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Der tote General. Zur Beisetzung Conrads vou Hötzeudorff. Während das Bürgertum Deutschlands und Oesterreichs die Beisetzung General Conrads auf Staatskosten und die feierliche Ein- holung des Ritters vom Ordenpaar le- Merite* durch Offiziere der bsterreichischen und deutschen Republik mit großen Worten feiert, oerharrt die Arbeiterklasse, die mit Bauern und Kleinbürgern dem österreichischen wie dem deutschen Heer dasMenschenmaterial' für den großen Krieg gestellt hat, in ernstem Schweigen, angesichts dieser Entfaltung von Pomp und militärischen Ehren für den toten Ge- neral. General Conrad o. Hötzendorff war kein Durchschnittsmensch wie manche deutscheFeldwebelgesichter' im Generalrang, um im Jargon Wilhelms II. zu reden. Er hat sich in einer geradezu frap- pierend schnellen Laufbahn über den Typ des österreichischen Ge> neralstäblers erhoben. Er war jederzeit nicht nur ein belesener, sondern auch ein politisch und allgemein wissenschaftlich denkender Soldat, trotz seines bis zu einem gewissen Grad fachlichbeschränkten militärischen Blicks. Philosophisches Sinnieren in Schopenhauerscher Weltanschauung, Conrads Lieblingsbeschäftigung in seiner Mußezeit, war zum minde- sten keine gangbare Ware im deutschen Generalstab, trotz Moltke , Schlieffen und FreytaghLoringhovem Blendende Höslingsart und glatte Kaoaliermäßigkeit war nicht General Conrads Sache. Als Divisionär in Trieft erhielt er 1906 die Berufung zum Chef des General st abes der Armee und räumte dann mit hartem Griff in der zur Zeit Beck allmählich versumpften In- stitution auf. So wurde er in den weichen und arbeitsscheuen Hof- fähigen Kreisen des kaiserlichen Wien ein Element der Un- ruhe und des ständigen Alarms vor dem Krieg. Aus Arbeitstrieb und Refsortsanatismus wurde er einer der gefährlichsten Hetzer zum Krieg. Er hat sein gerüttelt Maß Mitschuld an dem Aus- bruch der Weltkatastrophe. Nicht als ob er allein sie frivol herauf- beschworen hätte, sondern dadurch, daß er im Juli 1914 mit seinem deutschen Kollegen Moltke die militärpolitische Ber- ftrickung der Kriegsgefahr so eng mit dem Aufmarsch- Problem verkoppelte, daß den von ihren Militärs abhängigen Monarchen nicht anderes übrig blieb als die Mobilmachung und die Kriegserklärung um der militärischenPatentlösung' und Aufmarschdoktrin willen. Die Führung der österreichisch-ungarischen Armee im Welt- kriege ist größtenteils sein Werk: ja über den Rahmen seines eigent- lichen Kontingents hinaus hat er, der als theoretische Autorität und als der Träger ausgezeichneter Entwürfe und Operationspläne von der Militärkritik anerkannt wird, die deutsche Führung im O st e n beeinflußt und die geistige Führung besessen, so z. B. bei der großen Durchbruchsschlacht bei Gorlice-Tarnow und bei den Opera­tionen in Polen wie am italienischen Kriegsschauplatz. Leider hatte der operativ fruchtbar« und höchst befähigte Kopf bei der Durchführung seiner Schlachtenpläne keine gute Hand, kein Glück, keine den Anforderungen seiner Strategie gewachsene Armee und keine Unterführer, sondern Nullen im General - rang und mit dem TitelErzherzog '. So schreibt unser Wiener Bruderblatt mit Recht: .Weil er unter den Nullen, die damals regierten, unter den LumpenundSchurken, die damals die Macht besaßen, doch, alles in allem genommen, der einzige Mann war, und sogar einer, den man persönlich nicht angreifen muß, um seine geschichtliche Unzulänglichkeit darzutun, eben deshalb fällt die Verantwortung, oas Oesterreich-Ungarn auf den Krieg nicht verzichten wollte, aus oen Krieg, der schnurgerade zum Weltkrieg führt, auf Conrad mit mhemmbarer Wucht... Nicht daß Conrad den Weltkrieg verloren hat, sondern daß er in ihn gezogen ist, obwohl er sich, dazu waren seine mllitärt- schen Kenntnisse sicherlich ausreichend, darüber durchaus im klaren sein mußte, dieser Krieg sei nicht zu gewinnen, er müsse mit einer Katastrophe enden..., das ist es, was Conrad als Staatsmann und Militär disqualifiziert. Schon wenn er diese vielen verlotterten Erzherzoge betrachtet hätte, die man ihm als Generale und Führer aufgedrängt, schon da hätte er die Aussichtslosigkeit, einen durch schlechte Politik marastisch gewordenen Staat mittels eines Krieges neu zusammenleimen zu können, wahrnehmen müssen.' Das schwankende Bild, das Conrads Strategie mit ihren himmelstürmenden Plänen und mit ihren zwangsläufigen Rückschlä- gen bot, erschütterte allmählich Conrads Autorität und löste seine Entlassung durch den Kaiser Karl aus. Seinem Charakter macht es allerdings alle Ehre, daß der 70jährige General als einfacher Korpstommandant an die Jsonzo-Front ging, ohne Groll und ohne die Pose eines zu Unrecht seines Postens enthobenen Marschalls. Nach dem Tod« Moltkes, Lütows und Klucks bedeutet General o. Conrads Ende den Schlußstrich unter eine deutschösterreichische militärische Führer». Garnitur'. Ganz gleich, wie ihre strategischen Leistungen gewesen sind, ihre Namen sind verbunden mit der Einleitung des grauenvollsten Gemetzels der Weltge- schichte, dieser viereinhalbjährigen Massenschlacht. Und danach wird ihr Andenken gestaltet werden._ Die warschauer Erschießungen. Bor kaum einer Woche sind in Warschau drei Kommunisten standrechtlich erschossen worden. Der Präsident der Republik hatte sie trotz dringender Bitten der Berteidiger nicht begnadigt. Die Beiden hatten bei einer Straßenkundgebung auf Poll- zisten, die sie verfolgten, geschossen und sie tödlich getroffen. Das dürfte immerhin nicht unbedingt als(vorbedachter) Mord zu be- strafen gewesen sein. Da kurz vorher auch In Lemberg wo Polen noch immer nichtrechtmäßig' herrscht, sondern.nur' tatsächlich standgericht- liche Hinrichtungen erfolgt waren, veranstaltet die Mostauer Inter - nationale nun überall, wo sie das kann, Protestkundgebungen. So z B gestern, Freitag, abends in P a r t s trotz polizeilichen Ber- botes Es kam zu Z u s a m m e n st ö h« n. Es wurden 200 V e r. Haftungen vorgenommen: es hat auf beiden Seiten zahl- reiche Verwundete gegeben. In Warschau verlautet. daß der sowjetrussische Gesandte Wojtow von seinem Posten ab- berufen worden ist. Es soll ihm vorgeworfen worden sein. während des Prozesses der dann erschossenen drei Kommunisten, Huebner und Genossen, sehr ungeschickt gehandelt zu haben. Der Prozch Muraszko verschoben. Warschau , 29. Auaust.(TU.) Der Prozeh in Nowogrodek gegen den Polizisten Muraszko. der die zum Austausch mtt Sowjetrußland bestimmten, zum Tode verurteilten polnischen Kom- munisten. Leutnant Ba a in s ki und W i e c z o r k i e w i c z kurz vor d« Grenz« im Eisenbahnzug ermordet hat, ist auf lange Zeit verschoben worden. Gleich nach der Eröffnung der Derhand- lung stellten die verteidiaer den Antrag, den M i n i st e r p r ä s i- denken, den Chef de» General st ab e», den Erzbischof sowie etwa 120 Sejmabqeordnete als Zeugen zu laden. Der Staatsanwalt erklärte sich gegen di»se Forderungen. Das Gericht beschloß jedoch nach zweistündiger Beratung, dem Gesuch der Verteidigung stattzugeben, die Zeugen z» toben, und die Ver- hondlung zu vertagen.

Rauchers Klage.

Der Hochbahnzug hält. An den Coupötüren entspinnt sich ein stummer und dafür um so heftigerer Guerillakrieg. Bornehme Leute mit einer Fahrkarte zweiter Klasse gelangen nach einem unersorsch- lichen Ratschluß in ein Abtell der dritten und quetschen sich wieder hinaus. Damen, die vorgeben, keinen Tabaksrauch vertragen zu können, sehen sich plötzlich in Rauchwolken ertrinken, während leiden- schaftliche Raucher mit mathematischer Sicherheit ihr Heim auf denz Bahnsteig dort eingerichtet haben, wo waggonweit kein Raucher- abteil sichtbar ist. Man läuft also wild durcheinander, bis man sich schließlich doch in einem falschen Abteil untergebracht sieht. Der Zug fährt selbstoerständlich mit Verspätung ab. Raucherabteile erfreuen sich überall, wo sie in die Erscheinung treten, großer Beliebtheit, besonders bei den Nichtrauchern. Jeder Nichtraucher, der nur etwas auf sich hält, logiert mit betonter Ent- fchiedenheit in Raucherabteilen und beglückt den Raucher mit gram- durchwühlten Blicken. Aeltere Damen entwickeln bei diesen Gelegen- Helten besonders zartes Taktgefühl, indem sie immer wieder in scharfem Bühnenton behaupten, sie könnten bestimmt keinen Rauch vertragen, und in früheren Zeiten seien die Männer ritterlicher ge- wesen. Daß daneben unentwegt Hustenarien durch das Abteil trcmo- lieren, ist eine Selbstverständlichkeit. Jüngere Damen wirken weniger störend, sie begnügen sich mit ihrem mehr oder minder reizenden Dasein und nehmen den Rauchern höchstens die Plätze fort. Doch in irgendeinem Nichtraucherabteil steht ein Raucher ver- stört und bedrückt in einer Ecke und lutscht verstohlen an seiner kostbaren Zigarre, die keineswegs auf dem Transport ausgehen darf. Natürlich ficht das ein zufällig vorhandener Ordnungsfanatiker, wilde Orgien in Meinungsverschiedenheiten brechen plötzlich aus, dem er- tappten Raucher erscheint das Leben von neuem aschgrau onge- strichen. Ueberall leiden die Raucher. In der Straßenbahn sind sie auf dem hinteren Perron untergebracht oder in dem Anhängewagen, der manchmal noch recht klein ist und in Zeiten des stärksten Verkehrs auch noch ausfällt. Die Stadtbahn bestraft sogar das Rauchen in Nichtrauchercoupes mit zwanzig Mark, trotzdem doppell so viel Nicht- raucher- als Raucherwagen vorhanden sind. Es gibt für Raucher eben nur Hindernisse in der modernen Derkehrstechnik. Aber sind denn Raucherabteile im Stadtverkehr überhaupt notwendig? Ist diese Einteilung in Raucher- und Nichtraucherabteile nicht über- flüssig? Auch ein leidenschaftlicher Raucher kann sich für eine kurze Zell beherrschen. Vielleicht wäre es gut, wenn alle Raucherabteile im Stadtverkehr abgeschafft werden würden. Dann gäbe es kein wildes Durchcinauderrennen mehr, der Raucher hätte nicht mehr das niederdrückende Gefühl, als lästiger Eindringling betrachtet zu werden und der Verkehr würde sich entschieden schneller abwickeln. «180 putschijlengewehre/ Der raffinierte Trick eines Wohnungsdiebes. Aus dem Leben des Museumsdiebes und angeblichen Kunst- Maklers Walter W o h l g e m u t h bot die Verhandlung, die gegen ihn und die Modistin Else B. vor dem Schöffengericht Charlottenburg stattfand, einen interessanten Ausschnitt. Wohlgemuth ist bekannt- lich der Mann, der aus dem Königsberger Museum zwei sehr wert- volle alle Meister entwendete, indem er die Bilder aus dem Rahmen schnitt. Der Tatbestand der vorliegenden Anklage wegen Diebstahls war die Borgeschichte dazu. Als die Angeklagte B., die als Schneiderin tätig war und bei einer Gräfin Westarp als Untermieterin wohnte, eines Abends aus dem Kino kam, hatte Wohlgemuth als Kunstmaler Baron v. Eckard mll ihr angebandelt, und schließlich entstand zwischen beiden ein Liebesverhältnis. Da klingelte eines Mittags der Baron auf ihrer Arbeitsstelle plötzlich an und bat um eine schleunigst« Zusammen- kunft. Ganz aufgeregt erzählte er ihr dann, daß in feinem Atelier 180 Gewehre, die für eine Recktsorganisation b e st i m m t gewesen seien und die er dort als oeren Mitglied versteckt habe, gefunden worden seien. Er müsse sich daher bei ihr einige Tage verbergen. In ihrer großen Verliebtheit gewährte die B. ihm auch nach einigem Widerstreben den gewünschten Unterschlupf in ihrer Wohnung, deren Besitzerin gerade verreist war und ihr die Obhut ihrer Wohnung anvertraut hatte. Wohlgemuth hatte damit seinen Zweck erreicht, denn er sing sogleich an. die Wohnung der Gräfin gehörig auszuplündern und Schmucksachen und Bilder zu stehlen, was nach Angabe der Bestohlenen ihr einen Schaden von 20 000 M. verursachte. Die B. hatte zwar an dem Verschwinden eines kleinen Bildes sofort gemerkt, was vorging, aber sie will in ihrer Verliebtheit es nicht vermocht haben, ihrem Geliebten Lorhaltungen zu machen und ihn von seinem Tun abzu- halten. Kurz vor der Rückkehr der Gräfin veranlahte Wohlgemuth dann die B., mit ihm nach Königsberg zu fahren, wo sie ein sorgen- loses freies Leben haben sollte. Dort beging er dann den erwähnten Bilderdiebstnhl. Hierauf wurde das Paar verhaftet. In der Ber- Handlung unterstützte nun Wohlgemuth die Schilderungen der 55., indem er eine aufgeschlagene Bibel in den Händen hielt und salbungsvoll erklärte:Dieser Mensch ist die verkörperte Wahrheit.' Die Verhandlung gegen beide verfiel schließlich der Ver- tagung, da erst Klarheit über den Geisteszustand des Wohlgemuth, der schon einmal aus Grund des§ 51 freigesprochen worden ist, ge- schassen werden müßte und dies gerade für die B. rechtlich von aus- schlaggebender Bedeutung werden könnte. Verhängnisvoller Berufsunfall. Durch einen sonderbaren Unfall hat der Tischler Aloi » Schleicher, der in einer Holzbearbeitungsfabrik beschäftigt war, seinen Tod gefunden. Während Schl. an der Säaemaschine beschäftigt war. flog ihm ein spitzer kleiner Holzsplitter in das rechte Auge. Statt zum Arzt oder zur Unfallstelle zu gehen, entfernte er selbst den Fremdkörper au» dem Auge und muß wohl dabei mit unsauberen Fingern die kleine blutende Wunde berührt haben. Nachmittags schwoll das Gesicht des Mannes, der heftig« Schmerzen auszustehen hatte, stark an: so daß man ihn nach der Klinik transportieren mußte. Dort starb er nach einigen Stunden unter entsetzlichen Qualen. Denkmalsschänder. In letzter Zeit häufen sich die Fälle, In denen Denkmäler auf öffentlichen Plätzen und Anlagen von böswilligen Händen beschädigt werden. Erst kürzlich berichteten wir, daß derBogenderDiana auf dem Iohannaplatz im Grunewald zerbrochen worden war. Gestern nacht wurde von der Statue des Speerwerfers im Schöne- berger Stadtpart, dicht an der Kaiserallee, der S v e e r s ch a f t ab- gebrochen und entwendet. Von den Tätern fehlt bis jetzt jede Spur. Ein Bahnhofswirt als Hoflieferant. Nachdem die Durchhaltehelden im November 1918 gesehen hatten, daß das betrogene Volk ihnen nicht an den Kragen ging, kamen sie nach und nach wiedermutig" aus ihren Mauselöchern hervor. Im ganzen Reiche, insbesondere in Thüringen und dem gesamten Mitteldeutschland holten die Herren.Hoflieferanten' ihre verstaubten Plaketten in dem Augenblicke wieder hervor, als die Aktion der im Herbst 1923 gegen die bayerischen Hiller-Bonden eingesetzte Reichs« wehr den Erfolg hatte, daß die mitteldeutschen Hakentreuzler obenauf kamen. So hat der B a h n h o f s w i r t i n H a l l e a. d. S.. E m i l Naumann, seit dieser Zeit auf die Speisekarten seinen Hof. lieferantentitel in Fettdruck gesetzt. Für welchen.Hof' mag dieser Speisewitt eines republikanischen Unternehmens wohl liefern? Roch interessanter ist eine Betrachtung der Anol-ageu i a

der Lahnhofsbuchhandlung in Halle. Neben den Leipziger Neuesten Nachrichten' sieht man an hervorragender Stelle denF r i e d e r i k u s' im trauten Verein mitW e r w o l f', .Stahlhelm',Wahrheit' usw. Man sieht kein republjfa- nisches Blatt, keinen.Vorwärts', keine.Reichsbannerzeitung" usw. Fragt man danach, sind sie angeblichgerade immer ausgegangen". Man hat jedoch noch nienials, weder hier noch anderer Stelle, fest- stellen können, daß man sich angesichts der sehr regen Nachfrage dazu aufgeschwungen hat, bei den Verlegern eine größere Bclieforung zu verlangen.__ Veruntreuungen im Zmt. Ein geschäftstüchtiger Gemeindevorsteher. Wegen mehrerer Vergehen im Amt hatte sich der frühere Ge- meindevorsteher des Ortes Senzig bei KLnigswufterhausen, Johannes F r i e d e w a l d, vor dem Großen Schöffengericht Neu- kölln zu verantwotten. Am 22. Oktober v. I. wurde der Gemeindevorsteher in Senzig seines Amtes enthob-"', weil Gerüchte über ihn im Umlauf waren, die mit dem Amt, das er bekleidete, nicht in Einklang zu bttngen waren. An seiner Stelle wurde der Polizeiwachtmeister Schmidt zum Gemeindevorsteher ernannt, der auch schon früher diesen Posten bekleidet hatte. Kurz nach der Wahl Schmidts liefen beim Kreisausschuß des Kreises Teltow ein Wahl einspruch ein, der die Unterschriften Krüger und Hellwig trug. Zwei Tage später erschien dann Friedewald persönlich beim Kreisausschuß und ver- langte den Einspruch zurück, weil dieser einige Fehler enthielt. Dem zuständigen Beamten kam die Angelegenheit verdächtig vor, er be- hielt das Schreiben zurück und stellte nach dem Ursprung des Ein- spruches nähere Nachforschungen an. Dabei ergab sich, daß die an- geblichen Unterzeichner Krüger und Hellwig von der Absendung des Briefes keine Ahnung hatten, und daß mit ihren Unterschriften Mißbrauch getrieben worden war. Nunmehr wurden auch innerhalb der Gemeinde über die Geschäftsführung Nachforschungen angestellt. Dabei ermittelt« man, daß Friedewald fortgesetzt Amts- Unterschlagungen begangen habe. Die von ihm geführten Bücher waren nicht korrekt geführt, so daß sich Feststellungen über geleistete Steuerzahlungen nicht ermitteln ließen. Es stellte sich ferner heraus, daß Friedewald an einen gewissen Hutzmann, der Armenunterstützung bezog, anstatt der ihm zustehenden 16,50 M. nur 6,50 M. im Monat gezahlt hatte. In einem anderen Falle hatte Friedewald einem Ünterstützungsberechtigten 30 M. unter- schlagen. Im Herbst 1923 kaufte die Gemeinde Kattoffeln, die Friedewald dann an die Einwohner weitergab. Hierbei erzielle der Gemeindevorsteher einen Nutzen von 200 M., der jedoch nicht in die Gemeindetasse, sondern in seine eigene Tasche floß. Weiter- hin zweigte er von den 200 Zentnern etwa 30 Zentner für den eigenen Bedarf ab, deren Bezahlung Fttedewald der Gemeinde gegenüber schuldig blieb. Ebenso geschäftstüchtig erwies er sich bei einem größeren Mehleinkauf der Gemeinde. Friedewald ging sogar soweit, daß er Erwerbslosenlisten fälschte und auf diese Art und Weise namhafte Beträge sich in die Tasche st eckte. Weiter fässchte er die Kirchensteuerllsten und erhob selbständig«inen Zuschlag von 10 Prozent auf die rechtmäßig zu zahlenden Beträge, die er für sich verbrauchte. In ähnlicher Weise schädigte er die Krankenkassen, denen er Beiträge in Höh« von einigen Hundert Mark unterschlug. Schließlich gab sich der tüchtige Gemeindevorsteher mit Wohnungsschiebungen ab und ver- schaffte einem Freunde innerhalb seines Bezirkes eine größere Wohnung. Kurz daraus erhielt Fttedewald ein Darlehen von 50 000 Papiermark im Jahre 1923, das nicht zurückgezahlt worden ist. Friedewald hatte sich vor dem Großen Schöfsengericht wegen Unterschlagung, Urkundenfälschung, passiver Bestechung, falscher Be« urkundung und versuchten Betruges zu verantwotten. Der Ber- treter der Anklage beantragte gegen den ungetreuen Eemeindevor- steher eine Gesamtstrafe von zwei Iahren Gefängnis. Das Gettcht erkannte gegen Friedewald wegen Urkundenfälschung, falscher Be- urkundung und schwerer Amtsunterfchlaggung auf ein Jahr zwei Monat« Gefängnis. Vier Monate und 27 Tage wurden durch dl« erlittene Untettuchungshaft als verbüßt erachtet. Dem An- geklagten wurde für den Strafrest eine dreijähttge Strafau«- setzung mtt Aussicht auf spätere Begnadigung gewährt. Unser Heer". 55on einer Derlagsgesellschaft.Kameradschaft' wird an die Herren Letter der deutschen Schulen' ein Prospekt versandt, der ein Buch über den Befreiungskrieg 1813/15 anpreist.Deutscher Geist, deutsche Männer blicken uns ins Auge,' heißt es in dem Aufruf. Es wird weiter festgestellt und offenbar als selbst- verständlich hingenommen, daß das Bestreben der Leiter der beut- schen Schulen und der Lehrerkollegien dahin gebt, die Jugend mit echt vaterländischem Geists(!) zu erfüllen.Auf die jungen Leute, die jetzt unter Ihrer Obhut stehen, wird es ankommen, wie schnell sich Deutschland wieder aus dem jetzigen Elend erhebt. D i e höheren Schüler sind jetzt unser Heer, die Leiter der Bildunosinstitute unsere Heerführer.' Der Reklamechcf der Verlagsgesellschaft weiß scheinbar sehr gut, worauf es ankommt, wenn er an den h ö h e r e n Schulen sein Buch absetzen will. Interessant ist aber die Feststellung des Prospektes, daß das Buch als Schulprämie sehr beliebt ist und seinerzett vom p r e u- ßtschen Kultuemini st er angekauft und empfohlen wurde. Wir können uns nicht recht vorstellen, daß ein Werk, das mit solchen Reklamemitteln angepriesen wird, wirtlichen kuttur- historischen Wert haben kann. Es wird die Verherrlichung alt- preußischen Gamaschengetstes zum Gegenstand haben. Deshalb müssen die Schulauffichtsbehörden ein wachsames Auge darauf haben, daß die Etatsmittel der Schulen, so wie es in dem Prospekt verlangt wird, nicht für solche Machwerke ausgegeben werden. Premiere i« derRakete". Der erste Abend derRakete' in der Kantstraße war vielver- sprechend. Kutt R o b i t s ch e k war der Ansager, witzig wie immer. ein unerreichter Meister der Situationskomik. Man stilisierte sich auf die nicht fertig gewordene Vorstellung, und zog hieraus feine stärk- sten Wirkungen. Besonders die Ausführung der parodistischen Operette A s p a s i a' war noch weniger als Ceneralvrobe und gerade des- halb um so witziger und mitreißender. Es bedeutet schon ein großes Vergnügen» zu sehen, wie Paul Morgan absichtlich stecken bleibt. Robitschek und Morgan sind die Verfasser dieser geistreichen ANge- legenhett, zu der Willy Rosen eine sprühende Musik gemacht hat! Vorher ein guter Kabaretteil. Iuliette B o u l a n ist reizvoll in spanischen Tänzen, Hanni Rosen stellt Zille-Bilder und spiest das Kind der Goss«. Die zwölf Tiller. Glrls verfügen über gut geschnittene Pagenköpfe. Der Haupterfolg des Abends bleiben aber Robitschek, Morgan und Rosa Baletti. Konzerl in Luch. Eine große veberraschung bereitete der Schubertchor kürzlich den Insassen der Fürsorgeanstallen in Buch mtt einem Freikonzert. Der dem Arbeitersänoerbund angehörende Verein hat schon öfters in uneigennütziger Weis« seine Kunst in den Dienst der Fürsorge für Alle und Kranke gestellt; er erntete auch in Buch reichen, dankbaren Bestall. Sezlrksverboud der«leiagättver Preuzlaner Berg m>d Zttedttchihato«.». Mrohe öffentliche Kundgebung aller Kleingärtner und der sympathisierenden Bevölkerung de» Bezirk» Prenzlauer Berg und FttedttchShain am Sonntag, den 30. Auaust.'/,0 Uhr. aus dem großen Spottplay im Fttedttchshain. Zweck der Bersammlung: Wert und Zweck de» Dauerkolonte- gelände« und der Hetmstättengebtttc für die Volksmaffeu der Groß- stadtd-dSIkerimg.

pfleg« und urnamung oe» saug,««,«m DemnerStaa. den n.«ep. tember beginnt tm Kaffenn-Augnffe-vlctoria.Sau? Eborlotteuburg Frank. ffraße 3 fstraßenbabnhos Westend ) ein Kursus fllr Mütter und Mädchen in dem alles da» theoretisch und praktisch gelehrt wird, wa» eine Frau von der Pflege und Ernabrung de» SSugltug» wissen muß. Der Kursu» nmsaßt 4 Doppel stunden. leweU» DonuerStaa von 36 Uhr. Dt««u- ichretbegedtchr Den M. L, ist im Büro der«nstatt gu entttchten.

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