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Internationale Krieöenssicherung. Marseiller Kongretzrede Hillquitts- Amerika.
ZNarsellle, 24. August.(Eigener Drahtbericht.) Der Jnter- nationale Sozialistentongreß führte am Montag in kurzer Vor- mittagssitzung die Plenarberatung über die Sicherung des Friedens zu Ende, ch i l l q u i t t- Amerika hielt ein Referat, das sich mit dem Verhältnis der amerikanischen Arbeiter zu den asiatischen und europäischen Problemen beschäftigt, ohne aber auf die Ursachen der bisherigen Schwierigkeiten einzugehen und politische Konsequenzen vom amerikanischen Standpunkt aus zu ziehen, chillquitt stellte fest, daß die Konsolidierung des Friedens ohne Mithilfe Amerikas nicht zu erzielen sei. Die amerikanische Arbeiterschaft wird nach seiner Erklärung die Arbeiter aller Länder in ihrem Streben nach Sicherheit unter st ützem Soweit eine Lösung des Sicherheit?- Problems zwischen den europäischen Regierungen in Frage kommt, schloß sich Hillquitt den Auffassungen der deutschen , französischen und englischen Delegationen an. Auch er betrachtet es als eine Aufgabe der internationalen Arbeiterbewegung, die bestehenden(Be- fahren durch Propaganda und Unterstützung aller Bestrebungen, die die schiedsgerichtliche Beilegung aller Konflikte zum Ziele haben, zu fördern. An Stelle des Kopitalismus müsse wirtschaftliche Zusammenarbeit und internationale Solidarität treten. Anschließend traten die Kommissionen zusammen. Die Kom- Mission zur tkrörsernng de» Washingkoner Abkommens hat ihre Arbeiten bereit» beendet und das Ergebnis in einer längeren Entschließung niedergelegt. Sie fordert für alle Staaten, die den Inhalt des Washingtoner Abkommens nicht ausführen, K o n t r o l l- o r g a n e. Außerdem wird die grundsätzliche Festsetzung des Acht- stundentages auch für Seeleute und Landarbeiter ver- langt. Die parlamentarischen Vertretungen der sozialistischen Par- teien werden verpflichtet, bei jeder Gelegenheit und auf jede mögliche Weise in ihren Parlamenten für die R a t i f i t a t i o n des Abkommens einzutreten. Ueberstunden sollen grundsätzlich abgelehnt werden. Schließlich erinnert die Entschließung daran, daß jeder Staat, der den Versailler Vertrag unterschrieben hat, verpflichtet ist, den Achtstundentag durch Gesetz zu verwirklichen. Die internationale ßrauenkonferenz. Heber die dem Kongreß vorausgegangene internationale sozio- listisch« Frauenkonferenz haben bereits zwei von uns veröffentlichte Telegramme kurz berichtet: Dem uns jetzt vorliegenden ausführ» lichen Bericht entnehmen wir zur Ergänzung noch das folgende: Auf der zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz waren 14 Länder durch 46 Delegierte oertreten. Die Exekutive hatte zur Begrüßung die Genossen Hermann Müller, Hillquit, Bracke, Cramp und Wielbaut entsandt. Hermann Müller gab der Ueberzeugung Ausdruck, daß auch die männlichen Genosien sich bewußt seien, wie unerläßlich für die sozialistiche Bewegung die Erfassung der Frauen durch den sozialistischen Geist sei. Nur im engsten Zusammenwirken der Frauen mit den Männern könne das sozialistische Endziel verwirklicht werden. Auch die anderen Vertreter der Exekutive setzten sich für die volleGleichberechtigungder Frauen ein und wünschten den Arbeiten der Konserenz im Interesse der gesamten Bewegung besten Erfolg. In knopppen Worten schilderte Adelheid Popp -Wien die Arbeit der Korrespondentinnen in den vergangenen zwei Jahren, die zu einer besseren Verständigung und zur Förderung der Frauenbewegung innerhalb der sozialistischen Parteien der ver- schiedenen Länder geführt hat. Es folgt die Konstituierung des Bureaus, in dem die deutsche Partei durch Marie Juchacz als Vorsitzende und Math i l d e Wurm als Schriftführerin oertreten ist. Zunächst übernimmt Genossin Philips - England das Präsidium. Sie schlägt vor, zuerst eine von der englischen Delegation vorgelegte Entschließung über die Frage des Krieges und der internationalen Verteilung der Nahrungsmittel zur Debatte zu stellen. Ein Teil der Delegierten war der Auffasiung, daß die Frage des Krieges die Gesamt- bewegung betreffe und darum nur vom Kongreß behandelt werden dürfe. Andere machten dagegen geltend, daß gerade die Kriegs- frage wesentlich für die Frauen sei. Schließlich einigte man sich auf lleberweisung der englischen Resolution an eine Kommission, in die für Deutschland die Genossin Bohm-Schuch entsandt wurde. Ein Hauptgegenstand der Verhandlung war die von einer vor- bereitenden Kommission vorgelegte Entschließung über die Methoden der Organisation der sozialistischen grauen. Genossin Juchacz hob in ihrer Begründung hervor, die Gleich- stellung'der Geschlechter erfordere nicht nur die Gewährung des gleichen Wahlrechts an die Frauen, sondern auch ihre Gleichstellung im bürgerlichen Recht, im Eherecht und in der Möglich- keit für die Frauen, auch nach der Heirat selbst ihre nationalen Zugehörigkeit zu wählen. Die Gleichberechtigung schließt ferner die Foiderung nach Gleichstellung der ehelichen init den unehe- lichen Kindern ein. Wir müssen in allen Staaten das Recht der Frau auf Berufsarbeit und besonderen Schutz der Mutter und des Kindes verlangen. Dem theoretischen Bekenntnis zur Gleichberechtigung ist dadurch p lisch Ausdruck zu geben, daß die Internationale sich mit der Bild,.. lg eines internationalen Frauenkomitees cinverstanoen erklärt. In der Entschließung wird das Internationale Sekretariat u. a. ersucht, die Vcrwaltungsarbeit für die internationale Frauenbewegung zu organisieren. Damit ist zum Ausdruck gebracht,
daß die Antragsteller eine Sonderorganisattzon für die sozialistischen Frauen nicht erstreben. als Aerztin, die das Elend der arbeitenden verheirateten Frau kennt, die Frau noch schwerer zur Erkenntnis ihrer Klassenlage gelangt als der Mann. Die Erklärung dafür ist im wesentlichen, daß die Frau durch ihre Aufgabe im Haushalt den Klasienkampf in ihrer eigenen Arbeit nicht so spürt wie der Mann. Eine polnische Genossin forderte auf Grund ihrer Erfahrung als Aerztin, die das Elend der arbeitenden verheirateten Frau kennt. besonderen Schutz für Mutter und Kind. Da sie sich für den Sozial- lohn einsetzte, trat ihr die Genossin Wurm, wie schon gemeldet, ent- schieden entgegen. Sie schlug im Namen der deutschen Delegation vor, daß dos einzusetznde internationale Frauenkomitee beauftragt werde, die Frauenkonferenz nicht nur alle zwei Jahre zusammen- zuberufen. Die Frauenkonferenz müsse, wie beispielsweise im Falke von Kriegsgefahr, häufiger zusammentreten, im übrigen jeweils zu gleicher Zeit mit dem internationalen Kongreß. Erst die geistige Um- stellung der Frau könne den Erfolg der sozialistischen Arbeit gewähr» leisten. Ein kleines Zwischenspiel gab e« noch, als die belgische Ge- nossin wegen ihrer Haltung zur Frage des Frauenwahlrechts ange» griffen wurde. Genossin S p a a k- Belgien erklärte die Situation im belgischen Parlamem und wies darauf hin, daß der Frauenwahl- rechtsvorschlag der Katholiken nur ein politische» M a- n ö o e r ist, um die Sozialisten aus der Regierung zu drängen. Nur um dieses politische Manöver zu durchkreuzen, haben die belgischen Genossen nicht für das Frauenwahlrecht gestimmt. Inzwischen beendete die Kommission zur Beratung der Resolution über die Kriegsfrage ihre Arbeit. Da die Genossin Philips -Enaland den französischen Genossinnen vorgeworfen hatte, daß sie keine eigene Aktion gegen den Marokkokrieg unternommen hätten, erwidert ihr Genossin Saumoneau, daß eine Notwendigkeit für eine solche gesonderte Frauenakticn gegen den Marokkokrieg nicht bestand, weil die Haltung der gesamten französischen sozialisttschen Partei einwandfrei ist. Es folgte die einstimmig« Annahme folgender Entschließung: Die Verwirklichung des Sozialismu» fordert die Erweckung der Masten, damit sie bei der Neugestaltung der Gesellschaft aktiv mit- arbeiten. Diese Masten werden sowohl von den Frauen wie von den Männern gebildet. Deswegen ist es von grundlegender Bedeutung, daß die sozialistischen Parteien aller Länder ihr Möglichstes tun, um die Organisierung der Frauen in der sozialistischen Arbeiter- bewegung zu unterstützen. Um dieses Ziel zu erreichen, soll jede sozialistische Partei die restlose Befreiung der Frau als eine der wichtigsten Aufgaben ihrer Politik betrachten. Die Be- freiung der Frau erfordert die volle politische Gleichberechtigung von Mann und Frau, insbesondere das gleiche aktive und passive Wahlrecht ohne Rücksicht aus Familienstand und Erwerbsbedürftig- kett, wie es die Männer verfassungsmäßig besitzen. Die sozialistischen Parteien verpflichten sich, die gesetzliche Gleich- stellung von Mann und Frau im Eherecht, in der Staatszugehörig- keit, bei der Verheiratung und die Gleichstellung der unehelichen Kinder mit den ehelichen nach den Grundsätzen eine» humanen Menschenrcchts zu fordern sowie für die volle wirtschaftlich« Gleich- berechtigung der Frau einzutreten. Die sozialistische Bewegung muß aus diesen Gründen die Dedürfniste der Frauen in ihrer Politik ebenso berücksichtigen wie die der Männer. Um das zu können, muß die sozialistische Bewegung in allen Ländern die Organisierung der Frauen fördern. So soll es möglich werden, die Lösung der sozialen Frauenprobleme selbst zu diskutieren und zu fördern. Die Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft hat die Frauen in der gleichen sozialen und kulturellen Abhängigkeit gelassen, so daß ihre politische und wirtschaftliche Stellung schwächer ist als die des Mannes, trotzdem die Pflichten und Lasten der Mutterschaft eine besondere Fürsorge und einen besonderen Schutz für die Frau ersor- dern würden. Die sozialistische Bewegung muß deshalb alle Schutz- maßnahmen, welche die Arbeiter und besoirders die Arbeiterinnen notwendig haben, fordern, um das Wohlergehen der Mütter und Kinder zu sichern. Die Konferenz erklärt in Anbetracht besten, da das Interesse der großen Masse der Frauen in erster Linie ihrem Heim und ihren Kindern gilt, wird sie der Sozialismus zuerst dadurch er- fasten, daß sie itz ihm vor allem ein Mittel sehen, sie vor Krieg und Verelendung zu schuhen. Deshalb fordert die Konferenz alle sozialistischen Parteien auf, ihren Kampf gegen den Krieg zu verstärken, von welcher Seite er immer komnien mag, und die Mittel zu prüfen, durch die die Teuerung am erfolgreichsten bekämpft und die internationale Wirtschaftspolitik im Sinne einer sozialistischen Entwicklung geführt werden kann. Um eine Verständigung über die Ziele und Methoden unter den Genossinnen der verschiedenen Länder zu ermöglichen, soll ein intcr- nationales beratendes Frauen tomitee bestellt werden, das aus Vertreterinnen der Frauen gebildet wird und dessen Aufgabe die Unterstützung der Exekutive der sozialistischen Arbeiterinternationale und die Organisation von Konserenzen, die immer im Anschluß an die Kansecenz der Internationale stattfinden soll, ist. Dieses Komitee soll auf der gleichen Basis aufgebaut sein wie das Komitee der SAI. und soll jedes Iahrmindestens ein- m a l zusammenberufen werden. Die Verwaltungsarbeit der sozio- listischcn Frauenorganisationcn soll vom Internationalen Sekretariat der SAI. durchgeführt werden. Mit der Annahme dieser Entschließung waren die Arbelten der Konferenz beendet. Genossin Juchacz schloß die Tagung mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf die Internationale.
Paul frtelroü. Zu seinem 75. Geburtstag. In seiner stillen Gelehrtenstube in Steglitz feiert heute Genoste Paul Axelrod, einer der Gründer der russischen Sozialdemo- kratte und ihr anerkanntes geistiges Haupt, seinen 75. Geburtstag. Ein Leben unermüdlicher Arbeit, opferreichen Wirkens für die Arbeiterklasse liegt hinter ihm. Doch ebenso leidenschaftlich wie vor einem halben Jahrhundert, wo er sich als Jüngling in den rcvolu- tionären Kampf stürzte, nimmt er heute noch Anteil an der russischen Parteibewegung wie an dem Wirten der internationalen Sozial- demokratie. Eine große, einheitliche Linie zieht sich durch dieses Leben von dem Zettpunkte an, wo Axelrod aus der Hölle bitterster Armut, aus der Enge des Proletarierdaseins im rustisch-jüdischen Ghetto sich emporrang zur aktiven Teilnahme am revolutionären Befreiungs- kämpf, der in den 6l)er Iahren in Rußland einsetzte. Axelrod machte alle Phasen dieser Bewegung durch: zuerst Propagandist des Sozia- lismus im Sinne der damaligen„Volkstümler*, dann Anarcho-Kom- munist, Bakunist, schließlich, nach dem Zusammenbruch der damali- gen Bewegung und seiner Flucht ins Ausland, einer der Gründer der„Gruppe der Befreiung der Arbeit'(1883), der ersten russischen Organisation, die die geistigen Grundlagen für die russische sozial- demokratische Bewegung schuf und bahnbrechend für die Ideen des Marxismus in Rußland wirkte. War von den Mitgliedern dieser Gruppe P l e ch a n o w führend auf philosophischem, ökonomischem und soziologischem Gebiete, so galt Axelrod mit seiner tiefen Kenntnis der internationalen Arbeiterbewegung als Meist er der politische n Taktik und Orga- n i s a t i o n. Feind jeder Schablone, aufs tiesste verwurzelt mit der Praxi» der westeuropäischen Arbeiterbewegung, wandte er die Methoden des marxistischen Denkens, die er wie kaum ein anderer zu handhaben versteht, auf die komplizierten Fragen der russischen Entwicklung und der Arbeiterbewegung an. Seiner Gedankenschärfe, seiner Unbeugsamkeit, seiner konsequenten politischen Führung ist es vor allen Dingen zuzuschreiben, daß sich die sozialdemokratische Arbeiterbewegung in Rußland durch alle Fährniste und zeitweiligen Abirrungen hindurchfand und zu einem bedeutenden Faktor der soziaNstischen Internationale wurde. Die enge Verwurzelung Axelrods mit der proletarischen Masten- bewegung, deren Psyche er meisterhaft erfaßt, sein tiefes Verständnis für die Gesetze der sozialen und polittschen Entwicklung machten ihn schon frühzeitig zu einem begeisterten Anhänger der d e u t s ch e n sozialdemokratischen Bewegung, deren Formen und Inhalt er nach Rußland zu verpflanzen bestrebt war. Nicht im Sinne einer schablonenhaften Nachahmung, sondern im Sinne der Europäisierung der russischen Arbeiterbewegung, der Entwicklung der proletarischen Welttätigkeit, der Verknüpfung der Arbeiterbewegung mit den poki- tischen Bewegungen auch der anderen Gesellschaftsklasten. Diese Einstellung Axelrods, die eng verknüpft ist mit seiner grundlegenden Austastung vom demokratischen Sozialismus, brachte ihn schon früh in ein«n scharfen Gegensatz zum Bolschewi». mus, der sich, als Erb« des Bakunismus der 7<)er Jahr«, am Anfang des Jahrhundert» unter der Führung Lenins in der russischen Arbeiterbewegung bemerkbar machte. Prophetischen Blickes hat Axelrod schon damals die Entwicklung dieser Bewegung vorausgesagt und auf die Gefahren hingewiesen, die der russischen wie der inter - nationalen Arbeiterbewegung von einem Siege dieser Entartungs- erscheinung des Sozialismus drohten. Wie in dieser Frage, so auch in allen anderen ging Axelrod nie von den engbegrenzten Interessen der russischen Bewegung allein au». Für ihn ist dies« vielmehr nur ein Bestandteil der großen internationalen Bewegung des Proletariats, in der er mit Leib und Seele wurzelt. Wie er in der russischen Bewegung stets als Ex- ponent des„Europäertums' gegenüber der Rückständigkeit des asiatisch-tatarischen Sozialismus auftrat, so wirkt er auch in der Inter - nattonale fortgesetzt für einen engeren geistigen und organisatori- schen Zusammenschluß der einzelnen nationalen Bewegungen, für ein geschlosseneres Vorgehen, für«ine größere Aktivität auf allen Gebieten der internationalen Politik. Diese Eigenschaften Axelrods machen ihn besonders teuer für das russische wie für das internationale Proletariat. An seinem 75. Geburtstage begrüßen wir ihn nicht nur als einen der Gründer und Führer der russischen Sozialdemokratie, fondern als inter - nationalenSozialisten, der durch ein Leben rastloser Arbeit eiwiesen hat, daß es für ihn keine nationalen Grenzen innerhalb des Proletariats gibt.
Grönung in Preußen. Minister Teverinz über die Pflichten der Kreisblätter. In zwei Kleinen Anfragen im Preußischen Landtag wurde um Auskunft über das Wesen der„Republikanischen Beschwerdestelle' ersucht, insbesondere, ob sie amtlichen oder privaten Charakter tragen, ferner, ob es mit der Freiheit der Presse zu vereinbaren sei, daß oppositionelle Aeußerungen„als gegen die„Hoheit und Sicher- heit der Republik gerichtet' von der Beschwerdestelle der Behörde angezeigt und von dieser daraufhin amtlich verfolgt werden. Im Zusammenhang hiermit wurde in beiden Anfragen die Verfügung des Landrats des Kreises Gummersbach vom 12. Mai d. Is. er- wähnt, in der der.Gummersbacher Zeitung' das weitere Führen der Bezeichnung„Amtliches Kreisblatt für den Kreis Gummersbach ' verboten wurde, in der zweiten Anfrage wurde auf die durch das Innenministerium angeordnete Prüfung der Frage, ob eine der anderen im dortigen Kreise erscheinenden Zeitungen Strafanzeige wegen unlauteren Wettbewerbs zu erstatten beabsichtige, hingewiesen und die Ansicht ausgesprochen, daß sich dies nicht mit der Stellung des Ministeriums vertrage. Wie der Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, führt der Preußische Minister des Innern in Beantwortung der ersten An- frage u. a. aus, daß die Republikanische Beschwerdestelle ein pri- vater eingetragener Verein ist. In der Antwort auf die weitere Anfrage wird gesagt, daß es der Beschwerdestelle wie jeder Privatperson oder jedem Verein unbenommen bleibt. Beschwer- den bei den zuständigen Behörden anzubringen, deren Nachprüfung nach den gleichen Gesichtspunkten, erfolge, die für die Prüfung der Eingaben anderer Beschwerdeführer maßgebend sind. Nach dem Bericht des Landrats in Gummersbach führt die .Gummersbacher Zettung' die Bezeichnung„Amtliche» Kreisblatt für den Kreis Gummersbach ', obwohl diese Bezeichnung den Tat- fachen nicht enstpricht. Da die Klarstellung der tatsächlichen Lage im öffentlichen Interesse geboten ist. hat der Minister den Landrat angewiesen, der„Gummersbacher Zeitung' die Führung dieser Be- Zeichnung zu untersagen. Die angeordnete Prüfung der Frage, ob eine der anderen im Kreise Gummersbach erscheinenden Zeitungen Strafanzeige wegen unlauteren Wettbewerbs zu erstatten beab- sichtige, bezweckte keinerlei Einwirkung auf diese Zeitungen, war viel- mehr lediglich eine für die weiteren Maßnahmen des Ministers praktisch bedeutsame tatsächliche Feststellung. Wörtlich schließt der Minister des Innern sodann: „Im übrigen bemerke ich. daß ich es für meine Pflicht halte. Mnachsichtlich gegen diejenigen„Amtlichen Kreisblätter' vorzu-
gehen, die, anstatt die Politik der Staatsregierung zu vertreten— was eine sachliche Kritik an einzelnen Re- gierungsmaßnahmen nicht ausschließt— die Staatsregie- rung in gehässiger und beleidigender Weise herabsetzen.'_ Günstiges Geschästsergebnis üer Reichsbahn Dem Reichstage ist der Bericht über die Betriebsverwaltung und Verkehrsleistungen der Reichsbahn in der Zeit vom 1. April bis 30. Juni und über die Geschäftsergebnisse in der Zeit vom März bis Mal zugegangen. Aus der Uebersicht geht hervor, daß die Reichs- bahn in den Monaten März bis Mai an Einnahmen insgesamt 1 139 106 009 M. erzielte, denen Ausgaben von insgesamt 966674 000 Mark gegenüberstehen. Die Reichsbahttverwaltung bemerkt dazu: Obgleich der Eisenbahnbetrieb im Monat März 1925 nicht un- bedeutenden Störungen durch Teilstreiks und ungünstige Witterungeverhältnisse ausgesetzt war, sind die Ein- nahmen im allgemeinen nicht hinter den Ansätzen des Voranschlags zurückgeblieben. Im Personenverkehr haben die am 1. April und 1. Mai 1925 vorgenommenen Tariferhöhungen sowie der Orts- verkehr das Ergebnis günstig beeinflußt. Die aufgekommenen Er- trägniste haben ausgereicht, um die gegenüber dem Voranschläge ver- hältniemäßig stärker angefallenen Personalausgaben und die hier- nach entsprechend eingeschränkten sachlichen Ausgaben zu bestreiten. Auch konnten die notwendigen Aufwendungen für werbende An- lagen aus den Einnahmen gedeckt werden. Aus dem verbliebenen Reinüberschuß werden die planmäßigen Rückstellungen für die kommende Verzinsung der Reparationsschuldverschreibungen und die Ansammlung der gesetzllch vorgeschriebenen Ausgleichsrücklage vor»
genommen. Die am 1. September 1925 fällige zweite Re- parationsrate mit 100 Millionen Goldmark ist bereits sichergestellt. Nach den bis jetzt vorliegenden Ergebnissen der Einnahmen kann damit gerechnet werden, daß die Gasamtwirtschast der Reichsbahn im Geschäftsjahr 1925 planmäßig verläuft. Immer- hin mahnt die allgemeine Wirtschaftslage und die damit zusammen- hängende Verkehrsentwicklung zu besonderer Vorsicht auf dem Ge- samtgebiete der Ausgaben. Dies gilt sowohl für Bauten und Be- schaffungen, wie für die Stellungnahme zu Lohn- und Gehalts- fragen. Die Eisenbahn arbeiter werden aus diesem offiziös zurechtgestutzten Kommunique mit Recht den Schluß ziehen, daß die Eisenbahn durchaus in der Lag« ist, die von ihnen gestellten Forderungen zu bewilligen. Das Wirtschaftsergebnis der Eisenbahn ist derart, daß trotz relativ ungünstiger Verhältnisse ein ganz erheblicher Ueberschuß erzielt werden konnte. Um so dringender muß der Erwartung Ausdruck gegeben werden, daß der Reichs- arbeitsminister bei seinen Bemühungen um die Herstellung eines Ausgleichs zwischen Reichsbahnverwallung und Eisen- bahnarbeitern sich nicht einseitig von dem Standpunkt der Reichsbahndirektion beeinflussen läßt, die chrerseits wieder ganz unter dem Einfluß der lediglich im Interesse der Privat» Wirtschaft orientierten Auffichtsratsmehrheit steht.