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Settage öes vorwärts
�ustitias Väsihewoche.
,?ch Hab' schon manche« Dreck reingewaschen, aber öie Sarmatwefte von öem Assessor koßmanu krieg' ich nicht wieäer sauber.�
Mein Zreunö, öer Ülöröer. Skizze von Louis Sonolel. Autorisierte Uebertragung au» dem Fraa« zösischen von Johannes Kunde. Ich lernte ihn nicht in dem fast hermetisch abgeschlossenen Hospital kennen, wo man kaum Bekanntschdsten macht. Nein; unter der weißen Glut des unbegrenzten afrikanischen Himmels tauchte er vor mir auf. Er trottete gemächlich seines Weges, wie das harmloseste der Wesen. Ich hatte eben Bandiagara, die alte Eingeborenenstadt des Nigertales erreicht. Der Administrator des Kreises war mir entgegengekommen: vier oder fünf, in zerlumpte Leinewand gekleidete Schwarze, die mein Gepäck tragen sollten, be- gleiteten ihn. Während wir im Schotten riesiger Wollbäume da- hinzogen, sagte er, auf einen der Träger zeigend: „Sehen Sie diesen großen Schlingel, der mit Ihrer Konserven- kiste auf dem Schädel, leise singend, ausschreitet? Nun, das ist ein zum Tode Verurteilter.� Obgleich ich wußte, daß im Westen Afrikas paradoxe Formen im Straswesen angewendet werden, konnte ich doch nicht umhin, einigermaßen überrascht zu sein. Ich betrachtete den Mann mit einer gewissen Neugierde. Sein tintenschworzes Gesicht strahlte vor gutmütigem Grinsen. Die halbgeschlossenen Augen schienen in Wohl- behagen versunken, während von den wulstigen Lippen, um die ein Zug von Verschlagenheit spielte, Falscttöne eines nicht endenden Singsanges kamen. � Mein Begleiter fuhr fort: .Ja, er hat seine Frau unter ganz gräßlichen Umständen ge- tötet, indem er sie unter einem Steinblock zermalmte. Vor dem Schwurgericht hat man nichts zu seiner Verteidigung anführen können: er antwortete auf alle Fragen mit seinem ruhigen Lächeln — dem eines braven Kindes— wie Sie es bei ihm sehen. Dieses Lächeln erlitt auch bei der Verkündigung des Todesurteils keine Unterbrechung. Ueber ein Jahr hat er warten müsien. bis der Ge- richtshof von Saint-Louis die Strafe bestätigte. Und jetzt sehen wir seit 5 Monaten dem Bescheid aus sein Gnadengesuch entgegen. Das Verbrechen datiert so weit zurück, daß niemand mehr dar- an denkt: er weniger als jeder andere." .Und den lassen Sie so herumlaufen?" .Uns fehlen die Gefängnisie modernen Typs. Ich verwende ihn zu allen möglichen Arbeiten, die er ganz ausgezeichnet verrichtet. Ein sehr tüchtiger, äußerst zuverlässiger Mann...." .Wirklich? Aeußerst zuverlässig, übertreiben Sie nicht?" .Nicht im entferntesten. Und ich möchte während Ihres Aufent- Haltes in Bandiagara Ihnen diesen Mann als Diener beigeben." Das Angebot entbehrte so wenig des Reizes, daß ich es schleu- nigst annahm. Verdammt, es wird einem nicht an jeder Weg- krcuzung ein zum Tode Verurteilter als Page offeriert. Ein Lamm hätte es an Sanftmut nicht mit ihm aufnehmen können, ein Neu- fundländer nicht an Treue. Do er mein Interesse für die Waffen des Landes bemerkte, bemühte er sich, mich in die Kenntnisse der- selben einzuweihen. Es wirkte wie eine lustige Ironie, wenn dieser Mörder in meine Hütte kam und eine Lanze oder Streitaxt schwang. Man war versucht zu glauben, er wolle sie gegen jene kehren, die der Vollziehung des harten Urteils, das ihm droht«, beiwohnen würden. Täglich rückte der Termin näher. Man konnte den un- erschüticrlichen Frieden seiner Seele erkennen, wenn man sah. wie er nach getaner Arbeit, ohne Sorge um den kommenden Tag, aus seiner kleinen Pfeife, die einen Kopf aus Eisen hatte, Rauchwolken blies. Ich wagte nicht, diese vollkommene Ruhe mit einer Frage »ach seiner unseligen Vergangenheit zu stören. Und tat es eines Tages doch. .Warum hast du deine Frau getöket, Samba Cado?" .Weil meine Frau war sehr böse. Mußjöh. Sehr recht getan." So absolvierte er sich. Konnte man sich darüber wundern? Fand er nicht mehr Sympathie als Verachtung bei der Bevölke-
der Hochverräter. 9s Erinnerungen aus schweren Tage«. Bon Adolph Hofsmann. <Schluß.) Man hatte bei der Gefängniskasse etwas Geld für mich einge- zahlt, und ich konnte mir Zubrot gutschreiben lasten, denn ich war bei der Gefängniskost sehr heruntergekommen. Ich konnte das Kestelesten-nicht oertragen und brach es in der ersten Zeit immer wieder aus. Meinem Schließer tat ich leid, und er meldete mich dem Arzt, ohne mir davon etwas zu sagen. Eines Tages wurde die Zelle aufgeschlosten, und ein Mann in weißem Mantel ttat ohne Gruß mit der rauh hervorgestoßenen Frage ein:.Was fehlt Ihnen?" Ebenso kurz antwortete ich:.Die Freiheit." Hinter dem Weißmanteligen winkte mein Schließer mir zu. Ich begriff nicht, was er wollte. Der weiße Mann sagte barsch:.Wenn Ihnen weiter nichts fehlt, brauchen Sie mich nicht zu inkommodieren." Der Schließer winkte noch energischer. Ich in meiner Rat- losigkeit fragte:.Ja, wer sind Sie denn?" .Ach so," höhnte der Angeredete,.ich habe Ihnen wohl noch nicht meine Visitenkarte überreicht. Ja, ja, ich habe es ja immer gesagt, es ist hier ein entsetzlicher Mangel an Komfort. Also, ich bin der Arzt, nach dem Sie verlangt haben." Wieder gestikulierte der Schließer. Und als das Wort.Ich?" meinen Lippen entfloh, fuhr er dazwischen und sagte:.Der Häftling bricht mittags und abends die Mahlzeit immer wieder heraus." Manchmal ist man begriffsstutzig. Aber endlich begriff ich und ergänzte mein.i ch' mit-.kann das Esten nicht°»tr°gen" Wo haben Sie vordem gegesten? fragte er:.Ich reise, er- Närte ich„und speise daher in besteren Hotels." .Wie lange sind Sie hier? .Vier Wochen." .Ach." antwortete der gefühlvolle Jünger Aeskulaps,.unser Haus ist auch ein Hotel. Kriegt jeder seine Portion. Wenn Sw erst vier Monate hier sind, sollen Sie mal sehen, wie es schmeckt." .R a u s". Zellentür zu— und Roß und Reiter sah man nie- mals wieder. Am andern Tage erhielt ich Semmel statt Brot, aber sonst dasselbe Essen. Der Schließer hatte mir Krankenkost verschaffen wollen. Jetzt war ich„och fchliinmer dran, denn von den Semmeln wurde ich erst recht nicht satt. Selbst mein ruhiger und gewissen- hafter Gefangeneuwärter ging am andern Mittag aus ßch heraus
rung, unter der er lebte, bei diesen großen, schwarzen Kindern, die sich so wenig die Mühe nehmen, über ihresgleichen zu richten und die ein so kurzes Gedächtnis haben? Er hätte eher diesen weißen Herren zürnen können, �die ihn zum Tode verurteitt hatten, und jenen, die ihn so grausam seir mehr als 18 Monaten auf den Tod warten ließen. Aber nein, er hegte weder gegen diese, noch gegen jene die geringste Bitterkeit. Da kam eines Tages von Paris die brutale, unerbittliche Antwort: das Gnadengesuch des Samba Cado war abschlägig beschieden worden. Er sollte nach Bamako eingeschifft und dort hingerichtet werden. Diese Nachricht regte ihn durchaus nicht auf und mit der gewohnten heiteren Miene bat er mich um Entschuldigung, daß er seinen Dienst bei mir ausgeben müsse. .Du weißt, Mußjöh: es ist nicht Fehler von Samba Cado." Ich war im Begriff das Land zu verlasten. Der Zufall wollte es, daß ich auf demselben Wachtschisf den Fluß hinauffuhr, der meinen ungewöhnlichen Diener an den Ort seiner Hinrichtung brachte. Man hatte ihn einem eingeborenen Soldaten anvertraut, der ihn kaum schärfer überwachte als die Polizei von Bandiagara . Er bewegte sich frei auf dem schmalen Deck des kleinen Schiffes, war immer wie ein treuer Hund in der Nähe meiner Kabine, nutzte jede Gelegenheit, um sich an meinem Lager zu schaffen zu machen oder meine Stiesel zu putzen. Und ich erwachte jeden Morgen mit gequälterem Herzen, indem ich des unvermeidlichen Todes dachte, der
und sagte:.Es ist doch eine Schande. Hier neben sitzt ein alter gedienter Zuchthäusler, der schon fünfzehn Jahre übern Berg war. Der kriegt Krankenkost, und Ihnen verweigert man sie." Ich bin fest überzeugt, wenn der Kalfaktor, ein wegen Wechsel- fälschung mit drei Monaten bestrafter Kaufmann, der seine Strafe als Kalfaktor abdiente, mir häufig noch einen Kanten Brot zusteckte, geschah es unter wohlwollender Duldung des Schließers, der sich auch in diesem Jammertal des Elends seine Menschlichkeit nicht hatte rauben lassen. Einmal wurde noch die Monotonie, die mich jetzt bedrückte, denn ich wurde nicht mehr vorgeführt, unterbrochen. Mein Anwalt er- schien wieder und fragte mich abermals, ob ich Feinde hätte. Ich solle einmal nachdenken. Ich wäre doch mit meinem früheren Lieferanten, einem Vergoldemeister, entzweit. Ob ich dem zutraue, einen solchen Brief unter Nachahmung meiner Handschrift geschrieben zu haben. Ich erklärte das für völlig ausgeschlossen. Unsere Diffe- renzen lägen auf rein geschäftlichem Gebiet. Einer solchen Gemein- heit hielt ich ihn keinesfalls für fähig. „Na, na." sagte mein Anwalt.„Was sagen Sie, wenn ich Ihnen mitteile, ich habe auf Flatows Veranlassung den Kriminalisten aus der Ereisswalder Straße beobachten lasten, und dabei ist fest- gestellt worden, daß er mit Ihrem früheren Lieferanten mehr denn intim verkehrt, besonders in Kellnerinnenlokalen. Ich habe mir dann aus Ihren Geschöftspapieren von ihm Geschriebenes geben lasten und das sieht dem Altentatsbrief ähnlich, wie ein Ei dem anderen. Nunmehr babe ich diese Schriftstücke dem Gericht eingereicht und beantragt, den Lehrer Zink in Erfurt als Schreibsachverständigen zu vernehmen." Ich war starr. Auch das wollte in meinen Schädel nicht hinein. Wieder vergingen Wochen, ohne daß ich das allergeringste oernahm. Warum? Am 2S. Februar, dem fünfzigsten Tag meiner Haft, spielte die große Glocke gegen zwei Uhr mittags viermal, die kleine ebenfalls. Ich horchte. Hatte ich recht verstanden? S8S hatte der Beamte in der Zentrale gerufen. Meinen Schließer hörte ich die Galerie entlang- kommen. Der Schlüssel knarrte, die Tür öffnete sich, und er sagte mit bewegter Stimme:.Hofsmann, Sie scheinen doch wirklich un- schuldig zu sein. Nehmen Sie Ihre Sachen." In seinem Amts- zimmer erhielt ich mein Bündel Sachen zum Umziehen und die Nachricht, daß ich entlasten sei. Ich mußte noch zur Kaste, um 4 Pfennige Arbeitslohn in Emp- fang zu nehmen, denn— Ordnung muß fein—, und dann öffnete sich eine eisenvcschlagene Tür und ein eiserner Torweg nach dem andern. An dem letzten meinte der Schließer:„Na, nu geht- wohl mit de Schlasschuhe zuhause."> �,
sich ihm mit so raschen Schritten nahte. Der Instinkt meiner Gefühle siegte über meine Prinzipien. Ich entfernte mich wider Willen von dem frostigen Gerechtigkeitsideal, das sich in meinem Gewissen meldete, um zugunsten Samba Cados, ich weiß nicht was für eins Vorsehung braver Mörder anzurufen, die genau zu bezeichnen ich nicht in der Lage gewesen wäre. Darf ich sagen, daß sie existierte und mich erhörte? Eines Nachts erhob sich ein furchtbarer Tornado. Bei entfesseltem Orkan. niederstürzendem Regen, bei einem Gewitter, wo der Himmel in Flammen stand, mußte unser Schiff am User verankert werden. Es scheiterte beinahe. In der dämmeniden Frühe des Morgens, als die Ruhe wiederkehrte und alle zur Besinnung kamen, merkte man. daß Samba Cado das Freie gesucht hatte. Ungeachtet seiner Sorg- losigkeit und Ergebung war ihm die Gelegenheit doch zu lockend erschienen. Das gab an Bord und später in der Kolonie eine ge- hörige Aufregung. Ich gestehe: ich stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus. Man mag über meine Moral nach Belieben urteilen: ich be- kenne, ich finde noch heute eine wahre Befriedigung in dem Ge- danken, daß mein Freund, der zum Tode Verurteilte, eine Zuflucht im Herzen des Urwaldes, der seine Mutter war, gefunden, daß er friedlich seine kleine Pfeife mit dem Eisenkopf raucht und sein Gesicht noch zu seinem breiten, gutmütigen Lachen verzieht, das kein Vorwurf des Gewistens beunruhigt.
„Ja," antwortete ich,.wenn man mit den Schlafschuhen gekom- men ist. muß man auch mit den Schlafschuhen wieder gehen. Für meine vier Pfennige Arbeitsverdienst konnte ich mir keine Lack- stiefeln anschaffen. Was er antwortete, verstand ich nicht mehr. Der Torweg knallte zu und ich stand draußen in der„preußischen Frei- heit" und wußte ebensowenig warum, wie ich gewußt hatte, warum ich verhastet war. Echlußakkorde. Einige Tag« nach meiner Entlassung bekam ich die Termins- Vorladung: zwar nicht nach Leipzig . So lächerlich wollte man sich wohl nicht machen, sondern vor das Berliner Landgericht, und zwar wegen Majestätsbeleidigung. Ich sollte durch den frag- würdigen Brief„die meinem Kaiser und König schuldige Ehrfurcht" verletzt haben. Im Termin kamen erst die beiden Schreibsachverständigen zu Gehör.- Lehrer Zink-Erfurt erklärte in seinem Gutachten: Der Altentots- brief hätte mit der Handschrift Hoffmanns keine Aehnlichkeit. Aber der Brief wäre in allen Einzelheiten, die er eingehend anführte, die Handschrift des Nergoldermeisters. Dieser war als Zeuge geladen, wurde auch vernommen, aber„als dringend der Täter- schaft verdächtig", nicht vereidigt. Der Polizeisachverständige Seeger gab nunmehr sein Gutachten dahin ab, daß er nach Kenntnisnahme der Ausführungen im Gut- achten des Lehrers Zink und noch nochmaligen eingehenden Vcr- gleichen oller Schriftstücke sich jetzt dem Zink'schen Gutachten in allen Stücken anschließe. Ich wurde freigesprochen, die Kosten der Staatskasse, d. h. den Steuerzahlern, auferlegt. Wie sehr der Gerichtshof von meiner Unschuld überzeugt war, geht am besten daraus hervor, daß dos Gericht auch die Kosten meiner Verteidigung und alle meine baren Aus- lagen der Staatskasse zur Last legte. Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshaft gab es damals noch nicht. Das Resultat? Ich hatte meine sieben Wochen, richtiger 50 Tage Gefängnis, weg, Weinert eine schmerzlindernde Freude und— der Briefschreiber ist bis zum heutigen Tage ungeschoren geblieben. Wenn ich seinen Namen nicht nenne, so geschieht es nicht mit Rück- ficht auf ihn, sondern auf seine vielen durchaus ehrenwerten Kinder und in Gedanken daran, daß die Bismarck-Pvttkanwrfche Spitzelschule das Mistbeet war, aus dem solche Pflanzen geil aufgetrieben wurden. Möge das deutsche Volk' sich vor einer ähnlichen Seuche allzeit bewahren!