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Ar. 459 42. Jahrg. Ausgabe A nr. 234

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297.

Dienstag, den 29. September 1925

An die Partei!

Genoffinnen und Genossen!

die Demokratisierung des Völkerbundes wird dann Deutschland um so mehr Einfluß haben, je mehr es selbst im Innern an der Ausgestaltung seiner demokratischen Einrichtung arbeitet. Dem gilt die tägliche Arbeit der Sozialdemokratischen Partei gegen alle nationalistischen, militaristischen und reaktionären Be­strebungen der herrschenden Klassen.

tritt muß nicht nur im Interesse des deutschen Volkes, sondern Der Heidelberger Parteitag hat die Erwartun­vor allem auch zum Schuh der deutschen Minder gen der Partei erfüllt und die Hoffnungen unserer Gegner ent- heiten in der ganzen Welt endlich vollzogen werden. Auf täuscht. In ernſtem geistigen Ringen reisten seine Ent­scheidungen. Daß die notwendigen Auseinandersetzungen kameradschaftlich ausgetragen. werden können, dafür war der Heidelberger Parteitag ein trefflicher Beweis. Seine Ver­handlungen müssen den Parteigenossen im Reiche überall zum Vorbild für die inneren Kämpfe werden, ohne die das Leben einer politischen Organisation zum Erstarren verurteilt ist. Daß selbst schwere sachliche Differenzen, gesteigert durch per­sönliche Anfeindungen, eine e inmütige Beurteilung er­fahren können, hat der Beschluß der Sachsenkommission des Barteitages erwiesen. Die gesamte Partei erwartet, daß der Heidelberger Parteitag der letzte war, der sich mit dem Sachsenkonflikt zu befassen hatte. In unserer auf demokratischer Grundlage geschaffener Organisation ist der Wille des Parteitages bindendes Gesetz..

D

Der Heidelberger Parteitag gab ein

Bild stärkster Geschloffenheit der Partei. Während die Kommunistische Partei in mirrem Durcheinander alle paar Wochen die Taktik wechselt und eine Führergarnitur nach der anderen bezichtigt, den wahren Lenin verraten zu

Sozialdemokratische Partei den Als eine der allerdringlichsten Aufgaben betrachtet die

Kampf gegen den Entwurf eines Reichsschulgesetzes, der unter schnödem Bruch der Reichsverfassung ausgearbeitet und den Länderregierungen bereits vorgelegt ist. Hier gilt es, in leidenschaftlichem Ringen die Mütter und die Bäter aufzu klären über das Attentat, das gegen die Simultanschule zu gunsten einer in der Verfassung nicht vorgesehenen Welt­anschauungsschule geplant ist. Dieser Schulkampf muß allen nach Licht Ringenden Aufklärung über unsere sozialistischen Schulideale bringen. Besonders die sozialistischen Frauen haben in diesem Kampfe um die Gewissensfreiheit bei der Aufrüttelung der Eltern eine ebenso große wie dankbare Aufgabe. So durchgeführt, wird dieser Freiheitskampf für die Erziehung unserer Kinder dazu dienen, der Sozialdemo­fratischen Partei neue Scharen von Männern und Frauen als Mitglieder zuzuführen.

Auf dem Heidelberger Parteitag hat sich die Sozialdemo= fratische Partei

ein neues Programm

haben, arbeitet die Sozialdemokratische Partei unentwegt für die Interessen aller notleidenden Schichten des deutschen Boltes. Das werden diese im Interesse der Kapitalisten und Groß­landwirte ausgebeuteten Schichten des deutschen Volkes desto flarer erkennen, je länger die Rechtsregierung Luther- Schiele­Stresemann am Ruder bleibt. Der Heidelberger Parteitag hat gegeben. Es hat vor dem Parteitag nicht an Stimmen gefehlt, die Politik der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion zu die davor warnten, weil eine Zeit politischer und wirtschaft­gunsten der betrogenen Sparer und Kleinrentner, für eine licher Gärung, wie die nach dem Weltkriege, zu nicht nur für gerechte Verteilung der Steuern und gegen die Wucherzölle den Tag bestimmten programmatischen Festlegungen, wenig auf Lebensmittel und Industrieprodukte gebilligt. In un Beruf habe. Der Heidelberger Parteitag hat anders entschieden. ermüdlicher Agitation müssen die Genossinnen und Genossen Er konnte das, weil Aenderungen an dem grundsäglichen die breiten Massen des Volkes auf allen Gebieten mit den Teile des sozialdemokratischen Programms der Vorkriegszeit, Zielen der sozialdemokratischen Politik bekannt machen. Vor die das Ziel der Partei berühren, nicht notwendig waren. dem deutschen Volke muß das Gerede von der Preissenkung als Gerade die Kriegszeit und die Nachkriegszeit haben die Kon­die das Ziel der Partei berühren, nicht notwendig waren. Gerade die Kriegszeit und die Nachkriegszeit haben die Kon­Schwindel entlarvt werden. Hochschutzzollpolitik und Preis- zentration des Kapitals gefördert und die Kartelle immer fentungsversuche sind miteinander unverträglich. mächtiger werden lassen, während sich durch Krieg und Infla­Darüber hinaus muß die Sozialdemokratische Partei der tion die Millionen derer ständig vermehrten, die völlig ver­mögenslos allein auf die Arbeit ihrer Hände und ihres Kopfes Außenpolitik eine erhöhte Aufmerksamkeit angewiesen, ein Leben ökonomischer Abhängigkeit führen schenken. Nachdem die Großlandwirtschaft und die Schwer- müssen. Ueber die Stellung der Sozialdemokratischen Partei industrie sich ihre Zollprofite gesichert haben, machen die zu den Gegenwartsforderungen des Programms bestanden Deutschnationalen der Fortführung einer Außen- aber wesentliche Meinungsverschiedenheiten überhaupt nicht. politit, wie sie von den Regierungen der Weimarer Koalition Die Sozialdemokratische Partei ist völlig einig darin, daß geführt wurde und nach dem verlorenen Weltkriege für Deutsch die deutsche Republik mit allen Mitteln ge­land die einzig mögliche ist, allerhand Schwierigkeiten. fchüßt, daß Tag für Tag alle Kraft daran gesetzt werden Wenn neue Störungen der deutschen Wirtschaft vermieden muß, sie mit demokratischem Geist zu durchdringen und mit werden sollen, die Hunderttausenden Arbeitslosigkeit bringen fozialem Inhalt zu erfüllen. So wird das Heidelberger würden, muß in den nächsten Monaten die Politik der Ber- Programm nicht zuletzt auch unserer Jugend ein ständigung zu einer Befriedung Europas durch die Annahme e gweiser sein zu unserem Ziele: Auf dem Boden der von Sicherheitsverträgen führen. Aber diese Baftverträge demokratischen Republik das Reich für den Sozialismus zu gewinnen nur dann praktische Bedeutung, wenn Deutschland erobern. In diesem Sinne, Genofsinnen und Genossen, an die gleichzeitig in den Völkerbund eintritt. Dieser Ein-| Arbeit! Berlin , den 26. September 1925.

Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Die gerettete Konferenz.

Hoesch renkt wieder ein.

Paris , 28. September. ( Eigener Drahtbericht.) Ueber die Unter­redung, die am Montag abend zwischen dem deutschen Botschafter Hoesch und dem französischen Außenminister Briand statt.

hängenden Nebenfragen zur Sprache, unter denen einige noch nicht geflärt sind."

franzöfifcher Seite mitgeteilt. Näheres über die Unterredung wurde weder von deutscher noch

*

Trok der knappen und inhaltslosen Formulierung der gefunden hat, ist von deutscher Seite folgende amtliche Mit- amtlichen Nachricht darf man annehmen, daß Herr v. Hoesch redlich bemüht war, am Montag wieder einzurenten, was am teilung ausgegeben worden: Sonnabend ausgerenkt worden war.

Der deutsche Botschafter von Hoesch ist im Berfolg des Besuches, den er am Sonnabend dem General­sekretär des Auswärtigen Amtes Berthelot abgestattet hat, am Montag um 5 Uhr von dem franzöfifchen Außenminister Briand empfangen worden. Die Unterredung hat etwa eine Stunde gedauert. Der deutsche Botschafter hat dem französischen Außen­miniffer nochmals die Annahme der Einladung zur Ministerkonferenz durch die deutsche Regierung zur Kenntnis gebracht. Im Anschluß daran tam eine Reihe von mit der Minifterfonferenz zufammen­

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Minister gegen Sozialpolitik.

Zum Fall Sizler- Meisinger.

Wie das Reichsarbeitsministerium in seiner Antwort auf die Veröffentlichung der Aftennotiz mitteilte, befand sich Mini­ſterialdirektor Dr. Sizler am Sonnabend nicht in Berlin . eine Rückkehr wurde für Montag angekündigt. Da bas Reichsarbeitsministerium in seiner Antwort von Mißver= ständnissen sprach, die Dr. Meißinger unterlaufen feien, dessen Attennotiz im übrigen objektiv falsch sei, nahmen wir an, daß wenn nicht der Syndikus der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, zum mindesten der Ministe­rialdirektor Dr. Sizler am Montag zu der Aftennotiz Stellung nehmen würde.

Unsere Erwartung hat sich nicht erfüllt. Man muß aus diesem vielsagenden Schweigen den Schluß ziehen, daß auch der Ministerialdirektor Dr. Sizler nichts gegen diese Aktennotiz zu sagen weiß. Der Ministerialdirektor hat ja in feiner Be­sprechung mit dem Vertreter der Vereinigung der deutschen arbeitsministers gehandelt, wie er selbstverständlich Arbeitgeberverbände nur in Vertretung des Reichs­auch nur in Vertretung und im Auftrage des Reichsarbeits­ministers die Schlichter nach Kassel einberufen hat, uni sie dort im Sinne der Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände zu instruieren.

Hier müssen wir eine Bemerkung einschalten. In seiner- Erwiderung versuchte das Reichsarbeitsministerium der Be­fprechung zwischen Dr. Meisinger und Dr. Sizler die harmloje Deutung zu geben, als sei diese nur eine der vielen Besprechun­gen, die täglich auch mit Vertretern der Arbeiterorganisationen hier die Frage zu stellen, ob der Reichsarbeitsminister oder im Reichsarbeitsministerium stattfinden. Wir gestatten uns, gleichfalls informiert hat von der Aufklärung, die die einer feiner ermächtigten Vertreter die Arbeiterorganisationen Schlichter in Kassel durch den Ministerialdirektör Dr. Sigler bekommen haben. Die Frage stellen, heißt sie beantworten. das Reichsarbeitsministerium sich gegenüber denunter­Damit ist aber auch schon flargestellt, in welchem Verhältnis nehmern und in welchem Verhältnis es sich gegenüber den Arbeitern befindet.

widerung vom Sonnabend nacht den Bersuch machte, den Wenn also das Reichsarbeitsministerium in seiner Er Reichsarbeitsminister hinter den abwesenden Ministerialdirek tor zu verstecken, so hat dieser durch sein Schweigen am Montag sehr deutlich gesagt, daß nicht er, sondern der Reichs­arbeitsminister der allein Verantwortliche für die Politik des Ministeriums iſt.

Der Versuch, den Standal ins 5) armlose umzudeuten, scheitert von vornherein an der Bemerkung des Ministerial­ger, um Gotteswillen ja nur nichts Schriftliches über direktors gegenüber den als schreibselig bekannten Dr. Meiẞin­diese Besprechung aus der Hand zu geben. Wenn die Be­ziehungen zwischen dem Reichsarbeitsministerium und der Bereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände wirklich so harmlos wären und durchaus dem entsprächen, was auch gegenüber den Arbeiterorganisationen üblich ist, dann brauchte das Reichsarbeitsministerium in feiner Weise die Oeffentlich­feit zu scheuen. Diese Furcht, nicht nur der Inhalt der Be­ſprechung zwischen den Vertretern des Reichsarbeitsministers verbände, sondern vor allem die dabei besprochene gegen­und dem Bertreter der Vereinigung der deutschen Arbeitgeber­wärtige und fünftige Politik des Reichsarbeitsministers könnte den Gewerkschaften bekannt werden, und der Reichs­arbeitsminister würde dadurch bei den Gemertschaften um allen Kredit kommen, diese durchaus berechtigte Furcht fommt auch noch an anderer Stelle der Besprechung zum Vorschein. Die Ungeheuerlichkeit liegt ja nicht so sehr in der Tatsache, daß der Vertreter des Reichsdrbeitsministers mit dem Ber­treter der Unternehmerverbände sich über die Politit in der Lohn- und Arbeitszeitfrage unterhält und dabei sich bemüht, einen tonzilianten Ton anzuschlagen. Das Unmögliche des Vorgangs liegt in der Tatsache, daß der Reichsarbeits­minister in den Fragen, die ausgesprochene Arbeiter. fragen sind, die Instruktionen der Vereini gung der deutschen Arbeitgeberverbände entgegennimmt und erflärt oder erklären läßt, daß er in allen Punkten mit den Unternehmern überein­stimmt, daß er entschlossen ist, die Linie" der Unterneh­b. h. die gesamte Sozialpolitit zu sabotieren. mer in der Lohnfrage wie in der Arbeitszeitfrage einzuhalten,

Man fann gewiß von einem Ministerium, das der Regis rung Luther- Stresemann- Schiele angehört, nicht erwarten, daß. Locarno und der 5. Oktober stehen feft. es sozialdemokratische Politif in Arbeiterfragen macht. Aber Condon, 28, September. ( WTB.) Der Amfliche Eng- selbst im taiserlichen Deutschland , selbst zur Zeit des Sozialisten lische Funkdienst meldet: Es fann nunmehr als feft- gesetzes, während der allerschwärzesten Realtion haben die Bor stehend betrachtet werden, daß die bevorstehende Konferenz über gänger des Dr. Brauns sich bemüht, Sozialpolitit zu den Sicherheitspakt in Locarno stattfinden und am 5. Ottober betreiben. Dr. Brauns und das geht ja nicht allein aus beginnen wird. Bei der Ueberreichung der deutschen Annahme der der Aftennotiz hervor, sondern aus der ganzen Politit, wie fie bereits gemeldet, mit Austen Chamberlain eine Unterredung über wird- Dr. Brauns bemüht sich nicht nur teine Sozialpolitik Konferenzeinladung hatte der deutsche Botschafter in London , wie vom Reichsarbeitsministerium feit etwa zwei Jahren betrieben die Stellung der deutschen Regierung zu den zur Erörterung stehen zu machen, sondern das, was feine Borgänger geschaffen haben, den Fragen. entweder ganz zu beseitigen oder zu sabotieren.