finne, wenn sie ihrerseits den versprochenen Leistungen ge-nüge. In Paukoiv habe aber die telephonische Bedienung billigenAnforderungen nicht entsprochen. Auch andere Fernsprech-Abonnenten wollen es jetzt auf einen Zivilprozeß ankommenlassen. Von den Zuständen aus dem Fernsprechamt Pankowgeben übrigens zwei Beispiele Kunde, welche ein Vorortsblaltzur Veröffentlichung bringt. Im ersten Falle erhielt danach derTbeilnehmer nach fortdauernd erfolglosem Anrufen vom Postamtaus die Erklärung des Beamten:„ja, um diese Zeit(es warnachmittags) haben wir keine Zeil, da haben wir mit derPost zu thnn, darauf muß eben Äückstcht genommenwerden." Im anderen Falle wurde demselben Theil-nehmer nach fünfmaligen: vergeblichen Anruf die inkategorischem Tone ertheilte Antwort:„ach was, wenn ich Zeithabe, werden Sie angeschlossen, halten Sie mich nicht auf!"—Auch in Berlin ist es bekanntlich weit schwieriger als in anderenGrobstädten, telephouischen Anschluß zu erhalten, wenn auchFälle, wie die hier gekennzeichneten, noch nicht vorgekommen seinmögen!Ferien für die Vrieftrager? Den Unterbeamten derPost- und Telegrapheuverwaltun'g soll in diesem Jahre zumersten Male, wie ein Berichterstatter meldet,„allgemein unddurchweg" Urlaub bewilligt worden sein. Ende der vorigenWoche sei mit den Ferien begonnen worden; die Dauer desUrlaubs bewege sidi, je nach dem Dienstalter der Beamten,zwischen ö und 10 Tagen. Wenn diese, vorläufig wohl nochgelinden Zweifeln begegnende Mittheilung wahr ist, so ist fürdie geplagten Unterbeamten ei» Erfolg zu verzeichnen, der zumallerwesentlichsten Theil der energischen Initiative der sozial-demokratischen Reichstags-Abgeordneten zuzuschreiben ist.Die Polizeiverordnuug, betreffend die staubfreie Müll'abfuhr, welche bekanntlich am 1. Juni in kraft getreten ist.wird, wie man uns schreibt, von vielen Hauswirthen dadurchumgangen und i» ihrer Wirkung gehemmt, daß sie den Hausmüllauf dem Hofe aus den allen Müllkästen in neue, mit Deckel-Verschluß versehene Kästen schütte» und erst diese verschlossenenKästen auf die Straße und in die Wägen schaffen lassen. Gewißbewahrt man so die Straßenpassanten vor dem üblen Geruchund den Staub; wohl aber werden durch die neue Manipulationdie Miether. deren Fenster nach dem Hofe hinaus belegen find,weit ärger belästigt, als dies vordem geschehen ist. Wir wissennicht, ob die betreffende Polizeiverordnung nur zum Schutze derStraßenpassauten erlassen ist, oder ob sie verständigerweise eineallgemeine sanitäre Wirkung haben soll. In letzterem Falle solltedie Gesundheitspolizei das Umschütten des Mülls aus dem Hosezu verhindern suchen.Ein Freudenfest voller echt deutscher Gemüthlichkeit scheintdie dieser Tage vor sich gehende Einweihung des Nordostsee-Kanals werden zu sollen. Es sind zu diesem Ereigniß nichtweniger als 262 Berliner Polizeibeamte nach Kiel kommandirt. Amnächsten Sonntag, den 16. d. M., gehen zunächst 60 uniformirteSchutzmänner unter der Führung eines Wachtmeisters dahin ab.Diesen folgt am Dienstag unter der Führung des Polizeihaupt-manns Haccius eine Abiheilung von 150 nniformirten Beamten,die zur Dienstleistung bei Holtenau besohlen sind. Außerdemfind aber auch noch die politische Polizei und die Kriminal-abiheilung bei dem Kommando betheiligt; sie stellen je 25 Beamte-zur Aussicht bei den feierlichen Veranstaltungen. Es fehlt also«ichts, um dem Fest die übliche„höhere Weihe" zu gebe».Deutsche Kultur. In der bürgerlichen Presse steht zulesen: Der bei Tegel geplante Bau eines neue» großen StraßGefängnisses soll mit allen Kräften gefördert werden, sowie dieerforderlichen Mittel zur Verfügung stehen. Die Ueberfüllungdes Plötzensecr Gefängnisses wird eben immer unangenehmer.Gestern hatte die Anstalt mit ihrer Rummelsburger Filialewieder einen Bestand von 2343 Köpfen. Ob die Herren, diediese trostlose Meldung bringen, auch wissen, welch' ein ver-nichtendes Nrtheil in ihr über die Herrlichkeit der von ihnenvertheidigten Weltordnung abgegeben ist 2Tie Allgemeine Berliner OmnibuS-Gesellschaft wirddie bisherige Linie Nordbahnhof— Hallesches Thor einerseits biszum Schönhauser Thor verkürzen, andererseits aber bis zumViktoriapark verlängern, wobei die Wagen die Bellealliancestraßepassiren. Die Linie Kottbuser Thor— Schönhauser Thor wirdbis zum Nordbahnhos verlängert. Die Große Berliner Omnibus-Gesellschaft plant die Anlage einer Linie Landsberger Thor—Weddingplatz durch die Invaliden» und Chausseestraße. Die LinieEpittelmarkt— Nettelbeckplatz wird eine Verlängerung durch dieNeinickendorferstraße erfahren.Gesellschaft würde in kürzester Zeit ohne Sang und Klang zuGrabe getragen werden."Diesen blühenden Blödsinn schreibt nicht etwa ein Anhängerdes großen Sozialistentödters Eugen, sondern ein Mann, der sichSozialdemokrat nennt. Glücklicherweise ist es heute nicht mehrnolhwendig, die Arbeiterschaft über den wahren Sinn von der-gleichen Tiraden aufzuklären; das klassenbewußte Proletariatweiß seit langer Zeit, daß die gegenwärtigen Zeitverhältnisse vonihm in erster Linie den politischen Kampf verlangen, und daßjedes Nachlassen in demselben dem politischen und wirthschaftlichen Selbstmord der Arbeiterklasse gleichkäme.Nach diesem vielversprechenden Anfange gehört keine großeProphctengabe dazu, um in Herrn Anhulh einen Konfusionsratherster Klasse zu vermuthen. Um de» so schrecklich geschildertenFolgen des einseitigen politischen Kampfes zu entgehen, schlägter die Gründung von„kooperativen Genossenschaften, bestehendaus Konsumvereinen und Produktivgenossenschaften", vor.Man braucht kein Gegner solcber Genossenschaftenzu sei», und braucht die in Nummer 55 des„Vorwärts"in dein Artikel:„Konsumvereine und Sozialdemokratie"gegen dieselben angeführten Gründe nicht für durchschlagendzu erachte»; aber von ihnen im Verein mit Produktivgenossen-schasten die Uebersührung der kapitalistischen Produklionsformin die sozialistische erwarten,-das kann allerdings nur ein ganzverwirrter Kopf, in welchem sich die sozialistische Gesellschaft ineigenthümlicher Form malt. Wie sie Herr Anhulh sich vorstellt,zeigt er zum Schluß, nachdem er geschildert hat, wie dieeinzelne» Unternehmer durch die Geiiosi'enschaste» zu gründegerichtet werden und sich ihnen anschließen. Er sagt:„Wenn die Minimallöhne soweit gestiegen sind, daß sie dieHöhe der Maximalarbeitslöhne erreicht haben, wen» gleichzeitigdie gesammte Produktion auf die Produktivgenossenschaften über-gegangen ist, und die Einnahmen der bisherigen Unternehmer,Rentiers und Beamte» auf die Höhe der Arbeitslöhne herab-gegangen sind, dann haben die Produktivgenossenschaften ihreAufgabe erfüllt, und die sozialistische Produktion ist fertig."Wir können dem Herrn nur den Rath geben, selbst nochrecht tüchtig zu lernen, ehe er als Vollslehrer öffentlich auf-treten will. Lt.TewS F. Der preußische Volksschullehrer stand.Sozial-statistische Skizze. Bielefeld. A. Helmich. 0,50 M.•»» Der Vo lks schullehrer ein Paria dermodernen Gesellschaft. Kulturbilder ans dem Endedes 19. Jahrhunderts. Leipzig-Wurzen, Ad. Thiele.Beide Broschüren behandeln die Lage des Volksschullehrers,ober in der Art der Behandlung unterscheiden sie sich wesentlichvon einander. In dem Schristchen von Tews sind die Er-gebnisse der preußischen Volksschnlstatistik von 1691, soweitsie den„Lehrerstand" betreffen, verarbeitet. Abkunft, Lebensalter,Dienstalter. Familienstand. Kinderzahl. Vorbildung. GeHall u. s. w.der Lehrer und Lehrerinnen werden übersichtlich mitgetheiltund erläutert. Der Verfasser gelangt zu dem Schluß, daß dieLage des preußischen Volksschullehrers eine recht trübe ist. DaSSchristchen ist dem, der sich über diese Frage eingehender unter-richten will, warm zu empfehlen.Im Schießstande ist vor einigen Tagen in einem Dorfebei Briese», Kreis Beeskow, ein 12 Jahre alter Knabe er-schössen worden. Auf dem Schießstande des Dorfes wolltenzwei Schützen eine neue Büchse einschießen. Kaum aber war dererste Probeschuß auf die Scheibe abgegeben, als von dieser herein gellender Schrei ertönte. Die Schützen fanden bei derScheibe einen Knaben, den 12jährigen Christian L., am Bodenliegen, welcher von der Kugel so schwer getroffen war, daß eralsbald starb. Wie die Untersuchung ergeben hat, sollen dieSchützen an dem Unfall keine Schuld tragen.Das Lntherdenkmal aus dem Neuen Markt ist gesternMorgen II Uhr enthüllt worden. Im Anschluß daran wurdeeine große Ordens- und Titelvertheilung vorgenommen.Daö Lutherdenkmal im Militärstaat. Ein Genrebild,das eines gewissen Zuges von Komik nicht entbehrt, bringt einBerichterstatter von der gestrigen Denkmalsenthüllung. Er schreibt:Eine große Störung während der Enthüllung des Luther-denkmals war der mit voller R e g i m e n t s m u s i k erfolgendeVorbeimarsch der vom Tempelhofer Felde kommenden Alexander.Die Hülle vom Denkmal war soeben gefallen, die Anwesendensangen unter Posaunenbegleitung das Lutherlied. als plötzlicherst aus der Ferne, dann immer näher konimend, die Klängeeines moderne» Marsches ä. la„Taratabumdara" an dieOhren der Theilnehmer drangen. Sofort wurde im Austrage des die iUberaufsicht führenden Polizeihauptmannsein berittener Wachtmeister beordert, welcher dem dieTruppe» führenden Offizier die Mittheilnng machen sollte,daß die Regimenlsmusik die Tenkmalsfeier störte. Nacheiner Weile, als die Truppen die Kaiser Wilhelms-Brückepassirt hatten, verstummte das klingende Spiel, aber gleich daraufertönten die Trommeln und Pfeifen, die erst kurz vor der Spandauerstraße zum Stillstand kamen. Das geschah zu derselben Zeit,als die um das Denkmal liegenden Straßen für jeden Wagen-verkehr gesperrt waren. Als die Truppen den eigentlichen Denk-malsplatz passirten, befand sich der übliche Janhagel an derSpitze des Regiments, der es an dem üblichen Skandal nichtfehlen ließ.Wege» eines SittlichkeitSverbrechens, das er an einemdreizehnjährigen Schulmädchen begangen haben soll, wurde amMontag Pormittag der Zahntechniker L. Burghagen aus derFlottwellstraße in seiner Wohnung verhaftet.Einen grausigen Tod hat gestern Vormittag ein Unter-suchnngsgefangener des Monbiter Kriminalgerichts gesunden. DerTischlermeister G r ü n t h a l aus Moabit, welcher sich wegen Dieb-stahls in Untersuchung befand, hatte in der Zeit von S— 9 Uhrfrüh seine„Freistunde" auf dem Gefängnißhose und in Gemein-schaft mit den übrigen Gefangenen der„Station" zugebracht.Um 9 Uhr wurde die Kolonne nach ihrer in der fünften Etagebelegenen Station zurückgeführt. Der Ausstieg erfolgte durch diesogenannte„Zentrale", in welcher die Wendeltreppen sich um eineweite runde Oeffnnng schlängeln, die zwar in jeder Etage durcheine Barriere abgeschlossen ist, aber doch vom Dache bis in dasParterre reicht. Als Grünthal die oberste Etage erreicht hatte,schwang er sich plötzlich über die Brustwehr und lag im nächstenMoment auf dem asphaltirten Fußboden des Erdgeschosses alsLeiche. Der Körper des auf dem Rücken liegenden Selbst-Mörders war ganz plattgedrückt, doch Blut hat sich wenig nachaußen ergossen, es muß nach dem Innern des Körpers aus-geflossen sein.Aus LebenSiiberdriist hat ein 41 jähriger Arbeiter LudwigRohrmacher aus der Großgörschenstraße 31 Hand an sich gelegt.R. hatte lange Zeit schon keine Beschäftigung mehr und lag mitseiner Frau in Klage wegen Scheidung der Ehe. Die Arbeits-losigkeil und der Verdruß in der Familie wirkten so aus ihn ein,daß er die Lust an: Leben verlor. Gestern Abend in späterStunde erhängte er sich auf dem Boden des Hauses, in dem erwohnte.Auf eine eigenartige Weise verunglückte am Montagabend gegen 7 Uhr der Schiffer Paul Klinchale, der auf einemam Schiffbauerdamm ankernden Kahne als Bootsmann be-schästigt war. Beini Verladen von Waaren wurde Knichalc, derauf dem Fahrzeuge stand, von einem Ballen und einer Stütze,die dieser umgerissen hatte, am Kopse so schtver getroffen, daherbald nachher starb.Tödtlich verunglückt ist am Sonnabend der 4 Jahre alteSohn des Schneidermeisters Schulz aus der Andreasstr. 61. DerKleine hatte sich im zweiten Stock aus dem Fenster hinans-gelehnt, um einem anderen Jungen, der unten spielte, zuzusehen.Eine» ganz anderen Weg hat der anonyme Verfasser derzweiten Broschüre eingeschlagen. Um den Vvlksschullehrer alsParia der Gesellschaft zu erweisen, führt er ihn uns sozusagenleibhaftig vor. Mit großer Anschaulichkeit und in einem Tonevoll Bitterkeit und Ingrimm schildert er die elende Lage unddie verachtete Stellung, in der sich der Volksschullehrernicht blos in Preußen, sondern auch in den übrigendeutschen Staaten befindet. Wir begleiten den werdenden Lehrerdurch die Leide» der Präparandie und des Seminars und ziehenmit dem fertigen(der übrigens nach Ansicht des Verfassers derBroschüre oft noch recht unfertig sein soll) in die famosen„Schul-paläste" ein. Wir beobachten ihn in seiner mißachteten Stellunggegenüber Seminar, Direktoren, Schulräthen, Geistlichen, Guts-Herren, Bauern u. s.>v. Alles das wird durch hunderte vonaus dem Leben gegriffenen Beispielen in meist sehr drastischerWeise beleuchtet. Der Versasser bringt dabei zwar nichts Neuesvor, sondern stellt eigentlich nur zusam>nen,»vas in den letzten Jahrenüber die Lage des Volksschullehrers an empörenden Vorkommnissenin der Tages- und pädagogischen Fachpresse mitgetheilt worden ist.Die Sammlung ist auch keineswegs vollständig. Aber sie ist auchso schon mehr als überreich an schlagenden Beispielen. Die Be-Zeichnung„Knlturbilder aus dem Ende des 19. Jahrhunderts"verdient sie im weitesten Sinne des Wortes, und schon ausdiesem Grunde ist sie werth, gelesen zu iverden. Ich glaube, daßauch der, dem das meiste aus dem Inhalt der umfangreichenBroschüre bereits bekannt ist, sie nicht leicht ohne tiefe, zornigeErregung nach der Lektüre aus der Hand legen wird. Ich habemich jedoch dabei auch eines anderen Gedankens nicht erwehrenkönnen. DerVolksschullehrer gehört nicht nur nach seiner wirthschaft-lichen Lage, sondern auch nach dem geringen Maß von Achtung, dasihm die besitzende Klasse entgegenbringt, zu denjenigen Volks-schichten, die man die„unteren" nennt. Nur wenige besser ge-stellte und höher geachtele machen eine Ausnahme davon, vieleaber müssen es sich gefallen lassen, auf die allerunterste Stufeherabgedrllckl zu werden. Das ist längst bekannt, und die Ver-sasser der beiden Broschüren haben es, jeder auf seine Art, aufsneue überzeugend nachgewiesen. Der„Volksschullehrerstand" ge-hört also zu der besitzlosen und unterdrückten Klasse, das ist keineFrage. Aber trotzdem marschirt er wacker mit der besitzendenund unterdrückenden Klasse und ist eifrig bemüht, denen,die die besitzlose Klasse(und ihn m i t!) zu unterdrückensuchen, bei ihrer Arbeit zu Helsen. Ich weiß wohl, daßein Theil der Bolksschullehrer das nur gezwungen thut. Aberdie Mehrzahl betheiligt sich noch ans voller Ueberzeugung andem Kampfe gegen das nach Freiheit ringende Proletariat. Auchdie Verfasser der beiden Broschüren erwarten, wenn sie der Hoff-nung aus Besserung der Lage des Volksschullehrers Ausdruckgeben, das Heil zwar nicht gerade von der jetzigen Regierung,aber doch immer nur von der bürgerlichen Klasse. Daß dieVolksschullehrcr. obwohl sie die Jugend des Proletariats unter-richten und selber Proletarier sind, freiwillig oder gezwungendas Proletariat bekämpfen, das gehört zu den Widersprüchen, andenen unsere Zeit so reich ist.— r.Dabei wurde er wohl schwindelig, verlor das Gleichgewicht undfiel hinab, und zwar auf einen Brunnen, an dem er sich denSchädel zerschmetterte. Er war aus der Stelle todt.Ans einer Kopfwunde blutend wurde in der Nacht zumDienstag früh um 2 Uhr der Schneider Otto Bomme aus derKanonierstr. 31/32 vor dem Hause Friedrichstr. 203 liegend ans-gefunden. Ein Schutzmann des 36. Reviers brachte den Ver-letzten, einen verheiratheten Mann von 51 Jahren in ein Kranken-Haus. Bomme will von unbekannten Personen überfallen undso übel zugerichtet sein. Es ließ sich zedoch noch nicht näherfeststellen, wie sich die Sache verhält.Polizeibericht. Am 9. d. M. abends schoß sich ein Handels-mann in seiner Wohnung, in der Luisenstraße, eine Revolver-kugel in die Schläfe. Er wurde nach der Charitee gebracht, woer bald darauf starb.— Am 10. d. M. setzte ein Arbeiter seinerFestnahme durch einen Schutzmann derartigen thätlichen Wider-stand entgegen, daß dieser den Säbel ziehen mußte.— In derPotsdamerstraße fiel ein Mann in der Trunkenheit hin und zogsich eine bedeutende Verletzung am Hinterkopfs zu.— In derSchönhauser Allee fiel ein Mädchen beim Abspringen von einemin der Fahrt befindlichen Pferdebahnwagen hin, gerieth unterdie Räder und erlitt! eine erhebliche Verletzung am Fuße.—Eine Frau wurde in der Wilhelmstraße durch eineDroschke überfahren und am Fuße bedeutend verletzt.— Einfünfzehnjähriges Mädchen siel, vermuthlich infolge einesSchwindelanfalls, aus dem dritten Stock aus den Hos hinabund trug außer einer Gehirnerschütterung mehrere Knochenbrüchsdavon.— Auf einem am Schiffbauerdamm liegenden Kahnwurde ein Schtffer erschlagen, indem einer der das Deck stützen-den Pfosten beim Einladen von Ballen umgerissen wurde undihn am Kopfe traf.— Am 10. d. M. gegen Abend fuhren in derLinienstraße zivei Geschästswagen zusammen, wobei die kleineTochter eines der Kutscher, die neben ihrem Vater auf dem Bocksaß, heruntergcschleudert und an Brust und Armen überfahrenwurde.— Im Laufe des Tages wurden drei Männer erhängtvorgefunden.— In der Nacht zum 11. d. M. wurde in derFriedrichstraße ein Schneider von zwei Männer» durch Stockhiebeschwer am Kopfe verletzt.— Im Lause des Tages fanden vierBrände statt.WitternngSiibersicht vom 11. Jnni 1895.Stationen.EwinemündeHamburg.Berlin..Wiesbaden.München.Wien..HaparandaPetersburgCork...Aberdin..Paris..Wetter-Prognose für Mittwoch, IT. Juni 1895.Ein wenig kühleres, zeitweise heiteres, vielfach wolkigesWetter mit etivas Regen und mäßigen westlichen Müden.Berliner W e t t e r b u r e a n.Der§ 193 im Rohrlack-Prozest. Ueber die Zubilligungdes Schutzes, der in dem von der Wahrnehmung berechtigterInteressen handelnden Z 193 des Strafgesetzbuches ausgesprochenist, hat sich das Reichsgericht am 10. d. M. in beachtenswertherWeise geäußert. Im Restaurant„Germania" in Leipzig-Sellerhausen fand am 29. Oktober v. I. eine Metallarbeiter-Versammlung statt, in welcher unsere Partciaenossin, die Gelb-gießer-Ehesrau Elisabeth Anna Martha R o h r l a ck aus Berlineinen Vortrag über die Nothwendigkeit der Anstellung weiblicherFnbrikinspektoren hielt. An der Diskusston. welche nach deinVortrage stattfand, betheiligten sich der Klempner Her klotzund der Fabrikarbeiter Nickel. Alle drei sind, wie nocherinnerlich sein dürfte, vom Landgericht Leipzig am 14. Märzwegen Beleidigung verurlheilt worden, und zwar FrauRohrlack zu 4 Monaten Gefängniß, die beiden Mitangeklagtenzu je einer Woche Haft. Frau Rohrlack hatte in ihrem Vor-trage über einen Dresdener Gewerberath und Fabrik-inspektor Aeußerungcn gethan, nach denen jener den Nameneines Arbeiters, der sich bei ihm beschwert hatte, dem Fabrik-Herrn mitgetheilt habe. Der Beamte soll ferner ein gutes Früh-stück von' dem Fabrikherrn angenommen und seine amtlicheThätigkeit begonnen haben, als er schon mit Wein„gut ein-geheizt" hatte. Diese Angaben, die vo» Abgeordneten im Reichs-tage vorgebracht wären, bat Frau Rohrlack für wahr gehalten.Der von ihr angetretene Wahrheitsbeweis ist aber vom Geuchtals mißglückt angesehen worden. Der Angeklagte Nickel, derin der Diskussion das Wort ergriff, soll geäußert haben, diePolizeiorgane nehmen absichtlich keine Kennlniß von der Ueber-tretnng gesetzlicher Vorschriften in bezug aus den Arbeiterinnen-schütz. Herklotz endlich batte nach Feststellung des Gerichts beider gleichen Gelegenheit in bezug ans die Fabrikinspektoren dieWorte„niederträchtig, gemein und hinterlistig" gebraucht. DasGericht verneinte die Frage, ob die Angeklagten berechtigteInteressen wahrgenommen haben, obgleich es im allgemeinen derAnsicht war. daß Metallarbeiter und die Frau eines Metall-arbeiters sehr wohl in einer öffentlichen Metallarbeiterversammlungberichtigte Interessen wahrnehme» können.— Die Angeklagtenhatten gegen das Urlheil Revision eingelegt, welche vor dein3. Strafsenate des Reichsgerichts zur Verhandlung kam. DerVertheidiger der Frau Rohrlack, Herr Rechtsanwalt Heine-m a n n aus Berlin, rügte hauptsächlich rechtsirrthümliche Nicht-anwendung des§ 193, da eine präzise Feststellung, daß die A b-s i ch t der Beleidigung aus der F v r m der Aeußerung oder denUmständen, unter denen sie gethan, nicht getroffen sei.— Ob-wohl der Reicbsanwalt Verwerfung der Revision beantragte, er-kannte das Reichsgericht aus den von der Vertheidigung hervor-gehobenen Gründen auf Aufhebung des Urlheils bezüglichder Frau' Rohrlack und Nickel's. Verworfen wurde jedochdie Revision des Angeklagten Herklotz, da bei diesem die be«leidigende Form der Aeußerung ausreichend seslgestellt sei.Reichs- VcrficherniigSamt. Unternehmermoral.Der Gummi-Arbeiter Mai ivar dadurch zum Verluste einer Handgekommen, daß er bei einer Arbeit mit derselben abrutschte undzwischen die Kammräder einer Maschine kam. Die hundert-prozentige Rente, die er zuerst erhielt, wurde nach Ablauf desHeilungsprozcffes aus 50 pCt. herabgesetzt. Hiergegen legte Maibeim Schiedsgericht der Bernfsgenoffenschast Berufung ein.Dieselbe hatte insofern Erfolg, als ihm 60 pCt.zugebilligt wurden. während er die Vollrente bean-sprucht hatte. In den Gründen des Schiedsgerichtsheißt es u. a.:„Kläger machte in der Berufung geltend, daß erkeine Beschäftigung finden könne, und daß der Unfallnicht eingetreten wär�, wenn die gesetzlich vor-geschriebenen Schutz maßregeln sich an derMaschine befunden hätten. Der Direktor der Fabrik(Voigt u. Minde. Kottbuserstraße 5) habe gesagt, solcheSchutzmaßregeln wirkten nur störend, und mankönnte annehmen, daß Mai seine Hand ausMuthwillen zwischen die Kammräder gesteckt