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Für die Freiheit der Kunst.

Riesenversammlung im Theater am Nollendorfplatz.

Das Eintreten für die Freiheit der Kunst muß heute praftisch mul fientisch sein mit dein Protest gegen ihre dauernde Vergewaltigung. Es ist zu hoffen, daß der imposante Berlauf der geftrigen Proteft Derfammlung in dem überfüllten Theater im Rollendorfplat tenjenigen eine ernste Mahnung sein möge, die da glauben, daß sich die Freien im Lande jede und auch die tollste Bevormundung ge­fallen lassen werden. Freiheit der Kunst ist eine Selbstverständlich feit, und Eingriffe der Staatsgewalt müssen abgewehrt werden!" erflärte Ernst Fidelt, der Präsident der Bühnengenoffenschaft unter tosendem Beifall.

Feier bei den Märzgefallenen.

Die Weihe des neuen Portals auf dem Friedhof im Friedrichshain .

Der deutsche Republitanismus huldigt einer schlichten, prunt.| porsigender des Reichsbanners, das Bodium zu einer Ansprache, losen Ausdrudsform, ganz im Gegensatz zu jenen monarchischen, die in ber er dem Bürgermeister Genoffen Mieliz und feinen tai fonnten und dazu beigetragen haben, der Monarchie im Bolt jeden banner im Geist der 48er Kämpfer bie Erziehung des deutschen sich in Pomp und Brunt und verlogenem Schein nicht genug tun fräftigen Mitarbeitern den Dank für das Gefchaffene aussprach. Zum Schluß brachte der Redner das Gelöbnis aus, daß das Reichs: nur wünschenswerten Abbruch zu tun. Die schlichte, fast farge Boltes vornehmen wolle, die Erziehung zu einem freien Menschen. Gemessenheit republikanischer Anschauung fommt auch in der neuen tum, denn nur ein freies Menschentum verbürge einen freien Bolts­Pforte zum Ausdruck, die vom Stadtbaurat Hoffmann entworfen staat. Das Reichsbanner wird den Bürgern Berlins diese Stätte und von Bildhauer Placzek gestaltet, endlich in würdiger Form zu erhalten wissen. Die Farben, für die die Toten gefämpft, find den Eingang zu dem kleinen Friedhof der Märzgefallenen im Reichsfarben geworden. Es gilt nunmehr, fie in die Seele des Boltes zu verpflanzen, aus dem Baterland einen wirtlichen freien Friedrichshain an der Landsberger Allee eröffnet, und die weihungsfeier der Deffentlichkeit übergeben wurde. am gestrigen Sonntag mit einer würdigen, ebenso schlichten Ein. Boltsstaat zu machen.

Nach ihm sprad) Senatspräsident Freymuth: Kritif on der Rechtspflege ist notwendig und wird auch von einfichtsvollen on der Rechtspflege ist notwendig und wird auch von einfichtsvollen zünftigen Juristen in Zukunft getrieben werden, auch wenn man mirklich die Mitglieder des Republikanischen Richterbundes aus dem großen deutschen Richterbund ausschließen will. Soll man als ehr licher und aufrichtiger Mensch etwa fchweigen zu dem hinlänglich befannten Fall des Schauspielers und Rezitators Gärtner, der zu einem Jahre und drei Monaten Gefängnis verurteilt worden ist, zu der Verhaftung des Dichters Johannes R. Becher , zur Beschlagnahme der Bücher von Kurt Kläber , Larissa Reisner , Berta Last, Otto Wolf, soll man schweigen zu dem polizeilichen Ueberfall auf Curt Corinth und zu der eben eist vorgenommenen Hausfuchung im Sozialwissenschaftlichen Archiv in Berlin ? Barum verbietet man dann nicht auch ganze Kapitel der Bibel, den Göt Don Berlichingen, Michael Rohlfinken, ehe man den Kämpfern für deutsche Freiheit, die an dieser haas, Rabale und Liebe", die Bücher von Tolstoi , 3ola, Anatole France und die eber" von Haupt mann? Warum werden nicht die Räuber beschlagnahint und marum nicht Wilhelm Tell ", in dem doch ein Landnogt er. mordet wird, der oufreizenderweise auch noch den Namen Geßler trägt? In der Deutschen Reichsverfassung heißt es: daß das deutsche Bolf gewillt sei, sein Reich in Freiheit und Gerechtigkeit zu erneuern. Aber in den genannten Fällen vermißt man wirklich Gerechtigkeit und Freiheit, und deshalb müssen wir, jo traurig es ift, Schiller variierend, rufen: Deutsche Republit, gib bu deinen Staatsbürgern allen Gedantenfreiheit!( Stür mischer Beifall.)

Wolfgang Heine , der nächste Redner, erinnerte im Ein. gang seiner Ausführungen an die Der Heinze und betonte, daß mun ein Bierteljahrhundert später, da die Dummheit ja unsterblich fet, derselbe Rampf noch einmal geführt werden müsse. Es handelt fich, fo fonstatierte er weiter, nicht um die Machtansprüche stumpf­finniger Bureautraten, sondern um eine Belle bösartigen Philister tums. Früher legitimierte fich das Ewig- Beftrige als dynastisch, es ist nicht ungefährlich, wenn es sich heute als demokratijch und fozial aufführt. Eine Demokratie, die den Durchschnittsverstand zum Herrn macht, würde einen Herdengeist züchten und noch unmahr. haftiger fein als das alte Gewaltregiment.( Betfall.) Dem Bhilifter ift geistiges Streben von Natur aus zumiber, weil er sich stets mit Neuem auseinandersetzen muß. Wir sehen uns gegenüber einer wahren Springflut des Philiftergeist es, die Deutich fand zu überschwemmen droht. Aber jetzt ist es genug: Gärtner fizt noch im Gefängnis( Pfui!-Rufe), von der Anmestie ist er aus­gefchloffen wir fordern feine Entlassung!( Stürmischer Beifall.) Tnpisch ist es übrigens auch,

wenn ein bayerischer Theaterdirektor verwarnt wird, weil er nicht nur Kabale und Liebe ", sondern eine Spielzeit vorher fchon Emilia Galoffi hat aufführen laffen,

or raus eine hochmahlöbliche Stadtverwaltung ben Schluß zog, daß hier nichts Ruchloferes als die Erziehung zur Demo­tratie beabsichtigt sei. Es wird der Begriff ber Borbereitung zum Hochperrat so weit ausgedehnt, baß er das Bachfen einer bee Schon unter Strafe ftellt; damit verläßt man den Boden bes Besches und bestraft schlimmstenfalls bie Borbereitung zur Borbereitung einer Borbereitung. Bo soll das ein Ende nehmen? Stets vergißt man, daß bie politische gitation und bie Runst zwei ganz verschiedene Sprachen sprechen und infolgedeffen auch ganz verschiedene Wirtungen ausüben; besonders schlimm ist es freilich, daß man sich nicht belehren laffen will und die Gutachten wirklicher Sachverständiger fast grundsäglich ablehnt. Ber tann da noch mit seinem Namen beden, was unter folchen Umständen zustande kommt? mich hat der Fall Gärtner jedenfalls veranlaßt, cus dem Staatsgerichtshof zum Schuße der Republit auszutreten! Bravo- Rufe!) Nun ist auch noch eine zweite Leg Heinze gegen die Jugend in Vorbereitung, obwohl wir heute genug junge Menfchen haben, die mit ihren 15 oder 16 Jahren viel reifer sind als die Ber faffer solcher Baragraphen. Was im alten Staat Tradition allen falls verständlich machen fönnte, ift in der Republik unerträglich, würdelos und eine Schmach.( Stürmischer Beifall.)

Dann sprach Ludwig Fulda , sicher nicht mehr ein Bertreter der jüngsten Generation, trotzdem aber wie alle empört, mas dieser zugefügt worden. Als Triebfeder der gegenwärtigen Un­geiftigkeit bezeichnete er die Nachtwächterfront vor der Freiheit des Gedantens, eine Furcht, die immer zu ängft. lich ins alarmierende Horn stößt, uneingebent der alten Erfahrung, daß die offene Flamme viel weniger gefährlich sei als die schwelende. Ueberall, stellt der Redner feft, würde man schreibend und redend heten und schmähen fönnen, soviel man wolle, trop der Berfassung. Nur wenn das freie Wort geläutert in der Dichtung erscheint, jetzt es fich der Verfolgung und der Bestrafung aus. Bir verlangen die Gedantenfreiheit, nicht weil wir die Auflösung, fondern gerade meil wir die Gefittung wollen, die ohne jedes Recht nicht denkbar ist. Wir wollen den freien Gedanken im freien deutschen Staat!( Stürmischer Beifall.)

Bu einem Höhepunkt, und nicht nur zu einem oratorischen, führte die Ansprache von Emil Bind, dem Regisseur der Saltenburg­Bühnen; besonders wenn er ohne Manuskript sprach, riß er zu vielen Zwischenrufen hin.

Senatspräsident Freymuth behandelte noch einmal furz den Fall Bandt und machte die erfreuliche Mitteilung, daß fich die Reichsanwaltschaft dem Antrage auf Wiederaufnahme des Berfahrens angefchloffen habe. Der Schriftsteller Heinrich Eduard Jacob rerlas ben bereits im Borwärts" veröffentlichten Brief von Gerhart Hauptmann , und Ernst Ridelt ver­las eine Resolution, die einstimmig angenommen wurde.

Die Resolution lautet: Die am 11. Oftober 1925 in Berlin versammelten Bertreter der geiftigen Arbelt und ihrer Verbände erheben Einspruch gegen die fortdauernden unerträglichen Eingriffe von Verwaltung und Juffis in die Selbständigkeit der Kunst fowie gegen Pläne der Gefeggebung, die eine Gefahr für die deutsche Kultur bedeuten. Unter dem Vor­wande, den Staat, die Religion, die Sittlichkeit oder sonst irgend ctwas zu schüßen, versäumt man den Schuh der Schaffenden, unter­drüft man die persönliche Freiheit des Dentens und Handelns im Gebiet des geiffigen Lebens, die für ffarte Ceiffungen unentbehrliche Boraussetzung ft; der besonderen Gefühlewelt und Ausdrufsform der Kunst steht man verfiändnislos gegenüber und mißt fie an phi­lifterhaften Maßstäben. Die Bersammlung warnt die junge deutsche Republit vor diefer Gefahr innerer Unfreiheit und fordert die um­gehende Entlaffung Gärtners aus dem Gefängnis."

Zunächst sah man nichts von der Pforte, denn sie wurde burch eine große schwarzrotgolbene Fahne ver. hüllt. Davor hatte ein Bannerträger mit der alten roten 48er Demotratenfahne, über die gestern im Vorwärts" berichtet wurde, Aufstellung genommen. Im Halbtreis umfäumten geladene Gäste den Plaz. Große Menschenmassen rüdten auf allen Straßen und Wegen an. Zuerst ergriff der Bürgermeister des Bezirks Friedrichshain , Genoffe mielig, das Wort. 77 Jahre, fagte er, find vergangen, zwei Generationen mußten ins Grab Stätte fchlummern, eine würdige Eingangspforte jegen konnte. Ein schlichtes Portal aus hartem Stein und zähem Eisen, von Künstler. hand entworfen, wird der Deffentlichkeit übergeben werden. Es fann fich nicht meffen mit den Denkmälern einer vergangenen Epoche, es will sich auch nicht mit ihnen meffen. Das Erhebende aber an der Feier ist, daß zu ihr viele Tausende herbeigeeilt find. schilderte, wie nach 1848 die Reaktion siegte, und wie sie ihren Der Redner gab dann einen geschichtlichen Rücblid, in dem er Haß gegen die Freiheit an den toten Kämpfern ausließ, indem sie zu verhindern wußte, daß man sie im Tode in der bei chriftlichen und zivilifierten Bölkern üblichen Weise ehrte. Das arbeitende Bolt von Berlin aber hat die Toten niemals vergeifen und ihnen jedes Jahr Kränze gebracht. Die ehemaligen Berliner Polizeipräsidenten jedoch duldeten nicht einmal die roten Schleifen an den Kränzen. Heute ist es wesentlich anders. Heute meilt der Berliner Polizei präsident Grzesinski selber der Feier bei. Heute stehen die repu blifanischen Beamten der Schußpolizei bereit, um der Feier jebe Störung fernzuhalten. In warmen Worten gedachte Genosse Mielik des Heimgangs von Hugo Preuß , des Schöpfers der Wei­ marer Berfassung, und schloß mit den Worten: Wir sind des Er. reichten froh, aber an dieser Stätte wollen wir uns geloben, nicht zu ruhen, sondern das vor 77 Jahren begonnene Wert, dessen Berteidiger die stillen Schläfer hier waren, zur Bollendung zu bringen.

Die Trommeln wirbelten, die Fahnen fentien fich, bas Portal wurde ben Blicken frei. Run betrat Genosse Friz Koch, Gau­

Der Propagandasonntag.

Das war gestern des Tag des ersten Kräftemessens. Alle hatten fie ihre Wahlzettelverteiler auf die Straßen geschickt. Selbst die Partei der Mampenationalen fonnte es sich nicht vertneifen, in schmuftigen, verlogenen Flugblättern die so dumm eingeschägten Berliner zu ihrer unmöglichen Wahl aufzufordern. Auch die Leute mit der gesegneten Bigblattftimmung, die Volksparteiler, zitierten Bibel und Alten Frig, um bie braven Bürger vor dem roten Sodom und Gomorrha zu bemahren, das ihnen angeblich havor. steht und dann unsere Genoffen! Bom frühen Morgen an waren die Jugend sowie eine große Zahl älterer Genoffen treppauf, trepp­die Jugend sowie eine große Zahl älterer Genoffen treppauf, trepp­ab im Dienste unserer großen Sache unermüdlich tätig. In die engen Wohnungen der Hinterhäuser gelangten die Aufklärungs­und Abrechnungs" blätter ebenip mie in die Vorderhäuser. Diskussionen wurden angetnüpft, Mißverständnisse beseitigt, und manchem Zweifelnden die Sache des Boltes mieder nahe gebracht. Die geftrige Sonntagspropaganda mar nach den Maffenversamm. fungen der großzügige Auftaft unserer Berbearbeit. An dem starfen Willen der Arbeiterschaft werden alle fommunalpolitischen Ver­schlechterungspläne des Bucherblods zuschanden werden. V

Eine Stahlhelmer- Tat.

in dem Lotal Don Barwintel, das unweit des Bahnhofes Köll In Neukölln gab es in der Nacht vom Sonntag zum Montag nische Heide in der Steinbodstraße liegt, eine Schlägerei amifchen Stahlhelmleuten und Reichsbannermännern. Wolffs Bureau verbreitet darüber die falsche Nachricht, die Reichsbannermänner feien fingend die Straße entlang gezogen, und es sei dann zu einer Schlägerei zwischen ihnen und Straßenpaffanten gefomunen. Nach der uns gegebenen Darstellung ist der Sachverhalt der, daß einige in dem Lotal einkehrende Reichsbannermänner beim Bier ein Frei Heil! ausbrachten, und daß sie darauf von anwesen den Stahlhelmern angegriffen wurden. Ein Stahl helmer pacte einen Reichsbannermann von hinten an der Kehle und würgte ihn, und aus diesem Angriff und dem Versuch der Ab. wehr entwickelte sich dann eine Schlägerei. Wolffs Bureau meldet, daß drei Reichsbannerleute verlegt worden feien. Er litten habe der Buchdrucker Karl Eichholz eine Nasenverlegung, der Arbeiter Erwin Krüger eine Verlegung am Auge, der Schlächter Werner Bübbert eine Berlegung am Hinterkopf. Die drei Verletzten wurden durch das zu Hilfe gerufene Ueberfallfommando nach der nächsten Rettungsstelle gebracht und erhielten dort die ersten Ver. bände. In der Nachricht des Wolfffchen Bureaus bleibt unerwähnt, griff ausging. Wie man uns mitteilt, ift jene Gegend schon öster dah Stahlhelmer beteiligt waren und daß von ihnen der An­burch Stahlhelmer unsicher gemacht worden.

Ein Giftmordprozeß in Potsdam .

Die Tragödie einer alternden Frau wird heute por dem Pots. damer Schmurgericht verhandelt. Wegen bes versuchten Batten. damer Schmurgericht verhandelt. Wegen bes versuchten Gatten. mordes ist die 43jährige Förstersfrau Go ette aus Neuhof bei Brüd angeklagt. Neben ihr steht ihr früherer Liebhaber, der 22jährige Knecht Willi Gardegti aus Berlin , dem Beihilfe vor. geworfen wird. In Neuhof fand man im Forsthaus am 11. De zember 1923 den Förster Reinhold Goette mit einem Herzschuß tot auf. Er hatte Selbstmord verübt. Bald darauf schenkte die Försters: frau ihrem Liebhaber, dem Knecht, der in dem Forsthaus gestellt war, die goldene Uhr, Pelz und Anzüge des Verstorbenen, zog mit ihm nach Berlin und ergab sich dem Kokain. Mit ihrem Ehemann hat bie Angeklagte in denkbar unglüdlichfter Ehe gelebt. Der Förster, der dem Trunk ergeben war, hat sie mit der Reitpeitsche oft geschlagen. Schließlich wurde aber der Knecht der alternden Frau überbrüssig und er perfehrte mit einer jungen. In ihren Rache gefühlen ging die Frau nun zur Polizei und bezichtigte lidh und Gardegti des perfuchten Giftmorbes an dem Förster. Für die Berhandlungen, zu der zahlreiche Zeugen geladen find, sind zwei Tage in Aussicht genommen.

Die Eröffnung der Fleischmarktgroßhalle. Heute früh um 6 Uhr wurde die neue Fleischmartigroßhalle an der Landsberger Allee offiziell dem Verkehr übergeben. Das Leben und Treiben, das man schon um dieje 3eit an den Ber­faufsständen der Halle, die sehr übersichtlich angeordnet sind, beobachten fonnte, zeigt am deutlichsten, wie notwendig dieser Bau

Und

Als letzter Redner beftieg der greife Genoffe Frig Zubeil das Podium. Was jene Tapferen, so sagte er, zur Aussaat brachten, das sind wir, Aeltere und Jüngere, verpflichtet, zur pollen Reife gelangen zu laffen. Noch sind wir von dem Ziel weit ent fernt, noch muß ungeheuer getämpft werden. Ehe es fomeit ge­tommen ist, daß wir die Pforte dieses Friedhofes meihen fönnen, hat es lange und erbitterte Kämpfe in der Berliner Stadtverord netenversammlung gegeben. Jahr für Jahr mußten wir Sozia liften darum fämpfen. Aber wir waren in der städtischen Ber tretung zu schwach, um derartiges durchsegen zu fönnen. von jenem Teil der Bürgerlichen, von denen wir Berständnis für das Opfer der Freiheitstämpfer und für die Notwendigkeit ihrer Ehrung erwarten durften, wurden wir auch nicht genug unterſtüßt. Aber in jedem Jahr wallfahrtete die Berliner Arbeiterschaft mit Kränzen zum Friedhof der Märzgefallenen. In jedem Jahr aber wiederholte sich auch das für den Tiefstand deutscher politischer Kultur und Sitte bezeichnende und tief beschämende Schauspiel, daß Bolizeileutnants mit großen Scheren bereit ab und zerschnitten und den Kranzträgern vor bie Füße warfen. standen, die die von der Arbeiterschaft gestifteten Kranzschleifen Manches ist nun zwar erreicht, aber mir dürfen unser waches Miß­trauen nicht verlieren. Leicht fann bie Zeit fommen, wo wir noch einmal tatkräftig werden eingreifen müssen, um den Sieg des Boltes sicherzustellen. Das arbeitende Bolt von Berlin aber wird es dem Bezirksamt Friedrichshain nicht vergessen, daß es dafür gesorgt hat, daß die toten Kämpfer in dieser würdigen Weise ge­ehrt werden. In dem Augenblid, als Groß- Berlin gegründet wurde, wurde diese Frage in Angriff genommen, die jetzt zu einem glücklichen Ende geführt worden ist.

Darauf traten die Festteilnehmer einen Rundgang burch den ftillen, in seiner Urwüchsigkeit schönen Friedhof an. Inzwischen hatten in der Landsberger Allee die Kamerabschaften des Reichsbanners Aufstellung genommen und marschierten in einem eine halbe Stunde dauernden Zug an dem Portal vorbei. Ungeheure Menschenmaisen säumten die umliegenden Straßen als Beweis für die werbende Kraft, die dem republikani­fchen Gedanken heute mehr denn je innewohnt.

für die Fleischversorgung Groß- Berlins ist. Weil aber die Halle bei weitem nicht den Ansprüchen genügt, die an sie gestellt werden, ist ja fchon ein Neubau in Angriff genommen, der mit dem neuen Kühlhause, mit dessen Herstellung ebenfalls begonnen ist, in etwa einem halben Jahr dem Berfehr übergeben werben soll. Gleich Beitig foll, um den Verkehr des Fleisches über die Landsberger Allee vom Schlachthof zu der Engroshalle zu unterbinden, für den Trans­port ein Tunnel gebaut werden.

Folgenschwerer Straßenbahnzusammenstoß in Tegel .

Ein schmerer Straßenbahnzusammenstoß ereignete fich Sonntag nachts 12 Uhr in der Sendligstraße in Tegel in der Nähe des Jugend­heimes. Ein Triebwagen ber inie 25 fuhr aus bisher noch Bucht das Anpralls murbe ber Anhängemagen start beidhädigt. Cine wigeflärten Ursachen auf den Anhänger der Linie 27. Durch bie große Anzchl Berfonen erlitten Quetsch und Schnittmunden, boch waren alle Verlegungen alüdlicherweise leichter piatur, fo hag bie Berlegten sämtlich ihre Wohnung aufsuchen tonnten. Lediglich eine Frou, die sich im Baul Gerhard Stift verbinden ließ, deren Berfo. nelien auch nicht mehr feftgestellt werden konnten, hatte Start blutende. aher nicht gefährliche Barlegungen erlitten. Der schmer­beschädigte Wagen mußte abgeschleppt werden.

Das Reichsbanner bei der Trauerfeier für Suno Breuk. Das Reichsbanner Schwarz Rot Golb, beffen Reichsausschuß der verstorbene Reichsminister a. D. rgo Breuß angehörte nimmt mit Abordnungen an der am Dienstag, beit 13. Ottober ftattfindenden Trauerfeier teil. Die Mitglieder bes Reichsbanners treten auf dem Plag vor dem Abgeordne tenhaus in der Brinz- Albrecht- Straße um 10 Uhr en, und zwar bie Kamerebichaften Tiergarten, Kreuzberg , Charlottenbure, Wilmers borf, Schöneberg , Tempelhof . Neufölin, Trepiom, operid und Stegliz. Alle anderen Romeradschaften um 12 lbr por dem Krematorium in der Gerichtstraße. Fahnen sind mitzubringen.

Breitbart gestorben. Der Eifenfönig" Breitbart ist nun doch in der Privatstation der Universitätsklinik in der Ziegelstraße an den Folgen der schweren Blutvergiftung, die er von einem rostigen Nagel bekommen hatte, gestorben. Die Amputation bas verlegten Beines hat ihn nicht mehr retten fönnen. Das deutsche Barieté ver liert an Breitbart eine hervorragende Kraft und eine auch menjdlich fympathische Persönlichkeit. Der erst 42jährige hinterläßt Frau und Kind.

Eine Tragödie der Wohnungsnet. Bierfacher Mord und Selbstmord.

In dem zu Frankfurt a. M. gehörenden Stadtteil Bornheim wurde eine Frau Sophie Schmidt, eine Frau Werlein und brei Kinder tot aufgefunden. Es fonnte alsbald festgestellt werden, daß es sich um ein schweres Verbrechen handelt, deren Ur­heberin sich allerdings durch Selbstmord dem Gericht entzogen hat. Aus bisher noch nicht bekannten Gründen, die durch die Bernehmung des Mannes der Frau Schmidt und des Batten der Frau Berlein, einer Tochter der Frau Schmidt, noch der Aufklärung bedürfen, er. broffelte bie Tochter ihre Mutter und vergiftete dann ihre Kinder und sich selbst. Man nimmt an, daß

bie Tat schon einige Tage zurückliegt. Ihre Ursache dürfte in häus­lichen Streitigkeiten zu suchen sein, wobei besonders die Gefahr

der zwangsweisen Wohnungsräumung, die durch die Streitigkeiten der beiden Männer hervorgerufen worden mar, eine große Rolle gespielt haben dürfte.

Groß- Berliner Parteinachrichten.

7. Kreis, Charlottenburg . Dienstag, ben 13. Oftober, abends 7%, Uhr, bei Bogel , Spreeftraße 8. Fun tionärinnenversammlung. 11. Abteilung. Dienstag. ben 13. Ottober, abends 8 Uhr, bei Raifer, Goglowsty ftraße 84, Funktionärversammlung.

38. Abteilung. Die Funktionärtarten find heute abenb am Saaleingang beim Ge nofien Frante in Empfang zu nehmen.

48. Abteilung. Abenbs 8 Uhr bei Bräfte, Prinzenstraße 23, Funktionärversammlung. 74. Abteilung, Behlendorf . Frauengruppe heute, Montag, pünktlich 8 Uhr Besc abend bet Schnorre. Ericheinen aller Frauen wird erwartet Freie Schulgemeinde und Arbeitsgemeinschaft der Rtuberfrennbe, Saöneterg. Heute, Montag, ben 12. Oftober, abends 8 Uhr, bet Rosenthal, Eberstraße, Referat des Gen. Schmüder über: Unser Schulfampt". Sahlreiches Erscheinen erwünscht.