Zrieürich Srühne. Zu seine« 7«. Geburtstag. Heute, Donnerstag, den 20. August, begeht unser Parteigenosse Friedrich Brühne seinen siebzigsten Geburtstag. Der Wahl- kreis Hochst-Homburg-Usingen, den Brühne im Reichstag van 1893/98 und von 1907 bis zur Nationalversammlung 1919 vertreten r.at, ist das bevorzugte Arbeitsfeld seiner rastlosen Tätigkeit und Parteiarbeit gewesen. Mit der Einverleibung von Nassau in Preußen erhiell die sozialistische Bewegung in diesem Gebiet ihren Anstoß und die nun folgende Parteiarbest lag vorwiegend in den Händen Brühnes. Der Mangel jeglicher Organisation zwang oft dazu, daß Brühne gleichzeitig Einberufer. Borsitzender und Redner in den Versammlungen sein mußte. Aber nicht nur die Last der Organisation ruhte auf seinen Schultern, auch die Beschaffung der allernotwendigsten Mittel lag seiner Sorge ob. Leicht, nur allzuleicht werden diese ungeheuren Schwierigkeiten und die Opfer der Kämpfer vergessen, statt daß sie befruchtend auf den Nachwuchs der Partei wirkten. Unzähligemal ist Brühne von der parlamentarischen Arbeit über Sonntag in seinen Wahlkreis geeist, um Versammlungen abzu- hallen und doch am nächsten Tag wieder seinen Pflichten als Ab- geordneter im Reichstag zu genügen. Fahr- und Reisegelegenhest im Kreise gab es wenig und stundenweite Wege waren häufig. Dabei gab es keine Diäten aus Staatsmilleln, vielmehr mußte die Parteikasie den Abgeordneten für den Aufentholl in Berlin Diäten zahlen Das waren aber nur 6 Mark täglich, womll jedoch nicht nur die persönlichen Kosten des Abgeordneten bestrllten werden sollten, sondern auch seine Familie zu Hause damit auskommen mußte. Zu allen diesen Schwierigkeiten kam noch der Druck der staat - lichen Organe. So stand Brühne auf der Liste der Aüszuweisen- den. die auf Grund des Sozialipengesetzes am Weihnachts - abend 1887 Heim und Herd verlassen mußten. Daß Brühne trotzdem nicht mit ausgewiesen wurde, verdankt er dem Ilmstande, daß er aus der Vorschlagsliste für das bereits beschlossene Gewerbegericht stand und Miquel, damals Oberbürgermeister von Frankfurt, - Wert darauflegte, daß sein« Ausweisung nicht erfolgte. Eine große Anzahl anderer Parteigenossen wurde damals am Weih- nachtstage aus Frankfurt zwangsweise entfernt. Wenn unser Jubilar heute der aktiven Parteiarbest auch nicht mehr in dem früheren Umfange obliegt, so ist seine Testnahme am Parteileben immer noch sehr rege. Seit 27 Iahren ist er Mitglied der Kontrollkommission der Partei und sell 10 Iahren führt er deren Vorsitz. So ist er ständiger Besucher des Parteitages. Wir wünschen dem Jubilar, der als kleiner Gewerbetreibender schwer unter den Inflationswirkungen zu leiden hatte, einen Lebens- abend, der ihm die Sorgen, Mühen und Opfer seiner Parteiarbest in befriedigenden Erinnerungen genießen läßt.
Die preußische /lmnestie. Grfolge sozialdemokratischer Verbesserungsarbeit im Landtagsausschutz.
Staatshilfe oöer Staatsschlichtung. Ein Privatissimum für die„Rote Fahne". Manche Dinge muß man zweimal sagen. Der„Roten Fahne" muß man alles immer zweimal sagen, aber in der Regel begreift sie auch dann nicht. Denn die Regel ist, daß ihr das Begreifen verboten ist. Was jeder Sozialdemokrat und jeder Bourgeois begreift, braucht die„Rote Fahne" auf dem Präsentierteller. Es fei! Der„Vorwärts" hat am 17. August von der Staatsgewall gefordert, daß sie die Großbanken, die aus durchsichtigen Gründen über die Aga den Kreditboykott verhängt haben und den ehemaligen Generalbevollmächtigten des Stinnes- Konzerns, Edmund Stinnes , der sich gegen den Kreditboykott und die Auslieferung seiner Erbschaftswerte an die„Masse" wehrt, an einen Tisch zusammenführt. Wer zwischen den Zeilen zu lesen versteht oder wem das Begreifen nicht ver- boten ist, versteht diese Forderung. Weil wir in Deutsch - land eine Rechtsregierung, d. h. eine Regierung der Groß- danken und der Schwerindustrie haben, soll diese um das Ein» greifen gegen das Faustrecht der Banken sich nicht drücken dürfen.'Weil diese Rechtsregierung die heutige Zollpolitik gemacht hat und die Berelendung der Arbeiterschaft, damit die uferlose Verschärfung der Kredit- und Wirtschaftskrise fördert, darum soll sie gezwungen sein, den Kampf zwischen Industrie» und Bankkapital, der mit der Wirtschast die Arbeiterschaft ruiniert, als eigene Sache schlichten und ordnen zu müssen. Dieser Rechtsregierung darf nicht e r- l a u b t werden, sich um die Konsequenzen ihrer wirtschafts- ruinösen Politik zu drücken. Herr Ludwig in der„Roten Fahne" aber, dreist und be- schränkt zugleich, baut dieser Regierung goldene Brücken. Ee- zwungen von der verrückten These Moskaus von dem„revolu- tionären" Kampf gegen die Dawesierung Deutschlands , über dem Staatsbegriff vergessend, daß an der Spitze des Staates heute eine rechtsgerichtete, von großkapitalistischen Banken getragene Regierung steht, fordert er Staatshilfe, statt die Entlarvung dieser Rechtsregierung, die die Rolle des Schlichters in die höllischste Verlegenheit bringen und in aller Oeffentlichkeit ihre Verantwortung für den fortschreitenden Ruin der Wirtschaft enthüllen muß. Aber der„Roten Fahne" liegt ja nichts an der Ent- larvung der D o u r g e o i s i«. Sie muß die Sozialdemokraten und die Gesellschaftsbureaukratie„entlarven". Dazu muß sie der Arbeiterschaft die Staatssuboention des englischen Kohlen- bergbaus sogar als Sieg der englischen Arbeiterschaft prüfen- stieren, statt sich darauf zu besinnen, daß jede Subvention der Unternehmer zuletzt von der Arbeiterschaft bezahll wird. Hamburg unö öas Zollgefetz. Ein Konflikt zwischen Senat und Bürgerschaft. Hamburg . 19. August.(Eigener Drahtbericht.) Bei den Der- Handlungen im Reichsrat über die Zollvorlage hoben sich bekanntlich nur die Vertreter von Hejssen, Lübeck , Berlin und der Provinz Sachsen dem Einspruch des sächsischen Gesandten Gradnauer angeschlossen. In Hamburg hat es schärfsten Pro- t-st ausgelöst, daß sich der Hamburger Vertreter im Reichsrat diesen Ländern nicht angeschlossen hat. Unser Hamburger Parteiorgan. das �Hamburger Echo", hatte am Freitag in einem scharfgehaltenen Artikel diesen Vorgang kritisiert und daraus hingewiesen, daß sich der Hamburger Vertreter im Reichsrat mit seinem Verhalten in Wider- spruch mit der übergroßen Mehrheit der Hamburger Bevölkerung und auch den Bedürfnissen der Hamburger Wirtschaft gesetzt habe. Im hamburgischen Landesparlament stehen 83 Vertretern der Deutschnationalen, der Deutschen Dolkspartei und des Zentrums 10S Abgeordnete gegenüber, die den Parteien, die im Reichstag gegen die Zollvorlagt waren, zuzurechnen sind. Besonders bemerkenswert ist aber, daß das Organ der Volkspartei in Hamburg , der„Hamburger Correspondent". ebenfalls vom Harn- burgischen Wirtschastsstandpunkt aus die Zollvorlage verurteilte und die Behauptung ausstellte, daß der neue schutzzöllnerische Tarif dazu
Am Mittwoch hat der Ständige Ausschuß des Preußischen Landtags die Notverordnung des Staatsministeriums über die Ge- Währung von Straffreiheit in Preußen verabschiedet. Nun öffnen sich auch die Tore der preußischen Gefängnisse für einen Teil der polstischen Gefangenen. Was von der Reichsregierung bereits nach Annahme des Londoner Pakts und der dadurch bedingten Freilassüng der rheinischen Separatisten feierlich für das ganze Reich onge- kündigt wurde, ist nun, vier Monate nach der Hindenburg -Wahl, im bescheidensten Umfange Wirklichkeit geworden. Der Erlaß einer Amnestie durch die Länder war insofern eine Notwendigkeit, als die Reichsamnestie nur die von Gerichten des Reichs abgeurteilten Delikte umfaßt. Die preußische Regierung legte deshalb unverzüglich dem Ständigen Ausschuß des � Landtags eine Notverordnung über die Gewährung von Straffreiheit in Preußen vor. Sollte kein Zustand der Rechtsungleichheit, d. h. keine Benachteiligung der durch die preußischen Gerichte ver- urteilten Politischen gegenüber den Reichsamnestierten geschaffen werden, so war zur Beseitigung dieses Notstandes die schleunig« Zu- stimmung durch den den Landtag vertretenden Ständigen Ausschuß geboten. Die Vertreter der Sozialdemokratie haben den vorgelegten Re- gierungsentwurf einer eingehenden Kritik unterzogen. Obwohl der preußische Iustizminister sich auf den Standpunkt stellte, daß die Verordnung der Regierung nur als Ganzes angenommen oder abgelehnt werden könne, da die Erweiterung der Amnestie gegenüber der Reichsomneftie nicht mehr„die Beseitigung eines ungewöhnlichen Notstandes" im Sinne des Artikels 85 der Preußischen Verfassung*) bedeuten würde, ist es gelungen, die Vorlage nicht unwesentlich zu verbessern. In zirka zehnstündiger intensiver Beratung eines Unterausschusses wurde in Uebereinstimmung mit den Regierungsvertretern eine Plattform gefunden, die den Deutschnationalen sowie den Kommu- nisten die Zustimmung ermöglichte. Es muß dabei frellich mit aller Schärfe hervorgehoben werden, daß es unseren Vertretern nicht gelungen ist, die bürgerlichen Parteien zu bewegen, grundsählich über den Rahmen der Reichsamnestie hinauszugehen. Kein Hin- weis auf die jedem Volksempfinden hohnsprechenden drakonischen Zuchthausurteile gegen Arbeiter, kein Vergleich mit der Milde der Gerichte gegen Rechtsradikale konnte die bürgerlichen Abgeordneten bewegen, die Zuchthausverurteilungen bis zu einem gewissen Um- fang zu amnestieren. Gab doch selbst«in Zentrumsabgeordneter, der Richter ist, zu, daß sich leider viele seiner Sollegen noch nicht daran gewöhnen könnten,„im Ramen des Voltes" Recht zu sprechen. Ebenso bedauerlich ist es, daß man bei den Ausnahmen von der Amnestie gewissermaßen einen»Hochverrat im Rückfall" kon- struiert hat, obwohl das Gesetz einen solchen Begriff nicht kennt. Hier glaubten die Vertreter der Rechtsparteien, das»wohlverftan- dene Staatsinteresse" vor die anerkannt idealen Motive des ein- zelnen stellen zu müssen. Leider ist es auch nicht gelungen, jenen bedauernswerten Frauen zu helfen, die Opfer des% 216, des be-
*) Nach Artikel 53 der Preußischen Verfassung kann der Stän- dige Ausschuß, soscrn der Landtag nicht versammelt ist, in Ueber- einstimmung mit der Regierung Verordnungen mit Gesetzeskraft erlassen, wenn die' Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder die Beseitigung eines dringenden Notstandes es dringend er- fordert.
rüchtigten Abtreibungsparagraphen, geworden sind. Ein von den Sozialdemokraten gestellter Antrag wurde abgelehut. Es bleibt also, wie in der Reichsamnestie, auch in Preußen bei der Amnestierung aller politischen Straftaten, die mit Geldstrafen oder mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren Festungshaft oder Gefängnis geahndet wurden. Verfahren, die bis zum 15. Juli 1925 noch nicht zur Verurteilung führten, werden«in- gestellt, wenn voraussichtlich auf keine höhere Strafe als die eben angeführten erkannt würde. Verhängte oder noch zu verbüßende Festungs- oder Gefängnisstrafen, die über zwei Jahre hinaus- gehen, werden um zwei Jahre gekürzt. Einbezogen werden in die preußische Amnestie wie beim Reiche der Hochverrat, die Testnahme an unerlaubten Verbänden, Zuwider- Handlungen gegen das Republikschutzgesetz, Bersammlungsspren- gungen und die damit im Zusammenhang stehenden Straftoten. Darüber hinaus aber bringt die preußische Verordnung eine Amnestierung der Verurteilungen, die z. B. wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Aufforderung zum Ilo- gehorfam, Auflaufs, Londfriedensbruchs, Hausfriedensbruches, unerlaubten Waffenbesitzes. Aufteizung zu GewalllStlgkeiteu, Sachbeschädigung, öffentlicher Veleidigung, Verächtlichmachung von Staatseinrlchtungen und den damit in Zusammenhang flehenden Straftale« im politischen Kampfe erfolgten. Das Wesentlichste aber bleibt, daß darüber hinaus durch die Initiative unserer Vertreter die Amnestie ausgedehnt ist auf alle Delikte, die im wirlschastlicheu Kampfe begangen wurden. Darunter fallen also nunmehr die Strafen, die im Verfolg des Kampfes um den Achtstundentag, nach Streik» und Ausfperrungeu usw. verhängt wurden. Eine weitere Verbesserung liegt darin, daß bei Verhängung von Gesamtstrafen, die durch mehrere Verurteilungen en:- standen sind, im Gegensatz zur Reichsamnestie die Niederschlagung bezw. der Straferlaß gesondert eintritt. Das Reichsamnestiegesetz verbietet ganz allgemein einen höheren Straferlaß als zwei Jahre. Di« Amnestie erstreckt sich nicht auf die Vergehen, die aus der Inflationszeit stammen und in der wirtschafstichen Notlage jener Zeit ihre Ursache haben. Das Justizministerium Hot hierbei in einer Erklärung auf den Weg der Einzelbegnadigung verwiesen und bei Würdigkeit feierlich jedes Entgegenkommen zu- gesagt. Auf Grund der von uns bei der vorjährigen Justizdebatte eingebrachten und angenommenen Entschließungen sind übrigen« bis jetzt zirka 10 000 Cinzelbegnadigungen erfolgt. Die preußische Amnestie ist keine vollamnestle. Sie erfaßt nur die Delikte des politischen und wirtschaftspolitischen Kampfes, und auch diese nur zum Teil. Sie lehnt sich allzu eng in ihren Grund- zügen an die Reichsamnestie an. und wir, haben durchaus kein« Ursache, mit ihr zufrieden zu sein. Sie gibt vielen, denen durch „öffentlich« Rechtsprechung" offensichtlich schweres Unrecht geschehen ist, nicht den Rechtsanspruch auf die Wohltat der Amnestie. Soweit die Verordnung über den Rahmen der Reichsamaestse hinausgeht, ist es der Initiative der Sozialdemokraten zu danken. Dies« haben damit versucht, einen Teil jener Versprechungen einzulösen, die die Rechtsparteien im Ueberschwang des Sieges nach der Hindenburg -Wahl den bedauernswerten Opfern der polltischen Wirren und Kämpfe machten und schließlich— wie bei der Auf- wertung— nicht gehallen haben. O t t o M e i e r, M. d. L.
beitrage, die gegenwärtige Wirtschaftskrise zu verewigen. Umso erstaunlicher mußte die Stellungnahme des Hamburger Vertreters im Reichsrat sein. Inzwischen hat sich der Hamburger S e n a t mit einer Cr- klärung an die Oefsentlichkeit gewandt, in der er zwar seine„g r u n d- sätzlich ablehnende Stellungnahme gegenüber der Zollvorlage" hervorhebt, aber den Nichteinspruch damit zu verteidigen sucht, weil vom hamburgischen Standpunkt aus die Zollvorlage besonders in der Gefriersleischfrage durch die vom Reichs- tag vorgenommene Aenderung verbessert worden fei. Uebrigens hätte auch bei dem Mchrheitsverhältnjs im Reichsrat ein Einspruch Hamburgs nur eine Demonstration dargestellt. Diese Hol- tung des Senats ist mm Anlaß zu einem Offenen Brief « des Ortsausschusses Hamburg des ADGB. an die Sozialdemokratische Partei gewesen, in welchem um Auskunft gebeten wird, ob die sozialdemokratischen Senatoren von der Instruktion des Reichsratsvertreters gewußt hoben und ob die Sozialdemokraten im Senat die Erklärung des Senats billigten. Der Vorstand der hamburgischen Bürgerschaftsfrattion hat dazu seinerseits eine Erklärung erlassen, wonach die sozialdemo- kratischen Mitglieder des Senat» von der Er- klärung nichts wußten, was Anlaß zu Auseinander- setzungen im Senat geben werde. Nun hat auch die sozialdemokratische Bürgerschaftsfraktion einge- griffen und für die am Mittwoch stattfindende Sitzung des Landes- Parlaments eine Anfrage eingebracht, in der gefragt wird, ob es richtig ist, daß sich der Vertreter Hamburgs mit der fast geschlossen gegen den Zolltarif stehenden hamburgischen Bevölkerung und Wirt- schast in unglaublicher Weise in Widerspruch gesetzt hat. ob der Senat dieses Verhalten billigt und den betreffenden Bevollmächtigten auch fernerhin mit der Vertretung Hamburgs zu betreuen gedenke. Zum Schluß wird Auskunft verlangt, wer dem Vertreter im Reichsrot die Instruktionen erteilt hat. Noch der Verfassung ist diese Anfrage innerhalb 14 Togen zu beantworten. und es steht zu erwarten, daß es in der Bürgerschaft dann zu scharfen Auseinandersetzungen kommen wird, da die zollgegnerischen Parteien sich auf jeden Fall vor Wiederholungen solcher Vorgänge sichern wollen. Ein Nemfall. Die„Ordnungsregieruug" abgeblitzt. Weimar , 19. August. (Eigener Drahtbericht.) Vor der Dienst- strafkammer in Weimar hatte sich kürzlich der«Bürgermeister von Meuselwitz . Genosse Boock. zu verantworten, weil er aus Grund eines Beschlusses seines Gemeinderates a m 1. M a i sämtliche Dienst- stellen geschlossen hielt. Boock berief sich dabei auf die thüringische Kreis- und Gemeindeordnung, die Regierung ober erblickte darin eine Verletzung der Dienstpflichten des Bürgermeisters. Sie hatte kurz vor dem 1. Mai«ine Anordnung erlassen, nach der die Dienst- räume der Gemeinden nur an gesetzlichen Feiertogen geschlossen sein dürften. Das Ministerium erkannte gegen Genossen Boock auf eine Disziplinarstrafe von 25 M. Auf Boocks Einspruch ent- schied die Dienststrafkammer jedoch, daß der Standpunkt der Regie- rung unhaltbar sei, um so mehr, als die Unterteilung der städ- tischen Berwaltungstätigkcst in Selbswerwaltungs- und Auftrags-
angelegenheiten durchaus strittig fei. Es liege im Wesen der Selbst- Verwaltung, daß die Selbstverwaltungskörper an keine anderen Schranken als die bestehenden Gesetze gebunden seien. Diese seien aber im vorliegenden Fall nicht verletzt worden. Di« Dienst- ftroskammer hob die Strafe auf mit der Begründung, daß das Mini- sterium nicht das Recht habe, den Gemeinden dieäußereForm der Ausführung und Erledigung ihrer Aufgaben vorzuschreiben. sondern daß sich das Anweisungsrecht der Regierung nur auf die Erledigung selbst und ihre Gesetzlichkeit erstrecken könne. Sozialdemokratische Bürgermeister. Weimar , 19. August. (Eigener Drahtbericht.) Die Zahl der sozialdemokratischen Bürgermeister in Thüringen ist wieder um einen vermehrt worden. Bei der Bürgermeisterwahl in Stei- n a ch- H a l l e n b e r g fiel die Wahl auf den Genossen H e n z e au» Hesserode . Völkische Pleite. Weimar . 19. August.(Eigener Drahtbericht.) Ueber da» Der- mögen der völkischen«Ostthüringer Warte", Druckerei und Ve.lagsanstalt G. m. b. H. in Ger o, ist da» Konkursverfahren eröffnet worden. Betriebsstillegungen. Weimar . 19. August.(Eigener Drahtbericht.) Die Textilfabri- kanten in Gera ließen durch Anschlag mitteilen, daß sie die Arbeits- Verträge zum 1. September kündigen und von diesem Tage ihr.: Betriebe schließen werden. Die provinzialwahlen. Wahltermin 25. Oktober. — Noch nach dem alten Gesetz Der Amtliche Preußische Pressedienst teilt mtt: Es besteht keine sichere Aussicht, daß der Entwurf eines Prooinziallanbtags- und Kreistagsgesetzes noch so rechtzestig verabschiedet werden wird, daß die Neuwahlen zu den Prooinziallandtagen und Kreistagen, bei denen die Wahlzeit der Abgeordneten nach dem Gesetzt vom 9. Juli 1925 am 1. November d. I. abläuft, rechtzestig von diesem Tag« auf Grund des neuen Gesetzes würden stattfinden können. Unter diesen Umständen scheint es geboten, die Neuwahlen noch vor dem 1. No- vcmber d. I., und zwar auf Grund des Gesetze» vom 3. Dezember 1920, vornehmen zu lassen. Auf Grund des 8 1 eben dieses Gesetzes hat das Staatsministerium deshalb be- fchlossen, daß am Sonntag, den 2 5. Oktober d. I„die Neuwahlen zu den Prooinziallandtagen der Provinzen Ostpreußen , Brandenburg , Pommern , Grenzmark Posen/Westpreußen, Nieder- schlesien, Sachsen . Schleswig-Holstein , Hannover , Westfalen und der Rheinprovinz sowie zu den Ko m m u n a l l a n d t a g« n der Be- zirksverbände Cassel und Wiesbaden stattzufinden haben. In einem Runderlatz des Ministers des Innern werden dem- nächst die Landräte derjenigen Kreise, in denen Neuwahlen zum Kreistage stattzufinden haben, angewiesen werden, die Kreisaus- schüsse zu oeranlassen, gemäß Z 14 des Gesetzes vom 3. Dezember 1920 die Neuwahlen zu den Kreistagen auf den gleichen Tag anberaumen zu lassen, damit die Wahlen zu den Prooinziallandtagen und zu den Kreistagen in Verbindung mit- einander vollzogen werden können.