Dies ist aber nur einer von den vielen Selbstmorden, trotz aller beruhigenden Versicherungen der Wissenschaft über den„Weltlinter gang". • Aber die Erde drehte sich weiter und im Laufe der Jahre, bis heute, haben etwa drei Millionen Menschen, die Freibesucher, die Waisenkinder, Soldaten, Schulkinder mit eingerechnet, die Stenr warte besucht. Und heute: Du setzt dich auf die Hochbahn und fährst bis zum Bahnhof Schlesisches Tor. Dort nimmt dich ein Auto in Empfang und bringt dich schnell und vollkommen kostenlos zur Sternwarte. Denn Professor Archenhold sagt: Je nun, kommt die Hochbahn nicht zur Sternwarte,'dann muß die Sternwarte eben zur Hochbahn kommen. Die /!öer im Süöosten. Wir kommen aus einer grauen, von lautem Leben erfüllten Querstraße. Da umfängt uns freiere Luft unter weiterem Himmel. Hell blinkt Wasser auf, von grünen Bäumen umsäumt. Wir treten auf eine der Brücken, die— nach heutigen Begriffen nicht gerade Meisterwerke der Jngenieurbaukunst— den Kanal überqueren. Welche Schönheit tut sich da plötzlich vor unseren Augen auf: In langer, gerader Achse durchschneidet der blanke Wasserlauf die Häusermasse. Bis fernhin schimmert das Wasser, wo es vom zart- grün gegen den blauen Himmel stehenden Kuppeldach der Michaelis- kirche überragt wird. Wenden wir uns rückwärts, so bietet sich der gleiche, auf die Achse eingestellte Aufbau, wiederum abgeschlossen im Zuge des geradlinigen Wasserlaufs von Türmen: den der Melanch- tonkirche jenseits des Urbanhafens. Und wo der Kanal vom Engel- decken an eine weiche Kurve einschlägt, folgen Baumreihen und Hausfront am Engelufer in feinem Gleichklang der geschwungenen Linie, die wiederum auf Türme mündet: die Andreaskirche am jenseitigen Spreeuser. Es erscheint eigentlich etwas unglaubhaft, daß dieses eigen- artige städtebauliche Bild durch Zuschütten des Wasserlaufs zerstört werden sollte, und man kann verstehen, daß ein großer Teil der umwohnenden Bevölkerung sich für Erhaltung des Kanals einsetzt. Wenn auch Wasserläufe für das Berliner Stadtbild nicht ganz so be- stimmend sind wie etwa für Hamburg oder flandrische Städte, so zählen sie zweifellos unter seinen Reizen nicht zu den geringsten: sie sollten darum nur unter dem Druck unabwendbarer Notwendig- keit verringert werden. Zwar wird die Zuschüttung des Luisenstädtischen Kanals von gewissen Kreisen im Berliner Magistrat befür- wartet aus verkehrspolitischen Gründen: andererseits will man zu- nächst— wir unterstreichen dieses zunächst— an Stelle des Kanals Grünanlagen schaffen. So lockend nun der Gedanke scheint, hier Grünflächen in langem Zuge anzulegen, so bleibt doch zu bezweifeln, daß solche neue Schönheit der alten gleichkommt. Wasser wird im Stadtbilde eben doch immer das belebendste Element bleiben, zumal wenn es, wie hier, gqin umsäumt und wenn seine Linienführung vom Städtebauer in so vorbildlicher Weise der gesamten Planung zugrunde gelegt ist. Kleine Teiche, die man etwa in den beabsichtig- ten Rasenflächen neu schaffen möchte, sind selbstverständlich gar nicht zu vergleichen mit dem jetzigen großzügigen Bilde. Wenn geltend gemacht wird, der Kanal, der zurzeit nicht mehr der Schiffahrt dient, verursache nur Erhaltungskosten und müsse darum neuen Grün- anlagen weichen, so erhebt sich doch wohl die Frage, ob Grünflächen etwa billiger zu erhalten sind? Zudem gäbe es geradezu die Möglichkeit, aus dem Wasserlauf Zinsen zu schlagen, wenn mau einen Gedanken ausführte, der kürz- lich von beachtenswerter Seite ausgeführt wurde: Man setze Kähne, die oermietet werden, auf die jetzt unbenutzte Wasserfläche! Alster - decken in Berlin SO.I Selbstverständliches Erfordernis wäre hier- bei wie für die Reinhaltung der Luft, daß für ausreichenden Zu- und Abfluß in der fraglichen Strecke gesorgt wird: das ließe sie ja aber— nach Ansicht erfahrener Städtebauer— mit Hilfe der vor- handenen Schleusen ermöglichen: es wurde darauf hingewiesen, daß auch der Landwchrkanal zwischen Hafenplatz und Lützowplatz geruch- frei ist, der ebenfalls kein großes Gefälle aufweist. Wenn qjn anerkannter Städtebauer wie Professor Hermann Jansen sich in der Oeffentlichteit für Erhaltung des Kanals einsetzt. trotzdem verkehrstechnische Gründe für die Zuschüttung geltend ge- macht worden sind, so wird man gewiß erwarten dürfen, daß das Für und Wider noch sehr sorgsamer Prüfung unterliegen muh. Nicht Mord, sonder« Selbstmord. Zu dem Leichensund im Friedrichshain wird mitgeteilt, daß die Ermittlungen der Mordkommission jetzt einwandfrei ergeben haben, daß es sich nicht um ein Verbrechen, sondern um einen Selbstmord handelt. In der Wohnung der Mutter des Toten wurde bei einer Durchsuchung seiner Kleidungsstücke eine Eintritts- karte zum Lunapart gefunden, auf deren Rückseite der junge Mann Abschiedsworte an feine Angehörigen geschrieben hatte. Der Revolver und der Regenmantel Rohddes sind vermutlich von Fledderern geraubt worden. Derartige lichtscheue Elemente machten in letzter Zeit, wie aus den Klagen der Anwohner hervor- gitzg, die Gegend des Fsiedrichshains häufig unsicher. Um diesem Treihen ein Ende zu setzen, wurde in der Pacht zum Mittwoch von der Großen Streife der Kriminalpolizei eine Razzia durch den Friedrichshain unternommen. Personen, die als Fledderer des jungen Rohdde in Frage kommen könnten, wurden nicht er- mjttelt, dagegen stöberten die mitgenommenen Hunde verschiedene von de« Behörden Gesuchte auf, die dem Polizeipräsidium ein- geliefert wurden. Sie hatten in dem Park auf Bänken und unter Gebüschen genächtigt.
Unerwünschte Gäste. Eine Familie in der Lüneburger Straße, die sich zurzeit auf Reisen befindet, wurde von Einbrechern schwer heimgesucht. Die Verbrecher öffneten die Eingangstür mit Nachschlüsseln und er- beuteten hauptsächlich Goldsachen im ungefähren Werte von ZOooo Mark, darunter ein Zigarettenetuis in flacher Form aus lbkarätigem Golde, eine Platinhalskette mit zwei tropfenförmigen Brillanten voy je 1 Karat, eine Platinarmbanduhr(Schweizer Werk) und ein vollständiges Tafelbesteck für 25 Personen aus schwer vergoldetem Silber. Ferner stahlen die Ein- brecher Wäschestücke aus Damastgewebe. �iwei nette Musikfreunde. Unerwünschte Besucher der Singakademie standen in dem Kauf- mann Eugen Weber und dem Kellner Ludwig S c u c z vor der Berufungsstrafkammer des Landgerichts I . Beide Angeklagte sind eifrige Besucher dex Singakademie, jedoch nicht aus Liebe zu guter Musik, sondern aus Spekulation auf die mehr oder weniger gefüllten Taschen ihrer Mitmenschen. So konnten eines Abends nach einem Konzert zwei Kriminalassistenten beobachten. wie sich Weber gleich seinem Komplicen, einem gebürtigen Wiener und internationalen Taschendieb, im Gedränge in der Garderobe an zwei Herren heranmachte, indem er anscheinend eine Garderobenmarke in der Hand hielt und so tat, als ob er seine Garderobe holen wollte. Stattdessen versenkte er die freie Hand in die Jackettasche des einen Herrn und tastete, als sein„Zuz" vergeb- lich war, mit ebenso wenig Erfolg die Tasche des anderen Herrn ab. Als ihm die Sache brenzlich vorkam, entfernte er sich schleunigst und ging zum Kastanienwäldchen, wo sein Komplice mit seinem Mantel auf chn wartete. Hier wurden beide verhaftet. Sie bestritten Zwar, wurden aber als Stammgäste des berüchtigten internationalen
Taschendiebes Kirschner erkannt, der in der Schlesischen Straße eine Kneipe betrieb, inzwischen aber zu seinem alten Beruf zurückgekehrt- und bereits wieder zu 2M Jahren Zuchthaus verurteilt worden ist. Die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil hatte nur bei dem zweiten Angeklagten Erfolg, denn die Strafe gegen ihn wurde auf 6 Monate Gefängnis wegen Beihilfe herabgesetzt. Bezüglich des Weber blieb es bei 2X Jahren Gefängnis. Schecks öes Herrn v. keuöell. Die Betrogenen sollen die Schuldigen sein! Von Zeit zu Zeit muß der jetzige Majoratsbesitzer v. Keudell immer wieder vor Gericht erscheinen, um sein stark angeschwollenes Konto zu begleichen. Das Strafkonto dieses Sprößlings einer feudalen Familie, Sohnes und Majoratserbes des ehemaligen Ober» zeremoniemeisters Wilhelms II., wies bisher nur Wohnungsein. bräche auf. Nunmehr kommt auch noch Scheckschwindel hinzu. Nach seiner Entlassung vom Militär, bei dem er Offizier war, geriet er in den Kreis von Bardamen und sonstiger Lebewelt. Sein Vater tonnte daher mit dem flotten Söhnchen nicht fertig werden und veranlaßte seine Unterbringung in der Irren- an st alt Herzberge. Später wurde dies der Familie peinlich und so machte man den Versuch, ihn aus der Anstatt herauszu- bringen und in die Fremdenlegion zu stecken. Alle diese Bemühungen konnten aber nicht verhindern, daß von Keudell ganz auf die schiefe Bahn geriet. Während man ihn bisher nur als bereits mehrfach abgeurteilten Wohnungseinbrechsr kennen gelernt hatte, zeigte der erste Schritt auf der schiefen Bahn, der merk- würdigerweise jetzt erst nach k Jahren vor dem Schöffengericht Ehar- lottenburg zur Aburteilung anstand, v. Keudell auch als Scheck- s ch w i n d l e r. Er erschien damals mit Komplicen, ohne die es bei ihm niemals geht, in Pelzgeschästen, stellte sich mit einem vornehmen Namen vor und gab bei seinem Einkauf ungedeckte Schecks in Zah- lung. Auf diese Weise verschaffte er sich mehrere Pelze von hohem Wert. Wie der Sachverständige, San.-Rat Dr. Leppmann, be- kündete, ist v. Keudell schwer erblich belastet und minder- w e r t i g. Stets wurde er von seinen Komplicen sehr beeinflußt, die ihn mit seinem Namen vorschieben und ihm von dem erbeuteten Gelde nichts abgäben. Trotzdem billigte ihm der Gefängnisarzt Dr. Hirsch den Schutz des Z 51 nicht zu. Landgerichtsdirektor Dr. Brennhausen konnte sich dem Antrage des Staatsanwalts, der 1 Jahr Gefängnis beantragt hatte, jedoch nicht anschließen, sondern führte aus, daß sich die Geschäftsleute selbst die Schuld zuzuschreiben hätten, wenn sie hereingefallen wären, und daß die Straftat des Angeklagten wegen der damaligen Verhältnisse und seiner krankhaften Veranlagung milde aufzufassen sei. Das Urteil lautete auf nur 3 Monate Gefängnis. — Man wird gut tun, sich die Begründung der Milderungsgründe durch Landgerichtsdirektor Brennhausen, die sich auf die Verhältnisse im Jahre 1319 bezieht, zu merken._ Das Ende eines Naturdenkmals. An der Ecke der Bellevue- und Tiergarten st raße liegt, in„handliche" Stücke von je 4 Festmeter sauber zerschnitten, der Stamm der wundervollen Eiche, die bisher den Stolz der Taxameterkutscher bildete, die an dieser Ecke mit ihren sauberen. trotzdem dem Untergang geweihten Gefährten von den alten guten Zeiten zu trijumen pflegten, aber auch die Freude aller Naturfreunde. Der verantwortliche Sachverständige der städtischen Park- und Gartenbaudeputation hat den richtigen Riecher ge- habt. Zwar schien der Baum noch das Urbild der Kraft und un- erfchütterlichen Beständigkeit, aber nun, da er gefällt ist, sieht man, daß der Knochenfraß bedenklich in ihm gewütet hat. Das untere Drittel des Stammes ist bis auf Spanndicke im Kern vermodert und angefault, und so hat die Axt wenigstens den Rest des Stammes — und das ist immer noch genügend für ein Dutzend massiv eichene Speisezimmer— vor dem gleichen Schicksal bewahrt und der ein- zigen Bestimmung gerettet, die diese Eiche noch erfüllen konnte. Die Schnittflächen der Stammstücke, jede so groß wie ein respektabler Vereinsstammtisch, leuchten seltsam durch die herbst- und benzin- dunstige Luft. Berlin ist wieder einmal um ein prachtvolles Natur- denkmal ärmer. Merkwürdig ist nur, warum es möglich war, zwar die alte vermickerte„Bittschriftenlinde" in Potsdam , nicht aber einen so prachtvollen Baum wie die Eiche durch„Plombierung" zu erhalten._ Einer, der ei« Vermöge « liegen läsit. Für eine unglückliche Vergeßlichkeit wurde ein Viehhänd» l e r. der auf dem Bahnhof Friedrichstraße auf den Zug nach Erkner wartete schwer gestraft. Er legte leinen Regen- mantel neben sich auf die Bank und vergaß ihn dort, während er den einlaufenden Zug bestieg. Erst in Erkner wurde er seinen Verlust gewahr. In der Tasche de» Mantel» hatte der Mann 7 sov Mark, die in ZeitungSpapier eingewickelt waren, stecken lassen. Der Mantel wurde später auf der Bank noch vor- gefunden, da» Geld aber fehlte.
Gewerkschastsfest in Selchow. Am Sonntag fand in Selchow, Kreis Teltow, ein G e- werkschaftsfest statt, zu dem der Landarbeiterverband olle klassenbewußten Arbeiter eingeladen hatte. Zu Hunderten waren aus den umliegenden Ortschaften und aus Neukölln Gewerkfchafts- und Parteigenossen diesem Rufe gefolgt. Das schöne Wetter schaffte die richtige Feststimmung: die Ausschmückung des Ortes mit grünen Willkommensgrüßen und roten und republikanischen Fahnen trugen das Ihrige dazu bei. Um 2 Uhr fand der Festziig statt. An der Spitze des Zuges fuhren die Arbeiterradfahrer mit ihren geschmückten Rädern, daran anschließend Kindergruppen, die Arbeiterjugend und zum Schluß Frauen und Männer in großer Zahl. Es war eine wirksame Demonstration in einer Hochburg der Junker und Großbauern. So manches Hoch auf die Sozialdemo- kratie und die Gewerkschaften wurde ausgebracht. Auf dem Dorf- anger hielt der Bezirksleiter des Landarbeiterverbandes, M u sk a-
Das l�unäkunkproxramm. Donnerstag, den 27. August Außer dem üblichen Tagesprogramm: 5— 6.30 Uhr abends: Kachmittagskonzert der Berliner Funk-
7.30 Uhr abends: Abteilung Technik. Regierungsrat Dr. Karl Müller:„Neuartiges, glasklardurchsichtiges Gold". 8 Uhr abends: Abteilung Naturwissenschaft. Dr. Rudolf Wegner:„Grundlagen der Wettervorhersage". 1. Vortrag.„Geschichtlicher Ueberbliok". 8.30 Uhr abends: Heiteres Allerlei. 1. a) H&ndel: Bourräe, b) Grieg : Volksweise, c) Thome: Simple Aveu(Lasowski-Quartett von der Berliner Staatsoper: Johannes Lasowski. 1. Violine; Georg Diettrieü, 2. Violine; Friedrich Schnitt, Bratsche; Paul Walter, Cello, unter Mitwirkung von AdoH_ Mützelbnrg, Klarinette). 2. Heiteres(Resi Langer , am Flügel; Dr. Stefan Meisel). 3. a) W. W. Goetze: Schon der �linnesänger sang's in seiner Melodei, ans der Operette„Ihre Hoheit die Tänzerin", b) W. Bransen: Anna Maria, c) W. R. Hevmann: Bleib' mir treu, du mein kleines Mägdelein(Willi Weiß, am Flügel: Miezi Peery). 4. a) Anton Bazek: Katzenständchen, Scherzländler, b) Anton Razek : Die Fliege, musikalische Imitation, c) Anton Razek : Kaffeeschwestem, ein böses Quartett, d) Anton Razek : Die Spieldose, plaisanterie, e) Desormes: Pizzicatopolka(Lasowski-Quaitett). 5. a) R. Stolz; Ja, in der Vorstadt draußen, b) M. Ivain: L'etrange valse(Nur ein leises„Du"), c) H. May: Herrgott, am blühenden Neckar - Strand(Willi Weiß, am Flügel: Miezi Peery). 6. Heiteres(Resi Langer , am Flügel; Dr. Stefan Meisel). 10 Uhr abends: Dritte Bekanntgabe der neuesten Tagesnachrichten, Zeitansage. Wetterdienst. Sportnachrichten, Theater- und Filmdienst. 10,80—12 Uhr abends: Tanzmusik.
t ewi cz, eine zündende Ansprache, die in die Mahnung an die Landbevölkerung ausklang, sich dem Verband anzuschließen. Danach «griff Genosse Gärtner im Namen der Sozialdemokratischen Partei das Wort, um auf die Notwendigkeit der politischen Organi- sation hinzuweisen. Nachdem noch eine große Anzahl Freiexemplare des„V o r w ä r t s" durch die Jugend verteilt worden war, ging es geschlossen nach dem Festlokal, wo die Arbeiterjugend und eine Kinderabteilung aus Neukölln Spiele und Volkstänze ausführte�. Es war ein gelungenes Fest, das Veranstalter und Gäste noch lange zusammenhielt. Hilles aus Liebe! Gefährliche Dummheilen eines Liebespaares. Man weiß im ersten Moment nicht, was man mit dem blut- jungen Paar anfangen soll, das jetzt auf die Anklagebank geführt wird. Er, der typisch„wohlerzogene" junge Mann, erst 21 Jahre alt, aber mit frühreifen Gesichtszügen. Don Beruf Bankeleve! Dann feine Braut, nur um ein Jahr jünger. Fast überschlank, blond, mit treuen blauen Augen, die hilflos in der Wett umher- schauen, dann aber immer wieder treu ergeben an„ihm" hasten bleiben. Und diese beiden haben sich vor dem Richter wegen g e- meinsamen schweren Diebstahls zu verantworten. Ihre Geschichte— immer dieselbe und doch ein wenig anders. Eigentlich ein richtiger Dummenjungenstreich! Eine eigen- sinnige, unüberlegte Handlung eines verzogenen Muttersöhnchens, der ein einfaches(unges Menschenkind an sich sessett und nun mit in den Abgrund gezogen hat. Also Walter H. war seit der Reifeprüfung wohlbestallter Eleve eines ersten Bankinstituts in Frankfurt a. M. Frieda W. eine fleißige Kontoristin, die ihren armen Eltern das Brot mitverdienen half. Solange sie beide nichts voneinander wußten, ging ihr Leben seinen geregelten Gang. Aber dann kam das unglückliche Kennenlernen, das Verlieben. H. war vielleicht nur einmal ehrlich, als er sowohl den Angehörigen des jungen Mäd- chens wie seinen Eltern die gegenseitige unüberwindliche Liebe, die beide zueinander gefaßt hatten, gestand. Die Eltern taten das Vernünftigste, was sie tun konnten, sie lachten das junge Pärchen erst einmal gründlich aus und nahmen die Sache nicht allzu ernst. Als sie aber sahen, wie wenig Aussicht auf Erfolg diese Art der Be- Handlung ihrer Kinder hatte, da sagten sie ihnen ganz energisch, daß in den heutigen Zeiten ein 21jähriger Eleve keine 20iährige Stenotypistin so ohne weiteres heiraten könne. Eigentlich hätte sich das H. ja selbst sagen müssen. Aber er tat es nicht. Sein einziger Gedanke war, Geld, möglichst viel Geld verdienen, um so schnell wie möglich„seine Friede!" heiraten zu können. Nun war aber„seine Friede!" eines Tages nicht mehr in Frankfurt , die Eltern hatten sie zu Verwandten in eine andere Stadt gegeben, sie erhofsten von der Trennung, was sie selbst nicht erreichen konnten. Jetzt war es aber mit der Beherrschung des H. ganz aus. Er unter- schlägt seiner Bank 3000 M., setzt sich auf die Bahn und fährt zu Friede!. Geständnis der Tat, allzu bereitwillig« V«. zeihung, nochmaliger Liebesschwur bis in den Tod und— es geht auf die Hochzeitsreise. Dann wendet sich das Pärchen nach Berlin und wohnt hier gemeinsam in einem Pensionat in der Wilhelm- straße. Wohl dauerte die Liebe an, aber das Geld ging zu Ende. Beide wollen nun eifrig nach Beschäftigung gesucht, aber nichts ge- funden haben. Es kamen bittere Zeiten. Selbst der Hunger Nopfte an ihre Tür. Und als schließlich die Pensionsinhaberin damit drohte, das Paar an die Luft zu setzen, wenn die Miete nicht um- gehend bezahlt würde, da raffte sich H. zu einer Tat auf, die seine bisherigen Dummheiten in ein ganz anderes Licht setzten, er beschloß zu stehlen. Des Nachts drangen beide heimlich in das Eßzimmer der Pension, er erbrach mit einem Messer die Schublade des Berti- kvs und entwendete Svv M., sie aber wich nicht von seiner Seite. Warum, sie weiß es nicht, sie wollte ihn eben nicht verlassen. Sv viel Edelmut um eine so schlechte Tat! Nun sollen sie heute Rechenschaft ablegen. Und sie tun es beide ohne' scheinbare Reue. H. versteigt sich sogar zu der zynischen Aeußerung:„Unsere Eltern haben uns ins Unglück gejagt, sie hätten uns ja nicht zu trennen. brauchen!"— Wirklich ein dummer Junge oder...! Man oer- mag es wirklich nicht zu sagen. Das Gericht schien wohl das erster« anzunehmen, H. erhält 4 M o n a t e, die W. 3 M o n a t e Gefängnis. Dem Mädchen wird Strafaussetzung zugebilligt, es wird aber vom Jugendamt so lange in Obhut genommen, bis die benachrichtigten Eltern sie nach Frankfurt zurückholen. H. aber muß den Weg in seine Heimatstadt mit dem sogenannten Sammeltransport antreten, denn dort hat er noch das Konto mit den 3000 M. zu begleichen. Als sie beide einzeln abgeführt werden, bricht das junge Mädchen zum erstenmal in bittere Tränen aus! „Eine andere unzuständige Stelle" ist verantwortlich. Die Reichsbahndirektion Berlin der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft schreibt uns: Auf den Artikel„Der schwarzweißrcte Bahnhof Steglitz" in Nr. 397 vom 23. 8. 2S der Morgenausgabe Ihrer Zeitung erwidern wir ergebenst, daß nicht der Lahnhofsvorsteher, sondern eine andere unzuständige Stelle irrtümlich die Aus- schmückung der Straßenumerführung zugelassen hatte. Die Be- seitigung der Ausschmückung ist vom Bahnhofsvorsteher alsbald nach Kenntnis des Sachverhalts veranlaßt worden. Sämtliche Dienst- stellen werden von uns nochmals an das bestehende allgemeine Aus- schmückungsverbot erinnert werden. Das Bemühen der Reichsbahndirektion, nur keine Person mit der Verantwortung für den bösen Stteich zu belasten, ist wirtlich rührend. Deshalb muß irgendeine nicht näher gekennzeichnete „Stelle" herhatten. Das übrige bleibt der Phantasie des Lesers überlassen. Gesuche und Anträge an die Stadt Berlin . Der Kartellverband für Sport und Körper» p f l e g e G r o ß- B e r l i n teilt mit: Gesuche um Beihilfen durch die Stadt Berlin (Jugendamt) und Anträge auf Platzzuweisungen für Sport und Turnspiele, sollen nach Rücksprache mit dem Zentraljugendamt der Stadt Berlin , in Zukunft durch die Geschäftsstelle des Kartellverbandes Groß- Berlin eingereicht werden. ES hat sich berauSgestell». daß bei den Rückfragen des Jugendamtes an die Geschäftsstelle des Kartell« Verbandes über die Mitgliederzahlen, der Jugendlichen und Kinder. sowie über die Sportart de« beantragenden Verein» sehr viel Zeit verlorengeht. Um diese Rückfragen zu vermeiden, sollen in Zu- kunft alle Gesuche unserer Vereine an da« Jugendamt der Stadt Berlin , durch den Vorsitzenden des KartellverbandeS, den Genossen Robert Oehlschläger. Berlin N öS, Hochsiädter Str. 10. eingereicht werden. Da noch ein« kleine Summe zur Verteilung steht, können noch einige Anträge eingereicht werden. Vorsorge für die Heizung der Züge. Schon jetzt hat die Reichsbahndirektion in Berlin die Dienst. stellen angewiesen, für die ordnungsmäßige Heizung der Züge wäh- rend der kölleren Jahreszeit Vorsorge zu treffen. Bei besonders langen Fernzügen, bei denen die Lokomotive zur Beheizuno nicht ausreicht, sollen Heizkesselwage n eingestellt und zum Vor- heizen der Wagen die Lokomotiven rechtzeitig an die Züge gesetzt werden. Daneben ist selbstverständlich der sachgemäßen Bedienung der Heizeinrichtungen besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und zur Vermeidung der Abkühlung vorgeheizter Zuge dafür zu sorgen, daß die Fenster und Türen geschlossen sind. Umleitung des Personenverkehrs Berlin.Riga.Moskau . Da« VerkebrSkommissariat in M o S k a u hat einer TU.. Meldung zufolge beschlossen, die Eisenbahnlinie Moskau— Sebeich— Riga— Berlin ausschließlich dem Warenverkehr zu übergeben und den internationalen Personenverkehr über die um sieben Stunden kürzere Strecke Moskau — Smolenfk— Borisoff— Jndra zu leiten.