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Willen zur Mitarbeit am Zustandekommen| wesentliche Erleichterungen des Bersailler Diktats und anderer Ber.| eine Ausgleichung der Gegensätze auf einer mittleren Linie, des Sicherheitspatts habe. träge brächte, nur faktische Wendungen, um zurzeit den Bruch der etwa der der bekannten Düsseldorfer   Resolution, ermöglichen Koalition zu vermeiden. soll. Es scheint, als ob diese Versuche gescheitert sind.

Es erhebt sich die Frage: men betrügt man hier? Eine Frage, die angesichts der deutschnationalen Politit seit einem Jahre immer wieder gestellt werden mußte. Betrügt die deutschnationale Parteiführung ihre Organisationen, oder betrügt sie die Parteien, die mit ihr geminsam in der Reichs­regierung vertreten find? Sind ihre Versicherungen gegen über den deutschnationalen Parteiorganisationen nur Manö­ver, um in Ruhe die grundsätzliche Schwenfung in den großen Fragen der Außenpolitik durchführen zu können? Oder find ihre feierlichen Versicherungen im Reichstag- und wahr­scheinlich auch in der Regierung-nur tattische Schachzüge, um desto sicherer die Außenpolitik der Reichsregierung durch freuzen zu können? Wen betrügt man?

Oder foll man glauben, daß die deutschnationale Partei­führung sich alle Möglichkeiten offenhalten will, um sich im entscheidenden Augenblick auf die eine wie auf die andere Seite werfen zu können?

Der Jahrestag des 29. August, des Umfalls der Deutschnationalen bei der Abstimmung über die Dames­Geseze, naht heran. Damals hat die deutschnationale Partet führung noch zwei Tage vor ihrem Umfall sich vor dem Lande und vor ihren Organisationen start gemacht. Herr Hergt sprach am 27. August sein: Hier stehe ich, ich fann nicht anders!", um am 29. August anders zu können. Es scheint, daß die Herren Windler, Schiele und West arp eine neue Auflage dieser Komödie vorbereiten.

Damals aber waren die Deutschnationalen nicht belastet mit Verantwortung. Damals standen sie in der Opposition. Heute sind sie Regierungspartei, und haben die volle Berant­wortung für die wichtigste außenpolitische Aktion der Reichs regierung übernommen. Heute haben sie eine Politik der 3weideutigkeit nicht nur mit ihren Wählern abzumachen wenn die Deffentlichkeit, nicht nur in Deutschland  , erkennt, daß bei ihnen ein Wort kein Wort ist, so gefährden sie die Attion einer Regierung, der sie selbst angehören, so fördern sie die für Deutschland   verderbliche Meinung, daß man inter­nationalen Zusicherungen der deutschen   Regierung nicht ver­trauen fönne.

Es muß darum volle Klarheit herrschen, wenn die Re­gierung Luther   über die Fortführung des Sicherheitsgedan­fens verhandelt: ist es der Regierung in ihrer Gesamt­heit ernst mit dem Willen zum Zustandekommen des Sicher heitspatts? Ist die deutschnationale Parteiführung gewillt, zu ihrer öffentlichen Uebernahme der Berantwortung zu stehen auch gegen eine angedrohte Parteirevolte? Will fie die Konsequenzen aus dem 29. August 1924 ziehen? Mit einem Wort: Ist die Regierung Luther   auch nicht betrogen von der deutschnationalen Parteiführung oder sind nur die deutschnationalen Wähler und Organisationen betrogen? Die Versicherungen von Westarp und Schiele. Die Entschließung eines deutschnationalen Landesver bandes, die das ,, Deutsche Tageblatt" mitteilt, lautet:

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" Der Erweiterte Borstand des Landesverbandes hat in feiner die allgemeine politische Lage, insbesondere die Sicherheits

Sizung am 6. August 1925, in der alle Kreisvereine vertreten waren,

frage, einer eingehenden Erörterung unterzogen.

Der Borstand ist gewillt, den bestimmten Versiche rungen des Herrn Parteiführers Dr. Windler, des Herrn Innenminifters Schiele und des Herrn Fraktionsvorfihenden Graf Weftarp in der letzten Parteivorstandssihung vom 27. Juni 1925 zu vertrauen, wonach ein Sicherheitspatt, in dem auf deutsches Land und deutsches Bolf freiwillig Verzicht ge­leiftet wird, mit den Stimmen deutschnationaler Minister und Abgeordneter nicht zum Abschluß

tommt.

Der Vorstand sieht deshalb in den Erklärungen des Herrn Frat­fionsvorsitzenden Graf Westarp im Reichstag, wonach bei der deutsch  nationalen Frattion der ernstliche Wille zur Mitarbeit am Zustande tommen des Sicherheitspafts vorhanden ist, wenn dieser ganz

Vaterländische" Festspiele.

Eine unliterarische Betrachtung, angestellt im Freistaat Bayern  . Die vaterländischen Festspiele vermehren sich in Bayern   in dem felben Maße, als die Zahl der militärischen Vereinigungen zunimmt. Jedesmal mit der Erzeugung einer neuen Ortsgruppe steht auch ein bis dato unbekannter nationaler Dichter auf.

Das ist keineswegs feltsam. Denn jede Ortsgruppe feiert Jubi­läen. Jubiläen aber find dazu da, daß sie angedichtet werden. Sachlundige Schäzung gibt den Reichtum Bayerns   an patrio­tischen Stücken der Nachkriegszeit mit zwölfhundert an. Ich glaube aber, daß es mehr sind.

Gleichviel: auch zwölfhundert ist eine schöne Zahl. Alle diese Stücke tennenzulernen, war selbst in Bayern   nur dem Kronprinzen Ruprecht und dem Berichterstatter der Bayerischen Staatszeitung" vergönnt.

,, Echtes Dichtertum", glühendste Baterlandsliebe und mann­haftefte Gesinnung", wie wir fie gerade jeßt so notwendig brau­chen", hat die vaterländische Presse allen diesen Festspielen nach gerühmt. Nie hat sie unterlassen, Autor und Mitwirkende als bedeu­tende Künstler zu feiern und zu behaupten, daß die Wirkungen der Aufführung den Wiederaufstieg der Nation erheblich beschleunigen Die letztere Behauptung hat mir feine Ruhe gelaffen, und so habe ich denn rund ein halb Dugend Vorstellungen mitangesehen und ein halb Dugend Terte eingehend durchstudiert. Ich muß gestehen, daß es schließlich zwei Stücke auch getan hätten. Denn alle in Bayern  gespielten vaterländischen Festspiele laffen sich bequem in zwei Klaffen

würden.

einteilen.

Diese unterscheiden sich voneinander allerdings ganz bedeutend in ihrem Schlußeffekt. Meist tennt man den Ausgang gleich in der ersten Szene daran, daß in dem einen Fall ein Anhänger des Hauses Wittelsbach, in dem anderen Fall aber ein Anhänger des Hauses Botan die Hauptrolle spielt. Dementsprechend ist auch die Welt­anschauung des Autors und seiner Kraftgestalten entweder eigenstaat lich- katholisch oder pangermanisch- heidnisch.

Gleich ist in allen Fällen der dramatische Aufbau. Er stellt eine gut gelungene Kreuzung von Karl Mayscher Erfindungs­gabe und Marlittscher Gemütshygiene bar. Dem anfänglichen Triumph des Schlechten( Sozialistischen, Pazifistischen, Welschen, Semitischen  ) folgt stets am Schluß der gottgewollte Sieg des Guten ( Nationalen, Militärischen  , Katholischen, Antisemitischen  ).

Bedeutende dichterische Einfälle sind bei solchem dramatischen Gerüst naturgemäß nicht selten. In einem Stüd betete Siegfried zu Christus. In einer anderen Aufführung verschenfte ein völfischer Abliger an Kriegsinvaliden nicht nur den Grundbesiz seiner Eltern, sondern auch den feiner Berwandten, ohne diese vorher zu fragen. Nichts ist selbstverständlicher, als daß die Besizer später( auf der Bühne) ihre Enteignung freudig begrüßten

Bei einem dritten Stück glaubte ich es zunächst mit einer Parodie auf Wagnersche Opernterte zu tun zu haben. In jedem zweiten Bers faman Worte wie urtümlich" ,,, truggespinstig", urdrängend" und ,, unentbunden" vor. Schließlich wurde garder Treueid, den die

Mit großer Besorgnis hat aber der Vorstand des Landes. verbandes die Agitation wahrgenommen, die die gesamte inte schon aus dieser Haltung der Deutschnationalen gezogen hat, und die im Reichstag der Sozialdemokrat Breitscheid   ohne Widerspruch dahin fennzeichnete, daß mit dieser Note und den Er­tlärungen des Grafen Westarp der tüdhaltlose Berzicht auf Elsaß­Cothringen mit Zustimmung der Deutschnationalen ausgesprochen sei. Der Vorstand des Landesverbandes hat auch um beswillen wegen der eingeschlagenen Tattit große Besorgnis, weil es ja nicht von den deutschnationalen Mitgliedern des Rabinetts allein abhängt, ob der Sicherheitspaft unter Berzicht auf Elsaß- Lothringen  zustande fommt oder nicht. Fraglos besteht bei dem Urheber des Angebots, Herrn Außenminister Stresemann, der feste wille, deuf­fches Bolt und Land gegen ein Phantom von Sicherheitspatt zu verkaufen. Bei Fortführung der Verhandlungen auf bisheriger Bei Fortführung der Verhandlungen auf bisheriger Grundlage mit den Deutschnationalen und Bereitwilligkeit der Entente, einen solchen Batt abzuschließen, tann man fich taum vorstellen, wie die Deutsch nationalen zum Schluß das Bustandekommen sollten verhindern fönnen, wenn es sich dann nur noch um die eine oder andere Bedingung, und nicht nur um die grundsätzliche Frage der Preisgabe deutschen   Landes und deutschen   Boltes, handelt. Das Odium, das sich die Partei dann bei geschickter Fragestellung auflädt, wird viel größer sein, als wenn sie von vornherein die grundsätzliche Frage des Berzichts ver. neint hätte.

Es ist auch nicht schwer, vorauszusagen, daß mit solcher Ent­midlung der Reim des Zwiespalts in die Frattion und Partei gelegt wäre, denn sicherlich wird es deutschnationale Abgeordnete und Bertreter dann geben, die im Hinblick auf in Aussicht gestellte Milderungen des Versailler Vertrags, und ander­

seits angedrohte Berschärfungen, von zwei llebeln bas 2othringen, wenn auch schweren Herzens, mitmachen. fleinere wählen und den Verzicht auf Elsaß  

bie Stimmung im Lande, die Parteiinstanzen in feinem Augenblick Der Vorstand des Landesverbandes möchte aber, geftüßt auf barüber im unflaren lassen, daß für den Landesverband Inhalt ist ja ein Sicherheitspatt mit Frankreich   gar nicht denkbar- ein fretwilliger Berzicht auf Elsaß- Lothringen   und mit anderem daß sich nach Auffassung des Landesverbandes..... alle Teile der aus grundsäßlichen Erwägungen unmöglich ist, und Bartei, die etwa später anderer Ansicht werden sollten, ohne weiteres außerhalb des Rahmens und im Widerspruch mit den Grundsätzen der DNBP. setzen und daraus die notwendige Folgerung Verschweigen der Gegenfäße und eine nochmalige Ueberbrückung des Austritts aus der Partei ziehen müssen. Ein würde dann von uns nicht mitgemacht werden."

Der Austritt Dr. Wirths.

Lebhafte Besprechung in allen Lagern.

Der Austritt Dr. Births aus der Zentrumsfraktion ist fast allen politischen Kreisen überraschend gekommen. Wenn selbstverständlich auch die scharfen Gegensäge innerhalb der Zentrumsfraktion allgemein bekannt gewesen sind, so Schritt diese Gegensätze nach außen hin in so ungewöhnlicher konnte man doch nicht erwarten, daß so bald ein so auffälliger Form dokumentieren würde. Der Schritt Dr. Wirths ist haupt fächlich durch das Verhalten der Zentrumsfrattion in der entscheidenden Reichstagssigung bei der dritten Lesung der Zollvorlage veranlaßt worden, wo das Zentrum trotz seiner nach außen hin reservierten Haltung gegenüber der Regierung Dr. Luther die Vergewaltigung der Minderheit durch Annahme des Geschäftsordningsantrages der Re­Birth seinen Austritt aus der Reichstagsfraktion ankündigt, gierungsparteien ermöglichte. Das Schreiben, mit dem Dr. liegt, wie man jetzt erfährt, schon seit einigen Tagen vor. Der Parteivorstand hat eine sofortige Beröffentlichung bisher ver­Parteivorsband hat eine sofortige Beröffentlichung bisher ver­hindert, um einer Vermittlungsaftion Raum zu geben, die

Flotte ihrem Bolte gebrochen hat", vorgeführt und von jüdischen Händlern versteigert! Stürmischer Beifall des Publitums. Biologisch gehen die vaterländischen Festspiele in Bayern   auf 3wei Menschenflaffen zurück: auf den dichterisch hochbegabten Stand monarchistischer Provinzredakteure und den ansehnlichen, philo­logisch durchtrainierten Stamm pensionierter arischer Gymnasialpro­fefforen. Die Festspiele der ersten Kategorie sind meist weißblau, die der letzteren meist schwarzweißrot gestrichen. Ohne Uebertreibung tann gesagt werden, daß da und dort in der Provinz die Pensionie rung von Gymnasialprofessoren geradezu das Signal zu wahrhaft vulkanischen Ausbrüchen dichterischer Leidenschaft gibt. Nicht immer aber ist es ein allzu starkes Selbstvertrauen, das harmlose Verleger- Redakteure und patriotische Philologen zu natio­nalen Dichtern reifen läßt. Mitunter tommt es auch vor, daß einer durch die feltsam hohe Meinung seiner Mitbürger sich plöglich in eine Dichterrolle gedrängt sieht, der er sich selbst faum gewachsen fühlt. So muß es wohl vor ungefähr einem halben Jahr einem Münchener  Lehrer gegangen sein, dessen Festspielmanuskript ich in einer Segerei liegen fah: über und über bebedt und beflebt mit Zeitungs- und Zeitschriftenausschnitten, deren vaterländische Reime der Autor mit nicht gringerem Feingefühl feiner eigenen Dichtung geschicht einzu­verleiben verstand. Daß er dabei die Quellenangabe vergaß, hat ihm wohl niemand übel genommen.

meines Heimatlandes sehr tolerant geworden. So tolerant, wie ich Seit solchen Einblicken bin ich gegen die vaterländischen Festspiele mich schließlich schon von jeher gegenüber der medizinischen Wissen schaft der Kirgifen und der politischen Anschauungswelt junger Wer­wölfe verhalten habe.

Nicht immer ist es eben ein Denkprozeß, sondern die Gering­schätzung der Dentfähigkeit der Mitbürger, die den Brobuften mensch lichen Betätigungsdranges auf dieser Welt freundliche Aufnahme und dankbare Anerkennung sichert. Rudolf Roeßler  .

Marseille  .

Marseille  , 22. Auguft. Marseille  : der Name flingt wie Sonnenjubel Sonne im Winter wie im Sommer!

Draußen, wenn man in der Trambahn die Corniche entlang fährt, strahlt blauer Himmel über einem, lacht blauestes Meer vor einem: man vergißt den dicken, weißgrauen Staub unter den Füßen und läßt so viel Helle, so viel leuchtende Farbe in sich einströmen. Die fahlen Berge, die den Hafen von Marseille   gegen gefährliche Winde schüßen, sehen aus, als ob fie vor Millionen Jahren von ewiger Sonne ausgebrannt seien: graublau, wie fteingewordene Elefanten. Ausgetrocknet, ausgesaugt von unerfättlichem Himmels. feuer, sieht auch das trozige, weißgelbliche Felsengewirr aus, an dem man vorbeifährt, ehe der aus dem Norden dem Meer zufauchende Bug in den Bahnhof einfährt, der tot oben liegt, im Sonnen brand...

In den Straßen und auf den Boulevards der Stadt aber ist ein Gewimmel und Farbengetobe, das durch seinen Rhythmus und in der Harmonie an den Drient erinnert. Noch ist das Handwerk in Marseille   nicht von den Straßen, nicht von den öffentlichen Plägen verbannt! Hufschmiede, Küfer, Schuhmacher arbeiten unter freiem

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Allgemein wird versichert, daß Wirth nicht die Absicht habe, innerhalb der Zentrums partei sich abseits zu stellen, und daß sein Schreiben erst als der Anfang intensiver Auseinandersehungen zu betrachten sei. Wirth hat sich am Montag von Marienbad  , wo er wegen seines Herz­leidens zur Kur weilte, nach Stuttgart   begeben. Am schärf sten werden die Auseinandersetzungen wahrscheinlich in Wirths engerer Heimat sein, wo er im badischen Zentrum einen starten Einfluß ausübt. Dort steht ihm der offizielle Führer der Zentrums- Reichstagsfraktion, Konrad Fehrenbach, gegen über, dem im Zentrum vorgeworfen wird, daß er sich bei der Verabschiedung der Steuer- und Zollgesetze von Luther  glatt habe ein wideln lassen. Jedenfalls deuten alle Anzeichen darauf hin, daß die Auseinandersetzungen in den Zentrumsfreifen in den nächsten Wochen und Monaten um fo lebhafter werden, als sowohl die Reichstagspolitik, mie auch die Verhältnisse in Preußen das Zentrum vor die Not­wendigkeit stellen werden, sich wenigstens für absehbare Zeit nach der einen oder der anderen Richtung hin zu entscheiden. Births eingehend. Während die Rechtspresse so tut, als ob Die gesamte Berliner   Presse tommentiert das Vorgehen sie an eine besondere Wirkung dieses Schrittes nicht glaube und als ob die Entwicklung des Zentrums durch die Ereignisse der letzten Monate in ihrem Sinne gesichert sei, ist die demo­fratische Presse durchaus der Ueberzeugung, daß die über­große Mehrheit der Zentrumswähler mit der augenblicklichen Politit der Reichstagsfraktion des Zentrums nicht zu­frieden sei.

Die Fürsorgeunterstützung der Sozialrentner Verhandlungen zwecks Kostentragung der Gleichstellung mit den Kleinrentnern.

Die von der Sozialdemokratie geforderte Gleichstellung der Sozialrentner mit den Kleinrentnern, zn deren Gunsten bekanntlich in das Aufwertungsgesetz die Bestimmung fam, wonach von den Einnahmen aus aufgewerteten Kapitalien ein Betrag bis zu 22,50 M. im Monat bei der Für= tros des Protestes des Reichsrats verwirklicht zu werden. sorgeunterstützung nicht angerechnet werden darf, scheint nun Obwohl der Reichstag auf Grund eines fozialdemokratischen Antrages in seiner Schlußigung den Einspruch des Reichsrates mit 271 gegen 77 Stimmen zurückgewiefen hatte, wurde kurz danach im Reichsrat erklärt, die Länder feien zu ihrem Bedauern aus Mangel an Mitteln die Frage abermals angeschnitten; dabei hat der Vertreter Preußens nicht imstande, den Reichstagsbeschluß durchzuführen.

Wie wir hören, sind zur Beilegung des Streites jetzt zwischen ben beteiligten Ressorts Berhandlungen im Gange, die Mittel und Wege ausfindig machen sollen, um die durch die Gleichstellung verursachte Belastung den Gemeinden abzunehmen. Bisher hatte das Reich feinen Fingerzeig gegeben, wie die Ge­meinden entlastet werden sollen. Es besteht begründete Hoff­nung, daß die Verhandlungen zu einem pofitiven Resultat führen und die Gleichstellung der Sozialrentner mit den Kleinrentnern sicherstellen.

Elsaß- Lothringen  .

Bon Antonomie nach wie vor keine Spur.

Paris  , 24. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Im Laufe der legten Tage hat in Paris   der Ministerpräsident mit elias- loth­ringischen Barlamentariern verhandelt; es ergaben sich über die Bildung des neuen Beratenden Aussouffes für Elfaß­der Wahl der parlamentarischen Delegierten für diesen Beratenden Lothringen   Meinungsverschiedenheiten insofern, als die efiaß­Lothringischen Parlamentarier für sich das ausschließliche Recht Ausschuß in Anspruch nahmen. Der Ministerpräsident hat insoweit ein Bugeständnis gemacht, als er ihnen das alleinige Recht der ab Ibarkeit in diesen Ausschuß zugestanden hat.

Himmel. Niemand findet es wunderlich, daß auf der Avenue Gam betta, die man passiert, wenn man vom Bahnhof herunter gegen den alten Hafen bummelt, unter einer der herrlichen schattenspenden­den Platanen, von denen es tausende in Marseille   gibt, ein ehrbarer Schneider die Hosen des Nachbarn flickt. Niemand findet es über­raschend, daß der fleine Kabyle mit dem roten Fez und der vers welften Haut am hellen Mittag, mit einem Sad voll Knochen auf dem Budel, fich vor eins der vornehmsten Cafés auf der Cannebière fezt und seinen Cock" trintt!... Die Sonne gleicht Gegensäge aus, und im Schatten finden sich alle Klassen.

Die Cannebière: Der Stolz Marseilles  ! In ganz Frankreich  fagt man: ,, Il est de la Cannebière", nicht: ,, Il est de Marseille". Troßdem ist's im Grunde nur ein breiter Boulevard mit vielen Hotels, wie man sie in allen Großstädten findet, und vielen Ge= schäften, die denen aller anderen Orte gleichen. Aber auf der Cannebière treffen sich alltäglich, allnächtlich die Raffen der ganzen Welt! Bor den Cafés der Cannebière werden weltpolitische Bläne und Mordtaten mit der gleichen Heiterfeit ausgeflügelt. Daneben steht die Marseiller   Polizei, die weiße Tropenhelme trägt. Aber was die Cannebiére wirklich eigenartig macht, ist, daß sie in den alten Hafen mündet. Da liegen zwei Welten beieinander.

Hier berühren sich Bergangenheit und Gegenwart, Meer und Land, Schiff, Trambahn und Auto in lebenaufbrausender Einheit. Zivilisation und mitten in Marseille   liegende Hafen. Die Phäaten, An die hundert Hektar umfaßt dieser am Rande der europäischen von denen es heißt, daß fie die erste Niederlassung begründeten, die Phönizier, die nach ihnen tamen, die Römer Pompejus   und Julius Cäsar  , der ein halbes Jahrhundert vor Chriftus die Stadt, die sich auf die Seite des Pompejus gestellt hatte, zur Strafe im Sturm nahm, fie fannten ihn schon, diesen Hafen ebenso alle die, die später famen, die Mauren  , die Sarazenen und die Nordischen. Sie schäßten seine mindstille Lage, seine tiefen Wasser und seine Erde.

Heute, im Jahre 1925, sind noch die Spuren der jahrtausendalten Geschichte dieser vielumworbenen Stadt zu sehen: nicht nur im Gemäuer der alten Schlupfwinkelgaffen, auch auf den Gefichtern der Menschen. Die Sonne härtet die Falten.

Allen Stürmen, allen Angriffen hat Marseille   getroßt In Sonne und Arbeit hat es immer wieder Auferstehungen gefeiert. Das mag Symbol fein für den zweiten Weltkongreß, den die in Hamburg   nach den Zusammenbrüchen des Krieges neuaufgebaute fozialistische Internationale hier abhält.

Marseille   nach Hamburg  ! Sonnenstreben nach organisatorischer Arbeit! Französischer Enthusiasmus und deutsche Bähigkeit! Die Internationale fonnte feinen besseren Ort für ihren diesjährigen Rongreß wählen.

Der fichechi che Maler Hynois ift in Prag   im Alter von 71 Jahren akademie und war ein Schüler Feuerbachs. Einen bedeutenden Einfluß geftorben. Als gebürtiger Wiener besuchte er die dortige Maler auf sein Birken nahm fein Bariser Aufenthalt. Die fünstlerische Aus schmüdung des Prager   Nationaltheaters, zum Teil auch der Wiener Hok oper ist sein Wert. Hynois war Professor der Prager Kunstakademie.

Die Ausflellung von Gemälden alfer Meister in der Akademie am franzöfifchen und spanischen Schulen des 15. bis 18. Jahrhunderts ber Barifer Blah, in der die deutschen  , niederländischen, italienischen, englischen, treten find, lann nur noch bis zum Ende dieses Monats geöffnet bleiben.