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Sonntag

27. September 1925

Aus der Film- Welt

Die Filme der Woche.

Jm wiedereröffneten Ufa- Palast am Zoo: Charleys Tante".

Die Kinos find in einer großen Umbildung begriffen; das be wies auch die Wiedereröffnung des neugestalteten Ufa  - Palastes am 300. Sei es mun, daß beim großen Bublifum ein starkes Bedürfnis nach dem Varieté hervorgetreten ist, sei es, daß die Filmsachver­ständigen der Kinofunft nicht mehr die genügende Eigenfraft zu­trauen, um große Massen anzuloden und Riesentheater zu füllen,- jedenfalls ist die Kinofunft auf dem besten Wege, als Sondergattung abzudanken und Zubehör eines Varietéprogramms zu werden. Im neu eröffneten Ufa- Palast bestritt der eigentliche Filmteil faum die Hälfte des Programms. Ich für meinen Teil stehe nicht an, diese Entwicklung zu bedauern; denn abgesehen davon, daß ich, wenn ich einen Film sehen will, noch lange nicht damit einverstanden bin, mir irgend etwas vortanzen und vorsingen zu lassen, glaube ich auch fest daran, daß man einen ganzen Abend tünstlerisch und unter­haltend mit Filmen füllen fann und die Entwicklung des Films zu feiner eigenen Art durch den neuen Gang der Dinge aufgehalten, wenn nicht verhindert wird.

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Unter diesem Borbehalt soll nicht verschwiegen werden, daß die Direktion des Ufa  - Palastes sich alle Mühe gegeben hat, ihren Gästen viel, und allen etwas zu bieten. Schon das äußere Gewand des Hauses ist verlockend wie eine schöne Frau in der fleidjamen Mode dieses Herbstes: der Architekt Stahl- Urach hat verschwenderisch alles in rot und gold gekleidet und die Bühne und ihre Seiten in Schillerndes Lamé gehüllt, das unter dem Zauber wechselnder Be leuchtung in allen Farben des Prismas leuchtet. Malerische Aus­gestaltung, Deforation und Beleuchtung sind ausgezeichnet und stellen eine schlagfräftige Offenfive gegen die noch nicht fertigge stellten Nachbartonfurrenzunternehmungen bar. Bas bas eigent liche Programm betrifft, so ift Charlens Tante" mit Sibney Chaplin ift er wirklich ein Bruder von Charlie? mur ein humoristischer Film von mittlerer Art und Güte, ohne jenes wunder. volle amerikanische Blizzugtempo, das wir so lieben, dafür aber mit fehr umfangreichen, allzu schnobbrigen, aber immerhin wijzigen Zwischentiteln. Er sei der Direttion aber verziehen um des herr lichen Felig ber Rater"-Films: eine Fabel Aesops  " willen, in dem transzendental- abgründige Einfälle uns erheiternd er­schüttern. Die lebenden Bilder, in denen sonst noch über stunden­lang getanzt und gesungen wurde, find im ganzen nicht mein Ge schmad, aber ich will gern zugeben, daß alles mit Distretion ohne Aufdringlichkeit nach guter Mufit gestellt war und Alerander Dumansti als Ballettmeister mit der Einstudierung der Garten­phantafie, Kreisleriana" gute Arbeit geleistet hat. Das ganze Arrangement von Gam Rachmann war eben amerikanischer Ge schmad, über den man streiten tann. Ein Teil des Programms aber verdient unbestreitbaren Dant: das Orchester mit seinen vorzüg lichen 75 Mann unter der temperamentvollen Leitung von Erno Rappee, der nicht nur ein Dirigent von Rang ist, sondern es auch spezifisch versteht, jebe fleine Filmszene wie fein anderer musikalisch fongenial zu illustrieren.

Alles in allem zeigte der Abenb bas löbliche Bestreben, dem Bublifum wirklich etwas zu bieten: und das ist guter amerikanischer f. h. c. Geschmack, den wir gern importieren.

Das alte Ballhaus.

Primus- Palast.

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Das

Endlich einmal wieder ein Berliner   Film und noch dazu ein recht guter. Das alte Ballhaus" will fagen, daß wir uns in Berlin  der Borkriegszeit bewegen, in dem Berlin  , da noch die Wache am Schloß aufzieht, wo in der vornehmen Welt noch streng auf Raste und Stand geachtet wird, wo die Ehre des Offiziers etwas Gott­ähnliches ist und man die Tochter eines bankrotten Bantiers in der guten Gesellschaft meidet und ausftößt und sie in das Ballhaus treibt, wo sie ihr Schicksal erlebt. Hella v. Lanz ist diese Tochter, ihr Bater, der Inhaber eines altbekannten Banthauses, hat eben Selbstmord begangen, da er die aus feinem früheren flotten Leben eben im alten Ballhaus erwachsenen Schulben nicht mehr deden konnte. Hella, die bereits als offizielle Berlobte des Garde leutnants Franz v. Bedell gilt, muß erfahren, daß ein armes Mädchen, deren Bater zudem in einen zweifelhaften Ruf geraten ist, in ihren Kreisen nicht mehr gilt, daß auch ihr Verlobter es nicht mehr wagt, sie zu ehelichen. Sie verschwindet, nachdem ihr väterliches Haus von dem Hofschauspieler Harro getauft ist, ber sie selber tennen lernt, als sie von einem Gläubiger ihres Baters insultiert wird. Wir finden sie wieder im alten Ballhaus als polnische Tänzerin. damals fashionable Haus( in der Nähe der Muladstraße) tritt uns mit seinem Milieu lebhaft vor die Augen. Studenten, die aus dem Straminen Hund" tommen, lernen die polnische Tänzerin tennen, Bittor v. Wedell, ein Bruder des Leutnants, verliebt sich in sie, die ganze Schar, der sich auch Harro anschließt, macht mit der Tänzerin einen Ausflug nach Werber, das im vollen Glanze feiner Blüten pracht gezeigt wird. Der Leutnant Wedell, der seit langem die ver fchollene Braut fuchte, erfährt durch seinen Bruder ihre Adresse und am nächsten Abend ist das alte Ballhaus die Stätte eines fenfatio. nellen Vorfalles. Harro hat der Tänzerin, in der er das frühere Fräulein Hella v. Lanz wieder erlangt hat, einen Heiratsantrag gemacht, ihn schreckt ihr Weg durch das Elend nicht. Auch der Leutnant will jegßt seinen Dienst quittieren, um wieder gutzumachen, was er früher Derabfäumt hat. Alle diese Personen finden sich am Abend im Ballhaus ein, und noch dazu ein Revolverjournalist, der feine aus dem Ballhaus entlaffene Schwester, die dort berühmte rote Elje", ein früheres Berhältnis des Bantiers, an Hella rächen will, weil sie sich von ihr verdrängt fühlt. Hella nimmt vor ihrem Auftreten Gift, da fie nicht will, daß sie mit ihrer Bergangenheit anderen im Wege steht, und bricht mitten in ihrer Tanznummer zu­fammen. Franz v. Wedell, ihre einzige Liebe, nimmt von der Sterbenden rührenden Abschied.

Die Handlung entwickelt sich höchft lebendig und frisch, wenn auch der erste Tell Kürzungen verträgt. Der Regiffeur Wolfgang Neff   hat nach der Vorlage von Marie Luise Droop   eine Menge intereffanter Szenen aus dem Berliner   Leben aufgefangen, viele

charateristische Typen erfaßt und um das eine Schicksal eine Anzahl Don Ausschnitten aus dem Berliner   Gesellschafts- und Vergnügungs­leben gruppiert. Eine ganz ausgezeichnete Besetzung half feine Absichten verwirklichen. Olga Tschechowa   war die Hella, die mit großer Ausdruckstraft die vornehme Tochter wie die Gezeichnete ver­förperte und eine ernste Bertiefung in die Rolle legte. Ganz vor trefflich der Franz v. Wedell des Karl Bedersachs, der in all seinem Leutnantstun den menschlichen Kern nicht unterdrückt. Ganz Jugend und Hingabe sein Bruder Bittor in der Gestaltung Otto Reinwalds. But herausgearbeitete Inpen lieferten Hans Juntermann als Geheimrat, Wilhelm Diegelmann   als Mirt Dom Strammen Hund" und Ernst Rüdert als Revolver journalist. Baul Otto glaubte man den Bantier, der eine Ver gangenheit hat; Karl Auen   hatte alle Vornehmheit eines Hofschau Spielers von damals. Außerordentlich markant gab Sybil Morel  die rote Else", immer noch schön in ihrem Abstieg. Paul Linde, der im Film selbst als Rapellmeister im Ballhaus auftritt, dirigierte persönlich die dem Film aufs befte angepaßte Mufit. Man war ent­zückt von den Tänzen von einft, die unter seinem Tattstock auch wieder wie einft erflangen. D.

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, alte Burschenherrlichkeit in der Schauburg. Dieser Film der Roop- Film- Co. tann Leuten von Geschmad feine Freude machen. Er gehört zu den füßlich- verlogenen Studenten­märchen, die den Anschein erwecken sollen, als wenn der wahre Bert und Genuß des deutschen akademischen Studiums im Saufen, Fechten und Berjubeln von Erbschaften besteht, und die nebenher jo tun, als wenn diese Art Studenten dennoch ihre Pflichten hier durch Heirat der verführten filia hospitalis erfüllten. Wie anders tönnte der Film aussehen, der vom faustischen Ringen so manches armen Studenten erzählte, der sich die Kollegiengelder ab­hungern und erarbeiten muß! Schade um die gute Schauspieler­leistung von Frida Richard  , Margarete Kupfer  , Rosa Baletti, Mierendorff, Rlöpfer und Walter Slezat; sie hätte wahrlich besser verwendet werden tönnen. Das Wichezki­Quartett sang brav die bekannten Weisen.

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ZIRKUS PAT UND PATACHON

IST IN BERLIN   EINGETROFFEN!

RIESEN  - MONSTRE­ELITE- PROGRAMM

MIT PAT UND PATACHON   ALS

TODESAKROBATEN KUNSTSCHÜTZEN MEISTERJONGLEURE

TAGLICH FESTVORSTELLUNG 630 UND 900

ALHAMBRA

68 KURFURSTENDAMM 68

MARRAS

FILMS

Beilage

des Vorwärts

Zirkus Pat und Patachon.

Alhambra am Kurfürstendamm  .

Der Titel hätte auch anders lauten fönnen, er ist etwas gewollt, weil die Zirkushandlung nur eine lustige Episode in dem ganzen Film ist. Man läßt überhaupt die Handlungen, die das Leben bes reich gewordenen Schlächtermeisters und seiner Familie sowie das Dasein des Zirkusdirektors Pat schildern, etwas lange nebeneinander herlaufen, bevor man sie miteinander verquickt. Aber schließlich quirlt alles luftig durcheinander, als der Fleischergeselle den Zirkus­direktor Bat und dessen Ensemble: Pferd, Patachon und die Tän­zerin Rita engagiert, um die drei Fürst, Fürstin und Diener spielen zu lassen. Durch diesen sich sehr lustig auswirkenden Betrug erlebt die angehende hochnäfige Schwiegermutter des Gesellen einen lehr­reichen Reinfall, der fie ein für allemal von ihrem Hochmutsfimmel heilt. Unter Lau Laurigens Regie entwickelte sich ein munteres Spiel, in dem viel Gesundes, viel wirklich Beluftigendes liegt. Wie urtomisch fich Pat und Patachon im Zirtus, sowie in Dor­nehmer Gesellschaft ausnehmen, tann fich jeder denten, der dieses Baar schon einmal gesehen hat. Dabei sind die Einfälle weder überwältigend noch neu, doch die beiden hatten sie bisher noch nicht verwandt. Man hat es eben verstanden, eine Situationsfomit zu schaffen und sie weiblich auszunuzen. Es wurden bei der Uraufführung tatsächlich Lachsalven entfesselt, so u. a., wenn die Schloßgefpenfter gleich bugendweise auftreten. Dstar Striebolt fchuf in seinem reichen Schlächtermeister eine Figur aus dem Leben. Glänzend war auch Tris Hjorth, feine fo fein gewordene Ge mahlin, die sich, da sie nicht natürlich bleibt, in die unmöglichsten Situationen bringt. Der sehr sympathische Einar Hanson ist ein etwas reichlich eleganter Schlächtergeselle, zumal er der Widerpart feiner überfeinerten Schwiegermutter ist.

drei erstklassige Barieténummern das Programm. Außer der interessanten Deulig- Woche vervollständigen noch -g.

Die aus erster Ehe. ( Alhambra, Kurfürstendamm  .)

Dieser unter Jacques Beŋders   Regie von Dimitri de 3on­baloff hergestellte Film hat zwei für den Erfolg beim großen Bubli­fum ausschlaggebende Eigenschaften. Er wirft auf die Tränenbrüjen, und er wartet mit Sensationen auf. Dabei enthält er volle Lebens­wahrheiten, die schlicht in angenehmer Weise geschildert toerden. Dem Bauern Ferdinand Amsler stirbt sein Weib. Er bleibt mit zwei Kindern zurüd, einem überempfindsamen Knaben und einem fleinen Mädchen, das es noch gar nicht erfassen kann, was der Tod der Mutter bedeutet. Als zweite Frau fommt eine verwitwete Bäuerin, selbst Mutter einer Tochter, ins Haus. Dieser Frau leiht Rachel Devirys   solche sympathische Züge, daß einem von vornherein ganz warm ums Herz wird. Man weiß es, fie wird die sehr fchwierige Aufgabe erfüllen, allen drei Kindern eine gerechte Mutter zu sein. lind sie hat es sehr schwer, denn zwischen ihrer Tochter und dein Knaben entsteht bittere Feindschaft. In findischen Zänte reien tut sie fich fund, einmal wird sie zum furchtbaren Ernst. Der Anabe hat, als sein Bater ihn und die Stiefschwester bei einer Schlittenfahrt mitnahm, die Puppe des schlafenden Mädchens vom Schlitten geworfen. Das Kind trauert sehr um seine Puppe. Abends, beim Bubettgehen, sagt er dem fleinen Mädchen, wo die Puppe liegt und öffnet ihm das Haus. Jetzt wird Eva Schelte bekommen," denkt er. Die Suchende aber gerät in einen schrecklichen Schneesturm. Bon Gewissensbiffen geplagt, beichtet der Knabe. Der Bater alar­miert die Dorfeinwohner und das Kind wird gerettet. Der Knabe, niedergedrückt durch seine Schuld, die ihm freilich niemand zum Bormurf macht, begeht einen Gelbstmordverfuch, indem er sich in einen Wildbach stürzt. Die Stiefnutter rettet ihn und wahre Liebe schlingt das einende Band um alle. Diese Handlung, in die wunder bare schmeizerische Gebirgslandschaft gestellt, rollt in wirtlich schönen Bildern ab. Die kleinen Zänkereien der Kinder sind so nett geschil dert, daß sie zum Genuß werden. Man muß lächeln und herzlich lachen über dieses widerspenstige Dreigespann. Jean Forest   spielte den Peter glaubhaft in seiner franken Empfindlichkeit. In der Bewegung ist Jean Forest   freilich schon vollkommen reif, ganz und gar der gelernte Schauspieler. Arlette Peŋran als Eva und Pierette Houyez als Hildchen machten einem viel Freude. e. b.

Rin- Tin- Tins Heldentat.

Tauenhien- Palast.

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Rin- Tin- Tin  , dieser filmschauspielernde deutsche Schäferhund, ist eine internationale Berühmtheit. Sein Erfolg hat ein Heer von Nachäffern entstehen lassen. Doch kein anderer Hund hat ein solch interessantes Mienenspiel, und tein man möchte hinzusetzen anderes der dressierten Tiere ist so schön in der Bewegung. Was ist nun der Inhalt des neuen Films? Der filmisch sehr sichere Regisseur Mal St. Clair gefiel sich darin, uns eine Reihe der wustesten Warum? Greuelszenen darzubieten. Rin- Tin- Tin   spielt seine Errettungsszenen so föstlich und so voller Schwung, sie würden auch Aufregungen und Spannung genug in eine fanftere Umgebung tragen. Benn alles mit rechten Dingen zuginge, müßte ein Massensterben einsetzen. Aber man bleibt von vornherein falten Blutes, weil es fich um einen amerikanischen Film handelt, und in ihm bleiben auch schablonengemäß alle am Leben: der blinde Leuchtturmwärter und seine Tochter, der junge Schiffbrüchige und die Schmuggler, die Bejagung des Regierungsschiffes und Rin- Tin- Tin  . Er wurde das Schicksal für alle, denn er hat das Leuchtfeuer wieder angezündet und somit dem Kegierungsschiff( das nach dem Text zu urteilen schlechte Nautiker an Bord hatte) zum Sieg über die Schmuggler verholfen. Buster Collier jr. hat schöne offene Züge, zudem ist er in seinem Auftreten recht sympathisch, man gönnt ihm das Mädel vom Leucht­turm als Braut. Das sich drehende Leuchtturmlicht, die Brandung und die Verwendung von zwei Schiffen ergaben für den Photo graphen die gewollten guten Filmeffekte.

Auf der Bühne wurde fleißig getanzt. Das Publikum zeigte sich c. b. von den Darbietungen des Balletts entzückt.

Die Export Film- Bertrieb G. m. b. S. hat die Aufnahmen zu ihrem neuen Film Die Meral der Coffe" unter Jany Erchers Regie Beendet.

Bur Feier des Zwanzig- Jahr- Jubiläums der russischen Revo Iution von 1905 wird in Rußland   ein Film hergestellt, der den Titel Das Jahr 1905" tragen wird.

SCHAUBURG- Königgrätzer Königgrätzer Straße 121

Täglich:

O alte Burschenherrlichkeit

( Gaudeamus igitur  )

Manuskript und Regie Helene Lackner und Eugen Rex  .

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In den Hauptrollen: Eugen Klöpfer   Maria Zelenka   Walt.Slezak  / Frida Richard   Hans Mierendorff   Carl Beckersachs   CharlesWilly Kayser Fabrikation und Verleih: KOOP- FILM GMBH, BERLIN   SW 48, Friedrichstraße 30.