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rate von den Hörern bester erfasten. Es besteht alsdann die Möglichkeit geistiger Verarbeitung des Stoffes und frucht- barerer Gestaltung der Diskussion. Wenn dazu noch, die vor- gesehenen Besichtigungen von Betrieben und Industrieanlagen in innere Verbindung mit dein theoretischen Lehrstoff ge- bracht werden, wird das Ergebnis der internationalen Sommerschnlen zwar eine Einschränkung betreffend Zahl und Umfang der Anregungen darstellen, übrigens aber einen auf Geschlossenheit der' Gedankengänge beruhenden geistigen Ge- winn bedeuten. Auch dieses Mal haben die in das Bergwerk nach Grängesberg sowie nach Doinnarvet zur Besichtigung von Stahlwerk und Papierfabrik unternommenen Ausflüge dem einzelnen neben der Erweiterung seiner theoretischen Kennt- nisse zweifellos die wünschenswerte Bereicherung seines Wissens der Praxis gebracht, und dennoch entstand der Haupt- gewinn allen politisch Denkenden aus dem Einblick in die Wesensart der Politik dieses merkwürdigen Landes. Ein Königregiert" Schweden  , aber die Freiheit des einzelnen ist größer als in mancher westeuropäischen Republik  . Zu Leb- zeiten Brantings hat dieser König, der mit Schwedens   da- maligem Ministerpräsidenten auf der gleichen Schulbank ge- festen und ihn nur im Tennisspiel übertraf, in Nizza   einmal auf die Frage eines Interviewers, wie es um Schwedens  Politik stände, in richtiger Abschätzung seiner Stellung im Staate geantwortet:Da müssen Sie Branting fragen." In kaum einem Bauernhause oder Bureau, in das wir kamen, fehlte Brantings Bildnis. Dieser Mann war ein Mann des Volkes im wahrsten Sinne des Wortes; er war nicht mehr wegzudenken, denn seit dreißig Iahren hatte er im schwedischen Reichstag die Geschicke des Volkes wenn nicht gelenkt, so doch stark beeinflußt. Er war Sozialdemokrat, aber von Prin- zessinnen nicht minder verehrt als von dem Mann im Ar- beitsrock. Das hatte seinen Grund, wie alles in der Welt. Dieser schwedische Außenminister, der in Genf   im Kreise der Großen dieser Welt Völkerbundspolitik machte, erinnerte sich beim Ableben eines Veteranen der politischen Arbeiterbewe» gung Schwedens   der um die politische Freiheit des Volkes gemeinsam geführten Kämpfe. Unerkannt legte er einen Kranz auf das frischgeschaufelte Grab. Die Trauerversamm- lung stutzte, der schwedische Ministerpräsident fuhr im Auw davon. Tage nachher verkündete die Presse, durch wen dem Toten die letzte Ehrung zuteil wurde. Es wäre vermessen, behaupten zu wollen, daß Schweden  das Land politischer Vollkommenheit sei. Die fortschreitende Industrialisierung des Landes steigert naturgemäß auch dort die Klassengegensätze. Zurzeit aber verfügt das schwedische Volk noch über einen so reichen Fonds sozialgerechten Emp» sindens, daß mit den aus ihm fliehenden Energien die auf feiten des Kapitalismus vordrängenden Kräfte im Schach gehalten werden können. Uebrigens tut die sozialistisch» Re- gierung Schwedens   das Menschenmöglichste zur geistigen He- bung des arbeitenden Menschen: sie bereitet dadurch den Boden für die im Wege der Entwicklung sich vollziehende Ab- schleifung wirtschaftlicher Reibungsflächen. Wer einmal Ge- legenheit hatte, politische Versammlungen auf dem flachen Lande zu besuchen, wird von dem polirischen Eifer und der tiefwurzelnden politischen Ueberzeugung der arbeitenden Be- völkerung seine helle Freude gehabt haben. Nicht zuletzt ge- bührt der schwedischen Arbeiterbildungsbewegung das Ver- dienst, durch unermüdliche Kleinarbeit das politische Niveau gehoben zu haben. Schweden   ist nicht Deutschland  . Aber zu lernen gibt es für lins in Schweden   auf vielen Gebieten. Der Leitung des IGB. gebührt Dank dafür, daß sie uns durchVeranstaltung der Sommerschule in Brunsoik Menschen und Dinge nahegebracht hat, deren Studium auf die Entwicklung des einzelnen nicht ohne Einfluß bleiben wird. Allen Kritikern aber, auch denen aus Prinzip", sollten die in Brunsvik gewonnenen Erfahrun- gen dazu dienen, die internationalen Sommerschulen künftiger Jahre noch fruchtbarer, noch vollkommener zu gestalten.
der Paletot. Von Erna Büsing. Selbst Neider müssen es zugeben, er hat Schick und Färb«, der Paletot. Er ist eleganteste Paßform. Der menschliche Körper, der in ihn eingehüllt wird, gibt unbedingt etwas her. wird Erscheinung. Das ist viel wert in der heutigen Zeit, der Zeit der prunkvoll ver- schnörkellen Mietskasernenfaffaden, der Lichtreklamen und der repräsentativen(Beschästsaufsichten. Man braucht keinen inneren Gehalt, man muß nur auffallen, dann ist man eine nicht anzu- zweifelnde Größe der Gegenwart. Und der Paletot fällt auf. Der Besitzer weiß, was er diesem Paletot schuldig ist, darum kann keine Mutter einem Wickelkinde eine aufmerksamere Pflege angedeihen lassen, wie er sie dem Paletot zu Teil werden läßt. Kommt der Paletot von einem Spaziergang zurück, wirb er sem säuberlich gereinigt, jeder Knopf wird jorgsam aus seine Festigkeit hin unter- sucht. Taschen und Futter werden ängstlich ob ihrer Unversehrtheit überprüft. Dann wird der Paletot in den Kleiderschrank gehängt, wo er weiterhin paradieren kann, als einzige Wichtigkeit unter lauter Lumpen. Der junge Mann, der sich so zielbewußt mit dem Paletot schmückt, ist kein Hochstapler, auch kein Portokassenjüngling, der Lar- und Straßeneckenbckanntschaften sucht, sondern ein einfacher Arbeitsloser. Einer von den Menschen, die ohne Bank-, Währungs- und Gefchäftskenntnisse von allen Schwankungen des Wirtschafts  - lebens erfahren, weil ihnen immer der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Als fast- und kraftloser Schulentlassener stand er während des Krieges hinter dem Ladentisch und verkaufte für seinen reich werdenden Herrn verbrannte Steckrüben al» Kaffee- ersaß, bis der eingezogene Verkäufer des Geschäfts mit Frieden». schlug zurückkam. Daraus setzte für den jetzigen Paletotbesitzer das Stellensuchen ein. Schließlich zähste er zur Zeit der Inflation in einer Bank Papiergeld. Es kam die Stabilisierung und der junge Mensch stand wieder auf der Straße. Endlich vertraute ihm jeinand Flugschriften an. die zum billigen Häuserbou einluden. Fleißig lief er treppauf, treppab, und die Hände waren gierig und die Augen freudig, wo er seine Schriften anbot. Es kam Geld zuhauf, und die Gesellschaft florierte, bis der Herr Direktor Sehnsucht nach de« Pariser Nachtleben bekam und oerschwand. Der junge Mann erhielt sein letztes Monatsgehalt nicht ausbezahlt, dafür aber bei einem Massenansturm der Betrogenen regelrechte Keile. Jetzt sucht er wieder Stellung. Viele gute Natschläge kennt er schon auswendig,man muß sich konzentrieren',nur als Spezialist kann man heut- was werden",einzig der Willensmensch kommt vorwärts usw. Ratschläge, die wohl Leute befolgen können, die auch überübermorgen noch etwas zu essen haben. Der junge Mann weiß, ein Tag hat 24 Stunden und drei Mahlzeiten. Wenn man dein Magen dreimal am Tage etwas anbietet, ist man zur höchsten
Christlich  -konservativ/ Die Auseinandersetzunge» mit dem Zentrum. Abgeordneter o. Papen  , einer jener Vertreter der Zentrurnsfraktion im Landtag, die die Koalition zunschen Sozialdemokraten, Demokraten und Zentrum in Preußen mit allen Mitteln zu sprengen versuchten, fetzt sich in derGer- m a n i a" mit demchristlich-konservatioen Gedanken" aus- einander, wie er ihn versteht. Er führt aus: Was uns nottut, ist mehr gegenseitiges Verstehen und ver- trauen. Dazu muß der christlich-tonservatio« Gedanke in der Ge- samtheit unseres Partcilebens wirtsam werden. Gerade das Zen- trum hat in diesem Ausgleich der Geister die bedeutungs- vollste Mission auf Grund seiner spezifisch katholischen Berufung. Die Sammlung des deutschen   Katholizismus wird eben nur unter dieser Devise möglich sein.' Das klingt sehr zahm. Was Herr v. Papen   aber tatsächlich unter demAusgleich" der Geister versteht, wird deutlich, wenn er in der Frage eines Zusammengehens zwischen Zentrum und Sozialdemokraten bemerkt: Immer wird sorgsamst geprüft werden müssen, inwieweit eine solche Zusammenarbeit nicht die äußerliche Machtstellung des Sozialismus in den Augen der kritiklosen Masse vergrößert, zu­mindest fle erhält. Von diesem Gesichtspunkt aus wird man sorgen müssen, daß unsere Presse mehr als in den vergangenen Iah- ren Licht und Schatten gleich verteilt.' Das Papensche Rezept einer Förderung des gegenseitigen Verstehens und Vertrauens und eines Ausgleichs der Geister besteht also darin, die Stellung der Sozialdemo- kratie zu untergroben. Diesen Zwecken möchte er vor allem die Zentnimspress« dienstbar machen. Zu dem Zwecke hat er auch wohl die Mehrheit derGermania  '-Aktien erworben. Und aus diesem Besitztitel leitet er das Recht ab, sein konservatives Licht in derGermania  " leuchten zu lassen. Die Auseinandersetzungen im Zentrum haben gezeigt, daß weite Kreise des Zentrums diese»Art vonchristlicher" Politik zurückweisen. Das ist natürlich auch Herrn v. Papen bekannt. Er rechnet ostenbar damit, daß er und feine Clique mit der Zeit das erreichen wird, was im Augenblick nicht durchzusetzen ist. Die Sozialdemokratie wird sich aber keines« wegs zum Prügelknaben für die konservativen Zentrumsmit- glieder hergeben. Sie wird dieEhristlich-Konservatioen" im Landtag zu zwingen wissen, Farbe zu bekennen. Herr v. Papen   wird unter Umständen sehr bald Gelegenheit haben, das christlkch-konservative Programm, wie er es auffaßt, vor den Wählern zu verantworten.
Kehrt Virth zurück! Der Wirth vor dem badischeu Parteitag. Karlsruhe  . 7. September.  (Eigener Drohtbericht.) Dem Parteitag de» badischen Zentrum», der am Sonnabend und Sonntag in Osfenburg zur Vorbereitung der Landtags- wählen stattfand, war der Stempel aufgedrückt durch die Erörterung des Schrittes von Wirth. Wirth selbst, sowie der Parteioorsitzende Marx, waren zugegen, während der Vorsttzende der Reichstags- fraktion Fehrenbach fehlte. In einer Sitzung, die über fünf Stunden dauerte, erörtete das Zentralkomitee der badischen Zentrumspartei   unter dem Vorsitz des badischen Parteiführer», Prälat Schofer, den Austritt Wirths aus der Reichstagsfraktion. Nach einem einleitendem Referat Schäfers begründete Wirth ein- gehend sein« Haltung. Darauf entspann sich ein« längere Au«- spräche, die ihre Bedeutung durch die Ausführungen des Partei- Vorsitzenden Marx erhielt. Er erklärte, daß es den drei Parteien der Weimarer   Koalitton, Zentrum, Demokraten und Sozialdemokraten, zu danken sei, wenn noch ein einige» Reich bestehe: dies« drei Parteien hätten in der Zeit der höchsten
Lebensentfaltung gekommen, ist dem Tag Genüg« getan. Darum flamnien in seinem Bewußtsein Freudenseuer auf, wenn er von Aushilfsstellen liest. Von einer Position träumt er nicht einmal mehr, für ihn ist es schon ein wahres Glück, Aushilfe sein zu dürfen. In allen Privatkontoren von Chef» lagert moralische Lust, weshalb dort nur anständig gekleidete Leute etwas gelten. Der Poletot hat ihm bereits wirklichen Nutzen getan. Er ist die wehrhafte Um- Panzerung menschlicher Zagheit. Mit dürren Worten gesagt, dem Paletot haben sich schon Verdienstmöglichkeiten erschlossen, als da sind Adressenjchreiben usw. Mit nervösem Fatalismus denkt der magere junge Mann an die Zukunft, wo der Poletot sein Ansehen verlieren wird. Von keinem Ehrs wird der angebotenen Arbeit»- kraft eine verständnisvolle Würdigung mehr zu Teil werden. Der Magen des jungen Mannes verlangt dreimal täglich Essen, weshalb kein neuer Paletot angeschojft werden kann. Ja. was wird denn nun aus dem jungen Mann, wenn der Palewt abgeschabt ist?
Berliner   Theater:»Eine Nacht in Venedig  '. Auch der heilig« Name Johann Strauß   kann uns nicht hindern, dies« komisch« Oper als eine Halbheit zu bezeichnen. Das Wert ist 18W in einer nicht sehr produktiven Laune de» Meisters geschrieben worden und hat sich nie eingebürgert. Sie wird es auch in der Einrichtung von Korngold   nicht. Dafür hat uns die Zeit in unserem rhythmischen Fühlen allzu sehr umgestellt, und von den alten großen Operette« gefällt uns eben nur noch das schlechtweg Geniale, also Fleder  - nmus oder Zigeunerbaron. Wo dieseNacht in Venedig' wirklich reizvoll ist, da klingt sie nach denGeschichten aus dem Wiener Wald  ' oder anderen Straußschen Walzern. Auch ein Quartett und ein Couplet auf die Treue, resp. gegen die Treue gefällt im zweiten Akt. Im übrigen ist in der Musik allzu viel Centimen. totes und Larmoyantes stehen geblieben. Was Korngold   an der Partitur geändert hat, entzieht sich unserer Kenntnis. Er scheint das Instrument farbiger gemacht zu haben, einzelne Nummern frischer zusammengepackt und ab und zu den Couplets einen modernen Abschluß gegeben zu haben.(Z. L. mit lylophonschlägen von 1920.) Die Lustigkeit des Vorwurfs entfalltet sich auch nicht recht. Es handelt sich um einen italienischen Herzogi der mit vielen Frauen Venedigs   herumspielt und der von einer lustigen Frau mit dcr eigenen Schwester und deren Zofe beim Maskenfest betrogen wird. Erst zum Schluß findet er die rechte. Die Nebenpersonen sind witziger als die Hauptpersonen. Die Aufführung war durch die Mitwirkung Taubers, der den Liebhaber vorzüglich sang, fest- lich gehoben. Er konnte es zu einem dreimaligen<is espv bringen, und auch Hermann Feiner al» beweglicher Leibbarbier konnte den gleichen Ersolg buchen. Von den Frauen war Hilde W ö r n e r die lustigste, während Cordy Milowitsch so hübsch sang wie sie aussah. Korngold   war nicht eben lehr sicher in der Leitung des Ganzen, schwang sich aber in dem Finale zu einer be, sonders temperamentvollen Leistung auf. Das Werk mag vorüber- gehend und zu Ehren des 1<X>. Geburtstags von Johann Strauß  ein paar Wochen lang das Haus füllen: das Urteil, das die Ge- schichte bisher gesprochen hat, wird dadurch nicht revidiert. K.S.
Not nicht nur krittsieri, sondern am Aufbau gearbeitet. Wörtkich sagt« Marx: Wie die Deutschnationolen in den Iahren ihrer Opposition das Volk belogen und betrogen haben, ist unerhört. Ist jetzt vielleicht die Note zur Kriegsschuldfrage er- lassen worden, deren Unterbleiben der Regierung Marx al» Landesverrrot angekreidet worden war?' Im übrigen betonte Marx, das Zentrum werde dafür sorgen. daß sich die Rechtsparteien nicht in dcr letzten Minute vor der Ent­scheidung um Sicherheitspakt und Eintritt in den Völker- b u n d der Verantwortung entzögen. Die Einstellung führender Mitglieder der deutfchnationaleo Beichstagssraktion zum Sicher- heilspokk bezeichnete er als staatsgefährlich. Marx schloß seine Aus» führungen mtt einem unzweideutigen und mannhaften Bekenntnis zur Weimarer Verfassung  . Volles Verständnis brachten in der Aussprache die beiden Ab» geordneten D i e tz und Erling dem Schritte Wirths entgegen. Von keiner Seite war irgendwie ein Mißtrauensontrag gegen Wirth eingebracht worden. In einer Entschließung wurde dann der Wunsch ausgesprochen, daß Dr. Wirth tunlichst bald wieder i» die Z e n t r u m s f r a k t i o n des Reichstages zurückkehre. Gleichzeitig wird aber der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die Voraussetzungen für diese Rückkehr in die R-ichstagsfraktioii ge- fördert werden, und der Erwartung Ausdruck gegeben, daß em allgemeiner Reichsparteitag einberusen wird. Am Sonntag hatte Dr. Wirth Gelegenheit, vor dem Gesamt- ssarteitag der bidischen Zentrumspartei   die Gründe für seinen Aus- tritt aus der Reichstagsfraktion oussührlich darzulegen. Er sprach sich dabei offen für die R ü ck k e h r z u r W e i m a r e r K o a l i t i o n aus und gab als Gründe für seine Haltung seine Unzufriedenheit mit der Außenpolitik und der Sozialpolitik der Reichsregierung und seine Sorg« um die republikanisch« Staatssorm an. Nach Wirth sprach Marx, der versicherte, daß die Republik   nach der Wahl Hindenburgs fester stehe denn je. Auch olle Voraussetzungen über die Wohl Hindenburgs für die Außenpolitik seien nicht in Erfüllung gegangen. Er versicherte, daß er als Parteivorsitzender unbedingt darauf bestehen werde, daß in der losen Verbindung des Zentrums mit der Regierung Luther   kein« Veränderung einttitt. Die Reichstagsfraktion. so betonte Marx, könne einen Mann wie Dr. Wirth. der zahlreiche Freunde in ihren Reihen habe, nicht entbehren. Der Parteitag machte sich dann die vom Zentralkomitee vorgelegte Entschließung zu«igen. Dr. Wirth hat am Sonntag abend dann seine schon längst be- absichtigte Reise nach Amerika   angetreten.
Ehrharüts �usbrecher-Gehilfen. Auch sie sind amnestiert. Kapitän Ehrhardt, der Ehrenmann, hat trotz steckbrieflicher Der» folgung wegen politischer und krimineller Verbrechen vom Münchencr Polizeipräsidium Auslandspässe erhalten, bei hohen und höchsten Dienststellen der Republik   ein- und ausgehen dürfen, im Auf- trag des höchsten Exekutivbeamten der bayerischen RepublikF r e i- willigenoer bände' zum Zweck des Bürgerkrieges ausheben und sühren können. Kurz und gut. mehr Freiheiten genossen als wenn er nicht steckbrieflich verfolgt wäre. Wo Ehrhardt war und was Ehrhardt tat, pfiffen die Spatzen von den Dächern, aber der Staatsanwalt fand ihn nicht. Einmal gelang es dem Untersuchungsrichter Reich-gerichtsrat Metz, Ihn in München   selbst zu fassen und nach Leipzig   zu trans  » portieren. Dort saß er im Untersuchungsgefängnis. Aber wenige Tag« vor dem Beginn der Verhandlung war Ehrhardt verschwunden. Ein mit allen Verbrechern cks arbeitendes Ausbrecher-Kollegium hatte ihn zur Flucht oerholfen. Und wie zum Hohn ließ Ehrhardt, der Meineidige, durch des trefflichen Hugenberg Druckerschwärze der Welt verkünden, wie er und mit welchen Mitteln seine Kumpan« wochenlang an dem Ausbruch gearbeitet haben. Der Oberreichsanwalt findet jeden kommunistischen   Arbeiter, der des.�iochoerrats' auch nur von fern verdächtig ist. Den aus- gebrochenen Meineids-Ehrhardt und seine Ausbrechergchilsen fand
Ein russischer Abend im Schauspielhaus. Das staatliche Schau­spielhaus eröffnet die Saison mit einem Zwiegespräch von Autoren, die die größten Gegensätze aufweisen, aber ihr Gemeinsames im Stoffe haben: Shaw und Tschechow   behandeln beide ein Stück Rußland  . Shaw wetzt seinen Witz, läßt seine ironischen Lichter auf- leuchten an der Kontrastierung der großen Katharina und ihres vollsaftigen Hofs mit der Korrektheit eines Engländer«: Tschechow  gibt imB ä r' einen burlesk gesehenen Ausschnitt aus dem russischen Prouinzlcben(der Vorkriegszeit). Beide Stück« haben keine erheb» lich« literarische Bedeutung, aber beide sind gutes Theater und stellen Schauspielern und Regisseur lockende Aufgaben. Und in beiden kommt die breite, urwüchsige, manchmal barbarische, aber auch natur- haft-geniale russische Art zum Ausdruck. Jürgen Fehling   würbe dem witzigen Shaw wie dem losgelassenen Tschechow gerecht. Shaws belustigender Geschichtsunterricht fand in Agnes Straub   vollendete Verkörperung. Sie war sprühender Geist und ungefesselt« Natur in einem und von einer entzückenden Ueberlegenhcit über den trockenen Engländer, den sie zu ihrem Geliebten machen möchte, aber seiner Verlobten zurückgibt. Der russische   Vollbluttnensch ist bei Shaw Potemkin. Ferdinand Hart  ,«in neues Mitglied des Hause», erprobte sich daran. Er spielt seine Besoffenheit, sein Rülpsen, sein Animalisches zu sehr in den Vordergrund und macht bei vielen guten Einzelarbeiten aus einer Natur ein Monstrum. Im Tschechow   feiert Jakob T i e d k e bei seinem Debüt sogleich Triumph. Er ist die geborene Vollnatur, und sein russischer Lan- junker, der ein unglaublicher Kerl und eine Seele zugleich ist, ge- winnt nicht nur mit seiner Grobheit, Rücksichtslosigkeit, Grobheit die trauernde Witwe, bei der er Schulden ihres Mannes einkassic"t, sondern bezwingt auch die Zuschauer, die gar nicht zu Atem kommen in diesem Ungewitter komischer Situationen. Zu diesem Ungeheuer, da» von Vitalität platzt, ist Lucie Mannheim  , die netteste Gcaen- spielerin: fein und zärtlich, bis sie von seiner Wildheit mit fortgerissen wird und sich alles in dem Knalleffekt eines Duells aufzulösen droht. Aber ihr Haß offenbart sich noch rechtzeitig als umgeschlagene Liebe, und befreiendes Lachen bekrönt den tollen Spektakel. r. Jrlflof Nansen traf Sonniaa vormlttnq von Berlin   kommend in Test", ein. wo er vom Professor Junker« und dessen Galt. Sven Hedin.   emvlnn icn wurde. Der dreiltilndige Ausenthalt Nansen» in Dessau   galt einem vcr- sönlichen Besuch Junker», der B-fichtigung der Flugzeuawerke und vor allem der Besprechung-schwebender internationaler LustderkehrSfraoen. Nansen setzte bieraus seine Lusttesse im Flugzeug nach Genf   zur Völker- lundsiagung fort. Earl han, Zochthaus-Erinnervngen. Im Herbst vorigen Jahre» wurde der Rechtsanwalt Dr. Carl Han nach 17 jähriger Zuchihausbaft in Freideit gesefct. Er war im Jahr- ISN? vom Schwurgericht Karlsruhe de» Morde» an seiner Schwiegermutter schuldig erkannt und zum Tode veruricitl worden. Nachdem er zu lebenslänglichem Zuchthau« beanadigt worden war, wurde ihm im vorigen Jahr die Freiheit wiedergegeben und er bot nun ieme Erinnerungen aus dem Zuchthau» geschrieben, die demnächst zur Terössentiichung gelangen. Da» Jubiläum der Petersburger Akademie. Sonnabend abend ver- anstaltete die Akademie dcr Wissenschasten in Petersburg   einen »sfiziellcn Empfang au« Anloh ihre» ZOOjährigen Jubiläums, zu dem auStändssche und russische   Gelebrte, sowie Vertreter der Sowjetregierung, Botschafter und Vertreter fremder Mächt« au« Moskau   erschienen waren. Abordnungen wissenschaftlicher und öffenllicher Anstalten tberreichteu seierliche Adressen.