HEßßEN- DAMEM- BINDER
Meseck sRr. 851—0«flgt jn«tnar fußen mtb beruhigten Monumentalität: Paul Cordel(Saal A.) Im Gegenteil, löst die Fläche locker auf. um Wanddekorationen zu schaffen. Bedeutender sind ein paar wirkliche Phantasiemenschen, die durch ungewöhnliche Motive und interessante chandschrist fesseln: Winckler-Tannenberg, ein starkes und freies Talent (Nr. 1438— 46), Erik Richter(Nr. 1064�-9), in seiner Manier voller Klarheit und Präzision, an Spitzweg und Thoma erinnernd, aber von ganz eigenem Witz: und vor allem der Düsseldorfer Gert W o l l h e i m, der in Saal 2 eine stattliche Kollektion hat (Nr. 1464— 71), große Formate beherrscht und mit unglaublichen und barocken Lorsieüungen jongliert. Der„Expressionismus' ist mit K. S ch m i d t- R o t t- l u f f(Nr. 1177—82) als einem ihrer Führer vertreten: diesmal etwas bunt und weniger kraftvoll als sonst. Die jüngere Generation führt sich glücklicher ein: schontonige Bilder von B. C z o b e l (Nr. 170— 2), leidensoolle Köpfe und unheimliche Tiere O. Gleich- manns(Nr. 330—2), F. D o m f ch e i t(Nr. 206— 9) und die in ihrer Elegie fast eleganten Gestalten von Kaus(Nr. S94— 6): Franz Radziwill (Nr. 1037— 40) hat wesentlich gewonnen an Realität und Ans-Haulichkeit. Bon dem großen Gefolge dieser Kunst, das sich überraschend immer wieder mit beträchtlicher Begabung einfindet, nennen wir als die sympatifchsten R. Dellwig (Nr. 417— 22) R. I a c o b i (Nr. 514—22), E l s e W e i f e(Nr. 1406-9), Bindet(Nr. 59-61), B. Gärtner(Nr. 315— 7). W a s k e(Nr. 1383— 8) imitiert Rohlss nicht eben glücklich, 21. S e g a l(Nr. 1260— 5) kultiviert feine Regenbogenfarben weiter, R. Ewald(Nr. 244— 9) nähert sich, mit allzu kosmetischen Farben, der Bestimmtheit des Verismus. Dieser Verismus, eiskalte Art, die Well mll scharfer Prä» ziston umrissen, gleichsam erfroren in ihrer Räumlichkeit, zu sehen. ist mit guten Beispielen des zweiten Ranges vertreten: die eigent- lichen Führer find abwesend. Man hüte sich, diese„neue Sachlich- kell' mit dem allen Realismus unserer Boreltern zu verwechseln! Die flagrantesten und auch technisch musterhaften: A. R e s s« l (Nr. 1060-61), R ä dersch e i dt(Nr. 1035—6), I. ch. B i ssier (Nr. 65— 72), P. Cassel(Nr. 145— 51): lyrischer, mit einem an C. D. Friedrichs Romantik erinnernden Stimmungston: A. ch e n> ning(Nr. 429-33), ch. Stölzl(Nr. 1330—31), G. Röpnack (Nr. 1079—80): voll anmutiger und lieblicher Einfälle, schalkhafte Erfinder: Behrens- changeler(Nr. 41), Jma Breufing (Nr. 141— 2), mit bezaubernden und raffinierten Unwirklichkeiten, und channah chöch(Nr. 464— 66), deren sonderbare Phantastik sich aus verschieden gearteten Existenz- und Formschichten zusammen- setzt. G. E h m i g(Nr. 225— 26) benutzt die veristische Deutlichkeit ebenfalls zu Formphantastereicn: diese ganze Mischung von un- widerleglicher Genauigkeit im etnzelnen und Sprachverwirrung in der Deutung der Gegenständ« ist wie ein Querschnitt durch die Cnt- Wicklung der letzten Jahrzehnte aufzufassen. Bon den K o n st r u k t i v i st e n. dem anderen Flügel der Gegenwartskunst, sind sehr löbliche Flächenmalereien da von choerle(Nr. 488—9), Dexel(193 5), Gerd Meyer (Nr. 862— 3), van chauth(Nr. 394— 8); anregende„Lichtbilder" von Nie. Braun(Nr. 124—6). Weitaus bedeutender aber, und mit das Wichtigste der Jury- freien, sind neue Malereien von Oskar Schlemmer in Saal A.(Nr. 1152— 61). Konstruktivistisch sind diese Figurenbilder, in räumlicher Erstreckung gesehen, insofern sie sich von irgend einer Wirklichkell durch ihre abstrakte Haltung sehr weit entfernen: es find Schachfiguren im Spiel des Räumlichen. Hier bahnt sich eine
neue Auffassung des JdeakbkDes an. ekne Berfchmelzung verkfil- scher und konstruktiver Erfahrung. Wundervoll, wenn auch nur mit wenigen Beispielen, sind die Franzosen vertreten: am besten O. C o u b i n e(Nr. 162— 67) Gemälde und Radierungen: Utrillo (Nr. 1360), G r o m a i r e (Nr. 346), M a r c o u s s i»(Nr. 803), van D o n g e n(S. 3), C h a r m y(Nr. 152), G o e r g(Nr. 341— 2), mit einzelnen BUdern, die die kulturelle Ueberlegenhell, aber auch die konservative Zu- rückHaltung der Pariser gegenüber den starten Problemen von heute und morgen anzeigen. Die Bildhauerkunst hat einige ausgezeichnete Vertreter entsandt: den heute mit klassischer Vollendung wirkenden G. Kolbe (Nr. 656— 8): den archaisch gebundenen, sehr plastisch fühlenden G. H. W o l f f(Nr. 1451— 6), den bizarr-erfindungsreichen L. G i e s (Nr. 327), die trefflichen Realisten: I o k i m o f s(Nr. 527) und HildeSchröder(Nr. 1214). Moderne Architektur, in konstruktivistischem Geiste, findet sich nur andeutungsweise: G r o p i u s und G u t k i n d (Nr. 360— 1), aber aufschlußreich und anregend. Dagegen hat das Kunstgewerbe in den ganz vorzüglichen DIldwirkereien von Johanna Schulz. Wolfs (Nr. 1234— 41) aus Halle einen Beitrag geliefert, der zum Lieben?» wertesten der ganzen Ausstellung gehört. Technik und bildende Phantasie arbeiten sich wechselseitig in die Hände: beide von gleicher Originalität und Vollkommenheit. lV;�, Dr. Paul F. Schmidt.
»Das SoldatenkmS�. Durch meine unter diesem Titel im.Vorwärts' vom 15. Sep- tember d. I. veröffentlichte Erzählung hat sich Herr Fritz Mehle, als Anwalt.aller' Taubstummen austretend, gekränkt gefühlt. Er veröffentlicht in der.Allgemeinen Deutschen Taubstummen-Zeit- schrift' einen Artikel, mll dem die Sozialdemokratie eins auf den Kopf kriegen soll. Herr Mehle spricht von meiner Arbeit als von „einer hirnverbrannten Erzählung': den.Vorwärts' nennt er ein .vielbegehrtes Einwickelpapier', und selbst meinen seit vielen Jahren verstorbenen Dater, der wirklich nichts mll der Sache zu tun hat, zieht dieser sellsome Don Quichotte in die Debatte. Besonders aber ärgert es ihn, daß ein.gar nicht geringer Teil der Berliner und Hamburger Taubstummen um die sozialdemokratische Partei, als wie um das goldene Kalb, einen fanatischen Tanz aufgeführt hätte'. Dann bricht er„eine warme Lanze' für die Konservativen und. de- hauptet, daß diese«in weit größeres Verständnis für die Täub- stummen aufbringt als die Sozialdemokratie. f Wie wirr es aber in diesem Kopf aussieht, da» wird am beut- lichsten klar, wenn Herr Mehle behauptet, daß meine Novelle für die Taubstummen beleidigend und Ehre kränkend sei. Es wird nämlich in meiner Arbeit das Kind einer nicht nur taubstummen, sondern auch geistesschwachen Magd geschildert, das an jener selr- samen und noch unerforschten Krankheit der Seele, die man Pyromanie nennt, leidet. Das bei jeder Gelegenheit Feuer an- zündet, deshalb in Fürsorge gegeben werden soll, und das nun, um diesem Schicksal zu entgehen,«in Bauernhaus anzündet. Aus dieser Schilderung, die alles andere als volksfeindlich und in der am aller- letzten ein Vorwurf gegen die arme, idiotische Mutter zu finden ist, leitet Herr Mehle die.Feststellung' ab:»Na ja, die Taubstummen verstehen wieder einmal nicht, ihre Kinder zu erziehen, sie find ja minderwertige, schwachsinnige Geschöpfe'. Die Taubstummen werden selber dafür zu sorgen wissen, daß der Redakteur ihres Blattes fein Amt nicht zu Entstellungen und Wahlmanöoern mißbraucht. Hau» H y a n.
Wie üie pflanze sich vor Irofl jchützt. Die allmählich wieder einsetzenden Nachtfröste beginnen nun auch aus die Pflanzenwell einen wichtigen Einfluß auszuüben. Dieser Einfluß des Frostes auf das Zellplasma äußert sich indes ziemlily verschieden und ist, was die Folgeerscheinungen der einzelnen Frost- Wirkungen bettifst, zum Teil noch nicht ganz geklärt. Viele Gewächs« zum Beispiel vermögen selbst leichtem Frost keinen Widerstand em- gegenzusetzen, andere dagegen sind imstande, in ihren Zellen Schutz- mittel gegen die Källe auszubilden, darunter zum Beispiel Glyzerin. Methylalkohol, Azeton, wie auch Salze oder mineralische bzw. organische Säuren, durch die, wie die Untersuchungen von Molisch ergaben, die Widerstandskraft gegen die Kälte in der Tat außer- ordentlich erhöht werden kann. Als die wichtigste dieser� im Zellen« innern vor sich gehenden chemischen Veränderungen zum Schutz gegen die Frosteinwirkuny mutz aber wohl die Umwandlung der in den Zellen enthaltenen Stärke in Zucker betrachtet werden, die an zahl- reichen Gewächsen zu Beginn der kalten Jahreszell beobachtet werden kann. Die Verwendbarkeit mancher Nutzpflanzen wird allerdings durch diele herbstliche Zuckerbildung gewölinlich nicht sehr erhöht, wofür uns die durch das Erfrieren süß werdende Kartoffel den bellen und am häufigsten vorkommenden Beweis liefert. Es gibt aber auch Fäll«, wo der durch die Frostwirkung hervorgerusene Znckergehall eine Pflanze oder Frucht überhaupt erst verwendungsfähig macht, und zu diesen Fällen müssen wir in erster Linie einen großen Teil unserer herbstlichen Wildfrüchte rechnen. Von Natur aus haben nöm- lich die meisten dieser Früchte auch in vollreifem Zustand einen sehr geringen Zuckergehalt, weshalb sie, wie beispielsweise die Berberitze, Mispel. Schlehe und Ebereschenbeere, roh überhaupt nicht und ae- kocht nur mll starkem Zuckerzusatz genossen werden können. Läßt man diese Früchte aber so lange am Strauch, bis leichte Fröste ein- treten, so bilden sie alsbald so viel Zucker, daß ihr Geschmack sehr verändert und wesentlich verbessert wird und infolgedessen beim Kochen der Früchte viel Zucker erspart werden kann. Dasselbe gilt auch für die Moosbeere, die man sogar am besten erst nach einem Schneefall pflückt, sowie auch für die Hagebutten, die gleichfalls erst durch den Frost weich und süß werden. Wie weitgehend der Schutz ist, den die Zuckerbildung der Pflanze gegen den Frosteinsluh gewährt, hat erst ein Versuch ergeben, der zeigte, daß Rotkohl, dem der källeschützende Zucker entzogen worden war, schon bei 7,8 Grad C Kälte zugrunde ging, wogegen zuck«- reicher Rotkohl erst bei 32 Kältegraden den Kältetod erlitt. Gemüse mit so reichem Znckergehall wird aber natürlich für den Menschen unbrauchbar, da der Geschmack durch ihn ganz und gar verändert wird._
Uns« Storch in Marokko . Unsere Störche, die bekanntlich den Winter in Afrika verleben, hallen sich dort mit Vorliebe in Marokko auf, wo sie mll großer Liebe gehegt werden. Für die Marokkaner ist Freund Adebar nämlich ein höchst geheimnisvoller und heiliger Vogel, dem infolgedessen olle» gestattet ist. Wenn die Maroktan« ihren Kaffee schlürfen, so lieben sie es, allerlei Märchen zu erzählen, in denen der Storch eine Rolle spielt. Schlingt sich um ihn doch in Marokko ein ganzer Legendenkranz. Die einen hallen ihn für einen verzauberten alten Schullehrer, und sein Geklapper mahnt sie an da» Ausschlagen des Stockes auf die Pulle, an denen die Kinder mit heißem Bemühen ihre Koranverse schreiben. Für andere wieder ist er ein früh«« Kadi, der sich bei Lebzeiten so wenig für die Streitereien der Rechtsuchenden interessierte, daß er sich die Lange- weil« durch ein launisches Intermezzo zu kürzen pflegte, indem er die Stufen, die zur Gerichtsstube hinaufführten, mll Schmierseife bestrich und sich dann diebisch freute, wenn die Leute ausglitten und auf den Rücken fielen. Er konnte sich bei ihrem Anblick nicht hallen. Schließ- Lch nahm Allah aber an diesem Gebaren ein Aergernis und ver- wandelte den heiteren Kadi in einen Storch. Das Klappern seine» Schnabels ist nichts anderes als die Erinnerung an das Gelächter, in da»« beim Anblick der zu Fall gekommenen Klienten ausbrach.