Dienstag
29. September 1925
Unterhaltung und Wissen
Sardinische Romanze.
Schauplatz der Handlung ist Sardinien . Unter fast immer blauem Himmel lacht hier die Phantasie befruchtende Landschaft von Orgosolo und über ihren Tälern schwebt es wie ein längst vertlungenes Hirtenlied aus ferner Zeit.
In den Rahmen ihrer Berge, an deren grünen Abhängen die Schaf und 3tegenherden flettern, hatte das Schicksal die beiden Helden dieser Romanze: Nicolo Succu und Battista Corraine mitten hineingestellt. Die beiden sind die Häupter einer Räuberbande gewesen, die seit mehr denn zwanzig Jahren diesen Teil der Insel unsicher gemacht hat, einer Bande, der keine Polizei beizukommen rermochte, weil sie sich des Schutzes der gequälten Hirten und Bauern selbst zu erfreuen gehabt und weil sie ihre Taten in den blutroten Mantel der Vendetta zu hüllen verstand.
Es ist noch gar nicht lange her: Da hielt vor der Carabinieristation in Sassari ein Automobil. Zwei seiner Insassen trugen flammend rote Mäntel, wie sie die Hirten von Orgosolo an festlichen Tagen anzulegen pflegen, und die übrigen drei erschienen in schlichtem und mondänem Schwarz.
Es handelte sich um die beiden Räuberhäuptlinge Nicolo Succu und Battista Corraine, die der Kopfjagd müde geworden, fich unter der Deckung ihrer Berteidiger gestellt haben! Die Berhaftung voll30g fich mit italienischer Gentilezza, die man auf Sardinien noch doppelt unterstreichen darf.
Die Geschichte dieser Räuberbande von Orgosolo reicht weit zurück. Zwanzig Jahre sind es jetzt her. Da nahmen infolge eines Testamentes die Zwiftigkeiten zwischen den beiden angesehenſten Familien des Dorfes, Cossu und Corraine, ihren Anfang. Der reiche Bauer Domenico Moro war gestorben und hatte sein Testament zuungunsten der einen dieser beiden Familien gemacht.
Es ist sardinische Tradition, in diesen Bergtälern wenigstens noch. Bersagt das Gesez, dann holt man sich selbst mit bewaffneter Hand sein Recht.
Das war auch hier und diesmal ber Fall, an einem Wintermorgen in der Zeit, wenn die Ziegenhirten von den Schneegipfeln des Giuargentu in die mildere Ebene von Campidano mit ihren Tieren herabgestiegen sind. Carmine Corraine, der älteste von zwei Brüdern und ein Berwandter der Cossus, Egidio Padda mit Namen, gerieten ob jener Nachlaßbestimmungen in Streit. Er endete, wie so oft in Sardinien , mit einem wohlgezielten Büchsenschuß. Corraine war das Opfer. Egidio Padda hatte ihn erschossen. Die GeSchmorenen von Oristano sprachen den Totschläger frei, und die Corraines famen zu dem Entschluß, sich mit der Flinte in der Hand von nun ab selbst Recht zu verschaffen.
Giovanni Corraine trommelte eine militärisch organisierte Räuberbande zusammen, die ihn gleich seinem berühmten Vorgänger Karl von Moor zum Hauptmann ausrief.
Auch ihm war, wie der junge Schiller sich ausdrückt, das Gesetz unter die Füße gerollt!
Giovanni Corraine war ein hochgewachsener Bursche, tollkühn bis zum Wahnmiz und dabei einen Zug von Großmut in seinem Wesen, ganz so, wie sich die Tage der Romantik das Ideal eines Räuberhauptmanns vorgestellt haben. Noch heute rühmt man auf Sardinien seine Augen. Blau seien fie gewesen, wie Farbe des fernen Meeres mit einem grünlichen Schimmer, blonde, tange Locken umwallten sein Haupt, und sein Bart war wie aus Gold.
Er lebt in der Einnerung seiner Landsleute als eine friege
Beilage des Vorwärts
Ostpreußische Krankheitserscheinungen.
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Tja, Herr Baron, erst das Herbstmanöver, dann der Kronprinzenbesuch und nachher noch die Prinzessinnenparade, das war zuviel. Sie haben eine ganz solide kinnbackenverrenkung, Sie müssen am besten in Bad Dalldorf."
risdje Gestalt, die etwas von dem Helden der längst verflungenen dringend eine Hurraentziehungskur durchmachen
Sage in nüchterne Zeiten hinübergerettet hat.
Außer den beiden Brüdern Corraine gehörten die Succus und Devaddis sowie viele andere junge Freunde der Corraines zu der Bande.
Und ihr Mittelpunkt war Basta Devaddis, die unter all diesen Männern eine Jungfrau war... und blieb!
Ihres frühen Todes romantische Geschichte bildet eines der er greifendsten Kapitel in der Chronit dieser jardinischen Räuberbande. Pasta Devaddis faß allein in der Hütte. Thren siebzigjährigen Bater hatte man gefangen genommen, und der Alte fiechte in endloser Untersuchungshaft dahin, ohne seinen Richtern vorgeführt zu werden. Berräterischer Mord hatte ihren Bruder Francesco zur Strede ge bracht, und Battista schmachtete im Gefängnis von Civitavecchia . Da faßte Baska den Entschluß, sich mit ihrem Verlobten und dem Rest ihrer Brüder zusammenzutun und fortab wie diese der Räuberbande anzugehören. Das Mädchen war solcher Anstrengung nicht gewachsen. In der Macchia Sardiniens hat sie sich bei den Räubern die Schwindsucht geholt und wurde in einer falten Winternacht Sterbend in des Vaters einsame Hütte zurückgeführt. Hier lag sie auf dem Totenbette, in der feierlich hergerichteten Camera Ardente, umstrahlt von dem Scheine der geweihten Kerzen, befleidet mit föstlichen Gewändern und behängt mit gestohlenen Juwelen und geraubtem Gold.
Für das sardinische Bolt eine Heilige in der Armut verfemter Hütte. Ergab doch die gerichtliche Autopsie dieser Leiche Pastas Jungfräulichkeit, die sie sich inmitten der Räuberbande in der Macchia bewahrt hatte... und seitdem man solches festgestellt, fiel der Glorienschein der Ritterlichkeit auf die Corraines und ihre Schar. Die Kunde von den Ereignissen in Orgosolo und der Ruhm der Cossus und der Corraines drang von Sardinien auf die Halbinsel. Jahrelang hat sich daher Italiens öffentliche Meinung mit den Helden dieser sardinischen Romanze beschäftigt, zumal da die Meinung verbreitet worden war, daß die Behörden die Partei der Cossus ergriffen hätten. Blutige Rämpfe zwischen den beiden unverföhnlichen Gegnern und ihren Anhängern sind damals in Orgojolo an der Tagesordnung gewefen.
Es tam auf Sardinien zum Terror. Denn der Bande Mitglieder schienen bald allmächtig geworden zu sein. Der mit dem Tode von den Räubern bedrohte Priester Diego Coffu floh in das Eril nach Genua und wagte es nicht, nach Sardinien zurückzukehren. Ein Onkel der Succus zog sich nach Carloforte zurück. Als er sich nen dort fortwagte, fiel er in Benetutti der Rache Giovannis zum Opfer. Antonio Corraine, der alte Bater der Banditen, wurde eines Tages auf dem Grunde eines Brunnens gefunden und ein Kind ron fünf oder sechs Jahren, einziger Zeuge dieser Tat, verschwand ohne Spur.
In Badu Ottana fiel Giovanni Corraine im offenen Kampfe mit den Carabinieri gleich einem Helden des Schlachtfeldes, und seine Feinde selber richteten ihm zum ewigen Gedächtnis an der Stätte seines Todes das Grabmal auf.
Nun übernahm Onorato Succu das Oberkommando über die Bande.
Er war ein vielgesuchter Herr. Begaben sich doch damals viele Journalisten aus Italien und dem Ausland nach der Insel, um den Geheimnissen von Orgojolo auf den Grund zu fommen.
Die Räuber haben sie samt und sonders an der Nase herum geführt. Harmlose Hirten sind damals zu den versprochenen Interviews erschienen, aber fein Onorato Succu. Vor dem Bischof zu Nuoro ist es schließlich im Jahre 1916 zu einem Friedenspatt zwischen den sich bekämpfenden sardinischen Banditen gekommen. Freilich Onorato Succu felbft hat sich nicht zu diesem Akte begeben. Er hat sich vertreten lassen, denn auf seinen Ropf waren 8000 Lire gefeßt. 3wei seiner Freunde find nach Amerita ausgewandert, und er selbst rühmte sich, den Friedenspatt immer getreulich gehalten zu haben.
Im Volksmund hieß dieser Patt„ Die Prozession von Orgofolo". Bald darauf hat sich Onorato Succu mit Serafina Manca ver heiratet. Das Brautpaar erschien bei dem Bürgermeister Orgofolos,
um die Formalitäten zu erledigen, ließ sich in einer fleinen Kirche der Macchia trauen, feierte sein Hochzeitsmahl und ist bei alledem von feinem der Carabinieri gestört worden.
Serafina fühlte sich in ihrer ganzen Würde als Frau des großen Räuberhauptmanns. Einem Maler Giuseppe Biafi, der sie porträtieren wollte, antwortete fie:„ Meine Stellung als Onorato Succus Frau verbietet es mir, für Bilder oder Photographien zu posieren."
Auch mit den Behörden ist Serafina fertig geworden wie mit dem Maler. Einst fragte man fie, ob Waffen bei ihr verborgen feien, und fie meinte:
Onorato Succu ist mein Mann, soll ich ihm daher nicht einen Gefallen tun? Wenn ich eine Flinte für Onorato Succu aufhebe, dann können Sie doch nicht verlangen, daß ich Ihnen solches rerrate."
Auch der Regierung hat die Bande Succu einmal einen Dienst erwiesen. Der Räuberhauptmann führte die Seinen geschlossen an die Urnen, als es gegen das sardinische Aktionskomitee zu stimmen galt.
Einst wurden in Orgosolo zwei Kinder entführt. Onorato fette die Seinen in Bewegung, und so lieferten die Räuber der strafenden Gerechtigkeit jene anderen Räuber aus.
Der Held von Orgosolo , der sich mit solcher Gentilezza den Behörden in Sassari stellte, ist mehr als ein Typ. Er hat antite Größe in sich, und er tommt von den klassischen Studien her. Er hat fogar die Schwelle des Lyzeums gestreift, und nur Familienrüdfichten, wie er das nennt, haben ihn dazu vermocht, die Laufbahn des Gelehrten mit der des Räuberhauptmanns zu vertauschen.
Noch heute hat er eine besondere Vorliebe für bedrucktes Papier und ist ein eifriger Zeitungsleser.
Der wirkliche Onorato Succu hat sich den Behörden gestellt und damit ist eines der romantischsten Kapitel sardinischer Zeitgeschichte zu Ende gegangen. Dr. Ed. St.
Flugtechnik und Flugakrobatik. Die auffallende häufung von Flugzeugunfällen in den letzten Wochen zwingt dazu, ihren Ursachen nachzugehen. Zunächst ist zu betonen, daß von diesen Unfällen in der Hauptsache Sport- und Schulflugzeuge betroffen werden. Unfälle beim Schulen d. h. beim Erlernen des Flugzeugführens find schlechterdings unvermeidbar, wenngleich die Methode der Schulung nach dem dings unvermeidbar, wenngleich die Methode der Schulung nach dem ausgezeichneten, in Kriegszeiten tausendfach erprobten System der Doppelsteuerung, den Flugschüler nach Möglichkeit sichert. Absturzgefahr droht dem jungen Flieger erst dann, wenn er nach der nötigen Anzahl von Schulflügen, bei denen er von seinem Lehrer dauernd fontrolliert und in gefährlichen Momenten sofort forrigiert wird, auf den ersten Alleinflug geschickt wird. Eine mit dem fliegerischen Temperament nur gar zu häufig verbundene Neigung zu Ueberheblichkeit und Boreiligkeit veranlaßt dann den jungen Biloten nur zu leicht, früher als seine Fähigkeiten es erlauben, mit Kunststücken nach berühmten und bewunderten Mustern zu beginnen. Eine andere und noch weitaus schwerere Gefahr für das Renommee des verant wortungsbewußten ernsten Piloten stellen die Unglücksfälle bar, die sich anläßlich von Wettbewerben ereignen. Veranstaltungen, bei denen die Piloten durch hohe Preise veranlaßt werden, einem fenfationslüsternen Publikum sogenannte Hohe Schule" vorzu fliegen, fordern die entschiedenste Ablehnung heraus und sollten polizeilich verboten werden. Ganz zweifelhaft gehört es zu notwendigem Rüstzeug des Piloten, sich auf plöglich eintretende gefährliche Situationen durch Einüben von gefährlich aussehenden Tricks vorzubereiten. Unverantwortlich aber ist es, wenn solche angeblichen Kunstflüge Looping, seitliches Abrutschen, trudeln, Rücken flug usw. zu Geschäftszweden inszeniert werden. Entweder wird auf den Piloten seitens der Geschäftsleitung ein Druck ausgeübt, das Publikum dadurch zu befriedigen, daß er seine Kunststücke in mög: lichst geringer Höhe ausführt. Dadurch aber wird sowohl der Bot als auch das Publikum auf das gefährlichste bedroht. Es gibt faum
eine Situation, aus der sich ein geschickter Pilot nicht hinausretten könnte, vorausgesetzt, daß er die nötige Höhe hat. Seßt er sich aber folchen Situationen in Höhen pon einigen hundert Metern aus, fo muß er mit annähernder Sicherheit darauf rechnen, bei dem geringsten Zwischenfall rettungslos abzuftürzen, möglicherweise in das Schaupublitum hinein. Andernfalls, b. h. wenn der Pilot in ausreichender Höhe, alfo 500-1000 Metern fliegt, sieht das Publikum nichts von den Einzelheiten der Sensationen, die ihm eine fmarte Reflame versprochen hat und die Fliegerei wird zum Nepp.
Was die vermeintlichen Unfälle betrifft, von denen in letzter Zeit Verkehrsflugzeuge heimgesucht wurden, so dente man an das Gesetz der Serie, das z. B. lezthin in ganz furzer Zeit in Frankreich vier schwere Eisenbahnunfälle fast unmittelbar aufeinander folgen ließ. Gerade das die Nachricht von Berkehrsflugunfällen gang besondere Aufmerksamkeit erregi, führt notwendig zu dem Schluß, daß solche Unfälle glücklicherweise schon zu den Seltenheiten gehören, was auch durch die Statistiken der Luftverkehrsgesellschaften bezeugt wird, die bei Hunderttausenden von zurückgelegten Kilometern und Laufenden von beförderten Baffagieren durchweg eine fast hundertprozentige Luftverkehrssicherheit nachweisen.
3m Herbstwald. Nun sprenteln, statt der Blumen, zahlreiche Pilze den Waldboden. Wiederholte Regengüffe haben sie rasch entfaltet, und schon sizen ihre Verfolger ihnen auf den Fersen. Mit Bilzkörben bewaffnet, treiben fie angewandte Botanit". Sie fingen den Wald nicht an, fümmern sich nicht im geringsten um seine Schönheiten, werfen fogar den prächtigsten rotmeißen Fliegenpilzen, die viele Waldblumen an malerischer Wirksamkeit übertreffen, giftige Blicke zu und suchen starren Blickes und gebeugten Rumpfes den Waldboden ab, als gelte es, die Bestandteile einer zerrissenen Perlenfette zusammenzufinden. Bei jedem schönen Steinpilz aber, den sie finden, verklärt sich ihr Gesicht, und wenn sie schließlich mit gefülltem Rorbe wieder strahlend zum Bahnhof ziehen, sind sie die liebenswürdigsten Menschen von der Welt.
Wer ihren Spuren im Walde folgt, dem blüht so leicht kein genießbarer Steinpilz mehr. Da wir aber die Pilze mit den Augen, statt mit dem Gaumen genießen wollen, so finden wir noch genug. Außer den schon erwähnten Fliegenpilzen, die mit ihren bunten Kappen förmlich Reflame für fich machen, sind da die bis zur Tellergröße heranwachsenden Milchpilze, mit beim Zerbrechen tropfenweise herausfließendem weißen Milchsaft, der straff aufrechte Parasolpilz und das Heer der meist gemiedenen Täublinge, dazu die unvermeidlichen Knollenblätterschwämme. Am Grunde alter morscher Strünke dichtgedrängte Scharen des gelben Schwefeltopfes. Er ist giftig und doch harmlos, denn sein Aussehen ladet nicht zu Kostproben ein. Dies gilt noch weit mehr von der zum Glück nicht sehr häufigen Stintmorchel. Wo sie ihre Reize entfaltet, tut fie es mit so nachdrücklichem Barfüm, daß der Waldgast sich mit Graufen wendet, noch ehe er fie erblickt hat. Dafür zieht sie Scharen von Fliegen an, die die Absichten der Natur in diesem Falle besser als wir zu würdigen wissen.
Hier und da auf grafigen, feuchten Waldwegen Scharen von Tintenpilzen. Die Hüte sind kegelförmig, die Blättchen der Unterseite schwarz, und bald schmilzt die ganze Gesellschaft in eine schwarze Flüssigkeit zusammen, die die Sporen wieder dem Boden zuführt. In den Haselbüschen reifen die Nüsse, die ersten Eicheln fallen zu unseren Füßen und Kinder spähen nach den ernsten braunen Roßtastanien und stachlig grüner Hülle. Denn der Herbstwind ist an der Arbeit. Die Vögel find verftummt, und durch die Wipfel ziehen rauschend die Melodien, die das Ende diefes Sommers betrauern.
Das Wachstum der Gummibäume. Die in Australien vorkommenden Gummibäume erreichen schon innerhalb sechs Jahren eine Höhe von zwanzig Metern und werden in ausgewachsenem Zustande über 150 Meter hoch. Das schnelle Wachstum hat zugleich die günstige Wirkung, fumpfige Gegenden zu entwässern und dadurch fieberfrei zu machen. Das Holz ist wegen seiner Schwere und seiner Unangreifbarkeit durch den Holzwurm sehr geeignet für Wasserbauten.