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Nr. 505 42. Jahrg. Ausgabe A nr. 257

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292–297.

Sonntag, den 25. Oktober 1925

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Berlin  , entscheide!

Für die Vermehrung der öffentlichen Wohlfahrt!- Gegen die bankrotte Politif

Heute gehen die Wähler von Groß- Berlin zu einer wich tigen Entscheidung. Es geht um die Grundsätze, nach denen die Verwaltung der Reichshauptstadt in den nächsten vier Sahren geführt werden soll.

der Rechtsparteien!

erhalten, so wird jeder Bersuch, in der Berwaltung für eine Bermehrung der öffentlichen Wohlfahrt zu sorgen, immer wieder an die Schranken stoßen, die das gegenseitige Miß trauen der Völker einem wirtschaftlichen Wiederaufstieg in den Weg stellt.

Die Entscheidung über diese Grundsäße wird tief in das Leben des einzelnen einschneiden. Es ist die Aufgabe der Die großen Gefichtspunkte sind die gleichen für die Ent Gemeinden, die öffentlichen Einrichtungen zu entscheidung über die fünftige Verwaltung von Groß- Berlin und wickeln, die der Vermehrung der Wohlfahrt der für die politische Entscheidung über die Bedeutung des Bevölkerung dienen, auf dem Gebiete der Wirtschaft wie Friedenswertes durch die Deutschnationalen: es gilt den des Verkehrs, dem Wohnwesen und der öffentlichen Gesund Sieg des Berantwortungsbewußtseins für heitspflege, der Erziehung und Kultur mie der Fürsorge. Die das Gemeinwohl herbeizuführen über den Geist des Gemeinden haben an der Herbeiführung befferer Zeiten zu beschränkten Eigennuges in Politik und Verwaltung. arbeiten. Die Millionenmassen der Bevölkerung der Reichs­hauptstadt, die von der täglichen Arbeit leben, tönnen für die Zukunft nicht vorsorgen, indem sie Privatbesig und Vermögen auffpeichern. Sie können ihren Kindern nicht wie die Reichen Vermögen hinterlassen, die ihnen erhöhte Lebenshaltung und ein besseres Dasein ermöglichen. Das Erbe, das fie ihren Rindern geben fönnen, besteht in der Verbesserung der öffent lichen Einrichtungen, der Vermehrung der Leistungen der Ge­meinden für die Gesamtheit. Ihre Hoffnung auf beffere Zeiten für sich und ihre Kinder gründet fich nicht auf eine Bermehrung des Privatbesizes, sondern auf eine Bermehrung des öffentlichen Besizes an allgemeinen Wohlfahrts-, Er­ziehungs, Verkehrseinrichtungen, auf eine Verbesserung der Verwaltung des öffentlichen Eigentums, auf die Durchdrin gung der Berwaltung mit sozialem Geiste.

Es geht heute um den Geist der Verwaltung. Bird fie entscheidend beeinflußt von Parteien, die eine Politit des Eigennutes betreiben, statt das Gemeinwohl im Auge zu haben, so wird sie aus einer Dienerin der öffentlichen Wohl­fahrt zu einem Instrument des Partei- und Klassenegoismus. Soll die Verwaltung in sozialem Geifte getragen sein, soll sie die öffentliche Wohlfahrt vermehren, so müssen bei dieser Wahl die Parteien des Besitzes und des Eigennutzes entscheidend zurückgedrängt werden. Wir wollen bessere Lebensverhält niffe, wir wollen Abhilfe gegen die schweren sozialen Schäden, die die Zusammendrängung von Millionen in der Großstadt mit sich bringt, mehr Wohnungen und beffere Bohmungen, beffere Erziehungsverhältnisse. Bessere Zeiten für uns und unsere Rinder!

Das sind die allgemeinen Forderungen, die die Sozial Demokratie an die Verwaltung der Reichshauptstadt stellt, das für hat Berlin   heute zu entscheiden!

Die Wahl geht heute nicht nur um den Geist der Ver­waltung von Groß- Berlin. Sie hat Bedeutung für das ganze Reich. Die Berliner   Wähler gehen in einem ernſten Augenblid zur Wahlurne. Die Politik des Friedens und der Verständigung, die die Grundlage bilden soll für bessere Zeiten, ist bedroht. Bedroht durch die stärkste Re­gierungspartei, die Deutschnationalen, die einst als Oppo­fitionspartei die Politik zu hemmen und zu durchkreuzen ver fuchten, und die nun als Regierungspartei dem Versuche in den Rücken fallen, eine friedliche Berständigung der euro­ päischen   Bölker herbeizuführen und die Streitfragen auszu­tilgen, die sie verfeinden.

Im Augenblid, wo die Berliner   Wähler zur Wahl schreiten, wird vielleicht das Wert von Locarno  durchgestrichen durch den Parteiegoismus und die Ber antwortungslosigkeit der Deutschnationalen, eine ernste Regierungstrife und politische Krise im Reiche herbei geführt, werden vielleicht Reichstagsauflösung und Reichstagsneuwahlen zur unumgänglichen Not

wendigkeit.

Es gilt, zugleich mit der Entscheidung über den Geist der Verwaltung ein politisches Urteil herbeizu führen über die Politit der Sabotage ber Friedensarbeit. Diese Wahl muß Abrechnung mit den Deutschnationalen sein. Sie sind die Partei, die den privaten Eigennut vertörpern und über die öffentliche Wohlfahrt stellen, sie sind die Partei, die den Frieden fabotiert.

Die Sorge für beffere Bermaltung und die Sorge für eine Politif des Friedens find untrennbar. Bleibt der ver morrente Zustand des Europa   von gestern aufrechts

Die Berliner   Wähler sind zur Abrechnung mit den Parteien des Rechtsturfes berufen. Ihr Botum fann auf den Ausgang der politischen Krise im Reiche zu gunsten des Sieges des Friedensgedantens einwirten. Es fann der Welt zeigen, daß der Wille der Deutschnationalen nicht der Wille des deutschen   Volkes ist. Wird in der Reichs­hauptstadt die Politik deutschnationaler Verantwortungslosig: feit aufs Haupt geschlagen, so wird die Welt darin einen Be­weis des Friedens- und Berständigungswillens des deutschen  Bolles sehen. Berlin   fann gutmachen, was die Deutsch nationalen perdorben haben.

3wei Tage vor der Wahl ist der Schlußstrich unter die Bilanz des Rechtsturses in Deutschland   gezogen

worden.

Die erste Tat des Rechtsturses war der Betrug an den Opfern der Inflation, der Bruch des feierlichen Versprechens, das den Sparern und Gläubigern von den Deutschnationalen gegeben worden war...

3weite Tat: eine sozial ungerechte Neu­regelung des Steuerfystems, das die Laften aus dem Dawes- Plan   nicht nach dem Grundsatz der Bemeffung der Leistung und der Leistungsfähigkeit verteilte, sondern die Hauptlast den besiglosen Massen auferlegte.

Dritte Tat: die Wiedereinführung der Lebensmittelzölle, die die Lebenshaltung der Gesamt­bevölkerung herabdrückt, um den Wohlstand jener Interessenten freise zu heben, die hinter den Rechtsparteien stehen.

Die Laten des Rechtsturses im Reich sind ein Triumph der Politik des frivolen Eigennutes, der Berschlechterung der Lebenshaltung der Bevölkerung, eine Hemmung des Wieder. aufstiegs des deutschen Boltes zu besseren Zeiten.

Brutaler Befigegoismus in der Behandlung der innerpolitischen Probleme geht Hand in Hand mit volli gem Bantrott in der Außenpolitit. lungswert von Locarno   die Zustimmung zu geben, so ist die Wenn die Deutschnationalen es ablehnen, dem Berhand ußenpolitit des Rechtsturies bantrott. Sie liefern dem deutschen   Volfe und der Welt den Beweis, Bartei verlassen fönnen, sondern daß feine Regierung in der daß nicht nur die deutschnationalen Wähler sich nicht auf ihre Außenpolitik sich auf die Deutschnationalen ftüßen kann, wenn sie sich nicht dem Borwurf der Unaufrichtigkeit und Unzuver­ment, mit den Deutschnationalen eine Bolitik des Friedens lässigkeit und Doppelzüngigkeit aussehen will. Das Erperi­und der aufrichtigen Berständigung zu führen, ist vollständig

mißglüdt.

über das Gemeinwohl stellen, heißt: die nationalen Interessen Deutschnationale Politik heißt, den brutalen Befihegoismus Deutschlands   verraten um eines engen agitatorischen Bartei intereffes willen.

Deutschland   ins Unglüd. Der Rechtsturs unter deutschnationaler Führung stürzt

sein. Aber sie rechnen mit der Dummheit ihrer eigenen An­Unaufrichtiger als die Deutschnationalen fann feine Partei

| hanger, die systematisch vom politischent Denten ferngehalten werden. Sie rechnen damit, daß die Schar der politisch Un­mündigen ihre frivole und die nationalen Interessen mit Füßen tretende Politit für eine nationale Tat halten werde. Sie schäzen ihre Anhänger ein nach dem Niveau jenes Kontre­admirals D. Levezom, der im Coßmann- Prozeß in München   das Wort prägte:

Ich bin Soldat, war es und werde es sein bis zu meinem letzten Atemzuge. Die Politit tümmert mich nicht, ich bin ein deutscher   Mann".

Ein deutscher   Mann vom Schlage Levegows und nach dem Ideal der Deutschnationalen hat nur an die deutschnatio­nale Phrase zu glauben. So, wie die Deutschnationalen ihre Wähler einschäßen, so betreiben sie selbst Reichspolitik. Die Bolitit fümmert sie nicht. Sie sind deutschnational und nehmen Zollwuchergeschenke. Die Politik fümmert sie nicht, sie reden deutschnationale Phrasen und zerschlagen den außen­politischen Kredit des Reiches.

Saben sie sich nicht einmal die Führerpartei genannt? Ihre Führung bestand in der Spekulation auf die Dummheit. Jetzt sind sie in Schwierigkeiten geraten, da lassen sich die Führer von der Dummheit führen.

Ein jeder Berliner   Wähler müßte die Zumutung, einer solchen Partei seine Stimme zu geben, als eine Beleidigung empfinden. Ein heller Berliner   soll für eine Partei stimmen, die auf die politisch zurückgebliebenen spekuliert und bald mit der Dummheit Manöver macht und bald hinter ihr herläuft?

*

Der Rechtsturs ist bankrott. Der Rechtskurs ist eine Gefahr für das deutsche   Volk. Der Rechtsturs tann nicht re­gieren, nur fabotieren. Der Rechtsturs fann nicht verwalten und aufbauen, er fann nur bedrücken und zerschlagen. Der Rechtskurs ift Hemmung der Arbeit für das Gemeinwohl. Er taumelt der tommenden Abrechnung entgegen.

Heute ist das Vorspiel der fommenden Abrechnung. Heute müssen die Wähler der Reichshauptstadt den Parteien des Rechtskurses zeigen, weffen sie sich zu versehen haben, wenn allgemeine Reichstagswahlen ein Bolfsurteil über die Arbeit des Rechtsturses herbeiführen.

Diefe Abrechnung erfordert die Stimme, der Berliner  Wähler für die Sozialdemokratie um der Erfüllung der Groß- Berliner Berwaltung mit sozialem Geiste, um der Demonstration gegen die friedensfeindliche Sabotagepolitif der Deutschnationalen willen.

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Sorge für das Gemeinwohl oder eigennüßiges Besitz­interesse? Politik des Friedens. oder Politik der Sabotage der nationalen Interessen? Sozialdemokratie oder Rechtsturs! Berlin  , entscheide!

Die Krise.

Vor der Sitzung der deutschnationalen Reichstagsfraktion. der Deutschnationalen Boltspartei" versichert, daß sich die Die deutschnationale Reichstagsfrattion tritt heute um 6 Uhr abends zusammen. Die parteiamtliche Korrespondenz Fraktion dem Parteibeschluß anschließen werde. Damit jei Fraktion im Reichskabinett gegeben". Also Schiele foll auch die Stellungnahme für den Vertrauensmann der herausgezogen werden, wie er vordem hineingesteckt wor den ist. Und Schlieben? Und Neuhaus? Und Raniz?

Der Reichstanzler hatte gestern nachmittag eine Be­sprechung mit dem Grafen Wefiarp. Herausgekommen ist partei. dabei nichts. Dann empfing er Herrn Scholz von der Volks­

Die Kreuz- Zeitung" sagt, daß zu dem Beschluß der Parteileitung die Haltung jener Presse mit beigetragen habe, " die immer wieder an der Ernsthaftigkeit der ablehnenden

Montag: Sonderausgabe des Borwärts" Sattung der Deutschnationalen Zweifel hege. Dann fährt fie

Die Resultate der Berliner   Stadtverordneten­wahlen und der Badischen   Landtagswahlen werden am Montag früh durch eine Sonderausgabe des Vorwärts" befanntgegeben werden.

mörtlich fort:

Auch müssen wir zugeben, daß feit der ver. hängnisvollen Abstimmung über den Dawes Blan am 29. Auguft vorigen Jahres in vielen Rreifein gewisses Mißtranen bestand, daß die