Vosseestag 27. August 1925
Unterhaltung unö �Nissen
Seilage ües vorwärts
fius schweren Tagen. 2] Ernstes und Heiter» von Adolph Hoffmann . Ein ruhtlofer Tag, ein« schlaflose Nacht. Wir waren inzwischen den Grünen Weg ziemlick bis zur Andreasstrahe gekommen. Spornstreichs ging ich über oen Damm, die Androasstraße hinunter, über die Frankfurter Linden bis zum Strausberger Platz, überlegend:.Wie spieht du den Versucher fest?" Natürlich mugte ich die Genossen unterrichten, und da war keine Zeit zu verlieren. Am Strcusberger Platz fuhr gerade ein Omnibus ab nach der Potsdamer Brücke. Ich lief nach und sprang auf, denn die Hauptsache war, dem sehr.folgsamen" Spitzel. zu entkommen. Am Alexander-Platz sah ich einen Omnibus nach dem Lands- bergcr Tor kommen, sprang ab und fuhr mit diesem das kleine Stückchen Landsberger Straße hinauf bis zur Möbelfabrik von Groschkus, wo mein Freund Wilhelm Grothe arbeitete. Im Fahren sprang ich ab und verschwand im Hinterhaus. Als ich dem Genossen Grothe die Sache dargestellt und ihm meine Absicht erklärt hatte, sagte er in seiner bedächtigen Art:„Ja, Adolph, denke dir die Sache nicht so leicht. Das sind schlaue Füchse." .Dann müsien wir noch schlauer sein." „Hm," machte Grothe.„Wer überlege, daß, wer immer von uns in die Geschichte hineingezogen wird, fliegt aus Berlin raus. Und du zuerst. Ist die Sache dieses Opfer wert?" .Mich würde es natürlich auch schwer treffen. Aber was soll ich tun? Dann ist doch zu überlegen, daß wir diese Gesellschaft durch einen kräftigen Reinsall davon kurieren, systematisch Verräter züchten zu wollen." .Na, weißt du, Adolph, ich glaube, dos würde sie nicht abschrecken, sondern nur vorsichtiger machen. Aber etwas muß jetzt natür- lich geschehen." Nach kurzer Ueberlegung meinte er:„Das Gescheiteste ist, du fährst sofort zum Reichstag und läßt dir Hasenclever aus dem Sitzungssaal herausrufen. Vielleicht weiß der Rat. Aber," letzte er lachend hinzu,„nimm keinen Spürhund mit, sonst sind sie gewarnt." Mit verschiedenen Derkehrsvehikeln manövrierte ich zum Reichstag. Genoise Hasenclever hatte gerade das Wort. An seiner Stelle kam Genosse Wilhelm Blas aus dem Saal heraus. Nach meiner Schilderung überlegte er lange und sagte dann: .Ihre Idee wäre sehr gut auszuführen, wenn Sie den liebens- würdigen Gönner nach Ihrer Wohnung bestellt hätten. Aber in einem öffentlichen Lokal, das natürlich von der Polizei in dieser Zest obferviert wird, ist es uninpglich, unbemerkt Zeugen für das Rendez- vous unsererseits zu schaffen. Sie müssen versuchen, die Aussprache in Ihrer Wohnung stattfinden zu lassen. Dann bin ich bereit, dorthin zu kommen." Ueber das Wie konnten wir beide nicht zu einem Ziele gelangen. Wir verabredeten, nachdem rerschiedene Möglichkeiten und Einzel- beiten besprochen waren, ich sollte über Tag und Stunde Nachricht geben, sobald sie festständen. Als ich nach Hause kam. stand der„Oekonom " wieder auf seinem Beobachtungsposten an der Milchrampe, was mir die Ueberzeugung beibrachle, daß ich persönlich heute nichts mehr unternehmen durste. Alle- Grübeln gab keinen gescheiten Gedanken, wie ich meine Mission ausführen tollte. ?t6! Ich verließ da, Haus. An der Rampe ein„getreuer Ekle- hard". Einige hundert Meter weiter an der Häuserreihe einer jener dunklen Ehrenmänner. Als ich in der Fruchtstraße über den Damm ging, überzeugte ich mich, daß sie beide nicht„errötend", sondern unverschämt meinen Spuren folgten. Am Bahnhof hatten noch zwei Nichtgentlemen Posten gesaßt. Llos hatte also schon recht. Als ich in ein Abteil dritter Klasse steigen wollte, waren die Bahnhofsposten mir auf den Versen und suchten mit mir in dasselbe Abteil zu kommen. Im letzten Augenblick schwenkte ich nach links in ein gestopft vollbesetztes Arbeiterabteil und fuhr ohne polizeilichen Schutz nach Stralau-Rummelsburg . Immer noch grübelnd, lief ich scharfen Schritt, den abschüssigen Steig zum Garten Beljevue hinunter. Meine Berliner Begleiter folgten spornstreichs. Vor der Tür de, Restaurant- standen natürlich auch zwei Ehrenwachen. Das Lokal Bellevue hatte einen schönen Naturgarten mit präch- tigem asten Baumbestand. Die Arbeiter kennen ihn genau, weil ihn später jahrelang der Genosse Gustav Tempel bewinschaftete. Damals aber war das Lokal für die besserangezogene Gescllschast bergerichtet, Lauben mit Nischen, die zu Rendezvouszwecken vorzuglich geeignet waien. Auch Spitzelwerber störte hier kein Unberufener. Als ich den langen Flur des Eingangs eilig durchschritt, sah ich mitten im Garten den„Alpenjäger" und seinen Vorgesetzten. den damaligen Kiüninalwachtmeistcr Weinert, der sich schon im voraus Herr Kommissar titulieren ließ. Was den ganzen Tag nicht gelang, gab mir in diesem Augen- blick die Situation«in. Als ich den Eingang des Gartens erreicht hatte und merkte, daß die beiden Herren mich gesehen, stutzte ich, blieb stehen, kehrte um und lief eiligen Schritts zum Entsetzen meiner mir folgenden Trabanten spornstreichs wieder dem Bahnhof zu. Ich hatte mich nicht getäuscht. Bei den Norddeutschen Eiswerken holte der„Alpenjäger" mich, vom schnellen Lauf keuchend, ein, grüßte sehr höflich und sagte:„Ei freut mich, Herr Hoffmann, daß Sie ge- kommen sind. Warum kehren Sie jetzt um?" „Weil es mich nicht freut, daß ich kam," sagte ich gekränkt tuend.„Sie sehen, ich habe Vertrauen und komme ohne Zeugen, und Sie?" „Aber Herr Hofsmann, erwiderte begütigend mein Mephisto, „das ist ja mein Vorgesetzter, durch dessen Hand geht doch alles." „Und der?" fragte ich, auf einen inzwischen sich nähernden Späher zeigend.. „Da- ist die dritte Person. Ich deutete auf eine weitere Bassermonnsche Gestalt, die neu- gierig heranwalzte, und fragte höhnend:„Und da, die vierte?" „Herr Hofsmann," beteuerte der�Alpenjäger.„mein Ehrenwort. da» ist keiner von unseren Leuten." „Und ich gebe Ihnen mein Ehrenwort— und das gili heute noch." entgegnete ich scharf,„ich unterhandle nicht in Gegenwart auch nur eines Zeugen." „Aber Herr Hofsmann, sind Sie doch nicht so erregt," sagte der Kriminelle.„Kommen Sie mit hinten in den Garten und essen Sie erst Abendbiot." „Ich danke," schnitt ich ihm die Rede ab.„Ich kann mir mein Abendbrot auch selbst kaufen und komme nicht zurück. Liegt Ihnen wa» dran, dann kommen Sie morgen früh acht Uhr in meine Woh- nung. Wenn nicht, dann um so besser, dann bleibe ich ein ehrlicher Mensch." Ich drehte ihm den Rückey und ging scharfen Schmts dem Bahnhof zu. Nochmals kam er hinterher gestürmt und fragte hastig. ob es mir gleich ist, wenn er oder sein Vorgesetzter kommt. Jetzt wäre ich bald aus der Rolle gefallen. Puttkomer hat im Reichstage, wenn ihm solche versuchten Spitzelkaufe vorgehalten wurden, immer erklärt, das tun nur Palizeiagenten oder unter- geordnete Beamte, übereifrige Neulinge, aber keine alten Beamten oder gar Dmgesetzte. Ich hätte natürlich viel lieber den„Vorgesetzten" entlarvt, durste den Untergebenen aber durch meine Bereitwilligkeit nicht mißtrauisch machen. Deswegen entgegnete ich gleichgültig:„Ist mir ganz
schnuppe, am besten keiner. Um keinen Preis aber mit mehr als eineni"— und lieh ihn endgültig stehen. Als ich nach Haufe kam, war an der Milchrampe die Plansch- neese auf Wache gezogen, wurde aber bald durch zwei bisher unbe» kannte Ehrenposten abgelöst. Das Haus am Ostbahnhof blieb die ganze Nacht unter scharfer Observation. Selbstverständlich ging ich nicht mehr aus, sondern ließ dem Genossen Bios von den Verabredungen auf Umwegen durch einen weiblichen Boten Nachricht zukommen. Er ließ mir sagen, daß er um 7 Uhr früh in meiner Wohnung sei. Nun galt es, Vorbereitungen zu treffen, damit das zu fangende Wild die Falle nicht vorher witterte oder den Jäger aus dem Reichs- tag, der es erlegen sollte, ausspürte. Das war nicht leicht Iq besaß eine Wohnung vier Treppen im Seitenflügel, der Berliner sagt mit„durcheinanderlaufenden Zim-
Zlucht aus öem Fentrumsturm.
Da wendet sich der Wirth mit Grausen.
mern. Sie bestand au» Stube, Kammer und Küche. Stube und Küche bewohnte ich mit meiner Familie. Die Kammer war an meinen Schwager mit Frau und Kind vermietet. Wo, war die Preisfrage, sollte ich ungesehen den Genossen Blas verstecken? Daß der Kriminelle vorsichtig sein würde, sich erst zu überzeugen, daß Kammer und Kloselt„unbesetzt" sei, hiell ich für selbstverständlich. Die Nacht oerging mit sehr wenig Schlaf. Meine Frau hatte Sorgen vor der Rache der Polizei. Meine Schwägerin war ob de, ganzen Experiments in Angst, und ich grübelte außerdem darüber nach, was ich dem„Seelenverkäufer" sagen wollte und wohin ich Bios stecken konnte. An diesem Morgen hakte es mit dem Ausstehen keine Not. Um 6 Uhr war alles aus den Posen. Ich war beretts um S Uhr auf und ging sojort daran, meine während der schlaflosen Nacht ausgedachten Teufeleien zu verwirklichen. Ich war auf eine glorreiche Idee gekom- men, ans die ich mir nicht wenig einbildete. Der Kleiderschrank!-- Ich nahm zum Entsetzen meiner Frau, die mit einer Schnellig- keit wie nie zuvor aus dem Bette sprang, die Decke des Schranke» ab. So glaubte ich für den Genossen Bios einen feinen Beob- achtungsposten, wo er alles hören konnte, gefunden zu haben. Ich stellte auch eine Fußbank hinein, um Blas die Möglichkeit zu oer- jchasfen, den versuchenden Teusel, der auf dem Stuhl am Tisch vor der Kammertür plaziert werden sollte, wenn auch nicht von Angesicht zu Angesicht zu sehen, so doch gehörig zu„berücksichtigen". Es war inzwischen 7 Uhr geworden.--?48 Uhr-- aber Genosse Bios kam nicht. Als es'A8 schlug, war meine Ruhe zu Ende. Sollte ich wieder mit dem Mann, der, uin mit Stavthagen zu sagen,„Lumpen zu den höchsten Preisen" kaufen wollte, allein sein? Der Gedanke war mir fürchterlich. Ich bat meine Schwägerin, zu einem Genossen, der in der Frankfurter Straße ein Galanterie- Warengeschäft besaß, zu gehen und ihm zu sagen, was los ist, damit er sofort zu mir käme. Sie schien froh zu sein, aus der brenzligen Situation heraus- zukommen und ging sogleich.(Schluß folgt.) Eine Anleitung zum Eisenbahnfähren. Das Eisenbahnfahren ist uns heute so zur Gewohnheit ge- worden, daß wir keiner Anweisungen bedürfen. Aber in den Kind- heitstagen der Lokomotive, die nunmehr fast IM Jahre zurückliegen, war eine Fahrt aus der Eisenbahn ein schwieriges und abenteuer- lichss Unternehmen, und diejenigen, die sich dem„schnaubenden Ungcheuei" anvertrauten, brauchten einen Führer. Ein solcher Eisenbahnführer, wohl der erste seiner Art, ist um 1840 in England von W. Osborne herausgegeben worden. Es ist ein dickes, kleines Buch von etwa 300 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen und Karten versehen. In der Einleitung wird zunächst die Erfindung der Eisen- bahn gepriesen, und es heißt da sehr kühn:„Verglichen damit, sind die berühmten römischen Mauern und sogar noch die viel größeren
chinesischen, ärmlich« Bauwerke: was die ägyptischen Pyramiden anbetrifft, so können sie überhaupt nicht den Vergleich mit der Eisenbahn aushalten, denn es sind traurige Denkmäler des Unoer. standes und Aberglaubens ihrer Erbauer." Der Reisende, der dieses Wunderwerk benutzen will, erhält dann folgende Anweisungen:„Wenn wir vor dem Fahrkartenschalter stehen und die Reihe an uns kommt, da nennen wir den Ort, wohin wir reisen wollen, und die Station, die ihm am nächsten liegt. Der Beamte nennt dann die Summe, die wir zahlen inüssen, und wir empfangen dafür ein Billett, das extra für uns abgestempelt ist und auf dem sich die Nummer des Sitzes befindet, den wir einnehmen dürfen: es sind auch alle notwendigen Hinweise aufgedruckt. Das Billet in der Haand, schreiten wir durch die Eingangshalle und stürzen uns in das geräumige Nebengebäude, in"dem wir von einem Beamten in Empfang genommen werden, dem wir die Nummer unserer Fahrkarte sagen und der uns darauf unfern Platz anweist." Nicht weniger schwierig ist es, sich beim Aussteigen richtig zu benehmen:„Wenn der Zug hält, müssen die Reisenden nach der Seite aussteigen, die ihnen der Beamte angibt, und siee können dann, wenn sie fahren wollen, in die Omnibusse oder Droschken steigen, die bereits auf sie warten, oder wenn sie gehen wollen, müssen sie das Houpttor passieren, das aus dem Bahnhof heraus- führt." Trotz der„ungeheuren Schnelligkeit", die der Eisenbahn nach- gerühmt wird, muß sie damals doch recht langsam gefahren sein, denn in dem Eisenbahnsührer sind alle Gebäude und Sehenswürdig- leiten genau verzeichnet, an denen man auf der Fahrt von London noch Birmingham vorbeikam. Rauchen war streng oerboten, nicht nur in den Wagen, sondern überhaupt im ganzen Bereich des Bahn- Hofs. Reisende, die Billetts für größere Strecken verlangten, wurden denen vorgezogen, die nur kurze Strecken fahren wällten. Eine Fahrkarte erster Klasse von London nach Birmingham kostete bei Nacht ZiVi Schilling, bei Tag 30� Schilling, zweiter Klasse 23 und 20 Schillina. Den Angestellten war bei Androhung sofortiger Entlastung die Annahme von Trinkgeld oerboten.
Juristen unö Dichter. Ein nicht geringer Teil unserer Dichter hat ursprünglich der strengen Iustitia mehr gehuldigt als den Musen. Einige von ihnen sind sogar ihr Leben lang der Rechtswissenschaft neben der Dichtkunst treu geblieben. Von Goethe weiß ja jeder Gebildete, daß er zu denen gehörte, die wenigstens eine juristische Vorbereitungszeit durch- gemacht haben. Nachdem seine Doktordissertation abgelehnt war, brachte er es immerhin zu der Würde eines Lizentiaten. Man weiß weiter, wie Goethe dann kurze Zeit als Advokat in Frankfurt a. M. wirkte und dann als Rechtspraktikant in Wetzlar , wo er auf einem Iuristenball Lotte kennen lernte. Diel weniger bekannt ist es, daß auch Schiller ein Jahr lang, während er sich auf der Solitüde aufhielt, sich der Rechtswissenschaft befleißigte, aber mit so negativem Erfolg, daß seine Lehrer sich fragten, ob Schillers Unwissenheit von Mangel an Geist oder Faulheit herrühre. W i e l a n d verlor bald jedes Interesse am Rechtsstudium, nicht so der Romantiker Eichen- d o r f f, der e» sogar zum Geh. Regierungsrat im preußischen Kultus- Ministerium brachte. U h l a n d hat, wie er in seinem Gedicht„Die neue Muse" singt,„sich des Rechts beflissen gegen seines Herzens Drang". Nichtsdestoweniger sah man ihn in späten Iahren als tätiges Mitglied des Wllrttembergischen Staatsgerichtshofes. Ihm reiht sich würdig der große Oesterreicher Franz Grillparzer an, der gleichfalls auf Grund seiner juristischen Ausbildung eine Anstellung im Staatsdienst gefunden hatte. Wer aber kennt nicht die entzückenden humorvollen Schilderungen Heinrich Heines von seinem Rechtsstudium in Göttingen . Da spricht er einmal da- von, wie er hier ganz isoliert lebe und Pandekten höre und auf seiner Kneipe sitze und mit der Brust voll unverstandener Sehnsucht und den Kops voll von noch unverstandenerem juristischen Wischiwaschi. Oder man erinnert sich jener Stelle in der Harzreise, die gerade in die Zeit seines Doktorexamens fiel, wo es ihm beständig in den Ohren klingt von„Tribonian , Iustinian , Hermogenian und Dummeriahn". Gerade als er sich als Advokat in Hamburg niederlassen wollte, fand er seinen Verleger Campe, der durch den Verlag seiner„Reisebilder" es ihm er- möglichte, der ungeliebten Jurisprudenz Valet zu sagen. All diesen erlauchten Namen gesellt sich nun einer hinzu. der, trotz seiner lebenslangen Beschäftigung mit der trockenen Juristerei ein Fürst im Reiche der Phantasie geworden ist: der Kammergerichtsrat E. T. A. H o f f m a n n. Ja, dieser Dichter- jurist war auch ein hochbegabter Musiker, dessen phantastische Oper „Undine" wieder eine freudige Auferstehung seiern konnte durch den tätigen Enthusiasmus eines Hans Pfitzner . Auch der Dichter oer „Hosen des Herrn von Bredow", Willibald Alexis , alias Häring, besaß umfassende juristische Kentnisse, so daß er sogar im Verein mit Hitzig, den„Neuen Pitaval" herausgeben konnte. In Düsseldorf finden wir Landgerichtsrat Im m ermann, nebenbei Dichter des„Oberhofs", in Husum den Amtsgerichtsrat Theodor Storm , dem die deutsch « Literatur einige ihrer schönsten Novellen und Gedichte verdankt. Wer weiß, hätte Scheffel nicht in Heidel- berg Iura studiert, so besäßen wir vielleicht einige seiner besten Schöpfungen nicht, denn diese fallen gerade in die Zeit seiner juri. stischen Ausbildung. Und endlich das liebe freundliche Gesicht unseres Fritz Reuter ! Der mußte auch seinem Vater zu Willen sich mit der Juristerei herumquälcn. In der„Festungstid" erzählt er humorvoll, wie er seine juristischen Bücher von Gefängnis zu Gefängnis mitschleppte, und wie er Höpfners Inftutitionen mit einer so vor- züglichen Wirkung als Schlafmittel benutzt hatte, daß er trotz sieben- jähriger Haft immer nur bis zur„unvordenklichen Verjähning" ge- langte. Aber man denke nicht, daß die neuere Zeit unserer Literatur an Dichterjuristen arm wäre. Namen, wie E r n st v o n W i'l d e n- bruch, Felix Dahn , Adolf Wilbrandt , Julius Rodenberg , Albert Träger sind besten Zeugen. Und last not least— Otto Erich Ha r t l e b e n, dessen entzückendes Geschichtchen„Vom gastfreien Pastor" ja gerade, die Schilderung seiner Referendarzeit enthält! PaderewsN und der Elefant. Einen amüsanten Beitrag zur Völkerpsychologie gab der polnische Klaviervirtuose und Politiker Paderewski in einer Rede, die er in einem Londoner Klub gehalten hat. Er erzählte eine Geschichte von einem Englkinder, eineni Frau- zosen, einem Deutschen , einem Russen und einem Polen , von denen jedem die Aufgabe gestellt wird, eine Abhandlung über den Elefanten zu schreiben. Der Engländer kauft sich zunächst eine vollständige Iagdausrüstung, reist nach Indien , geht auf die Elefantenjagd und schreibt nach einem Jahr ein mit zahlreichen Photographien aus- gestattetes Buch mit dem Titel:„Der Elefant, und wie ich ihn schoß. Der Franzose geht nach dem Poriser Zoologischen Garten, sieht sich dort den Elefanten an, befreundet sich mit dem Wärter, fragt diesen bei einer Flasche Wein aus und schreibt nach 6 Wochen ein Buch:„Die Liebschaften der Elefanten". Der Deutsche studiert sämt- lich« Bücher und Abhandlungen durch, die über den Elefanten ge- schrieben worden sind: dann schreibt er ein Werk in drei dicken Bänden mit dem Titel:„Vorläufige Einleitung in das Studium des Elefanten". Der Russe geht in seine Dachstube, trinkt dort große Mengen Wutki. läßt auch den Samowar nicht ausgehen und konju- miert unaufhörlich Tee. Dann bringt er ein kleines Büchlein zu- stand« mit dem Titel:„Der Elefant— existiett er?" Der Pole aber niacht sich an die Arbeit, und nach sechs Wochen hat er eine Streit- lchrift fertig mit dem Titel:„Der Elefant und die polnische Frage.