Sonntag
16. August 1925
Unterhaltung und Wissen
Mein Vater und seine Ahnen
waren Schmiede und Knechte von altersher
mit wilden, unwiffenden Augen, von allen Qualen schwer. Jm Schmiedfeuerlicht schwangen fie die Hämmer gleich Fahnen der kraft, zu wehren dem Hunger. Und die Söhne folgten in gleichen Bahnen,
sind Schmiede und Knechte wie fie. Doch nach Freiheit flammt unser Begehr.
Wir schleppen die tausendjahr Schmiedwert wie eine Bette hinter uns her
Und vor uns wie tausend Jahre höllischer Knechtschaft ahnen... O mein Junger, mein Sohn, mein lichthelles Kind! füßlachender Bube aus freudequellendem Liebesschoß.
O solltest du die Ketten deines Geschlechts in das neue Jahrtaufend fragen?
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Den Hammer her! Ich schlag auf die Ketten, bis sie zerschlagen find!
Der blutigen Knöcheln lach ich, lache der Wunden bloß, die selbst ich mir schlage. Mensch, hör mich schrei'n: 3ch will es wagen!
Das Storchnest.
Bon Hans Blund- Oldemaren.
Ja, das war nun so, Jakob Huje war heimgekehrt, mit dem Studieren war's nichts geworden. Die Pächtersleute, die nun seit undentbaren Zeiten in seinem alten Hof faßen, waren in großer Not. Denn Jakob Huje gehörte das Land, das hatte sein Bater einmal fo festgemacht. Und Jakob Huje schien nicht daran zu denken, wieder abzuziehen.
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Nein, der lange Student machte sich richtig breit auf dem kleinen Hof. Er hielt Mite Tovoren Tovoren hießen die Pächtersleute schon am ersten Tage eine Stunde mit seinem Gerede auf, und das arme Ding wagte doch nicht wegzulaufen, weil Jakob Huje der Hof doch zu eigen war. Sie hatte auch feine Ausreden, warum sie meglaufen sollte, sie hätte sich im Gegenteil noch lange mit ihm unterhalten tönnen, so viel hatten sie einander zu erzählen.
har nicht nur, daß Jakob Huje die Menschen in ihrer Arbeit aufhielt, er ärgerte fie auch. Drei Tage muffelte er jegt auf dem Hof herum, flapperte bald hier, hämmerte bald da oder starrte sogar wie ein Unvernünftiger in den blauen Himmel hinein. Das fam wohl davon, daß er so lange studiert hatte. Richtstun und Schürzenjagen, was war anders dabei herausgekommen?
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Mein
Jakob Huje selbst war gar nicht so unnütz zumute, wie andere es ihm zubachten. Er fand es ganz berechtigt, daß er nach dem vielen Herumstudieren sich einmal gründlich verpütscherte- fo nennt man das in seinem Land. Just nur steigt er mit einem riesengroßen alten Wagenrad die Leiter zum Dachfirst hinauf. Gott , was will der Mensch mit dem großen Rad da oben! Write macht sich halb neugierig auf dem Hof zu schaffen. Sie tut, als hätte sie fein Auge für andere, fährt eine ganze Karre Sand an und wirft alle Wege fonntäglich aus. Ihre flinken Holz pantoffeln flappen über die Kopfsteine bis in die große Diele. Bis zu Mutters brodelnden Tänfeu fliegt der weiße Sand hinein, fein soll's ja aussehen.
Er
Jakob Huje fikt nun rittings oben auf dem Dachsirst. miegt das Rad aus, stüßt es mit ein paar alten Spieren im Stroh und hat zwei riesige Nägel im Mund, von denen er einen gemächlich herausnimmt und durch die Radreifen in den First treibt.
Klapp, flapp, laufen die Holzschuhe drüben über den Hof. Brutwarm scheint die Sonne drüben vom flaren Himmel. Kein Lüftchen rührt sich, selig still und schön ist der Tag.
Der Student fneift die Augen ein wenig zu. Gott sei Dant, nie wird er wieder in die große Stadt fahren müssen, wo er in leimriechende Hefte Weisheit frizeln muß, wenn draußen die schönsten Tage sind und seine riesigen, schweren Fäuste nach Arbeit verlangen. Nie wieder wird er diese Rate verlassen, so lange solch Wetter auf der Welt sein kann und das Land rundum sich so duftend und blühend bis in die fernsten Weiten streckt.
Warum follte er auch wieder fort? Jakob Huje hat die Stadt mit ihrer Not und mit ihrer Unruhe so unfagbar jatt. Er wird
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Marina.
( Schluß.)
Bon Gabriela Preissová . ( Autorisierte Ueberfezung aus dem Tschechischen von A. Berchtold.) Cr 30g fie an sich und küßte sie leidenschaftlich. Wie schwer du atmest," flüsterte er. Warte, bis der Zug vorüber ist, dann werde ich dich auf meinen Armen tragen, wie ein Kind. Glaub' mir, ich bin imstande, dich bis ans Ende der Welt zu tragen." Er faßte sie um und trug sie in das Gärtchen. Dort bei der Laube ließ er sie zu Boden gleiten und öffnete mit einem Schlüssel die Laubentüre.
Ich bin doch zur Zeit gefommen, jegt muß der Sug gleich vorbeifahren," sprach sie ziemlich laut.
„ Ich bitte dich, Kindchen, sprich leise, der Vater hat ein feines Gehör. Ich möchte nicht, daß er mich fragt, mit wem ich hier
redete."
Ach was," entgegnete sie, mit den Zähnen flappernd, das ist jetzt schon ganz gleich. Wird der Zug bald tommen? Ich dachte, es ist an der Zeit." Romm dich mur niedersetzen, Marina, hier ist eine Bant, hier ist eine Bant, auch ein Tischchen war da, das habe ich aber dem Vater ans Bett gestellt. Se dich hübsch nieder."
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Sie lehnte sich müde an den Türpfosten und faltete ihre Hände
ineinander.
Ich möchte mit allem ein Ende machen, mit dir gemeinschaft lich," sprach fie tlagend.„ Du hast es mir ja gesagt, wie du es machen willst. Aber ich lasse dich nicht allein, mit dir gemeinsam will ich mich auf die Schienen legen. Nur meinen Kopf möchte ich an deine Bruft legen, und du mußt mich fest an dich drücken. Du kannst deinem Vater zum Abschied einen Bettel hinterlassen. Schreibe ihn gleich und lege ihn in der Stube auf den Tisch. Schreibe ihin, daß er dir verzeihen und daß man uns zusammen in ein Grab legen möge. Im Himmel werden wir uns alle wieder begegnen. Ich weiß, Gott wird uns eher in Gnaden aufnehmen, als wenn wir hier in der Sünde leben würden."
TOREROLAS
Shiele: Geld für die Optan
fen??-
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Aber ich fann doch diesem Herrn Severing feine Konfurrenz machen."
& anik:„ Aber biffe, das Brot sowohl wie das Fleisch wird doch durch den Zoll feineswegs schlechter, mein Herr, nur feurer, nur teurer."
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Retter in Ferien.
Stresemann :„ Selbstverständlich haben die Deutschnationalen große außenpolifische Erfolge, Graf Westarp , der spanische Handelsvertrag eriffiert nicht mehr, mit Polen stehen wir im schönsten Wirtschaftsfrieg und wenn sich erst die Zölle auswirken, gehen wir wieder mal herrlichen Zeiten entgegen!"
Beilage des Vorwärts
Schlieben:„ Stundung der Lohnsteuer wegen Krankheit usw. ist selbstverständlich abzulehnen. Den Industriekonzernen find die Steuern nur zu ffunden, wenn es sich um größere Summen handelt."
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Frenten: Wie biffe?- Aufwerfung Gerechtigkeit Amnestie Menschlichkeit??- Ach hängen Sie doch noch einmal an."- Fräulein, der Herr ift falsch verbunden. Hier ist doch der Justizminister."
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Dr. Luther:„ Jst da die Zentrale?- Frollein, meine Herren gehen in Ferien. Falls die Herren Generaldirefforen oder Dekonomieräte etwas gerettet haben wollen: unsere Adressen stehen zur Verfügung."
immer hier draußen bleiben in seinem Selbsteigenen, bei den Tieren, dem alten Bächter, und bei Mike auch. Was Gott für einen bestimmt hat, soll man nicht umkommen lassen, meint Jakob, und wenn zehnmal der alte Bauer einen Bastor aus ihn hatte machen wollen.
Jura blieb wie versteinert stehen. Was sagst du da, Kindchen," entrang es sich endlich seiner Kehle, ich will ja nicht sterben, ich mill mit dir hier glücklich leben."
Er umfaßte frampfhaft das nahe Fliedergebüsch, und in der Faust blieben ihm einige Blüten. Er reichte diese dem jungen Weibe: Hier, Marina, wie diese Blüten soll unser Leben froh sein!" Sie starrte gedankenlos auf die Blumen, dann antwortete sie mit gepreßter Stimme: Was für ein Leben sollte hier für uns sein? Auf deinen Vorschlag fann ich nicht eingehen. Du kennst mich nicht. Ich habe meinem Manne Treue bis in den Tod geschworen, und nur im Tode kann ich die deine sein. An dieser Welt liegt mir nichts mehr, nimm mich mit dir auf die Schienen. Es wird ein furzer, leichter Tod sein. Nicht einmal aufschreien werde ich, denn ich habe den Trost, daß wir gemeinsam sterben."
Was haft du dir in den Kopf gefeßt," erwiderte Jura, so findisch fann doch nur ein Weib sprechen. Dent' nicht an ein so trauriges Ende, gerade auf dieser Welt werden wir jetzt glücklich sein." Er wollte sie wieder mit seinen Armen umfangen, aber sie stieß ihn stürmisch zurüd: So, du willst nicht? Du hast also gelogen, als du von deiner großen Liebe sprachst?" sagte sie mit gereizter Stimme. Du willst nicht mit mir sterben und im selben Grabe ruhen, über uns die gepflanzten Blumen und Gottes Barmherzigkeit?"
Nein, Marina, man muß lachen über das, was so ein fleiner Frauentopf ersinnt. Ich als Mann muß aber Verstand für beide haben. Du sprichst ja wie im Traum. Ich habe dich aufrichtig lieb, wie ich noch niemand auf der Welt liebte, und deshalb müssen wir hier glücklich werden."
" Nun, da du mich nicht begreifen fannst, werde ich allein auf das Gleise gehen, damit ich dir ein Beispiel gebe," sagte düster Marina.
,, Oh, du mein Gott, du närrisches Frauenzimmer! Du hast den Berstand verloren. Jetzt bleibst du ruhig hier in der Laube und rührst dich nicht. Ich höre schon den Zug tommen, er muß gleich da sein."
Marina glitt auf den Boden und umfaßte seine Knie:„ Um Gottes willen, mein Jura, ich bitte dich, nimm mich mit dir auf die Schienen!
Jakob Huje beginnt zu schmunzeln. Er hat noch Zeit, sich umzu drehen, ehe er den zweiten Nagel hämmert. Er legt sich über den Giebel und sieht, wie dem Mädchen unten die gelben Locken um die Ohren flattern. Er sieht ihre dehnenden Schritte und hört die Stimme, die so warm und hell zur Diele hereinschallt. Ach, Mike,
,, Da du närrisch geworden bist," sagte er nun mit fester Stimme, muß ich handeln." Er hob das Weib auf, drängte sie mit ganzer Kraft in die Laube hinein und verschloß die Türe wieder mit dem Schlüffel. Man hörte schon deutlich den feuchenden Laftzug herannahen.
Als er am Wachthäuschen vorbeigefahren war, dachte Jura bange:„ Mein Lebtag habe ich eine solche Rede von einem Weibe nicht gehört. Was das für Einfälle sind. Ich muß sie zu beruhigen suchen, wie ein unvernünftiges Kind. Der Mond ist aus den Wolfen gefrochen, vielleicht wird Marina jetzt ruhiger sein. Seltsam ist sie, aber um so mehr gefällt sie mir."
Er öffnete die Tür zur Laube und begann sanft zu sprechen: Sieh, Marina, der Mond steht am Himmel, schau mich freundlicher an, mein Kindchen."
Aber Marina sprang vom Boden in der Ede der Laube auf, wo sie zusammengetauert gefessen hatte, schlüpfte rasch wie ein Wiesel aus der Türe und entfloh.
Er begann ihr nachzulaufen, sie aber war schneller, entkam ihm und verschwand schließlich in der Tür ihres Hauses.
Er blieb bestürzt vor dem Hause stehen. Durch das verhüllte Fenster fonnte er sehen, wie Marina das Tuch vom Kopfe riß und die Jacke abstreifte, nachdem sie die Kerze angezündet hatte. Dann nahm sie aus dem Buche, das auf dem Tische lag, einen Zettel, zündete ihn an der Rerze an und warf ihn in den Ofen. Sie wendete sich dann wieder, den Kopf in beide Hände pressend, zum Tische und löschte das Licht. Tiefes Dunkel herrschte ringsherum und eine unendliche Stille. Nur Juras Herz hämmerte zum Bersten. Eine Kahe näherte sich ihm, dann aber, vor seiner Gestalt erschreckend, floh sie eilig davon.
,, But, daß hier kein Wachhund ist, da könnte man noch als Dieb gefaßt werden," dachte Jura, zur Vernunft kommend.
„ Wie die Wolken weiß am Himmel ziehen! Schade um diese munderhübsche Nacht, schade um das unvernünftige Weib, schade hundertmal schade."
Und er biß sich auf die trocken gewordene Unterlippe und bedeckte mit der Hand seine Augen, gerabe, wie er es als Kind machte, wenn er von einem stärkeren Kameraden überwältigt und zu Boden geworfen wurde.