupendahl zusammen und begrub eine Anzahl Arbeiter unter sich. 3wei Mann wurden getötet, zwei weitere so fchwer verletzt, daß an ihrem Aufkommen gezweifelt wird. Ein Arbeiter wurde leicht verlegt.
Untersuchung des Eisenbahnunglücks bei Amiens .
Amiens , 15. Auguft.( WTB.) Die Entgleisung des Schnellzuges Paris- Boulogne, die hier vorgestern erfolgte, hat wie nunmehr amtlich festgestellt wird, elf Menschenleben gefordert. Die Zahl der Schwerverlegten beläuft sich auf 70, die der leichter Verlegten auf 78. Die eingeleitete Untersuchung hat, wie der Eisenbahnminister mitteilt, als Ursache des Unglücks die übertriebene Fahrgeschwindigkeit festgestellt, mit der der Zug in den Bahnhof von Amiens einfuhr. Ob auch eine Explosion der Gasbehälter erfolgt ist, ließ sich wegen der fast vollkommenen Vernichtung der betroffenen Wagen mit Sicherheit nicht feststellen. Auch sollen in dem Schnellzug zu leichte und ausgefahrene Wagen zur Verwendung gelangt sein. Durch den schlechten Zustand der Eisenbahnstrecke innerhalb des Bahnhofs von Amiens dürfte das Unglüd vielleicht nicht veranlaßt, aber in seiner Auswirkung noch verstärkt worden sein. Der Lokomotivführer des Unglückszuges ist vollkommen zusammengebrochen.
Sport.
Deutsch - französischer Borkampftag.
Der vor einigen Tagen neugegründete Borring roll gab gestern im Kroll Garten seinen ersten Kampfabend. Das gestrige Programm wies Namen deutscher und französischer Kanonen" auf. Als erftes Paar trafen fich Urban Graß( Berlin ) und Ferrand( Spanien ). Ferrand war sehr hart im Nehmen und Geben und konnte haushoch nach Punkten gewinnen. Graß hat sehr nachgelaffen. Der mit großer Spannung erwartete Rampf Egrel( Frankreich ) gegen Erich Brandl endet mit einem beispiellosen Fiasto. Bereits in der ersten Runde erhielt Brandl eine Berwarnung wegen Tiefschlags. Die zweite Runde brachte ihm wegen nochmaligen Liefschlages die verdiente Disqualifitation. Berfaffung zu befinden schien. Romario( Frankreich ) und NauSchade um diesen Ausgang, zumal Brandl sich in einer blendenden jocks( Deutschland ) trennten sich unentschieden, obgleich der Franzose der technisch bessere Mann war und wegen seines Draufgängertums fich bald die Sympathie des Publikums errang. Als letztes Baar standen sich Bonnel( Frankreich ) und Dietmann ( Deutschland ) im Ring gegenüber. Dietmann, fabelhaft in Form, trieb Bonnel vor sich her, wie er wollte, vermochte jedoch nicht den sehr harten Gegner, der sich zeitweise aber auch nur zeitweise als guter Schläger entpuppte, zu Boden zu bringen. Das Treffen endete mit einem hohen Bunftsieg Dietmanns.
der
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Lüdde
Seinen zweiten Kampfabend veranstaltet der Boxsporitlub est en e. V. und der Neuköllner Sportfreunde e. B. im Garten Berliner Kindl- Brauerei am 14. Auguſt. Es wurden für Amateurverhältnisse sehr gute Kämpfe gezeigt, die den Beifall der sehr zahlreich erschienenen Borgemeinde ernteten. Es ist erfreulich, mit welchem Interesse zur Sache die Amateure vorbild. liche Stämpfe zeigten. Zu den Kämpfen felbft: Hellrich( Westen) fiegte über Bräuer( NSF.) nach Bunften. Klemp( BC. Heros) ( NSF.) landete bei Bügge( FC. Weißenfee) bereits in der ersten schlug Friedlander( Maccabi) gleichfalls nach Punkten. Runde wuchtige Schwinger und Hafen, daß dieser aufgeben mußte. Weißfind( Maccabi) fertigt Weiß( NSF.) ebenfalls nach Bunkten ab. Den interessantesten Kampf des Abends lieferten sich die Halbschwergewichte Thill( SV. Teutonia) und Griebenow( NSV.). Thill verblüffte außerordentlich durch seine Angriffsfreudigkeit in den ersten beiden Runden, in denen sein Gegner schwere Sachen" einstecken mußte. In der dritten Runde nahm der Kampf aber eine unerwartet fenfationelle Wendung. Griebenow, der übrigens das erstemal an bie Deffentlichkeit trat, gab jeßt so gut zurüd und landete rechte Hafen, daß der völlig ausgepumpte Thill aufgeben mußte.
Theater der Woche.
Bom 16. August bis 24. August 1925.
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Oper am Königsplay: Die Fledermaus. Die Rombbie: Madame Bonipard. Leffing- Theater: Regenbogen. Große Bolksoper im Theater bes Westens: Wiener Blut. Renaissance- Theater: Totentang. Deutsches Künstler- Theater: Bartett- Fauteuil 47. Romöbienhaus: Der lekte Ruß. Berliner Theater: Anne- Liefe von Dessau . Neues Theater am Roo: Bension Schöller. Trianon- Theater: Am Teetisch. Refibenz- Theater: Die Roblants. Theater in ber Rommandantenstraße: Der Better aus Dingsda. Komische Oper: Das hat die Welt noch nicht geseh'n. Metropol- Theater: Taufend füße Beinchen. Operettenhaus am Schiffbauerbamm: Der Kleine Ruppler. Theater am Rollendorfplak: Ab 22 Auguft: Die hellblauen Schwestern. Theater am Kurfürstendamm : Mabame Revue. Meines Theater: Die schöne Melusine . Nose- Theater: Der große Betrug. Rafino- Theater: Der tilhne Schwimmer. Schloßpark- Theater Stealih: Wie die Alten fungen. Schiller- Theater: Annemarie. Schauspielhaus: 20., 22. 20. Die Rauberfiste. 21. Bajaaai. Josephslegende. 22. Boheme. 23. Lohenund 24. Jugend. 21. Brand im Operhaus. 23, Peer Gynt. Opernhaus: grin, 24. Galome.
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