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Irettag IS. September 1925

Unterhaltung unö ÄNissen

Vellage öes vorwärts

Gehängt unö heilig gesprochen. Zur vierhundertjahrfeier des heukerkodes von Alaihias Weibcl. Von Hermann Schützinger. Vor 400 Jahren, am 7. September 1S23, wurde der Vikar Mathias W e i b e l, der Führer der Bauernrevolte gegen den Fürstabt von Kempten , alsErzketzer des Algäus" vor den Toren der Stadt Kempten gehängt. Er starb am Galgen auf der Iller - wiese bei Kempten weiß Gott nicht, seinesevangelischen Glau- Kens" wegen: diese Marotte hätten ihm die adligen Chorherren mit ihren einträglichen Pfarrpfründen recht gern verziehen, sondern weil er es gewagt hatte, die soziale Revolution gegen diegeistlichen Schinder des Volkes" in dein ausgepowerten Bauernvolk des Algäus zu entzjhiden. Und da versteht die herrschende Schicht keinen Spaß. Das ist zu allen Zeiten, im Altertum, im Mittelalter und in der Neuzeit so gewesen. Mathias Weibel war ein guter Freund und Kamerad meiner Jugendzeit. Im Pfarrhof neben der evangelischen Pfarr- kirche war der gehenkte Vikar und Bauernsohn ein fast alltäglicher Gast. Er sah aus dem halben Dutzend von Stahlstichen und Oel- gemälden auf uns herunter und der junge P f a.r r e r, der Enkel eines Rieser Bauern und der Schwiegersohn eines freien Schweizer Bürgers aus Burgdorf bei Bern , sprach mindestens jede Woche einmal von dem mit Schimpf und Schande aufgeknüpften Revo- lutionär. Wenn wir vom Gymnasium heimgingen, an der prunkvollen L o r e n z k i r ch e der einstigen F ü r st ä b t e vorbei, dann erzählte mir der Pfarrer mit einer trotzigen Verbissenheit vom Schicksal desBauernvik ars" und von seinem frühen Tod. Und in dem Bauernblut, das in uns, den Enkeln zweier Bauernhöfe im Ries, damals noch lebendig war, zitterte die Erregung über den durch den Klerus legalisierten Mord. Matthias Weibcl ist nach den Forschungen des Kemptener Dekans Erhard(Märtyrerbilder aus der evangelischen Kirche, Heft 5) als Sohn frommer Bauersleute geboren. Er studierte auf Kosten des Fürstabtes, der den talentierten Bauernjungen entdeckt hatte, in Wien und wurde Pfarrvikar an der Kemptener Klosterkirche St. Lorenz . Dort sticht der junge Feuerkopf Mathias Weibel die Eiterbeule der korrupten, durch und durch verlumpten Pfarrpfründenwirtschaft der wegen ihrer Brutalität gegen die Bergbauern des Algäus berühmten Abtei auf. Bei der nächsten Abtwahl hält er dem feierlich ver- sammelten Klosterkapitel eineFestpredigt", daß den wohlgenährten, adligen Chorherren Hören und Sehen vergeht und der Bruder des Abtes auf den wagemutigen Pastor mit gezücktem Degen losspringt, um ihn auf der Stelle zu erschlagen. Seitdem ist Mathias Weibel gerichtet. Der Degenstich eines veritablen Adligen aber scheint der Clique um den Fürstabt ein viel zu vornehmer Tod für so einen Proleten zu sein, und so macht man sich langsam an die Arbeit. Gottes Mühlen mahlen langsam und schlucken viel Zeit und Geld. Schließlich ist es aber doch so weit. Die Bauernrevolte Mathias Weibels scheiterte, weil sie auf die Abtei von Kempten beschränkt blieb und auf der einen Seit« der Herzog von Bayern , auf der anderen derSchwäbische Bund " mit ihren Landknechtsheerenreinen Tisch" machten, und so wurde der Erzketzer des Algäus" ergriffen und kurzerhand wie ein Strauchdieb gehängt. Die Er r e g u n g über die blutige Niederschlagung des Kemptener Bauernaufstandes und den schimpflichen Tod Mathias Weibels zitterte noch Jahrhunderte lang in der Bauernschaft des Algäus nach. Die Bauern wurdenkatholisch gemacht" wie in Niederbayern und in Oberösterreich : ein Bertrauensverhhltnis aber konnte zwischen den Sllgäuern und der höheren und mittleren Geist- lichteit nicht mehr Fuß fassen in den Herzen der freiheitsliebenden, von der nahen Schweiz infizierten" Bergbauern bis auf den heutigen Tag. So wählte man im Algäu bis kurz vor dem Krieg selbst auf dem flachen Land nicht ultramontan, sondern trotz alles Gekeifes der Bischöfe und des Münchener Kardinals freisinnig oder liberal. Selbst die Sozialdemokratie konnte dort zu Zeiten leichter Fuß fassen wie die Zentrumspartei . Auch in unserem Pfarrhaus in Kempten lebte noch ein Ueberrest von dem alten Bauerntrotz, ein stolzer Herrengeist, der sich vor keinem König und Kaiser und vor keinem Konsistorialrat beugte. Im Bücherschrank standen, von uns Pennälern wie Bomben und Flotter-

minen bestaunt: Mar�r, Engels, Bebel und Laisalle. Und wehe, wenn unser Pfarrer an Königsgeburtstag die Festpredigt hatte und das Offizierkorps und die Beamtenschaft wehrlos in den Chorstühlen da unten saß dann wetterte er über den Dünkel der herrschenden Klasse, daß die Regierungsräte schiefe Mäuler zogen und die Offiziere kochten vor Wut. Nun meldet die Tagespresse, daß am 5. und 6. September in Kempten alsV i e r h u n d e r t j a h r f e i e r der Reformation" ein Mathias-Weibel-Fest stattgefunden hat, unter meines Pfar» rers Leitung und Protektorat: kein Wort von dem Revolutionär, kein Wort von dem Führer der Bauern, kein Wort vom Luderleben des

Retterinnenperspektive.

.Ich lese hier gerade das Work.5icherheilspatt". Sag mal. Amalia. wir sollleu uns schon wegen der vielen Dach- swhlbrände etwas höher gegen Feuer versichern lassen."

Fürstabts von Kempten und seiner verlumpten Chorherren, kein Wort von dem Gehenkten sondern nur von demMärtyrer" der Reformation. Schwarzweißrote Fahnen in den Straßen und in der Festhalle öliger Schwatz: Sorgt für reichen Kindernachwuchs gebt uns einen Nachschub von Predigern geht Sonntags fleißig in die Kirche und bleibt treue Untertanen und brave Bürger ein Schleim voller Flachheit und Sermlität. Mein Pfarrer und Revoluzzer vor 20 Jahren ist wohl auch unter- dessen ein behäbiger und satter Bürger geworden. Ich weiß es nicht. In seinem Buch über Mathias Weibel beschrieb er seinerzeit die Szene, wie ein Kempten « Bürger in der Nacht zu dem Gehenkten hinausgeschlichen war, um die Maden von der Hand des Toten zu nehmen, als letzten Liebesdienst. Wird dem toten Vikar nicht mehr viel geholfen haben. Ebenso wenig wie die Heiligsprechung durch denEvangelischen Bund"! Und doch hat diese Licbestat einen Sinn: Schüttelt diese schleimigen Maden weg vom Leib eines Man- nes, der für das schaffende Bolk gestorben ist, vom Bauern- sührer Mathias Werbel, vom Revolutionär!

Vögel als Untermieter. Der Untermieter, diese durch die Wohnungsnöte der Nachkriegs« jähre so weit verbreitete Menschengattung, erfreut sich zweifellos keiner großen Beliebtheit und das Verhältnis zwischen dem Per- mieter und ihm ist in den meisten Fällen kein sehr harmonisches. Anders in der Vogelwelt, in der diese Einrichtung durchaus ver- breitet ist. Hier entwickelt sich zwischen den innig zusammenhausen. den und ihre Brut aufziehenden Vögeln verschiedener Gattungen, ja, auch zwischen Vögeln und Säugetieren oft ein sehr vertrautes Freund- schaftsverhältnis, von dem Oliver G. Pike, der bekannte englische Schilderer des Dogellebens, reizvolle Beobachtungen mitteilt. Es ereignet sich gar nicht selten, daß Sperlinge in die Nistplätze von Krähen hinein ihr Nest bauen und von den größeren Vögeln gern geduldet werden. Auch zwischen einem Elsterpärchen und einer Reiherfamilie besteht bisweilen eine Wohnungsgemeinschaft, bei der der breite flache Boden des Reiherbaues ein sicheres Heim für das Elsternheim bietet. Sehr idyllisch gestaltete sich auch in einem Falle das Zusammenhausen des Königs der Vögel mit dem Zaunkönig. Ein großer Adler hatte seinen Horst entgegen der Gewohnheit dieser Tiere nicht auf einer unzugänglichen Bergspitzz gebaut, sondern in der Nähe eines Flusses. In dieses Nest, in dem er seine heranwach- sende Brut aufzog, fand sich freundlich eingebaut und ebenfalls von einer Kinderschar bewohnt die Heimstätte eines Zaunkönigpärchens. Für den in manchen Gebieten sehr verbreiteten gefleckten Fliegen- fänger gehört es überhaupt zu den gewohnten Bauregeln, sein Nest in das eines größeren Vogels, besonders der Amseln, einzubauen. Eine seltsame Freundschaft durch gemeinsames Wohnen hatte sich auch zwischen einer Brandente und einem Kaninchen entwickelt, die innerhalb derselben, ursprünglich dem Kaninchen gehörigen Höhle hauste. Noch wun!>«barer war die Freundschaft, die sich zwischen einer nachbarlich vertraut nistenden Ente mit einem Fuchs ent, wickelte. Unbelästigt von dem Appetit des Fuchses gelang es ihr, ihre acht Eier auszubrüten und die Jungen wohlbehalten aus dem Nest zum Mass« zu geleiten. Auch Raubvögel werden selten kleinere Vögel, die ihnen benachbart hausen, angreifen. So tonnte eine Lerche unbehelligt von dem benachbarten Falkenpaar ihre Brut aufziehen. Ebenso sellsam mutet das friedliche Zusammenleben von Füchsen und Kaninchen an, die Tür an Tür ihre Kinderstube bauen. Unbelästigt von den Füchsen kann die Kaninchenmutter ihren Jungen die Nahrung zutragen, während die jungen Füchse unter den Kanin- chen sich ihre Spielgefährten wählen. Ja, es kommt sogar vor, daß Kaninchen und Füchse zusammen in ein und demselben Bau ihre Wohnstätte aufschlagen, ohne daß der Schwächere fürchten muß, eine Beute des Stärkeren zu werden.

Unzerbrechliches Glas. Plinius berichtet, daß Kaiser Tiberius die Werkstatt eines Mannes zerstören ließ, der ein unzerbrechliches Glas erfunden zu haben behauptete. Tiberius fürchtete, daß solches Glas den Wert der Metalle ungünstig beeinflussen könne. Noch andere Ueberlieferungen aus dem Altertum lassen darauf schließen, daß schon damals unzerbrechliches Glas bekannt war. Neuerdings begann man gegen Eftde des neunzehnten Jahrhunderts, sich mit der Erzeugung vonHartglas" zu befassen. Als erster fabrizierte der Chemiker de la Basti« Hartglas dadurch, daß er glühendes Glos langsam in Oel oder Harz abkühlte. Andere Hartglassorten stellte man dadurch her, daß man mehrere Glasplatten von verschiedenen Ausdehnungskoeffizienten aufeinander legte, miteinander verschmolz und in noch glühendem Zustande aufeinander walzte. So entsteht das sogenannteVerbundglas". Die Technik wird übrigens in der Herstellung desKompensationspendcls" bereits seit langem ange- wandt: ein solches Pendel, das nach Möglichkeit bei jeder Temperatur die gleiche Länge behalten soll,, desteht aus mehreren Lagejjjwon Metall, bei denen die Ausdehnung des einen die des andereMauf- hebt(kompensiert). Das neueste auf diesem Gebiete ist dasQuarz- glas", und zwar das aus Bergkristall gewonnene vollkommen durch- sichtige und auch für ultraviolette Strahlen durchlässige, und das aus Kiesel hergestellte undurchsichtige Quarzglas, das dem Milchglas ähnelt. Die Bruchfestigkeit des Quarzglases ist drei- bis zwölfmal so groß wie bei gewöhnlichem Glas. Diese Festigkeit und seine Unemvfindlichkeit gegen raschen Wechsel von Temperaturen geben dem Quarzglas eine außerordentliche technische Bedeutung, haben andererseits aber den hartnäckigen Widerstand der Glasindustrie wachgerufen, die ihre Absatzmöglichkeiten durch das neue Hartglas bedroht fühlt.

Der Hochverräter. Ks Erinnerungen aus schweren Tagen. Von Adolph Hoffmann . Der Herr Kommissar betrachtete mich auf meine Worte, hier müsse ein Irrtum vorliegen, sehr interessiert und sagte in einem Tone, von dem ich heute noch nicht recht weiß, war es Schodenfreude oder Drohung, vielleicht eine Mischung von beiden:Na wort man, wir sprechen uns morgen früh," klingelte und sagte dem eintretenden Gefängniswärter:Abführen, sichern." Hinter ging's. Treppauf, treppab. Finstere, enge und schmutzige Gänge entlang. Der Schließer voraus. Zwei Transporteure hinterher. Ich weiß nicht, wieviele Türen vor mir auf und hinter mir geschlossen wurden. Ich hatte zum ersten Male im Leben das Gefühl, ein wertvoller Schatz zu sein, der besonders verwahrt wird. Endlich wurde noch eine schwere eisenbcschlagene Tür geöffnet, und ich glaubte schon, in mein neues Logis zu kommen, sah mich aber einem anderen Schließer gegenüber, und als der zur Seite trat, stand ich in einem langen, schlecht beleuchteten Korridor, dessen Wände, Decke und Fußboden von gänzlich undefinierbarer Farbe waren. An der rechten Seite sah man Tür an Tür, also die Zellen. An der linken Wand eine An Schweinetröge, nur etwas höher. Am anderen Morgen nahm ich davon Kenntnis, daß es Waschbecken sein sollten. Der Schließer erhielt von dem Transportierenden ein Schrift- stück mit den Worten:Na, ich bringe Ihnen was ganz Besonderes." Die Tür schlug hinter mir zu, und ich war mit meinem neuen Herbergsvater allein. Er las erst das Schriftstück, sah mich neugierig an und fragte:Was haben wir denn ausgefressen?" Ich dachte es von Ihnen zu erfahren," antwortete ich,, auf das Schriftstück weisend.Do steht nichts weiter drin als H o ch v e r r o t und für mich die Anweisung besonderer Vorsicht. Das erstere werden Sie schon bei Ihrer Festnahine erfahren hoben, und was das zweite anbetrifft, so werden Sie vernünftig sein und mir keine Schwierigkeiten machen. Denn es tote mir leid, wenn ich meinen Borschriften entsprechend fühlbare Sicherungsmittel anwenden müßte." Und ehe ich antworten konnte, setzte er jovial hinzu: Familie haben Sie doch nicht?" Doch, mir ist vor drei Tagen der dritte Junge geboren, und ich bin vom Wochenbett meiner Frau geholt, ohne eine Ahnung zu hoben, warum." Na hören Sie mal," erklärte der Schließer ironisch.Ich habe piex zwar lauter Unschuldige, und wenn sich mal ein wirklich

Schuldiger dazwischen verlaufen sollte, mühte ich sofort seine Ent- fernung beantragen, damit er nicht die anderen verdirbt. Aber wenn es wirklich so wäre, wie Sie sagen, ist es scheußlich, besonders für das arme Weib. Nun, in diesem Fall wird sich ja morgen die Sache aufklären, und Sie werden entlassen. Also fügen Sie sich in Ihr Schicksal." Er schien Vertrauen zu mir zu haben, denn seine Visitation war sehr oberflächlich, nahm mir meinen Hut ab, schloß eine Zelle auf, gab mir eine Decke, die so apssah, daß ich zögerte, sie anzu- fassen.Nehmen Sie nur," ermunterte er,wir sehen uns unsere Leute schon an. Ich habe Ihnen eine gegeben, die heute erst aus- gebrannt ist. Die gibts sonst erst nach der Reinigung." Das Stinktier über den Arm nehmend, sagte ich:Ich kann es bei Ihnen bei Ihren Erfahrungen ja nicht verdenken, wenn Sie meinen Worten nicht glauben. Ab« einen Liebesdienst können Sie mir als Mensch leisten." Und der ist?" fragte er mißtrauisch. Sorgen Sie dafür, daß ich morgen früh sofort dem Unter- suchungsrichter vorgeführt werde.", Der ist ja In Moabit . Da kommen Sie sowieso morgen hin. Ich kann höchstens dafür sorgen, daß Sie mit dem ersten grünen Wagen rauskommen." Mit einemSchlafen Sie so wohl als möglich," schlug er die Tür zu, und die von draußen ich weiß nicht mit wieviel Riegeln und Schlössern gesichert wurde. Das erstemal in meinem Leben sah ich in einem Gefängnis. Endlich allein! Mit mein« Decke üb« dem Arm stand ich tn einem finsteren Raum. Und erst als sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich nach und nach einzelne Umrisse bei dem ganz schwachen Lichtschein, der durch einen Schacht über der Tür vom schlecht erleuchteten Korridor in die Zelle siel, erkennen. Sie enthielt in der linken Vord«ecke eine große schwere Holz- bettstclle mit sechs vollgestopften übereinand«gelegten Strohsäcken, einen Schemel und in der rechten Ecke an der Tür einen Nachteimer, die sogenannteBomb e". Ich legte meine Decke auf das Fußende d« Bettstelle und setzte mich auf den Schemel, um mich erst mal auf mich selbst zu be- sinnen, und mir über meine Lage klar zu werden. Was hotte man mit mir vor? Die Aeußerung des diensthabenden Kommissars hatten meine Annahme noch bestärkt, daß dahinter die Rache d« Reingefallenen stecke. Was wird d« morgige Tag bringen?

Zugleich drängte sich mir der Gedanke auf:,Kann man dich ohne jeden Grund wegen Hochverrats verhaften, warum soll man dich nicht auch verurteilen können?" Unter solchen Betrachtungen ließ ich die Blicke durch die Zelle schweifen. Ein Dreckloch in des Wortes verwegenster Bedeutung. Decke, Wände, Fußboden und Inventar zeigten nicht nur Spuren des Altertums, sondern so vollständigen Verfalls, daß hier auch'die Anwendung von Schrubber und Seife erfolglos gewesen wäre. Als ich eben bemerkte, daß Mäuse, ungeni«t durch meine Gegenwart, ein Hürdenrennen über die auf. den Löchern im Fußboden genagelten Holzstücke machten, wurde es in der Zelle plötzlich hell. Oben am Lichtschacht erschien eine Blendlaterne. Durch das Guckloch schaute der Schließer und sagte in fast wohlwollendem Tone:Aber Hoffmann, gehen Sie doch schlafen, das nützt doch nun alles nichts." Er hatte die Blendlaterne wahrscheinlich an einer Stange, um so die Zellen abzuleuchten und die Insassen zu beobachten. Als nach einer kurzen Zeit sich meine Zellengenossen, die Mäuse, wieder bemerkbar machten, folgte ich dem Rat des Schließers und Netterte mit d« Decke auf die Strohsäcke. Zwei bis drei Stunden mochte ich wohl meinen Gedanken nachgehangen und dabei auch zeitweise die Augen geschlossen haben, da rassellen Riegel und Schlüssel. Die Tür ging auf und mit den Worten:Hoffmann, ich bringe Ihnen Gesellschaft," schob der Auf- seher einen Menschen in die Zelle. Ein zweiter Galgenvogel. Jetzt wurde die Situation kritisch. W« war das? Ein Abge- sandter? Einer, der mich aushorchen sollte? Was konnte er er- fahren?. Aber, wenn er behauptete, ich habe ihm dies und da» erzähtt und so Beweise gegen mich schaffte? Ich nahm mir vor. kein Wort mit ihm zu reden. Ab« konnte er nicht trotzdem behaupten, ich hätte ihm meinenHoch- verrat" gebeichtet? Mißtrauisch beobachtete ich ihn von mein« hohen Mirte. Auch des neuen Zellengenossen Augen hatten sich an die Dunkel- heit gewöhnt. Er hatte auf dem Schemel Plag genommen und suchte mit den Augen die Zelle ab. Als er unten nichts fand, stiert« er hinauf nach dem obersten Strohsack. So weit bei dem schwachen Lichtschimm« zu erkennen, war es ein noch junger Mann, sehr elegant gekleidet. Seit er mich oben aus den Strohsäcken entdeckte, hatte er den Schemel an die rechte Wand gerückt, saß mit dem Rücken dagegen undkönnt' den Blick nicht von mir wenden". Was übrigens auf Gegenseitigkeit beruhte..(Fortsetzung folgt.)