2r. Alsberg , der zu diesem Zweck von der Wahrung seines Berufsgeheimnisses entbunden wurde, erklärte, daß v. Egdorf ihm gegenüber in einer Zeit, als an«ine« schlimmen Ausgang der Sache noch nicht zu denken war, erregt geäußert habe, die Direktion der Landespsandbriesanstalt wünsche an dem Geschäft persönlich zu verdienen, wie er sich dazu verhalten solle. Etzdorf habe damals bestimmt die Gesamtdirektion, also sowohl Luders w: e Nehring beschuldigt. Der Angeklagte Lüders bestreitet sehr erregt, mit derartigen Angeboten an das Adelskonsortium herangetreten zu sein, im Gegen- teil sei es v. Etzdorf gewesen, der ihm vergeblich derartige Angebote gemacht habe und es werde zu prüfen sein, ob Etzdorf nicht auch an den Leiter der Stettiner Sparkasse mit einem- Vestechungsversuch herangetreten sei. Auffällig ist es, daß der An- geklagte Lüders versucht, die konkreten Aeußerungen, die ihm Etzdorf, Karstädt und Corlowitz in den Mund legen, als falsch verstandene Scherzworte auszulegen. Don Etzdorf muß die Möglichkeit zugeben, daß er dem Leiter der Stettiner Sparkasse dos Angebot einer Geschäftsbeteiligung ge- macht Hab«. Der Angeklagte Nehring bestreitet in sachlichem Ton die ihm von v. Etzdorf und Alsberg unterschoben« Bestechlichkeit. Der Angeklagte v. Corlowitz erklärte im Laufe der Der- Handlung, er Hab« seinerzeit sein Erscheinen im Untersuchung?- a u s s ch u ß eingestellt, weil es chm peinlich sei, die f�rog« nach einer Bestechlichkeit des Angeklagten Lüders zu beantworten. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft stellte, nachdem v. Etzdorf seine schwerwiegenden Anschuldigungen erhoben hatte, den An- trag. Lüders wegen dringender Fluchtgefohr in chaft zu nehmen. Der Gerichtshof lehnte jedoch am Schlüsse der Sitzung den Antrag o b. Direktor Lüders sei zwar der Bestechung nach Z 332 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig, ein hinreichender Fluchwerdacht oder eine Verdunkelungsgefahr bestehe jedoch nicht. Der dringende Tawerdacht gegen ihn sei durch die Angaben der übrigen Angeklagten und durch die Zeugenaussage Dr. Alsbergs be- gründet. Das Gericht beschloß ferner die Zeugenladung des ehemaligen Landtagspräsidenten Leinert und des Abgeordneten Riedel. Die Verhandlung wurde dann auf Dienstag früh 9% Uhr vertagt. Der Montag bleibt sitzungsfrei.
Der französische Zlieger softes steht Dienstag vor dem �reiburger Gericht. Varls. 26. September.(MTB.) chavas meldet aus Frei- bürg t. Lr.: Infolge der von der französischen Regierung unternommenen Schritte gibt die deutsch « Regierung bekannt, daß das Verfahren gegen den französischen Flieger C o st e s, der in Frei- burg Interniert ist, am kommenden Dienstag vor dem dortigen Gericht zur Verhandlung kommen wird. Der Vorsitzende des Frei- burgsr Gerichtshofes erklärte sich übrigen» bereit, den französischen Flieger gegen Stellung einer Kaution von 7000 Mark in Freiheit zu setzen. Tatar-Sunae. Ei« Niefenstrozest im asiatischen Rnmänie«. Di«„Gesellschaft der Freund« Bessarabiens ' hat«inen offenen Brief an die rumänischen Behörden erlassen, der von vielen hervor- ragenden Politikern, Gelehrten und Künstlern unterzeichnet ist. Unter den Unterschriften befinden.sich unter anderen die von Henri Barbusse . Prof. Albert E i»i st e i n, Prof. Karl G r ü m- b e r g und vielen anderen. In tiesem feierlichen Protest heißt es: 486 Bauern.Männer. Frauen und Kinder, stehen vor dem Kriegsgericht In K i f ch i n« w unter der Anklage, am bessarabifchen Aufstand vom September o. I. teilgenommen zu haben. Wie in der Butarester Kammer festgestellt wurde, sind berells 13 Angeklagte ohne gerlchMches llrkell hingerlchiei worden, die noch lebenden Angeklagten haben keine Möglich- t e i t zur D e r t e i d i g u n g, da sie sich mit ihren Anwälten nicht verständigen können. Kein Zeitungsberichterstatter, weder ein nimä- nischer, noch«in ausländischer, darf bessarabisches Gebiet betreten. Ein Leutnant. Morarescu. an dessen Händen das Blut von 30 unschuldig ermordeten Frauen und Kindern klebt, wurde in keiner Weise behelligt. Die unmittelbare Schuld an dem Ausstand von Nikolajewa tragen die Gendarmen, die am hellichten Tag auf offenem Marktplatz einen Bauern erschossen, weil er sein« Ware nicht u m s o n st hergeben wollte. Dies war der Funke, der die schon long« herrschende Empörung entflammte. Die Rache der Re- gierung war furchtbar. Nikolajewa und fünf ander« Dörfer wurde« durch Artillerie- fever gänzlich zerstSrl. die Stadt Tatar-Bunar in Brand gesteckt. In den Straßen dieser Stadt wurden noch nach beendigtem Kamps 2 00, in einer Kirche 8g geflüchtete Bauern gefoltert und abge- schlachtet. Die amtlichen Berichte verkündeten voll Siegcsstolz. daß 2000 Menschenleben diesem Rachefeldzug der Regierung zum Opfer gefallen sind. Ein Gebiet von 60 Quadratkilometern ist in eine Wüst» verwandelt worden. Außerdem sind 270 Gefangene im Kerker„aus der Flucht erschossen" worden. Sogar fürchterlich verstümmelt« Leichen totgemarterter Bauern hat man zur Ab- fchreckung öffentlich ausgestellt. Der Ausruf schließt mit der Forderung öffentlicher Ge- richtsverhandlungen und Freilassung der Ge- fangenen. Man bedenk«, daß diese» Besiarabien einfach von Rumänien geraubtes Land ist! Der Massenprozeß vor dem nur aus Offizieren bestehenden Gericht geht weiter: nur daß man nicht mehr im Kefängntshof, sondern in einem Riefcnzelt„verhandeln" wird. Zwei französischen Rechtsanwälten war es gelungen, zur Verhandlung durchzudringen. Solange sie da waren, durften die Angeklagten reden. Sie be- richteten fürchterliche Bluttaten der rumänischen Offiziere und Gen- darmen. Aber die europäischen Zeugen sind fort und düstere» Schweigen deckt die Schmach von Kischinew
Caillaux' verhanülungen. Nordamerika weist daS frauzosische Angebot als ungenügend zurück. Varl», 26. September. (Eigener Drahtbericht.) Der Verlauf der Echuldenverhandlungcn in Washington hat lediglich dazu bei- getragen, den Optimismus, der hier bei Eröffnung der Berhand» lungen geäußert wurde, zu dämpfen. Die Blätter geben der Meinung Ausdruck, daß ein Scheitern der Verhandlungen durch- aus möglich fei. da die amerikanischen Forderungen eine Höhe erreichten, die Frankreich in keinem Falle zuzugestehen in der Lage sei. Gleichzeitig legen die Blätter großen Wert darauf. daß nach dem zukünsligen Vertrag die französischen Zahlungen an Amerita und England in keinem Fall« höher sein dürften, als die Einnahmen Frankreich » au» dem Dowes-Plan. Nach den au» Washington vorliegenden Meldungen scheint Caillaur darauf ver- zichtct zu haben, diese Bestimmungen in unverhüllter Form zu ver- langen. Er scheint jedoch dieser Forderung der öffentlichen Meiiurng Frankreichs fo Rechnung zu tragen, daß er darauf besteht, daß die Zahkungs f ä h i g k e i t Frankreichs berück'ichtiat werde und in Zu- kunst. im Falle einer Veränderung dieser Zahlungsfähigkeit, die französischen Zahlungen suspendiert werden. Doch scheint auf omerlkanisch« Seit« wenig Neigung vorhanden zu sei», in diesem
Das Untemehni Eine Erklärung LoLs dreißig Shinden hat das Reichsarbeitsministerium gebraucht, um eine Erklärung gegen die Veröffentlichung des „Vorwärts" über die aufsehenerregende„Aktennotiz" des Unternehmersyndikus M e i ß i n g e r fertig zu bringen. In der elften Abendstunde erhalten mir Kenntnis von dieser ebenso langen als nick>tssagenden Erklärung, die wir im Wortlaut hier folgen lassen: Es handelt sich hier um eine de? vielen Besprechungen, die fort- während im Rsichsarbeitsministgrium, teils mit Arbeitnehmern, teils mit Arbeitgebern, in sozialpolitischen Fragen stattfinden, ahn« daß darüber besondere amtliche Aufzeichnungen angefertigt werden. Dagegen hat anscheinend Dr. M e i h i n g e r später«inen einseitigen Aktenvermerk verfaßt, der in wesentlichen Punkten auf Mißverständnissen beruht und objektiv falsch ist. Der Gefamteindruck, der so entsteht, widerspricht durchaus dem Stand- punkt des Ministers und selbstverständlich auch der in Frage kommenden Winisterialabteilung. Wenn auch Ministerialdirektor Dr. Sitzler zurzeit aus Anlaß des Berner sozialpolitischen Kongresses abwesend ist, so kann doch auf Grund der Teilnahm« des zuständigen Unterabteilungsleiters des Ministeriums an der Besprechung mit Dr. Meißinger schon jetzt folgendes klargestellt werden: Die Stellungnahme des Minfteriums bei der Betrachtung der Lohn- und Wirtschaftslage ist stet» eine selbständige gewesen, und auch in den letzten Monaten hat keineswegs eine„restlose Uebereinstimmung mit der Arbeitgeberseite" bestanden. Der Minister hat das Ansinnen der Unternehmerseite, sich einseitig zu ihrer Auf- fassung in der Lohnfrage zu bekennen, stets abgewiesen. Die Selbständigkeit des Ministeriums wird wohl am besten durch die Tatsache gekennzeichnet, das die D« r b i n d l i ch k« i t«- «rklärungen in ihrer Mehrheit zugunsten der Arbeitnehmer erfolgt sind. Nicht recht verständlich ist die Entrüstung de»„Bor- wärts" über angebliches Eingreifen des Unternehmer- Vertreters in ein schwebende» Schlichtungsverfahren. Weih der„Vorwärts" wirklich nicht, daß in Lohnstreitigteiten, auch wäh- rend schwebender Schlichtungsverfahren, in Hunderten von Fällen auch die Arbeitnehmervertreter ihre Vorstellungen beim Ministerium erhoben haben? Im übrigen irrt der„Vorwärts" auch darin, wenn er angibt, daß der bei der Besprechung mit Dr. Meißinger anwesende Ministerialrat Meves in dem Bauarbeiter- streit Schlichter oder Schiedsrichter gewesen sei. Richtig, aber keineswegs neu ist, daß da, Reichsarbeits. Ministerium die Verbindlichkeitserklärungen von Schiedssprüchen in letzter Zeit eingeschränkt hat, nicht zuletzt, um Arbeitgeber und Arbeitnehmer wieder mehr zur Selbstoerant- tung zu bringen. Man vergleiche darüber die Ausführungen des Ministers im Haushallsausschuß des Reichstag » noch dem Aus- schuhbericht. Uebrigens haben sich die Gewerkschaften selbst oft genug für Einschränkung der Verbindlichkellserklärung ausgespro- che«. An eine Beseitigung der Verbindlichkeitserklärung denkt im Reichsarbeitsministerium niemand. Dem entspricht auch die Praxi» des Ministeriums. Erinnert sei beispielsweise an die kürzlich er- folgte Verbindlichkellserklärung bei dem Lohnstreit der Niederrheini- sehen Textilarbeiter. Der Hinweis de»„Vorwärts" auf die fehlend« Verbindlichkellserklärung für den Schiedsspruch bei der Reichsbahn kann doch wohl nicht ernst gemeint sein, wenn man bedenkt, daß«» sich dabei um einen vom Arbellgeber angenommenen, von den Ar- bellnehmern aber abgelehnten Schiedsspruch handelt. Daß das Reichsarbellsministermm„die Verabschiedung eines neuen Arbeitszeitgesetze» mit allen Mitteln in di« Länge zieht", trifft nicht zu. Im Gegenteil, hat das Ministerium den um- lassenden Gcsetzemwurf beretts sowell gefördert, daß es gerade des- halb von weiteren Einzelverordnunge» auf Grund de»§ 7 der geltenden vorläufigen Arbeitszelloerordnung absehen zu können glaubt«. Au» der Einbeziehung von weiteren Schutzbestimmungen für Frauen, Jugendliche und Kinder, über Sonntagsruhe und dergleichen folgt nur die Gründlichkeit, mit der dieser äußerst wichtig« Gesetzentwurf behandelt worden ist. Das neu« Gesetz soll und muß die vielbetlagte Zersplitterung des Arbeiterschutzes, der sich setzt auf alle möglichen Gesetze und Verordnungen verteilt, endgültig beseitigen. Es ist gerade dos Verdienst des angegriffenen Ministerialdirektors Dr. S i tz l e r, wenn trotz aller Schwierigkeiten dieses Gefetzgebungs- werk energisch gefördert werden konnte und schon greifbar« Gestall gewonnen hat. Das Reichsarbeitsministerium hat sich reichlich Zeit ge- lassen zu seiner sehr inhaltslosen Erwiderung. Es spricht von einer„angeblichen Aktennotiz". Es wird aber wissen, daß es sich nicht um eine„angebliche", sondern um eine tatsächliche Aktennotiz handelt. Das geht ja im übrigen auch daraus hervor, daß es diese angebliche Akten- notiz nachträglich als„e i n s e i t i g e n Aktenvermerk" bezeich- net, von„Mißverständnissen" des Dr. Meißinger spricht und sagt, daß der angeblich einseitige Aktenvermerk objektiv falsch sei. Im übrigen hätte Herr Dr. Meißinger. mit dem sich das Reichsarbeitsministerium inzwischen wahrscheinlich in Ver- bindung gesetzt hat, Zeit und Gelegenheit gehabt, die Der- öftentlichung zu dementieren, wenn sie nicht authentisch wäre. Das Reichsarbeitsministerium redet sich weiter auf die Abwesenheit des Ministerialdirektors Dr. Sitzler hinaus. Aber Herr Ministerialrat Mewes ist anwesend. Im übrigen hat Ministerialdirektor Dr. Sitzler. wie Dr. Meißinger in seiner Aktennotiz vermerkt, seinerzeit den Reichsarbeits- minister von dem Inhalt der Besprechung i n f o r m ie r t. Der Reichsarbeitsminister bestreitet auch keineswegs,»on Ministerialdirektor Dr. Sitzler informiert worden zu sein. Der Versuch, die Besprechung zwischen dem Syndikus der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberoerbände und dem Ministerialdirektor D«-. Sitzler als„eine der vielen" Be- sprechungen hinzustellen wie sie tagtäglich auch mit Ver- tretern der Arbeiterschaft stattfinden, schlägt völlig fehl.
Punkt« Frankreich nochzugeben. Die wesentliche Meinungs- Verschiedenheit zwischen der sranzösischen und der amerikanischen Delegation scheint sich auf die H ö h e der französischen Zahlungen zu beziehen. Hier scheinen die Amerikaner da» Doppelte de» fron- zösischen, Angebots zu fordern. Die Amerikaner haben infolgedessen oie französischen Dorschläge als eine nicht geeignet« Basis für die Vorhandlungen bezeichnet und di, französische Delegation auf- gefordert, neu« Vorschläge zu unterbreiten. Das neue französisch« Angebot wird, wie die„Information" sich melden läßt, wahrschoin- lich am Montag der amerikanischen Schuldenkommisswn überreicht werden.
Ischilscherln wird heute Sonntag früh in Warschau erwartet. Amtlich wird erklärt, daß Tschitscherin zu Kurzwecken eine Auslands- reise unternommen habe, und die Durchreile durch Warschau be- nutzen wolle, um den polnischen Außenminister Graf Strzynski zu besuchen. Dienstag soll Tschitscherin tn Berlin eintreffen. Dann geht er m einen österreichischen Kurort.
er-Mniftermm. »es Dr. Brauns. Ebenso die Behauptung, daß muh Arbeiterorganisationen bei schwebenden Schlichtungsverfahren in derselben Weise eingriffen. Kann das Reichsarbeltsministcrium einen kon- treten Fall nennen, wo ein Vertreter des ADGD. in einem Schlichtungsverfahren das Reichsarbeitsministerium bza». dessen höchste Beamte, die mit der Schlichtung des Streitfalles beauftragt waren— und der Ministerialrat Dr. Mewes war damit beauftragt— aufgesucht und dort gefordert hat, daß der Schiedsspruch ganz konkret eine bestimmte Lohn- erhöhung aussprechen müsse? Richtig ist. daß die Arbeiterorganisationen ganz allgemein vorstellig ge- worden sind, um in sozialpolitischen Fragen ihre Wünsche vorzutragen. Aber niemals hätten sie sich den Uebergriff er- lauvt, direkt in das Verfahren einzugreifen, um die mittelbar oder unmittelbar tätigen Unparteiischen auf» zusordern, einen Schiedsspruch in einem ganz bestimmten Sinne zu fällen oder zu vercmlasien. Der Reichsarbeitsminister bestreitet nicht, daß Dr. Meißinger imName.nderVereinigung derDeut- schen Arbeitgeberverbände den Wunsch ausge- sprachen hat, der Reichsarbeitsmimster solle ein« Broschüre schreiben, in der er in der Lohnpolitik die Wünsche der Unter- nehmer vertreten würde. Der Reichsarbeitsminister versucht, in der Frage des Arbeitszeitgesetzes die Dinge möglichst Harm- los hinzustellen, ohne die Tatsachen bestreiten- zu können. Er erklärt insbesondere, daß, wenn der Z 7 der Arbeitszeitverord- nung nicht mehr angewendet werde, so beweise das, daß das Reichsarbeitsministerium seit Erlaß der Arbeitszeitverordnung im Dezember 1923 der klar ausgesprochenen Verpflichtung, für gesundheitsschädliche Betriebe die Arbeitszeit auf höchstens acht Stunden täglich zu beschränken, aus dem Wege gegangen. Rur für die H ü t t e n b e t r i« be ist eine Verordnung erlassen worden, nachdem der Reichswirt- lchastsrat dazu ausdrücklich aufgefordert hat. Aber selbst diese Verordnung ist sofort durchbrochen worden, ohne daß das Reichsarbeitsministerium dagegen etwas unternommen hätte. Seitdem ist nichts mehr getan worden. Das ist eine ganz sonderbare Gründlichkeit! Es ist eine nicht minder sonderbare Gründlichkeit, wenn der Reichsarbeitsminister mit den Arbeitsministern Frank- reichs-uno Belgiens in Anwesenheit des Direktors des Inter - nationalen Arbeitsamtes eine Vereinbarung überdie RatifizierungdesAbkommensvonWashing- ton trifft und dann ein Jahr oerstreichen läßt, ohne etwas zu tun. Es ist eine höchst sonderbare Gründlichkeit, wenn der Reichsarbeitsminister vor den Wahlen im Dezember 1924 wiederholt öffentlich erklärt, daß der Acht stundentag demnächst gesetzlich festgelegt bzw. wiederhergestellt würde, und dann bis heute noch nicht einmal ein Referenten- entwurf darüber vorliegt. Das ist eine Gründlichkeit, die zweifellos mitdenWünfchenderUnternehmer über- einstimmt. Es ist natürlich auch nur ein Zufall, weim der Reichs» arbeitsminister in der letzten Zeit von der Verbindlichkeit»- erklärung von Schiedssprüchen einen sehr bescheidenen Ge» brauch macht. Tatsache ist. daß der Vertreter der Vereinigung der Deut- schen Arbeitgeberverbände in allen Fragen der Arbeitszeit- und Lohnpolitik die vollste Uebereinstimmung zwischen ihm und den höchsten Beamten des Reichsarbeits- Ministeriums festgestellt hat. Tatsache ist weiter, daß der MinistLrialdirektor Dr. Sitzler ausdrücklich erklärt hat, die Schlichter im Sinne der Unternehmer be- arbeitet zu haben. Tatsache ist weiter, daß in der Frage der Arbeitszeit- und der Lohnpolitik nicht n u r ein einseitiger Aktenvermerk des Unternehmerfynditu« vorliegt, sondern eine Politik, di« seit Jahr und Tag vom Reichs- arbcitsministerium betrieben wird und die, wie nun aktemnäßig festgestellt ist, d i« Politik ist. die die„Ver- eimgung der Deutschen Arbeitgeberverbände" vom Reichs- orbeitsministerium fordert. Wenn Dr. Brauns nicht be- greift, daß ein« derartige Politik unvereinbar ist mit den Auf- gaben und Pflichten eines Reichs a r b e i t s Ministers, dann muß bei den Arbeiterorganisationen auch der letzte Rest von Vertrauen zu diesem Reichsarbeitsministerium schwinden. Selbst die Christliche» sind entsetzt. Die„Aktennotiz" des Unternehmersyndikus Meißinger über seine Unterhaltung mit dem Ministerialdirektor S i tz l e r und dem Ministerialrat Mewes vom Reichs- arbeitsministerium gibt dem„Deutschen ", dem Tageblatt der christlichen Gewerkschaften, Anlaß zu dieser Bemerkung: Das Reichsarbeitsministerium wird nicht umhin tonnen, sich schnellsten» zu diesen fast ungeheuerlich klingenden„Eni- hüllungen" zu erklären. Wesentlich notwendiger aber noch als eim amtliche Erklärung erscheint uns eine klipp und tl«r« Stellungnahme des Herrn Ministerialdirektor» Dr. S i tz l e r zur„Attennottz" Dr. Meißinger». Wird einwandfrei klargestellt, daß Dr. Meißinger übertrieben hat, so braucht dieser um den Spatt gewiß nicht besorgt zu sei«. Denn aber wahr ist. wa» die„Aktennotiz" besagt, dann bleibt kaum etwa» andere» übrig, als daß die Geivertschaslen und alle sozialinter- essierlen Kreise mit allen zu Gebote stehenden Mitteln einem solchen Zustande eia«Lade bereiten. Vorsichtigerweise hat der„Deutsche " allerdings tm Ar- beitsministerium angefragt und dort die Mitteilung erhalten, daß die Darstellung Dr. Meißingers in wesent- lich en Punkten unrichtig und übertrieben" sei. Soll wegen dieser Behauptung jetzt der„Spott" für den Unternehmersyndikus genügen?_
Die Drusen räumen ihr ilanü. Ihr Appell an den Völkerbund. Vari». 26. Sevtember.(Eigener Drahtbericht.) Au« Beirut wird gemeldet, die sranzösischen Truppen, die Sueida enisctzten. hätten sich aus dem Wege nach Sueida überzeugen können, daß die Drusen ihre Dörfer oerlassen, auch ihre Frauen und Kinder aus den Dörfern entfernt und vorher die Brunnen und Wasserquellen un> brauchbar gemacht hätten. Nach einer Meldung aus englischer Quell« sollen di« Drusen an den Völkerbund einen Aufruf ge- richtet haben: sie fordern den Völkerbund auf. ein« neutral« Untersuchungskommission für den Diebel Drus zu ernennen und die Beilegung der militärischen Streitigkeiten herbei- zuführen.__ ?n Horthy-Ungarn ist der einstig« bolschewistische Volkskommissar Rakosi , der mit vielen anderen Verurteilten gegen in Rußland kriegsgefangene Ungarn ausgetauscht worden war, verbaftet worden und außer ihm noch razzienwets» zahlreiche Kommumste«.