Eine mpfteriöse Märe. ReichSregiervng und Reichsverbaud der deutsche « Industrie. Es ist bekannt, daß im Reichsverband der deutschen In- dustrie gegen die Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung des Kartellwuchers eine erhebliche Mißstimmung herrichte und daß insbesondere, wie aus Artikeln der Fach- presse hervorging, die Frage der Goldpreise in der Industrie anders beurteilt wird als im Reichswirtschaftsministerium, dq<5 bekanntlich gegen einige Kartelle wegen der Valutapreisklausel mit einer Klage eingeschritten ist. Um so mehr war man erstaunt, in der gestrigen Morgenpresse einen Bericht über eine Kon- serenz derIndustrieführer mit dem Reichs- k a n z l e r zu lesen, deren- Ergebnis dahin zusammengefaßt wurde, das Reichswirtschaftsministerivm würde„nur noch in Verbindung mitden maßgebenden Stel- l e n der Industrie weitere Schritte unter- nehmen". Es wäre in der Tat ganz unrehört, wenn die Reichsregierung sich derart unter Kuratel des Reichsverbandes der deutschen Industrie gestellt hätte, daß sie nur noch auf seine Anweisungen hin handeln wollte. Das wäre unerhört, aber erklärlich, nachdem selbst das Reichsarbeitsministerium sich dem Diktat der Indusirieführer in so weitgehender Weise beugt, wie das in der berüchtigten Aktennotiz des Herrn Dr. Meißinger zum Ausdruck kam. Run veröffentlicht das amtliche Wolffsche Telegraphen- bureau von zuständiger Stelle der Reichsregierung sowie vom Reichsoerbaad der Deutschen Industrie, „daß die Mitteilung den Inhalt der Besprechung unrichtig und irreführend wiedergibt. Es ist insbesondere selbstverständlich freie Erfindung, daß das Reichswirtschaftsministerium weitere Schritte in der Kartellfrage nur noch in Verbindung mit den maßgebenden Stellen der Industrie tun werde". Ueber das, was wirklich vorgegangen ist und wer den angeblich irreführenden Bericht verbreitet hat, schweigt sich das amtliche Dementi aus. Man weiß hingegen, daß die Telegraphen-Union nicht nur von der Schwerindustrie bezahlt, sondern auch von ihr ständig unter- richtet wird, so daß es nicht allzu schwer sein kann, den Urheber der irreführenden Indiskretion ausfindig zu machen, zumal ja nur drei Herren von der Industrie und den Banken, nämlich Geheimrat Duisberg, Frowein und U r b i g an der Besprechung beim Reichskanzler teilgenommen haben. Die Regierung ist es chrem Ansehen schtildig, öffentlich zu er- klären, wer mit einer solchen Falschmeldung ihre Politik zu durchkreuzen versucht hat. Im übrigen wird der Konflikt, der sich offenbar l'ei dieser Besprechung gezeigt hat, nicht durch Worte aus der Welt geschafft. Seit jeher haben wir den Eindruck gehabt und dos auch öffentlich betont, daß die Zusagen der Inbustrieverbände zum Preisabbau nichts als leere Redensarten waren. Die Regierung, die mit chrer Preissenkungsparole die be- rechtigten Lohnforderungen der Arbeiterschaft bekämpft hat. ist jedoch an ihrWortgebunden. Morgen haben wir den 1. Oktober, an dem die Preissenkungsaktion fühlbar werden sollte, weil zu diesem Termin die Umsatzsteuer herab- gesetzt wird. Die Regierung hat mit Taten zu zeigen, daß sie den Preisabbau will. Auf diese Taten warten wir. Und man wird ja bald erkennen können, ob diese Taten besser aussehen als fragwürdig« Berichte und Dementis über mrzsre- riöf« Besprechungen. Die Seftechungsftage im �p?l.,prozeß. Neue schwere Belastuuge» für LüderS und Nehring. Di« gestrigen Verhandlungen im Lanhespfondhritfanstastprozeh endeten mit Feststellungen, die jede Wahrscheinlichkeit dafür nehmen, daß Lüders und Nehring dem Sldelskonsortium lediglich aus Tut, mütigkeit oder weil sie einmal in das Geschäft hickeingeschliUert waren, dauernd Kredit« bewillig! haben. Nachdem im westercn Verlauf der Verhandlungen festgestellt worden war. daß v. Eßdorf aus den Zahlungen der LPA. 3ö 000 bis 40 000 M. für rein persönlich« Zwecke ausgegeben, daß er aus den Mitteln des LPA. auch seinem Better v. Etzdorf in Dresden als dem angeblichen An- reger zum Geschäst 2 4 000 M. übermittelt hat und daß Ritter. gutsbefitzer v. Zitzewitz, nachdem es zum großen Krach ge- kommen war, v. Etzdorf seine Anteile aus Steuerfurcht zurück- übereignet hat, nohmm die Verhandlungen einen sensationellen Verlauf. In einer Zest, in der die Direktion der LPA. bereit» ganz klar sehen mußte, was von dem AM-tonsortium zu halten war be- willigte L ü d« r» dem Angeklagten v. Etzdorf und einem gewissen Beckhoff einen Kredit in Höhe von 500000 M., damit sie sich unabhängig von den anderen fehlgeschlagenen Spekula- tionen in eine neue Häuserspekulation einlassen tonnten. Frage des Vors.:.Wie kamen Sie dazu?"— L ü d e r e:.Etz- darf und Deckhosf behaupteten, die Einwilligung des Dl- rettors Nehring zu besitzen"(der sich damals in Zinnowitz auf Urlaub befand). Anstatt sich bei Nehring telephonisch nach Richtigkeit der Angaben zu erkundigen, was nach den vielen Enttäuschun- gen, die man bereits mit dem Adelekonsortium erlebt hatte, das Gegebene gewesen wäre, räumt Lüders den Kredit ein und orientiert den Hauptdirektor erst einige Zeit darauf gelegentlich einer tele- phänischen Anfrage Nehrings. Nehring will nun sehr wütend geworden sein, das ganz« eine Schweinerei genannt und Etzdorf der Lüge bezichtigt haben, was ihn aber nicht verhindert, einige Tage darauf den Lügner Etzdorf, der angeblich feinen Namen dazu mißbrauchl hat. um sich von der LPA. eine» 500 000-M.-Sredit zu erschwindeln, in Zinnowitz zu empfang en. mit ihm in, Ease zu gehen und ihm— einen neuen Kredit von 75 000 M. zur Durch. sührung eines holzgeschäfts in Zinnowitz zu geben! Und— nach Berlin zurückgekehrt— hat dieser famose Direktor eines amtlichen Zahlungsinststut» nichts Eiligeres zu tun. als B e ck h o f f. der den Etzdorf nach den Angaben der Angeklagten bei der neuen Spekula- tion über das Ohr hauen wollte, Regrehansprüche in höh« von 600 000 M. avstandslo, zu bewilligen! Man wird sich vergeblich kragen, wie die ehemaligen Direktoren der LPA. dazu kamen, Leuten, diefie als Schufte erkannt hatten, unbeschränk- ten Kredit einzuräumen, wenn sie nicht dabei persönlich zu prost. tieren hofften. Der Angeklagte Mehring freilich»ersucht sich zunächst in Sachen der Zahlungsanweisung von 75000 M. für da» Holzgeschäst, die ihn am meisten bloßstellt, darauf herauszureden, er habe einige Monate nach der Bewilligung sem«n Vertreter in der LPA. Direktor V o r b o u m brieflich gefragt, ob da, Geschäft statthaft sei und ihn dann angewiesen, nicht zu zahlen. Al» aber der Vorsitzende die kon- krete Frage stellt: halten Sie Hsrrn Dorbaum geichrieb-», er solle prüfen ob da» Dejchas» überhaupt zu machen fei. oder haben Sie ihm geschrieben, er solle zusehen, ob er die 75 000 M. nicht noch aus den Mitteln der LPA. hergeben könne? gesteht der Angeklagte Rshring mit heiferer Stimme:«Zch schrieb, a solle
zahlen." Und diese Art des Geständnisse» ist noch belastender als die" Tatsache an und für sich. Die Vernehmung des Angeklagten Etzdorf gilt mit der gestrigen Verhandlung als abgeschlossen. Heute werden v. Tarlvwitz und v. Sarstedt vernommen. Am Freilag werden voraussichtlich die ersten Zeugen gehört werden. Wohlfahrtspflege in Preußen. Anregungen und Anträge im Landtag. Nach Annahm? des Provinzialwahlgesetzes war die gestrige Landtagssitzung mit den Beratungen über den Wohl- s a h r t s e t a t ausgefüllt. Aus der sehr eingehenden Debatte ist ein Z c n t r u m s a n t r a g aus vermehrte Staolshilse für die private Wohlfahrtspflege hervorzuheben. Einen sozialdemokratischen Antrag. die Jugendpflege amtlich zu gestalten, lehnt das Zentrum ab. Die Volks partes wünscht, daß die Iugendpflegeorgani- sationen sich unabhängig von den Jugendämtern frei entwickeln. Sie beantragt Schassung einer weiblichen Wohlfahrtspolizei, die fiirsorgerisch aufgeoaut sein soll, ohne in kriminelle Belange ein- zugreifen, und reichsgefetzliches Verbot der Nachtarbeit für Jugendliche bis zu 18 Iahren. sowie Sicherung«in«» Gesundheit»- Urlaubs für die Jugendlichen. Di« Demokratische Partei regt an, von den Renn- wetten und dem Totalisator einen größeren Anteil für die Förde- rung der Wohlfahrtspflege im allgemeinen zu verwenden, und fordert ein Reichsgcsctz zur Fürsorge für die kinderreichen Familien. die steuerlich durchgreifend entlastet werden müßten und nicht zum Unterhalt von Rentnerangehörigen herangezogen werden dürsten. Wirtschastspartei und Völkische wiederholen ihre Anträge auf Aufhebung des Wohlfahrtsministeriums. Die Sozialdemokratie beteiligte sich an der Debatte mit den Abgg. Frau Ehristmann und Frau Klrschmauo-Röhl. Genossin Chnslmann weist auf den Zusammenhang zwischen sozialem Elend und der Iugendoerwahrlosung hin und begründete daraus die Pflicht des Staates, eine großzügige Wohlfahrt zu treiben. Vor allem muß die Wohlfahrtspflege der heranwachsenden Jugend zugute kommen, die nicht nur körperlich, sondern auch geistig und seelisch stark und gesund gemacht werden soll. Zur seelischen Gesundung der Jugend kann die Pflege der Ethik gewiß viel beitragen. Die ethischen Gedanken, für die der deutschnational« Abg. Schuhmann so mit Wärme eingetreten ist, paßt aber schlecht zu der pon den Deutschnationalen seit Jahren geschürten Revanche st im in ung. mit der die Jugend vergiftet wurde- Wenn das Ministerium über Mangel an Mittel für die Wohlfahrtspflege klagt, und sogar mit dem Gedanken umgeht, wichtige Erziehungsanstalten aufzulösen, wogegen wir uns mit Entschiedenheit wenden, dann sollte es einmal recht gründlich den Etat durchsehen: ee wird da manche Position finden, deren Gelder besser zugunsten der Wohlfahrtspflege ver- wendet werden können. Der Wert der Fürsorge» a n st a l t e n hängt nicht zuletzt von der Qualität des Erziehung»- personal» ab. Daraus geht die Bedeutung unseres Antrags her- vor, der eine gründliche soziale Schulung des Anstaltpersonals fordert. Ebenso muß der Unterricht in den Anstalten ausgebaut werden. Man muh den Zöglingen die Erzieher geben, die die Umgebung kennen, aus der die Zöglinge stammen. Für die Groß- stadlmädchen Beraterinnen aus der Großstadt! In den Mädchen- anstasten muß für ausreichende Badegelegenheit Sorg» getragen werden: sie müssen auch in der Säuglingspflege besser ausgebiwet werden. Bei dieser Gelegenheil sei der Minister darauf hingewiesen. daß noch immer in der Nähe des Echlesischen Bahnhofs Fürsorgeanstasten in unmittelbarer Näh« van Absteigequartieren sich befinden. Ebenso sollte der Minister sein Augenmerk darauf richten, daß gewisse Wohlsahrtsinstitutionen nicht gar zu viel politische Propaganda treiben. So beteiligt« sich das Rote Kreuz mehr al» ausgiebig an der Agitation für die Wohl Hindenbirrgs zum Reichspräsidenten. Di« monarchistisch« Prope- ganda des Roten Kreuzes leistet« flch, z. K. folgend« pivuesk«$«• schmacklosigkeiten gegenüber den Schutzbefohlenen: Wir müssen erst wieder eine Kaiserin hoben, dann werden die Rosen wieder schöner blühen in den Gärten von Sanssouci . Im Äegenjag zu allen engherzigen konfessionellen Bestrebungen fordern wir vom Minister, daß die Wohlsahrtspslege allen Bedürftigen ohne Unter-' schied de» Glauben» zuteil wird. Im Kamps um die Aufhebung des Abtreibungsparagraphen» werden wir nicht er- lahmen. Wir werden solange für sein« Aushebung«intreten, bis der Staat der werdenden Mutter auch die Mittel gibt, ihr« Kinder auszuziehen. Genossin Sirfchmann-Röhl behandelte die Tefährdetenfrag«. Seit dem Z5. Februar 1 9 2 0 haben wir in Preußen bei, Beschluß aus Neuregelung der polizeilichen Reglementierung der Geschlechtskrank- hellen. Aber heute, nach S Iahren, ist die Fürsorge für geschlechtskranke Frauen noch immer nicht völlig durchgeführt. Di« Gebiete der Kriminalpolizei und der Fürsorge müssen endlich«in- mal geordnet werden. Wenn der Herr Ministerialdirektor un » jetzt Hoffnung macht, so müssen wir sagen: es ist auch wirklich an der Zeit, daß der Beschluß des Jahres 1920 ausgeführt wird. Sozial- pflegerifch geschulte weibliche Beamte müssen mit p p l i- z etlichen Befugnissen ausgestattet werden. Di« Er- sahrungen, die Köln mit der Frauenwohlfahrtspolizei gemacht hat, sind durchaus ermutigend. Bis zuin Kriege gab es in Preußen überhaupt keine staatliche Gefährdetensürsorge und bei den privaten Organisationen hierzu nur einige schwache Ansätze. Leider ist noch immer nicht das Reichsgesetz zur Bekämpfung der Ge> schlechtskrankheiten zur Verabschiedung gekommen. Dir fordern seine rasche Fertigstellung mit allem Nachdruck. Gerade in der Frage des Gefährdetenschutzes oermissen wir die Initiative des Wohlsahrtsministeriums. Die Bestrebungen zur Schaffung einer weiblichen Wohlsahrtspolizei finden unser« Unter- slützung: nur wollen wir die Tätigkeit dieser Wohlsahrtspolizei nicht lediglich aus die Jugendlichen beschränkt wissen. Dringend nötig ist lchließlich ein Reichsbewahrungsgesetz. damit asoziale Personen vor sich selbst und die Gesellschaft vor ihnen geschützt werden. Wir treten für jeden humanen und sozialen Ausbau der Gejährdetenfürsorge deswegen mst besonderem Nachdruck ein, weil es sich hier ja in erster Linie um Menschen des Proletariats, um die Opfer der kapitalistischen Gesellschaft handelt. Damit schließt die Aussprach«: Mlltwoch Wellerbepawng und Haushast der Handels- und Gewerbeverwaltung.
Der Zlieger Cofles verurteilt. Der Strafbefehl bestätigt. Freiburg , 29. September. (TU.) In dem Prozeß gegen den französischen Flieger C o st e wurde um vier Uhr das Urteil gefällt. Es lauiete auf 5 0 0 0 M. Geldstrafe, oder für je �00 M. einen Tag Gejängnis. Die Untersuchungshaft wurde mit 2000 M. angerechnet. Die Begründung führt aus, es fei zuzugestehen, daß keine Boshastigkell oder Feindseligkeit in der Handlung gelegen habe. Das I« auch in dem Ausmaß der Strafe berücksichtigt worden, die sonst für solche Vergehen außerordentlich hoch laute(bis zu 100 000 M. oder zwei Jahren Gefängnis). Andererseits habe Notstand nicht vorgelegen. Deutschland müsse die Staatshoheit zur Lust für sich in Anspruch nehmen, wie es die anderen Staaten auch tun. Mit dem 1. Januar 1925 hob« Deutfchlond wieder völlig freie Hand bekommen, um über den Flug von Zioilfliegern zu bestimmen. Der Angeklagte fei diesen Bestimmungen unterworfen. Das Urteil wurde vom Verteidiger de» Angeklagten angenommen. Er sprach aber die Vitt« aus, daß Eoste möglichst bald in Frfiheu gesetzt und der Rest der Strafe erfassen werde. Da» Urtell ist damit rechtskräftig.'•*'•• t �~ � i«1*-
Der �abour-Kongreß. vollständiger Ausschluß der Komiv«niste«. Liverpool, 29. September. (Eigener Drahtbericht.) Die Jahre»- konfsrenz der Arbeiterpartei wurde am Dienstag ootmittag» um KlO Uhr in der St. Georgs-Halle, einen der schönsten Sqie Europas , in Anwesenheit von rund 1200 Delegierten eröffnet. Auf Vorschlag des mit großem Beifall begrüßten Genossen Macdonald wurde Gen. C r a m p zum Borsitzenden gewählt. Im Gegensatz zu der stark mit Kommunisten kokettierenden Eröffnungsrede Smyle» auf dem Gewerkschaftskongreß in Scarborough war die gemeinschaftlich mst der Exekutive der Arbeiterpartei ausgearbeitete Rede C r a m p s von tiefer Verantwortlichkeit gegenüber der Ge- samtbewegung und von genauer Kenntnis der Auffassung der inter - nationalen sozialistischen Bewegung diktiert. Cramps Rede mit ihren zahlreichen scharfen Angriffen gegen die Kommu. nisten und dem unzweideutigen Bekenntnis zu den Methoden der Demokratie wurde ohne wahrnehmbaren Widerspruch mit roßem Beifall aufgenommen. Die Kommunisten erlitten ereits in der ersten Vormittagssitzung«ine bezeichnende schwere Niederloge. Sie versuchten entgegen dem Beschluß der Parteierctutioe von neuem eine Diskussion-über die Wiederaufnahme der kommu- nistischen Partei und die Zulassung von Kommunisten als Parka- mentskandidaten der Arbeiterpartei durchzusetzen. Gegen den kam- munistischen Vorschlag stimmten die Vertreter von annähernd Z Millionen Mitgliedern, für ihn wurden lediglich 300 000 Stimmen abgegeben. In seiner Erössnungsrede wies Tramp gegenüber Aeuße- rungen der Enttäuschung aus das ungeheure Wachstum der Arbeiterpartei fsin, die es innerhalb der 25 Jahr« ihres Bestehens zu einer Mltgsied» chaft von 3s4 Millionen gebracht hat, was In der Geschichte der Par- teien ohne Parallele sei. Nachdem Cramp in scharfen Worten gegen die Befürworter undemokratischer Gewaltmethoden im Kampfe um die politische Macht polemisiert, die Tätigkeit der A r b e i t e r r e g i e- rung gewürdigt und die innerpolitische Lage umrissen hatte, ging« zur großen Politik über, der der größte Toll seiner Rede gewidmet war. Auf keinem Gebiet habe sich der reaktionäre Charotter der Kon- servativen so deutlich gezeigt wie in der Außenpolitik. Kein Pakt wie der gegenwärtig erörtert« Sicherheitspakt könne das Genfer Proto- koll wirtlich ersetzen. Das Genfer Protokoll bleibe für die Friedens- Politik der Arbeiterpartei die Grundlage. Die einzig wahre Sicherung gegen einen Krieg sei der allumschließende Völker- b u n d- Die Zeit sei nahe, wo beim Versagen oller anderen Mittel die international organisierte Arbeiterschaft in der Lage sein werde den Ausbruch von Feindseligkeiten durch Verweigerung jeglicher Kriegsdienstteistung zu verhindern. In deutlicher Polemik gegen Beschlüsse de» letzten englischen Gewerkschasstskongreß wandt« sich Tramp dann dem Dawes-Plan zu. Die Forderung nach Verkverfung des Dawes- Planes klinge äußerst heldenhaft, sie sei aber in ihren Folgerungen nichts anderes als«ine indirekte Aufforderung an die deutschen Ar- beiter, die Ansätze zu einem europäischen Frieden zu oer- nichten und Deutschland der Gefahr einer militärischen B e- s e tz u n g auszusetzen. Solch eine Forderung stehe im Widerspruch gegen die bisherige Auffassung der britischen Arbeiterbewegung und sämtlicher Beschlüsse der internationalen Organisationen der Arbeiter» klasse. Wenn auch der Dawes-Plon der deutschen Arbeiterschaft schwer« Bürden auferlege, so habe er doch andererseits unzweiselhast dle Lage des deutschen Volkes erleichtert und insbesondere die Ruhr- besegung beendet. Wir hassen, so erklärte Cramp, auf ein« baldige Herabsetzung der von Deutschland zu leistenden Jahres- Zahlungen. Cramp betonte dann, daß die Partei am Scheidewege stehe und zu wählen habe zwischen den Mittelst der Demokratie und denen du Diktatur und schloß mtt der Warnung an gewisse bürgerliche Kreis«, dl« alles täten, um den Glauben der Arbeiter an die demokratifch.parlamentarischen Methoden zu zerstören und Verwirrung unter der G«Iamtbewsgung der Arbesterkloss« onzu- richten Nachdem der Kongreß am Bormittag abermals die Erörterung der Frage der Zulassung von Kommunisten in die Parteiurgani, sation im Rohmen d«r Arbeiterpartei abgelehnt hatte, erreichten die Kommunisten am Nachmittag«in« entscheidend« Niederlage. Es stand zunächst eine vom Parteiporftand ein- gebrachte Entschließung zur Diskussion, durch die für die Zukunft die bisher mögliche Einzelmitgliedschast von Kommunisten tu der Arbeiterpartei unmöglich gemacht wird. Dies« Entschließung wurde nach einer glänzenden Red« Macdonold». die sturmischen minutenlqngen Beifall fand. unter großer Bewegung de» Parteitage» mit annähernd 3 Mil- lionen gegen rund 300 000 Stimmen angenommen. Hierauf nahm der Kongreß mit beinahe ebenso großer Mehrheit eine zweit« Entschließung des Parteioorstandes an, die die Entsendung von Kommunisten durch die in die Arbeiterpartei eingegliederten G e» w e r k s ch a f t e n zu den Parteitagen in Zukunft unmöglich macht. Aus dem Kongreß herrscht allgemein dos Bewußtsein, damit einen für die Zukunft der britischen Arbeiterbewegung e n t» scheidenden Schritt von historischer Bedeutung getan zu haben. Im Verlaus« der Debatte wurde bekannt, daß der Sekretär der Bergarheitergewerkschaft Cook. Mitglied des äußersten linken Flügels, seine Kandidatur für die Parteileitung zurückge, zogen hat._ Leon öourgeois gestorben. Vom Pazifisten durch den Krieg zum Poincaristen. Paris . 29. September. (Eigener Drahtbericht.) Der französisch« Senator Leon Bourgeois ist am Dienstag im Atter von 74 Iahren gestorben. Mit Leon Bourgeois ist ein französischer Polttiker von inter - nationalem Ruf gestorben. In der inneren Politik seines Landes hott« er in den letzten zwei Jahrzehnten keine besonders aktiv« Roll» mehr gespielt, vordem in verschiedenen Kabinetten wichtige Ministerien geleitet. Wiederholt war man in den letzten Iahren vor dem Kriege an ihn herangetreten, damit er besonders schwierige Regierungskrisen durch Uebsrnahme be, Ministerpräsidentenposten» löse. Doch hatte er unter Berufung aus seinen Gesundheit,» zustand er litt schwer an einem chronischen Augenleiden— diese Ausgabe stets abgelehnt, ebenso lehnte er die Würbe der Präsident- schasl der Republik im Jahre 1913 ab. obwohl bei einer Annahm« der Kandidatur seine Wahl gesichert gewesen wäre. Seinen europäischen Ruf verdankte Bourgeois der Förderung der bürger- lichen Friedensbewegung: e: war Wortführer der französischen Delegation auf dem Haog-r Friedenskongreß 1907, wo er die groben Ungeschicklichkeiten der Vertreter des kaiserlichen Deutschland im Interesse semes Lande» geschickt auszunutzen verstand. Während de» Krieges nat er wieder aktiv hervor, wobei die Tatsache, daß «r Senator de» besetzten und uerwüsieten Marnedepartements mar. dqzu beitrug, daß«r m das n a t i o n o l i st i s ch e Fahrwasser geriet. Als Hauptdelegierfer Frankreich » auf den ersten Völkerbunds- Versammlungen nach dem Kriege war er«in williges Werkzeug der Regierungen Clemenceau . Millerond und Poincar«. Zwar ent» sandte ihn noch im vorigen Jahre die Regierung Herriot als Dele» gierten nach Genf , aber gewissermaßen nur aus aller Tradition. Bei der Finanzabkeilzug der Reaierungskommtssion de» Saar . Sebiel» sind 630 000 Franken Steuerbeträg« unterschlagen worden. sind ein« Anzahl Saarländer oerhaftet, die zum Teil Deutsch - nationale sew iove»..»«qfry p«.■).