Vkeastag 15. September 1925
Unterhaltung unö �Nissen
Sellage öes vorwärts
vas Soiöatenkinö. Von Haas hyaa. .Ick dhu't ja nich mehr! Ick duh't ja nich mehr! Laien Se mir doch man bloß lqs!"' schrie der Bengel und wand sich wie ein Aal in der Faust des Tchulzen, der mit seinem Gehstock unbarm- herzig drauf losschlug. .Du Natter, Di wer'k lehren. Fü'r onmalenl* Der ungewöhnlich große und schwere Mann rang nach Atem, als er jetzt den Jungen, der immerfort heulte, wie ein Bund Flicken beiseite warf. Indem kam aus dem Garten, der hinter den Ställen lag, ein Weib hergelaufen. Eine Frau mit nackten Füßen, die unter dem wulstig aufgeschürzten Rock schmutzig heroorsahen: wähernd sie rannte kam ein wütendes Kreischen aus ihrem schiefstehenden Munde; die blaue Kopfkoppe, die die Bauernweiber als Hut tragen, hatte sich verschoben und das schüttere, von der Sonn« gebleicht« Haar kam darunter zum Borschein. Die Frau, die im Dorfe nur»Tin- chen* genannt wurde, war taubstumm und schwachsinnig, und es gab wohl einen Knecht, der ihr zu nahe gekommen wäre. Aber vor Iahren war sie den Soldaten im Manöver in die Hände gefallen. Und die hatten sich, gleich eine ganze Rotte, weder an ihren Schwach- sinn noch an die Taubstummheit der armen Person gekehrt. So hieß der Junge, der später im Armenhaus geboren wurde, mit Recht das Soldatenkind. Tinchen fuhr auf den Schulze« los, daß der unwillkürlich den Arm vorhielt. Und der Man» konnte lange Zeit nichts tun, als dem wütenden Gebelfer, das aus dem schiefen Mund« mit den gelben Zähnen kam. schweigend standzuhalten. Er zeigte nur immer wieder auf die kleine Brontiftell«, zwischen dem Hühnerstall und dem großen Misthaufen aus br.- noch gelblichgrauer Qualm hervorschwclte. Und seltsam, mit einer erstaunlichen Kunstfertigkeit hatte der kleine Missetäter aus Stöcken. Tannenreis, Brettstückchen und Stroh ein richtiges Bauernhäuschen aufgebaut, um es dann in Brand zu • stecken. Daß er damit die Stallgebäude, die zum Teil noch mit Schindeln gedeckt waren, und das ganze Gehöft in die größte Ge- , fahr brachte, daran daeK« der eben achtjährige, für seine Jahre ab- norm kräftig« Junge wohl gar nicht. Aber wo war er denn? Der Gemeindevorsteher sah sich nach ihm um, und seine Mutter stieß den unartikulierten rasielnden Ton au», der soviel wie.Karl" bedeuten sollte. Doch Karlchen kam nicht. Der saß oben auf dem Heuboden, toi« ein Iltis versteckt und spähte aus der Luke nach den beiden hinab, die nun gemeinsam das angebrannt« Häuschen besahen. .Er muß weg!" sagte der Bauer recht laut und die Worte so formend, daß die Taubstumm« sie ihm vom Munde ablesen konnte, .ick hew mi schon akunnigt, da i» sonne Anstalt, wo so unjeratene Kfnners aßogen wärn. Dat is bei Berlin un ick schrieb« hüt noch an't Landratsamt, dat he wech möt!" Di« Frau hatte nur dos eine oerstanden, daß sie ihr Kind hergeben sollt«. Und das warf sie, wie ein schwer auf ihren wirren Kopf geführter Schlag, nieder: sie siel auf die Knie und rang in stammelnder Bitte die Hände und flehte schluchzend und heulend um Gnade für ihr Kind. Der Bauer besaß, wie die meisten dieser Riesenmenschen, ein weiches Herz, er wollte schon sein« Drohung zurücknehmen und die Arme trösten, al» sein Aug« von ungefähr nach dem Heuboden hin- aufflog, wo sich gerade in diesem Moment der rote Kopf de» Jungen mit verschmitztem Grinsen verbarg. .Nee," sagte der Bauer, �>e möt weg! Un dat bald«! Hei stecht mi fünft noch dat Hu« öwer'n Kopp an!" Und von dem laut weinenden Tinchen begleitet, ging er hin- über in da« stattliche Wohnhaus, über desien Dach die drei mächti- gen Linden, die auf dem Dorfplatz standen, ihr« ragenden Kronen breiteten.... Drin sagte der Schulz« der Taubstummen, daß er e» für diesmal noch hingehen lassen wollte! Aber sie sollte ja aufpaffen wen» der Junge noch einmal mit Feuer spielte, dann könnte er nicht ander«, al, ihn in eine Erziehungsonstalt bringen! Der Karl Dörbrandt saß oben im Heustall und dachte nach... Das tat er oft und stundenlang, bis sein Kopf im Nebel der Müdigkeit hinsank auf da» duftende Heu. Dann schlief da» Kind, und es kam vor. daß er, der immer Hungrige, über zwei Essens- zelten fortfchlief, bis ihn fein« taubstumm« Mutter mit heiserem Grölen suchte, um ihn. wenn er endlich zum Dorschein kam. wie eine Tolle abzusüffen. Der Karl hatte feste, weiße Zähne und starke, gerade Knochen: seinem Körper hatte die Entartung nichts anhaben können. Aber über feinen Kopf wundert« sich der Jung« manchmal selber.... Er sah oft in der tiefften Finsternis helle, chlendende Lichter auf- zucken und während er sich am Tag« vor nichts so leicht ängstigte machte ihm die Dunkelheit Angst. Denn seine Mutter oder wer sonst immer Feuer mochte auf dem Herd, dann wich der Junge nicht von der Stelle und in seinen Augen deren Pupillen sich maff- los erweiterten, lodert« die Freud «, wie der Widerschein der Herdglut.... Der Karl dachte darüber nach, daß ihn der Lauer fortbringen wollte von hier.... Daß er fort sollte, war ihm ganz recht: wo anders hin hatte er schon lange gewollt und auch daran gedacht, fortzulaufen. Seine Seele hing weder hier noch sonstwo an einem Menschen, seine Mutter hatte er nicht lieber wie die Bäuerin: im Gegenteil, des Schulzen Weib war noch jung und ein« schöne, rot- wangjge Frau, und sie lachte oft und gab ihm manchmal Milch, die er gern trank.... Aber in die Anstalt, da hinein wollte er nicht!... Das war, wie er sich's vorstellte so«in großer grauer Kasten, ganz dunkel und lauter kleine, enge Löcher ohne Licht: wo einer war, der die Kinder fortwährend schlug... nein, da wollte er nicht rein!... Der Bauer hatte es zwar schon öfter gesagt, daß er de« Karl hinbringen wollte, aber einmal tat er's doch! Und da» Feueranmachen sein lassen, das brachte er ja doch nicht fertig! Karl Dörbrandt lachte hell auf:.der Junge", das war er! Haha! Feuer anmachen war schön! Schöner als alles andere! Aber mal tat's der Bauer doch und brachte ihn fort! Bielleicht worgen oder schon heute.... Er faßte in die kleine Tasche seiner Leinenhos«... da steckte die Streichholzschachtel... wenn es hier brannte, dann hatte der Bauer mehr zu tun, als ihn wegbringen.... Dann sah der Junge auf den Hof hinab: ein« kleine graue Kotze spielte dort mit einer weißen die hatte Karl beide lieb, Katzen überhaupt, weil die klettern konnten, und kratzten, wenn man ihnen was tat... ihn hatte auch mal eine gekratzt, aber nicht sehr... bloß ein bißchen. Und vielleicht brachte ihn der Bauer heute noch hin... heute noch?... Ja, er wollte sowieso wegfahren. Bormittag hatte der Heinrich das Rad geputzt, mit dem der Bauer immer nach der Bahnstation fuhr... über mit auf» Rad konnte er doch nicht?— Na, dann wurden eben die Pferde angespannt, wa'n ja genug da!,,,
Karl hatte die Streichhölzer in der Hand.... Die das hier brennen mußte! Wie schön hell! Er wollte dann gleich die Ställe aufmachen, damit das Bieh raustonnte.... Ein leiser, knisternder Ton... ein Flämmchen... wie gebannt starrte das Kind in das rasch aufflackernde Feuer... wie helle, rote Schlangen kroch es hinein in den Boden. Das Heu glühte erst, die ihm noch innewohnende Feuchtigkeit hiell der Flamme Wider- part, aber der rote Hahn flattert« immer weiter... und zu der Luke hinaus zogen die ersten Rauchschwaden.... Das Kind, dessen Blicke, wie von einer teuflischen Gewalt gebannt, an den züngelnden, lichtspendenden Flammen hingen, ver- suchte jetzt instinktiv zurückzuweichen. Aber es fand den Weg nicht mehr zwischen den glimmenden Heumassen hindurch... Es fing an zu weinen, seine Haare sengten, die Auge« taten ihm weg von dem beizenden Qualm und jetzt schrie es hell auf: die erste Flamme hatte ihn ins Fleisch gebissen.... Ein Knecht kam über den Hof... die breite Bauernnas« hob sich witternd... Dal er sah den Qualmt... Es schrie einer.,. Und nun auch er:.Feuer!!" Und»Feuer! Feuer!" gellte«» über den Hof, durch» Hans, den Garten hinab bis zum See, wo die Männer, die Frauen ihre
Herbstmanöver.
»Parade ohne S. M. is Trauerparade. Einzige Mission, die Reichswehr hat. is. un» Agrariern schlechte Kavallerie- pferde zn juteu Preisen abzunehmen!"
Arbeit hinwarfen und wie besessen auf den Hof rannten, hin zur Brandstelle. Auf dem Land« kann ein fortgeworfenes Streichholz den Unter- gang eines ganzen Dorfes bedeuten, da kommt olles darauf an, wie der Wind steht.... Und der Wind stand gegen das Dorf hin. ... Hu, wie blies da das Feuerhorn seine dumpfen Hilferufe, wie rasselten die Spritzen heran und wie hals ein jeglicher bei dem schwierigen Werk des Löschens.... Das Bieh konnte man noch retten, bis auf ein paar Hammel, die immer wieder in die Flammen hineinliefen.... Aber der Heustall stürzte ein und auch die vecht»- liegende Scheune brannte hell auf.... Und mit einemmal kam ein Weib,«in heulendes, brüllendes, wülendes Frauenzimmer daher. Das durchbrach die Menschen- menge mit Riesenkräften und vier Männer hatten zu wn. die Rasende zu bändigen. Zwischen die glühenden Balken hinein wollte sie, um ihr Kind zu retten, ihren Jungen, dessen verkohlte Gebeine am anderen Tage zwischen den rauchenden Trümmern gefunden wurden.
?m slawischen Süden. Reisebriefe von Hermann Wendel . 2. Bosnien und Herzegowina . Der sich zum erstenmal von der Küste der Adria losreiht, um sich in Cruz(Graoosa), dem Hasen Dubrovniks(Ragusas), dem ms Londesinnere strebenden Zug anzuvertrauen, dem krampst sich das Herz zusammen. Anfangs grüßt noch die unendlich schimmernde Fläche des Meeres zum Abschied hinüber, und die sanften Reize des Omblatals scheinen zu rufen: Bleib hier! Bleib hier! Aber schnell wird der schmale Streijen. der längs der ganzen Küste Dalmotien heißt, überwunden, und wie von eines bösen Zauberers Hauch ist Lieblichkeit und Fruchtbarkeit zerstoben. Die Herzegowina ist Stein unter Steinen. Wenn sich der Zug schneckenhaft langsam in Win. düngen und Serpentinen zu unwahrscheinlichen Höhen empor- geschraubt hat, stockt schier der Puls vor der erdrückenden Wucht der auf- und durcheinandergetürmten Felsmassen. Spitzen, Schroffen. Wände, Schluchten und Karst, alles ohne Baum, ohne Strauch, ohne Halm, und wie prallen von diesem nackten Fels die Glutpfsile einer südlichen Sonne zurück! Breitet sich einmal stundenweit neben dem Zug ein fruchtbarer Kessel aus, so ist es eine seltene Naturerscheinung. das Popooo Polje oder Pfaffenfeld: in und nach der Regenzeit ist es ein einziger riesiger See, der aus unterirdischen Karstgewässern ge- speist wird, und auf dem Kähne fahren und Netze ausgeworfen werden: dann verläuft sich die Flut, sickert ein, trocknet aus, und der Bauer erntet in Fülle Mais und Tabak, wo er bald wieder, in einen Fischer oerwandelt, Barsche und Aale fangen wird. Gedeiht in der Herzegowina die Feige und der Granatapfel, so verliert in ihrem nördlichen Teil und erst recht in Bosnien die Pflanzenwelt ihr fremdartig südliches Gepräge. Auch hier ragen die Gebirge schwindelhoch in die Wolken, auch hier keucht der Zug, von einer Lokomotive gezogen, von einer geschoben, an steilen Ab- gründen dahin, aber die Berge sind heimatlich grün von Laubwald, und fast mit Rührung entdeckt man die schlichte Schafgarbe über eine langentbehrte wirkliche Wiese verstreut. Doch auch was der Mensch au» dem Seinen zur Natur gefügt hat, hält den Beschauer in Lltem. Unvergeßlich die Sichouetre M o st a r s, der weißen Stadt mit dem kühnen Bogen der Römer- brücke und den schlanken Gebetstürmen ihrer mohammedanischen Gotteshäuser, auf Klippen gepflanzt, durch die sich das eisklare und eiskalte Wasser der Neretva (Narento) meerwärts drängt:»nvergeß- licher der Anblick Sarajewos von einer der die Stadt eitt. schließenden Höhen: unten im Glast de» frühen Spätsommerabends breitet sich die große Menschensiedlung aus, die Minaretts ihrer hundert Moscheen heben sich nadelfein vom umschleierten Himmel ab� die berühmteste weithin in der islamischen Well, die Gazi Husref
Begova, im 16. Jahrhundert prächttg erbaut, wölbt ihre majestätisch« Kuppel hinan. Durch die Häusermass« ist da» silbern« Band der Miljatzka gezogen, gewallige Kasernen und moderne Verwaliungs- gebäud« neben dem Gähchengewirr des an Tausend und«ine Nacht gemahnenden Basars künden vom Untergang de« Morgenlandes. rechts und links der Straße torkeln die schiefen Grabsteine moham- medanischer Friedhöfe durcheinander, in krausen Buchstaben Koran - sprüche aus ihrer Borderfläche, und an den Hängen hocken, de« schwarzen Gesichtsschleier herabgezogen. Muselmaninnen wie fremd- arttge Riesenvögel und genießen der Ruhe. Denn von der Türkcnflut, die einst über ganz Südosteuropa hin- fegte, blieb in Bosnien und der Herzegowina lebendigst« Gegenwart zurück; ein Drittel der Bevölkerung hängt der Lehre des Propheten an, trägt Fes oder Turban, hört auf den täglich fünfmal ertönenden Gebetsruf des Muezzin und neigt sich in der Richtung gegen Mekka . Aber deshalb von Türken zu reden, heißt groben Irrtum nähren. Die bosnischen und herzegowinischen Muselmanen sind so wenig Türken, wie die deutschen Katholiken Römer; nach Blut und Sprache unterscheiden sie sich in nichts von den Serbokroaten orthodoxen und katholischen Bekenntnisses, die, soweit sie Dörfler sind, auch durch farbige Trachten und ehrwürdig« Bräuche zu der Buntheit dieser Menschenwelt beittagen: national ist, die rund 20 000 zum Teil vor. zum Teil erst nach der Okkupation eingewanderten deutschen Siedler ausgenommen, die Bevölkerung durchaus eindeutig und einhellig. da auch die namentlich in Sarajewo zahlreichen Sephardimjudsn «rbokroattsches Bewußtsein hegen und pflegen. Aber durch die Per- chiedenheit der Bekenntnisse und Ueberlieferungen ist eine Mannig- älligkeit der kulturellen Aüsdrucksformen aufgeblüht, wie sie sich in gleich anregender Mischung nirgends im ganzen Land, vielleicht nirgends in unserem Erdteil findet. Wollt ihr den Orient in Europa sehen? Geht nach Bosnien ! Wollt ihr die Wirkung Europas auf den Orient belauschen? Auf nach Bosnien ! Da vor einem halben Jahrhundert der Halbmond noch über dies« Lande gebot, wird den habsburgischen Sachwaltern, die das türkische Erb« in verlottertem Zustande übernahmen, leicht allzu großer Verdienst um ihre zivilisatorische Hebung zugeschrieben. Der Augenschein spricht allerdings für sie. Straßen, Eisenbahnen, Hotels — alles stammt von den Oesterreichern, aber gebaut wurde das alles aus rein militärischen Gründen, wie die vielen Kasernen auch. Was eine wirtlich kulturelle Großtat gewesen wäre, und was man in der Zeit des Berliner Kongiesses auch männiglich von ihnen erwartete, die Verwandlung des geschundenen und geplagten Pachtboirern in einen freien Eigner, das haben die Oesterreicher gründlich unterlassen. An das mittelalterliche Kmetensystem mit seiner Erntedritteläbgab« wagte der habsburgische Herrenstaat nicht die Axt zu legen, weil er die Herrenkaste der Begs nicht vor den Kopf stoßen wollte, und weil er auch in seinen Kernprovinzen auf«ine Handvoll feudaler Großgrundbesitzer mehr gab, als auf Millionen von Landproletariern. Die ungelöste Kmetenfrage, von der Mittel- und Westeuropa wenig wußte, war das eigentlich fressende Geschwür am Leibe Bosniens , und da Wien und Budapest auch sonst das Land wie ein Kolonial- gebiet ausbeuteten, drängt sich dir an einer Stelle dieser Stadt, unweit der früheren Lateinerbrücke, an der Ecke der jetzt nach dem König Petar heißenden Straße allerhand Nachdenkliches auf: hier stoppte an jenem 28. Juni 1914, iehlgefahren, dos Auto Franz Ferdinands , um zu kehren, und hier stand der junge Fanatiker Gavrilo Princip und hob den Browning.... Ward die Kmetenfraae bei Gründung des Südflawenftnotes durch einen revolutionären Federstrich gelöst, wenn auch noch manches nachschleppt, so ist die Arbeiterfrage nicht nur durch den in den Staatsgruben drohenden Streik auf die Tagesordnung gesetzt. Da sich auf dem Forstreichtum Bosniens , das nach Finnland das be- waldetft« Gebiet Europas ist, eine entfaltete Holzindustrie aufbaut, nnd Kohlen- und Eisenbergwerke in rührigem Betrieb sind, regte schon vor 1914 der Sozialismus seine Schwingen. Krieg und Kriegs- folgen verschütteten verheißungsvolle Anfänge, und der Kommunis- mus, dessen Heilslehre den unoufgettärten Massen selbst der moham- medanischen Arbeiter wie Oel und Honig einging, leistete ein Uebriges an Zerstörung. Jetzt leuchtet den bosnischen Sozialdemokraten wieder frohere Hoffnung aus den Augen. Die Gewerkschaften, die die Jünger Moskaus nach der Unterdrückung der Kommunistischen Rgrtei schufen, stehen vor ihrer Verschmelzung mit den auf die 2. Inter- nationale schauenden Fachverbänden, und auch der Ausgleich zwischen P a s ch l t s ch und R a d i t s ch macht durch Beseitigung de» unseligen Stammeskampses den Boden für den Klassenkampf frei. Erscheint bis heute da? Vaneiblatt„Glas Slobode"(„Stimme der Freiheit") nur wöchentlich in einer Auflage von sicher nicht mehr als 3000 Exemplaren, so werden wir ohne Zweifel bald hören, daß es in Bosnien mit der modernen Arbeiterbewegung abermals auf- wöris geht.__ Die„Cinfcl ües Schreckens�. Im Golf von Kalifornien liegt die Insel Tiburon, die von Mexiko nur durch eine schmale Meerenge getrennt ist. Die „Radium-Insel" oder die„Insel des Schreckens" hat man sie ge- nannt. und beides mit guten Gründen. Tiburon besitzt gewaltige Lager von Pechblende, die ein« Radium-Ausbeutung ohnegleichen ermöglichen würden, wenn man nur ungehindert zu ihnen Zutritt hätte, Oft hat man versucht, die Radium-Jnsel zu betreten, aber noch jeder Europäer hat dies Unter- fangen mit dem Tode büßen müssen. Denn auf Tiburon haust ein wilder, unbekannter Indianerstomm, der jedem Fremdling, der in sein Reich einzudringen versucht, einen garstigen Empfang be- reitet. Sie schießen mit vergifteten Pfeilen, die dem Getroffenen einen qualvollen Tod sichern. Nehmen sie aber den Zkühnen ge- fangen, so muß er erwarten, auf die grausamste Weise hinge- schlachtet zu werden. Man sollte es kaum für möglich halten, daß, obwohl die Insel doch in unmittelbarer Nähe zivilisierter Staaten liegt, solche Zustände heute noch möglich sind. Die Versuch«, di« geheimnis- und gefahrvolle Insel, die auch heute noch im vollen Sinne des Wortes wissenschaftliches Neuland darstellt, zu erforschen. gehen etwa auf da» Jahr 1879 zurück. Eine amerikanische For- fchungsexpedition war damals, obwohl sie bei der Landung an der Küste der Insel von den feindlichen Indionern mit einem Hagel ihrer furchtbaren Giftgeschosse überschüttet wurde, ins Innere der Insel vorgedrungen, um die reichen Bodenschätze zu erforschen und, wenn möglich, zu heben. Zurückgekommen ist sie nicht mehr, nie- mals hat man wieder das geringste van einem ihrer Dfitglieder gesehen oder gehört. Demselben unglücklichen Schicksal oerfiel im Jahre 1904 Professor Millies mit. seiner Expedition, die die Pech- blendevorräte der Insel zum Gegenstande ihrer Untersuchungen machen wollte. Jede Spur von dem Professor und seinem Mit- arbeiter verlor sich, bis man später an der Küste Tiburons ein« entsetzliche Bestätigung ihres Geschickes fand: abgeschnittene Hände und einen photographischen Apparat. So hat man es vorläufig aufgegeben, die totbringendc Insal der Wissenschaft und der Kultur zu erschließen, eine Tatsache, die im Jahre 1925 kaum mehr begreiflich erscheint. welches ist der schnellste Wandervogel? Die Rätsel des Dogel- zuges werden allmählich gelöst. So wie man früher die Höh«, in der die Dögel fortfliegen oder zurückkehren, viel zu hoch annahm. so hat es sich herausgestellt, daß die Schnelligkeit bei weitem nicht so groß ist. wie man vielfach vermutete. Gätke hatte noch in seinem Werk über die Logelwarle Helgoland behauptet, da» kleine Blau» kehlchen fliege in einer Nacht von Aegypten bi« Helgoland : es müßt« also in einer Sekunde 71,5 Meter zurücklegen. Die von der Bogel - warte Rossttten angestellten methodischen Versuche haben jetzt aber gezeigt, daß die größte Geschwindigkeit des Wanderfluges mit 20,6 Meter in der Sekunde angenommen werden muß. und zwar ist es der Star, der diese Leistung zu verzeichnen hat.