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ungelernten Vollarbeiters in den höchsten Dienstalterszulagen beträgt gegenwärtig rund 33 Mk. Dazu kommt bei Ver- heirateten mit einem Kind eine Wochenzulage von 1,44 Mk. Bei den Gas- und Wasserarbeitern beträgt der Stundenlohn für Ungelernte 70 Pf., für Angelernte 76 und für Hand- werker 87 Pf. Ein einfacher Vergleich mit den Löhnen, die gegenwärtig im allgemeinen in der Privatindustrie gezahlt werden, ergibt, daß die städtischen Arbeiter teilweise ganz erheblich schlechter entlohnt werden, als ihre Kollegen in den Privatbetrieben. Auch wenn die geforderte Erhöhung der Löhne um 16 Pf. die Stunde eintritt, wird der Lohn der städtischen Ar- beiter sich noch unter den Löhnen befinden, die durchschnitt- lich in der Privatindustrie gezahlt werden. Wir erinnern noch- mals daran, daß zum Beispiel die Kohlenarbeiter in den Gaswerken einen Lohn von 75 Pf. die Stunde haben, während die Kohlenarbeiter der Privatbetriebe einen solchen von 98 Pf. beziehen. Auch wenn die Forderung auf Er- höhung des Lohnes um 16 Pf. bewilligt wird, würde somit der Lohn des Kohlenarbeiters in den städtischen Betrieben noch um 13 Pf. niedriger sein als im privaten Kohlenhandel. Auch wenn man die sonstigen bescheidenen Vergünstigungen, in deren Genuß sich die städtischen Arbeiter befinden, mit in Rechnung stellt, würde der tatsächliche Lohn noch hinter dem Lohn zurückbleiben, der in der Privatindustrie gezahlt wird. Da die Städtischen Werte immer wieder diese Vergün- stigungen herausstellen, unter denen sich insbesondere das Ruhegeld für alte Arbeiter befindet, weisen wir darauf hin, daß heute allein in den Gaswerken nahezu35Proz. weniger Arbeiter als vor dem Kriege be- fchästigt werden. Diese 35 Proz. sind während der letzten zwei Jahre infolge der technischen Verbesserungen abgebaut worden. So sieht es praktisch mit dem Ruhegeld und der an- geblich gesicherten Existenz der städtischen Arbeiter aus! Die Arbeiterschaft hat sich der Einsicht in die Wirtschaft- lichen Notwendigkeiten nicht verschlossen. Sie hat selbst bei diesem notwendigen Abbau mitgewirkt. Sie hat um so mehr das Recht, zu verlangen, daß auch die zuständigen Stellen sich der Einsicht in die wirtschaftlichen Notwendigkeiten der Ar- beiterschaft nicht verschließen. Nur so allein wird es möglich sein, die Beunruhigung zu bannen, die in die städtische Ar- beiterschaft durch das Verhalten des Magistrats hineinge- tragen wurde. Nur so wird es möglich sein, den Wirtschafts- frieden aufrechtzuerhalten und BerlinvoreinerKata- strophe zu bewahren. Der Gemeinde- und Staats- arbeiterverband hat in diesem Sinne unablässig sich bemüht und mehr als seine Pflicht getan. Mögen die Stellen, die jetzt die Verantwortung für die Aufrechterhaltung des Wirt- schaftsfriedens tragen, sich gleichfalls ihrer Pflicht be- wüßt fein!_
Offensive öes Reichslanöbunües. Ein neuer Kuhhandel in Sicht? Jedesmal wenn die Entscheidung über Fragen der aus» wärt igen Politik unter deutschnationaler Mitwirkung bevorsteht. droht der Landwirtschaft eine Katastrophe. Für den Dawes-Plan   hat man so die Agrarzölle erhalten, und dieser Erfolg spornt an. Jetzt, wo die Entscheidung über den Sicherheitspakt bevorsteht, leitet der Reichslandbund unter dem Schlagwort»Bauer in Rot' einen Propagandafeldzug ein, der neue Subventionen des Reiches für die Landwirtschaft erreichen soll. Di« Agrarier wollen die von ihnen aufgenommenen Kredite nicht zurückzahlen und ver- langen außerdem Steuernachläfle. Der Reichslandbund hat nun an die Reichsregierung«in Telegramm gerichtet, in dem er dem Rschtskabinett dos Zeugnis ausstellt, es habe gegenüber der Wirtschaftskrise versagt, und in dem er oerlangt, man solle einen besonderen Ausschuß zur Linderung der Rot der Landwirtschaft einberufen. Das ganze Manöver ist durchsichtig. Die Deutschnationalen können nicht mehr ableugnen, daß der Pakt von Locaruo unter Mitwirkung ihrer Regierungsvertreter zustandegekommen ist.
Die reaktionäre Demagogie rächt sich jetzt, und es ist daher ein gutes Mittel zur Bekämpfung der Opposition in den eigenen Reihen, wenn man jetzt der Landwirtschaft Zugeständnisse macht. Das Geschäft ist noch immer dankbar gewesen und es bestätigt sich, was in dem vom landwirtschaftlichen Verein in Ostritz   gesungenen Liebe als neue Lebensweisheit der Agrarier angepriesen wird: Und drohen auch Gesetz und Staat. Der Landwirt weiß sich immer Rat: Man ist doch heut nicht mehr so dumm, Geht's vorne nicht, geht's hinten rum!
Die bankerotte preisfenkungsaktion. Ein deutschnationalcs Geständnis. In der in Reustrelitz erscheinenden»Landeszeiwng' sinden wir (Rr. 243) in Form eines Inserats einen Aufruf des Mecklen- burg-Strelitzschen Ministeriums. Abteilung des Innern, gezeichnet Schwabe, der sich mit der Preisgestaltung be- fchästigt. In ihm heißt es u. a.:»Das Ministerium hat zu seinem Bedauern feststellen müssen, daß die Bestrebungen der Reichsregierung, die Preise, vor allem aber solche für Lebens- mittel und Gegenstände des täglichen Bedarfs, auf ein erträgliches Maß zurückzuschrauben, von den Handels- und Gewerbe- treibenden in Mecklenburg-Strelitz   gar nicht bzw. durchaus ungenügend unterstützt werden." Das ist ein sehr interesiantes Geständnis. Denn hier wird der Reichsregierung durch ein deutschnattonales Landesministerium bestätigt, daß ihre ganze Preissenkungsattion für die Katz' gewesen ist. Es wird offen zugegeben, daß der Handel sich um die Derbilligungsaktion der Reichsregierung gar nicht kümmert und an den übersetzten Preisen festhält. Aber der Schritt des Mecklenburg-Strelitzfchen Ministeriums hat auch seine Kehrseite. Wenn das Ministerium schon die Flucht in die Oeffentlichkeit ergriffen hat, muß ee seine Ursachen dafür haben. Umsonst stößt man wohlgeneigte Wähler nicht vor den Kopf. Alle Welt wird sich nun fragen, was die Abtellung des Innern im Meck- lenburg-Strelitzschen Ministerium eigentlich tun will, um die Preis- sentung der Reichsregierung zu forcieren. Der Aufruf der Re- gicrung enthäll in dieser Beziehung einen fast komisch klingenden Hin­weis. Es heißt in ihm z. B., nachdem das Ministerium versichert hat,»gegen jede Uebersetzung der Preise mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln vorzugehen", wie folgt:»Das Ministerium er- wartet, daß die Handels- und Gewerbetreibenden von sich aus ihre Preise auf ein für die Bevölkerung erträgliches Maß bringen." Wir sind davon überzeugt, daß die Mecklenburg-Strelitzsche Geschäfts- welt diese stilistische Leistung des Ministeriums mit viel Behagen lesen und auch»zu den anderen legen wird". Die Bevölkerung von Mecklenburg- Strelitz   wird also noch recht lang« auf die Erfolge der sagenhaften Preissentungsaktion warten müssen, wenn man sich nicht endlich entschließt, gegen den Wucher mit energischen Mitteln vorzugehen. verhältniswahlspsiem für fierztekammeen. Annahme ves sozialdemokratischen Antrags. Der von der sozialdemokratischen Fraktion des Landtages ein- gebrachte Antrag auf Einführung der Verhältniswahl für die Aerztekammern fand seinerzeit im Hauptausschuß eine erhebliche Mehrheit. Der Landtag überwies jedoch diesen Beschluß zur wiederHollen Beratung dem bevölkerungs- polllischen Ausschuß, weil die Auffassung der Aerztekammern, die von dem modernen Wahlrecht nichts wissen wollen, erst geklärt werden sollte. Die Gründe besonders auch der BerlinerAerzte- k a m m e r, die auch sonst durch ihr« reaktionäre Hallung. z. B. den Krankenkassen gegenüber, unrühmlich bekannt geworden ist, gingen im wesentlichen darauf hinaus, daß Vertreter anderer Wirtschaft- licher und standespolltischer Ansichten in der Sammer nichts zu suchen haben und daß das bisher beliebt« Kliquenwesen bei der Auf- stellung der Kandidaten sichbewährt" habe. Der Bevölke- rungspolitische Ausschuß beschäftigte sich nun Mittwoch abend mit dieser Materie und beschloß bei voller Besetzung ein- mutig die Annahme des sozialdemokratischen An-
t r a g e s. Die Aerztekammern werden sich nunmehr darauf einrichten müsien, daß bei den im nächsten Jahre bevorstehenden Wahlen Hechte in den Karpfenteich gelangen. Die Nemelwohlen eine Volksabstimmung gegen Litauen  . Zllemel. 22. Oktober.  (Eigener Drahtbericht.) Soeben ist das Resultat der Wahlen zum Memelländischen Landtag errechne: wor- den. Für die Einheitsfrontparteien sind 57 000 Stim­men insgesamt abgegeben worden. Dieser Stimmenzahl stehen nur3S77litauischeStiminen gegenüber und 1602 Stimmen der Kommunisten und einiger kleiner Splllterparteien. Bon den drei Einheitsfrontparteien hat die Sozialdemokratie des Memelgebietes mit 0993 Stimmen lehr gut abgeschnitten. Die Landwirtschaft erhiell 24 101 Stimmen und die Memelländische Volkspartei 23 372 Stimmen. Die Sitze werden sich in folgender Weise verteilen: Sozialdemokratie 5 Abgeordnete, Land- Wirtschaft 12, Volkspartei 11, so daß 28 Einheit-frontkandidaten in den Landtag einziehen. Der 29. und letzte Sitz wird den Ber­einigten litauischen Bauernlisten zufallen. Alle anderen Parteien, darunter auch die Kommunisten, werden keinen einzigen Abgeord- neten in den Landtag entsenden können. Die Niederlage der Kommunisten in der Stadt Memel   wie auf dem Lande ist un- geheuer groß. Auch die Sozialdemokratie hat in der Stadt Memel  Stimmen verloren. Das liegt daran, daß die Fischer einen aus- sichtsreichen Kandidaten auf der Liste der Volkspartei stehen hatten. Auch die Beamten waren auf der Liste der Bolkspartei aussichtsreich vertreten. Diese Stimmen gingen der Sozialdemokratie verloren. Bei der letzten Stadtverordnetenwahl in Memel   konnte sie, da sie einen Fischer und einen Lehrer an aussichtsreicher Stelle stehen Halle, eine größere Anzahl Stimmen erHollen. Trotzdem ist das Er- gebnis auch für die Sozialdemokratie des Memelgebietes ein über- aus günstiges. In verschiedenen Landstädtchen hat sie die absolute Mehrheit erhalten. Besonders trifft das für den Preis Pogegen   zu. Diese Wahlen haben also bewiesen, daß sich die übergroße' Mehr- hell der Memellänoer gegen das von Kowno   aus in das Memel  - gebiet gebrachte litauische Regime wehrt. Die bisherigen litauischen Machthaber haben das Gebiet bis zur letzten Konsequenz ausgenutzt, so daß Handel und Wirtschaft völlig danieder- liege» und eine ungeheure Arbeitslosigkell im Gebiet herrscht. Alle diese Taten und Vergewaltigungen durch die Litauer haben die Memelländer derartig erbittert» daß das Wahlresultat einen solch ungeheurenSiegderdeutsch-memelländischen Par- teien bewirkte. Die wenigen lllauischcn Stimmen im Memelgobiet sind ein warnendes Beispiel in der politischen Geschichte, daß es immer ein Unrecht an einem Volk ist, wennn man es, ohneeineVolks- a b st i m m u n g zuzulassen, von seinem Mutterland« abtrennt. wie es durch den Friedensvertrag von Versailles   geschehen ist. Heute ! laben die Memelländer die damals nicht erlaubte V o l k s a b- t i m m u n g durch diese Wahl ersetzt und damit der Welt gezeigt, daß sie die Sklavenfesseln nicht länger tragen wollen, die man ihnen seit 1923 willkürlich auferlegt hat. Sie wollen auf Grund der Autonomie ihr« Rechte in Anspruch nehmen, die ihnen bei der Verwaltung des Gebietes gewährleistet worden sind.
Gott im �ungerftreik. Im Laufe des gestrigen Tages sst der Auslandsdelegation der Russischen Sozialdemokratischen Partei(Menschewicki) aus sicherer Quelle die Nachricht zugegangen, daß der sozialrevolutionäre Führer Götz, der im Juni 1922 bei dem bekannten Spitzelprozeß gegen die Parteileitung der SR. zunächst zum Tode verurteill worden war. später bedingt zu Gefängnis begnadigt wurde, in den H u n g e r- st r e i k getreten ist. Götz war vor längerer Zell   bereits wieder auf freiem Fuß gesetzt, sodann aber wegen seines bekannten Protest» briefes gegen Fimmen abermals eingekerkert worden. Unablässig um seine Wiederfreilassnng kämpfend, hat Götz nun zu dem verzweifelten Mittel des Hungerstreits gegriffen und befindet sich bereits in kritischer Lage. Wir sind gespannt, wie sich die Bosschewsston. die sonst Zeter und Mordio schreien, wenn bürgerliche Regierungen in Europa  einen in den Hungerstreik getretenen kommunistischen   Gefangenen nicht sofort fressassen, in einem ähnlichen Falle verhallen werden, der ihre eigene Regierung betrifft. Bisher mögen die Moskauer  Gewallhaber geglaubt haben, sie riskierten nicht» dabei. Goß ver- hungern zu lassen, da die Nachricht seines Berzweiflungsfchrlltcs
Zwischen öen Schlachten. Musik-llmscho« von Kurl Singer. Während im Konzertleben bereits die Hauptschlachten geschlagen morden, wiegt sich die Oper noch in Ruhe. Durch den Zufall von Absagen und Umstellungen hört man in der Staatsoper dennoch Bemerkenswertes. Die zweiten und drille» laut verkündeten Be- setzungen oller Rollen in derAfrikanerin" waren Scholl und Rauch. Nicht Günther, nicht Kirchner, nicht Krauß, kein namhafter deutscher Tenor beherrscht die Rolle des Boso de Gama. Ein erneuter Beweis für die Mumifizierung dieses Meyerbeer. Statt Meyerbeer   also Straußens»Rosenkavalier  ". Keine Berlinerin zur Stelle für die Feldmarschallin. Margarete Siems, die erstmalig die Rolle in Dresden   kreierte, ist immer noch eine vorzügliche Schauspielerin. Dos Leid der alternden Frau steht ihr an Stirn und Aug geschrieben. Nur die Stimme litt, und die Höhe klirrt schon wie Glas, das ja so leicht bricht wie Glück und Ruhm. Neben ihr erweckt Celia Rein- Harb Bewunderung, ein Oktavio von reizendster Natürlichkeit, Herz. lichkeit, stimmlicher und stilisttscher Qualität. Am anderen Abend »Salome  " mit Absagen. Will man Strauß Richard mit Straub Johann oerwechseln und den Lebenden für die Hundertjahrfeier des Toten einschmuggeln?Rosenkaoalier" wäre wienerisch durchpulst, kein schlechtes Denkmal für den Walzerkönig. Frau Komp war krank, Frau Strozzi erkrankte. So singt wieder ohne Probe ein Gast, der im Gedächtnis bleibt. Else Wühler mit einer wohl- gebildeten, leicht ansprechenden Sopranstimme, spielerisch gewandt und im Schlußnwnolog von packender Größe, dabei höchst musikalisch und sicher. Stach hat sich das Organ nicht dem großen Raum an- gepaßt, noch stört im Schatten der Kemp eine gewisse Bürger- lichkeit der Tanzszene. Aber einer so begabten jugendlichen lebendig und künstlerisch stufenden Künstlerin sollte sich Staats- oder Stadt- Oper nicht verschließen. Zwischen den Schlachten der üblichen Konkurrenten ragen hervor die ernsthafte Musikerin Ellen E p st e i n mit einem erwählten Programm vorklassischer Meister. Das Kammerorchester leitet Eduard Moritz, die Hochbegabung, pianisttscher Reife und letzter Spielkullur handbreit genäherte Lubka K o l e s s a; da» K l i n g l e r- Quartett, das an seinem ersten Abend in einem Haydnschen Opus die delikatesten Reize an Grazie, Geschmack, Beseelung und Humor darbieten: der Meisterspiele? Moriz Rosenthal  , der zwar nicht mehr die kraftstrotzende Hand seiner jüngeren Jahre hat, nicht mehr die allerschmiecssamste Fingertechnik, dafür aber im Karneval von Schumann, in den Papillons und Strauß-Walzern eigener Kombi- natton so viel Elan, Feuer, innere Tanzbewegtheit, solchen Charme und so herzhafte Begeisterung beweist, daß der Jubel des angeregten. angesteckten Publiküins begreiflich ist. Das alles sst leichte Kost gegenüber der schweren Mahlzeit, die uns die Volksbühne Sonntag vorsetzte: Schönbergs»Lierrot Irnisire", von Stiedry, mit wirklich überlegener Kenntnis, zart und eindrucksvoll geleitet, von Frau Gutheil-S ch o d e r mit letzter Durch- geistigung vorgetragen, kaum mehr gesungen. Die Hörer quittierten teils mit Beifall für die hohe artistische Leistung, teils mit Schweigen der Ablehnung. Auch die Beifälligen, die nicht Musiker waren. stimmten wohl mehr der Darbietung als dem Dargebotenen zu(wie
Briefe und Aussprachen beweisen). Es sst schwer, von Beethoven  und Bruckner   so schnell zu Schönbergs exponiertester Kunst des expvessionistsschen Ausdrucks hinzuschwingen. Uns allen fällt das schwer. Das kompositorische Geflecht an Gesst, Witz. Pointen wird dem Lesenden klarer, als dem Horchenden. Und das Kecke, Ironi- sierende, Lustbetoitte wird stärker aufgegriffen, als gerade die tiefe musikantische tragische Note. Aus Jahre hinaus wird dem, der Musik als Melodie zu erleben gewöhnt ist, dieser Zyklus von Melodramen als unerlcbbares, unerfühltes Experiment in die Ohren dringen. Die Seele bleibt still und wartet. Der Erzieher wird solch Experiment wiederholen wollen, der Kunstgenießer und einer der in den Sttm- mungen ganz naiver unverbildeter Arbeiter zu lesen gewohnt ist. möchte warnen. Und möchte in ein paar Iahren wieder den Warner warnen dürfen. Siegerin der Woche: Sonja Friedmann-Gramattä. Sie zeigt sich als Pianistin, Geigerin, Komponist. Und aus jedem Gebiet hat sie etwas zu sagen. Ihre Erfindungsgabe sst groß, aber noch nicht ganz frei, ganz gelockert, ganz eigen. Brahms   und Chopin  spielen ihr in die Phantasie hinein, atonale Aeußerlichkciten scheinen noch unausgelebt, das Unverbundene strafft ein energischer, ziel- bewußter Geist dennoch zu persönlicher Gestalt. Und wie spielt diese zarte Frau das alles! So, als spielte.es" aus ihr heraus, als sei nur zufällig Klavier oder Geige das Instrument, auf dem sie Aus- druck heraussprengt. Eine Musikamozone mit explosiven Sti:n- mungen geladen, mit Mühe dem schöpferischen Drang Wege suchend. Funken sprühen, die Dynamit will die Mitte hallen zwischen ruhigem Wellenschlag und Dynamit, der Flügel wird zu schwach unter dem Angriff dieser Hand. Was sie auch spielt Wille und künstlerischer Schwung teilen sich mtt. Einen Kapellmeister könnte diese Russin abgeben, und die Buntheit ihrer Werke drängt zu einer komischen Fassung in größerer Form. Der genial! sch-wilden Frau sei ein Kranz des Sieges zugeworfen!
ver Einzug der alkattischeu Skalue ins Alke Museum. Die aus Kunstgelehrten und Bildhauern zusammengesetzte Sachver. siöndigenkommission des Allen Museums hat den Ankauf der alt- aitsschen Statue einsttmmig gutgeheißen. Die von dem Bildhauer Marlin Schauß in einem Flugblatt aufgestellt« Behauptung der Fälschung dieser und anderer antiker Skulpturen der staatlichen Museen wurde abgewiesen. Die Statu« wird nunmehr von ihrem jetzigen Aufbewahrungsort in den arckMischen Saal des Allen Museums übergeführt und dsfinitiv aufgestellt werden, so daß sie in wenigen Wochen der allgemeinen Besichtigung zugänglich sein wird. Ja der Staatlichen Hochschule für Musik erklang H a y d n s ewig jung«Schöpfung  ". Siegfried Och» unterstrich behaglich und in humorvoller Weis« das primitiv Malerische, das Progromma- tische dieser wahren Volksmusik. Welche Fülle von Komik gibt es bei solch einer Meisteraufführung des Werkes immer wieder im Orchester. Für einentondichtenden" Beschreib«? bietet der gute, so gar nicht alte Haydn doch einen wahren Katechismus des»guten Malens". Und es ist olleia schon ein Genuß, die Behaglichkeit und die vergnügte Ruhe eines für solche naive Musik eigentlich schon ver- lorenen oder besser zugebildeten" Publikums zu beobachten. In prachtvoller Laune stützen die Solisten Ochs' humorvolle Aus- legung: Albert Fischer, der in letzter Zeit Bielgehörte, der mtt
demvor Freude brüllend steht der Löwe da" das Publikum schmun- zeln machte und gerade diesem Kernstück des Werkes in allen seinen Teilen das nur eben Mögliche in meisterhafter Darstellung gab: August Richter, der das erste Rezitativ des Schlußteiles besonders sein aufbaute, in der Tongebung aber scheinbar nicht immer aus festen Füßen stand: Amalie Merz- Tunner, die warn: und hin- gegeben besonders gegen den Schluß hin in Einzel« und Zwiegesang gestaltete. Der Chor war, wie stets bei Ochs, von einer Fülle der Schlagkraft und Disziplin in Haltung und Ton. Wollte bei den tiefen Holzbläsern des Philharmonischen Orchesters manch- mal etwas an Präzision fehlen, so ist das wohl auf das KontoVor­aufführung" zu fetzen. S. G. Suufl-Verleih" in der Zurysreien. In der jetzt eröffneten Iuryfreien Kun st schau im Landesausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof   wird zum erstenmal Gelegenheit geboten, Kunst- werke zu leihen und, wenn später gewünscht, unter Anrechnung der Leihgebühr, durch Ratenzahlung zu erwerben. Di« in Frage kommenden Bilder sind mit einem K V»ersehen. Die Leih­bedingungen kann man im Ausstellungsbureau erfahren. Am Sonnabend, den 24. d. M., nachmittags 2 Uhr, findet eine Führung durch die Ausstellung statt. Prof. Sandkuhl, der Präsident der Iuryfreien, wird die Führung persönlich übernehmen. Im Anschluß daran wird dann Prof. Dosselt im Ausstellungscafc den versammelten Besuchern und Künstlern einen Vortrag über die Bestrebungen, den Kunstabsatz zu organisieren, hallen. Die Berliner   Bildhauer Im Schaufenster. Die Berliner   Bild- Hauervereinigung hat mtt dem Verband Berliner   Spezialgeschäste «ine Vereinbarung getroffen, laut der die Geschäft« ihre Schau- fenster, zum Teil ganz, zum Teil wenigstens teilweise, für die Aus- stellung blldhauerischer Arbeiten zur Verfügung stellen. Dieser neu- artige Versuch, in den Hauptstraßen und in den besten Geschäften Verlins gute Kunst zu zeigen, soll von einem gerechten sozialen Empfinden gekettet werden und alle Künstler zeigen, die der Bild- Haueroereinigung angehören. Da die besten Plastiter Berlins   mit- machen, wird das Uniernehmen gewiß auch künstlerisch Neues bringen. Der Beginn hat sich etwas hinausgeschoben: der 30. Ok­tober sst dafür in Aussicht genommen.
Splelplo-'iwdi'nmg. Die sür Beate angrsehte Premier« von.Kopf oder Udler' im Komödienhau» muh wegen Erkrankung eines Dariteller» ant Freitag verschoben werden. Die für heute gelösten Karten Behalten KüUigkett. Volksbühne. Die Trstwissührunz von Hebbels»Indltb" im Theater am B ü l o w p l a tz ist für Donnerstag, den S. November festgesetzt worden. vi« Akademie der Künste eröffnet ibr« dieSjäbrig« Herbstausstellung am Sonnabend, den 24., mittags 12 Nbr. Sie umsaht Aquarelle. Gouachen. Pastelle, Zeichnungen, Graphik, sowie Werke der Bildhauertunst. Die Aus- stellung ist bereits am Sonnabend dem Publikum zugänglich und wird täglich von 105 Uhr geöffnet sein. Zm tesstug-Museum findet beut«, abends S Mr. ein« I»bann- Strauh» Feier statt. Georg Richard Kruse   spricht über den Komponisten Mar- oaretc Bergh-Steingräber und äritz Sturm-Schühler fingen aus den Operetten, begleitet von Paul Li cht«» st ein. Oda ». Halten tanzt Lttauhfche Walzer. VI« parsser kouftgewerbeaiisstestinis wird, wie HandelSmtnister Ehanmet im Ministerrat mitteilte, am 7. November geschlossen werden.