tischen Standpunkt aus müßte er seine Demission geben. Die sozialistische Parlamentsfraktion hat beschlossen, nicht gegen das Kabinett zu stimmen, sondern sich der Abstimmung zu enthalten. Sie hat außerdem einer Er- klärung zugestimmt, die Paul Faure im Augenblick der Ab- stimmung verlesen soll und in der die Enthaltung.mit der zögernden Haltung Painlev6s in gewissen Fragen begrüsidet wird und die betont, daß die Fraktion bereit fei, f ü r die Projekte Painlev6s zu stimmen, wenn sie den Erwartungen der Linken entsprechen würden. Im allgemeinen ist das in den politischen Kreisen so aufgefaßt worden, daß die sozialistisch« Fraktion, und zwar diejenigen Genossen, die auf dem Nationalrat die Mehrheit haben, dem Kabinett Pain- leo6 doch noch eine Brücke bauen wollen. Ob diese Brücke genügt, um eine neue Krise zu verhindern, ist keineswegs sicher, so daß die inncrpolitische Situation gegenwärtig konfuser ist als je feit dem Beginn der neuen Legislaturperiode.
Die Konferenz bei Luther . Keine« Schritt weiter! Die amtliche Meldung über die gestrige Aussprache zwischen dem Rumpftabinett und seinen Vertrauens- männern in den Parteien lautet: Heut« fand unter Vorsitz des Reichskanzlers, sowie unter Teil» nähme der Reichsminister Dr. Brauns, Stingl und Dr. Stresemann eine Aussprache mit den Vertretern der in der Regierung durch Vertrauensmänner vertretenen Parteien statt. An der Aussprach« nahmen teil: Von der Zentrumsportei die Abgeordneten Fehrenbach. Marx und Stegerwald: von der Deutschen Volks- Partei die Abgeordneten Dr. Scholz, Dr. Curtius und Kemptes; von der Bayerischen Dolkspartei der Abgeordnete Leicht. Di« eingehende Erörterung ergab eine allgemeine Ueber- einstimmung in der Beurteilung der politischen Lage. Die Ver- treter der Parteien waren mit der Reichsregierung darüber einig, daß die Schaffung der Grundlagen für die endgüllige Eni» s ch e i d u n g über das Werk von Locorno die beherrschend« Frage der Gesamtpolitik ist. hinter der alle anderen Fragen jetzt zurückzutreten haben. Die Vertreter der Parteien billigten die infolge des Aus- tritt» der deutschnationalen Minister getroffenen Maßnahmen zur Weiterführung der Regierung. Es herrschte all- gemeine Uebereinstimmung darüber, daß die Deutschnatio» nale Partei, deren voreiliges Verhalten um des deutschen Gesamtschicksals willen nachdrücklichst mißbilligt wurde, sich von der weiteren Teilnahme an der Regierung dadurch selbst ausgeschlossen hat. Die Vertreter der Parteien gaben serner der Auffassung Aus» druck, daß eine Einberufung des Reichstage» Im Laufe de» Monats November erst möglich ist, wenn«in erschöpfender Tatbestand in bezug auf das Wert von Locarno und feine Rück- Wirkungen den gesetzgebenden Körperschaften unterbreitet werden kann. Das sind ziemlich viel Worte, um zu sagen, daß die Kon- ferenz ergebnislos verlaufen ist. Man sieht keine Lösung, und erklärt sich infolgedessen damit einverstanden. daß das Rumpftabinett weiter wurstelt wie bisher. Nebenher werden den Deutschnationalen ein paar kleine Unfreundlich- keiten gesagt: für den künftigen Kurs in Deutschland ist das aber nicht entscheidend— umsoweniger, als sich die Gerüchte von einem bevorstehenden Wiederumfall der D e u t s ch n a t i o n a l e n mit jedem Tage verstärken. Wenn aus der gestrigen Sitzung der deutschnationalen Reichstags- fraktion parteioffiziös gemeldet wird, an der„grundsätzlichen EirHtlilung" der Fraktion zu Locarno habe sich nichts ge» anLert, so besagt das sehr wenig. Ueber den Zeitpunkt der nächsten Reichstagssitzung konnte die Konferenz natürlich nur eine Meinung' äußern, sie konnte ihn nicht von sich aus bestimmen. Der Reichstag muß ein- berufen werden, wenn ein Drittel seiner Mitglieder es verlangt.
Der Sesthluß öer vemskratea. Der Haupworstand der Demokratische» Partei hat gestern einstimmig folgende Entschließung angenommen: Der Parteivorstand billigt die Haltung des Parteivorsitzenden zur außen- und innenpolitischen Entwicklung und erklärt sich nur mit einer Lösung der Krise durch eine Regierung einverstanden, die l. die Annahme des Vertrages von' Locarno von einer befriedigen. den Lösung der R ü ck w i r k u n g e n abhängig macht. 2. sich für ein« ehrliche Durchführung der Politik von Locarno und ein« Annäherung der europäischen Staaten einsetzt, 3.«ine Innenpolitik gewährleistet, die der Festigung der Republik dient, 4. sich auf die Parteien stützt, die diese Außen- und Innenpolitik ent- schlössen mitmachen. « Die Führer der sozialdemokratischen Reichs- tagsfraktion sind vom Reichskanzler Dr. Luther für Mitt- woch abend 6 Uhr zu einer Besprechung über die politische Lage in die Reichskanzlei gebeten worden. Genosse Crispien SS Jahre alt. Bon den drei Vorsitzenden unserer Partei rückt heute, als zweiter nach Genossen Dels, Genosse Artur Crispien in die Reihe der Fünfziger ein. Die Partei vereint sich heute zu den herz- lichften Glückwünschen für ihn. Sein Leben und Wirken ist eine schlagende Widerlegung des üblen Spießerworts, daß die Politik den Charakter verdirbt. Denn Artur Crispiens politisches Wirken war nie von anderen Motiven geleitet als von heißer Liebe zu den Be. drückten und von flammender Begeisterung für die Ideen de» Sozialismus. Daran und an seiner Kampfnatur kann auch der Ablauf der Jahre nichts ändern.— Leider wird unser Freund gerade in diesen Tagen von einem schmerzhaften Ohrenleiden geplagt, das er sich auf seiner letzten Versammlungsfahrt durch Baden, au» Anlaß der Landtagswahlen, geholt hat. Glücklicherweise aber wird dieses Leiden bald behoben fein und hindert auch nicht dos Geburtstagskind, die Worte der Freundschaft und de» Dankes zu hören, die ihm heute aus allen Gauen Deutschlands ent- gegentönen. Die Zrontbannverhastungen. SechS Verhaftungen wegen Geheimbündelei und Bildung militärischer Verbände. Das Polizeipräsidium teilt mit: Gegenüber den verschieden lautenden Mitteilungen der Presse über die Verhaftung von Frontbannführern wird folgendes festgestellt: Der Frontbann verpflichtet«, wie in letzter Zeit dem Polizei- Präsidium bekannt wurde, seine Mitglieder mit einer Erklärung, die in Ziffer 3 hieß: „Ich versichere ehrenwörtlich, meinen mir bekannten Führer oder den Kameraden des Bundes, die sich mir als Führer ausweisen, bei sämtlichen offiziellen Veranstaltungen, ge- treu den Ueberlieferungen de» alten Heeres, un- bedingt Gehorsam zu leisten.' Dies« Erklärung verstäßt gegen§ 128 St.G.B.(Geheim- b ü n d e l e i), wonach es oerboten ist, unbedingten Gehorsam an bekannte Führer zu versprechen. Zur Feststellung des strafbaren Tatbestandes sind daher am 29. Oktober durch die Abteilung I A des Polizeipräsidiums Durchsuchungen bei einer Reih« führender Persönlichkeiten de» Frontbannes, der eine nationalsozialistisch« Organisation ist, vorgenommen worden. Da» vorgesuadeue Material ergab, daß Geheimbündelei vorllegt und daß dle Verpslichtungser- klärung von neu eingelreleaeu Mitglieder» dt» w die letzt« Zell hinein— es sind Erklärungen vom IS. September gefunden worden — 1» der gcfchilderleu strafbare» Form verlangt und gegeben worden find. Die Durchsuchungen ergaben weiter, daß der Frontbann, der entgegen anderslautenden Behauptungen kein eingetragener Verein ist— die Eintragung ist nur beantragt—. gegen die Verordnung des Reichspräsidenten vom 24. Mai 1921 betreffend Verbot der Bildung militärischer Verbände verstößt. Festgenommen wurden 18 Personen, von denen 19 als Führer der Organisation am 39. Oktober dem Richter zugeführt sind.
Gegen sechs Personen hat der Richter Haftbefehl er- lassen. Die Behauptung des.Deutschen Tageblatte»'»am 1. November 1925 Nr. 2S7, daß die Polizei gewissermaßen als Geisel den Bruder des nicht angetroffenen Frontbannmitgliedes Iurk festgenommen hätte, ist falsch. Dieser ist vielmehr freiwillig den Beamten gefolgt. da er, wie er selbst angab, über den Verbleib des beschlagnahmten Materials näheres erfahren wollte. Eine Festnahme, zu der die Polizei im übrigen während der schwebenden Durchsuchungen und Festnahmen berechtigt gewesen wäre, ist nicht erfolgt. Bei einigen der Festgenommenen sind einzelne Schußwaffen vorge- f u n d e n worden. Auch hat sich ergeben, daß der gegen den Führer des Frontbannes Hauptmann a. D. Röhrbein schon länger bestehend« Verdacht persönlichen Mißbrouches seiner Führerstellung durch strafbar« Beziehungen zu jugendlichen Mit- gliedern sich bestätigt hat, so daß das Verfahren aus§ 17Z St.S.B.«ingeleitet worden ist. Es trifft zu. daß bei der Durch- suchung in der Wohnung Röhrbeins morgens um 7 Uhr ein jugendliches wohnungslos«» Frontbannmitglled festgenommen wurde, das einen vergeblichen Fluchtversuch unternahm. Di« gesamten Vorgänge sind bereits am Tage nach Vornahme der Durchsuchungen am 39. Oktober der zuständigen Staatsanwaltschaft zugeleitet.
Grevesmühlen im Nuhrgebiet. Der Kampf der Staatsanwaltschaft gegeu die Freunde der Republik . Auf Veranlassung der Staatsanwaltfchost wurden �am Montag in Bochum die Führer des Reichsbanners Schwarz-Rot- Gold,«rbeiterfekretär Dahm, Buchhändler Schutt und Arbeiter Waller o e r h a f t e t. Das Verbrechen, das ihnen auf Grund von �Dc- nunziationen zur Last gelegt wird, soll Landsriedensbruch sein. Tat- sächlich sind die drei angesehenen, alleingesessenen Bürger der Stadt Bochum alles andere als Landfriedensbrecher: mit aller Kraft sind sie stets bemüht gewesen, das Reichsbanner von den Ruhestörungen der Rechtsorganrfationen fernzuhallen und Zusammenstöße zu ver- meiden. IrotzdesVerbotsdesInnen minister - ziehen die Mitglieder der rechts st ehendenBünde seit der Räumung des Ruhrgebietes fast Abend für Abend und Nacht für Nacht in geschlossenen Zü�en und mit Knüppeln und sonstigen Waffen ver- sehen durch die Gegend und bedrohen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in den Städten des Ruhrgebiete» in unerhörter Weise. Fast täglich kommt es dabei zu Schießereien mit dem Re- v o l o e r. Die Polizei hat bei Derhaftungen von Mitgliedern des Stahlhelms, des Werwolfs und anderer Rechtsorgamsationen in Dortmund und Bochum vielfach Gelegenhell gehabt, Revolver und Schlagwaff4n in großer Zahl zu beschlagnahmen. R i e aber Hot man davon gehört, daß die Staatsanwaltschaft gegen diese Revolverhelden im Lager der Rechten mit energischen Maßnahmen eingeschritten wäre. Um so größer ist jetzt die Empörung der republikanischen Bevölkerung des Industriebezirks über das will- kürliche und einseitige Vorgehen der Staatsanwaltschaft.
ßür die Gemeinschastslcbule. Kuudgebuug deS Senats der Universität Leipzig . Leipzig . 3. November. (TU.i Der Akademisch« Senat der Universität Leipzig hat folgende Kundgebung beschlossen: Dcr Senat der Universität Leipzig sieht es als geboten an, daß jede reichsgesetzliche Ordnung der deutschen Schule den religiösen, sittlichen und erzieherischen Werten, die die Bekenntnisse in sich verkörpern. sowie dem Willen der Erziehungsberechtigten, die ihre Kinder zu diese» Werten hingeführt zu iehen wünschen, das Recht der freisu Auswirkung sicher«. Er lehnt aber ein« Wieder- «ioführung der sog. geistlichen Schulaufsicht auch in der Form einer kirchlichen Beaufsichtigung des Rellgionsuitterrichts sowie jede Antastung des Charakters der Volksschule als einer Staatsemrichtung und der Lehrer als Staatsbeamter nachdrücklich ab. Er fordert endlich, daß unbeschadet der Rechte der.Bekenntnis- schule' als einer mit den anderen Schularten gleichberechtigten Staatsschule, die.Gemeinschaftsschule' keinerlei Be- einträchtigung erfährt, am wenigsten an den Stellen, wo sie beretts eingebürgert und bewährt ist.
EinWort zu öen Museumsbauten Im Landtag wird i» diesen Tagen der Etat des Kultus ministe- nums oerhandelt, wobei auch über die Art, wie der Fortgang der Bauten auf der Mufeumsinfel gefördert werden soll, entschieden werden wird. Der Hauptausschuß hat sich schon vor vierzehn Tagen mit dieser Frage beschäftigt und«inen Beschluß gefaßt, der an die schlimmsten Zeiten wilhelminischer„Kunstpflege' erinnert. Nach diesem Beschluß sollen zunächst nicht die Innenräume ausgestallet »»erden, sondern der noch fehlende Vorbau des Pergam�n-Museuins und die Halle am Wasser, die den nördlichen und füMchen Flügel de» Neubaukomplexes verbindet, hergestellt und an die plastische Ausschmückung der Giebelfronten gegangen werden. Das heißt also, es soll vor allen Dingen«in von außen schön aussehender Mufeumsba» geschaffen und dann erst, also nach recht langer Zeit, an die Einrichtung der Jnnenräum« gegangen werden. Dies« für die Unterbringung der Kunstschätze. die jetzt in abgelegenen Magazinen und Baracken lagern, wo sie von niemand gesehen und besichtigt werden können, so notwendigen inneren Einrichtungen sollen also noch weiter vertagt werden, damll das Volk sich an dem Anblick eines leeren Museums erfreuen kann. Außen hui! innen pfui! ist man oersucht zu sagen. Diese Art des Vorgehens bei derartigen Bauten ist geradezu unbegreiflich— ist st« doch, wie nur je zu Wilhelms IL Zellen, in erster Linie auf äußeren Prunk gerichtet. Gewiß soll das Bauwerk schön und würdig sein, und je eher die äußeren Schmuckteile fertiggestellt werden können, um so besser— wenn erst die Kunstschätze untergebracht und dem Volke zugänglich gemacht sind. Dies ist doch schließlich die Hauptsache und nicht das Asußere. Die Baukommission des Museums und die beteiligten Museumsdirektoren sind, wie wir aus zuver- lässiger Quelle erfahren, zu der Sache nicht gehört worden und sie sind geradezu entsetzt über den Beschluß des Hauptausschusses. Sie wünschen, wie eigentlich jeder vernünftige Mensch, daß die Innen- räume sobald als möglich zugänglich werden, damll der Pergamon - altor, die griechischen und orientalischen Ausgrabungen, die ägyp- tischen Denkmäler und die ganze Entwicklung der deutschen Kunst endlich einmal zur Anschauung der wellesten Volkskreise gebracht werden. 4S Jahre ist der Pergamonfries— um nur dies eine her- vorzuheben— um den uns die ganze Well beneidet, in Berlin und nur 5 Jahre war er würdig aufgestellt und jetzt soll er noch auf lang« Zeit in ungeeigneten Magazinen liegen bleiben! Die äußere Fassade könnte ohne Schaden noch recht lang» sich dem Blick unfertig darbieten: sie würde so nur Zeugnis ablegen dafür, daß die Re- publik Preußen ein gewaltiges Unternehmen von höchster kultureller Bedeutung auch in diesen schlimmen Zeiten fördert, wenn sie es auch picht zu einem schnellen Ende zu führen vermag. Möge der Landtag sich noch in letzter Stunde besinnen und de» Beschluß des Hauptausschusse» abändern!
Hohe Kunst uttü höhere Tochter. Harald Kreutzberg kommt vom Ballett. Seine Technik stammt von dort. Zum Teil euch sein Stil. Aber er hat alle Mangel und Schäden des Akrobatisch-Dekoratioen überwunden. Sich zu einer rein seelisch ausdrucksvollen Kunst durchgerungen und ab- geklärt. Der feminine Dust ist verflogen, der ihm früher zuweilen anhaftete. Ein männlicher Tänzer? Nicht ganz. Eher ein Page, ein Knappe, ein anmutiger, temperamentvoller Knabe. Knabenhost, nicht weibisch, die zierlich« Leichtigkeit der Schwünge und Sprünge in der„Sarabande. Knabenhaft die rührende Müdigkeit am Schluß des.Nächtlichen Tanzes'. Knabenhaft da» Spielerisch«, da« stch wie eine tändelnd hingeworfene Blütengirlond« durch manch« Tänze schlingt. Alles dieses keine Fehler, keine Mängel, sondern reizvoll«, ganz persönliche Noten eines wahrhaft großen Künstler». Eine» Künstlers, dessen Schaffen scheinbar mühelos, naturwüchsig und ursprünglich dcm reichen Born eines zarten, dijserenzierten Innen« lebens entquillt. Eines Künstlers, dem zwar die streng« monu- mentale Linie fehlt, der aber im.Aufruhr" Stärkstes und Tiefste» ergreifend gestaltet und hie? ein Thema rein tänzerisch be- wältigt, mit dem sonst effektlüstern« Pantomimen beiderlei Ge- schlecht» wohlfeile Lorbeeren zu«ritten pflegen. Ein Gipfel der modernen Tanzbühne. Ein Berufener und Auserwählter. Woran man den Berufenen und Auserwähtts» erkennt? An der zwingenden Notwendigkett de« Schaffens, an der Redlichkeit de» Gestallens. Jeder Schritt, jeber Sprung, jede Arm« und Finger- bewegung scheint aus dem innersten Kern seines Wesens zu kommen. Man hat das Gefühl: es muß'o. es kann nicht anders sein. Das Fräulein Edit Mezey. das stch mit Kreutzberg zu» lammen in dem schlimmen Klindworth-Scharwenka» Saal(unzulängliche Bühne, stereotyp verlagende Beleuchtung) produziert, gehört mit Nichten zu den Berufenen und Auserwählten. Sie gehört zu dem heute nicht seltenen Typus der höheren Tochter, die, niedlich anzusehen und mit einem kleinen Talentchen behaftet, durch ihre Tanzkünste im Familienkreise Beifall fand und sich nun für eine Künstlerin hält. Aus welcher Schule sie hervorgegangen rst. weiß ich nicht. Die fatale Steifheit des Kreuzes deutet auf Ballett. Jedenfalls müht sie sich,.modern' zu tanzen. Und ihr reichbewegtes Mienenspiel zeigt, daß st« stets streng bei der Sache ist. Aber der Körper geht nicht mit. Seme Bemegungen zerfließen und zerflattern ziellos ohne;«d« Ausdruckskraft. Dilettantismus. Ahnungs- und hoffnungslos. John Schikowski .
Gastspiel de» Schlierseer Vauernlheater».(Theater in der K l o st e r st r a ß e.) Eine literarisch« Angelegenheit ist„D« r Ehe- streik' von Äaliu» Pohl nicht: Die neu« Kellnerin im„BSren' erregt die Eifersucht der Bäuerinnen, die schließlich, um ihr« Männer für den zu regen Wirtshausbesuch zu bestrafen, in den Ehestreik treten und die Heimkehrenden an der verschlossenen Kammertür rütteln lassen. Wie sich'» versteht: Ende und damll alle» gut.-- Für drei Aufzüge ist der Stöfs nicht eben reichlich, und man hätte sich das Spiel gern um eine gute halbe Stund« mindestens gekürzt gewünscht, trotzdem sich Menschen mit so ursprünglicher Spielfreudig. reit dafür«insetzten wie die Truppe Taver Terofals. Der Barll und die Anamierl, die beiden Allen, die ober trotz ihres Alter,
noch in die schänst« Eifersucht geraten und, versteht sich, den Ehe- streik mllmachen. sind die beiden köstlichsten Gestalten des Abends, £ a v e r und Anna T« r o f a l. Selbst wo das Wort unecht ist, Gesten und Tonsall, und, nicht zu vergessen, die Masken, sind so echt. daß man vor Freude manchmal schreien möchte. Dann gibt'» noch ein« Handvoll prächtiger Frauen, voran die Wurzl, von der Mirzl Staller als eine Schlampe dargestellt, wie sie glaubhafter kaum denkbar ist. Wenn sie mtt den anderen am Tisch sitzt und sich ihr unordentliches graues Haar zu einem Knoten heraufwürgt, oder sich bemüht, ihrem Mann dke Hälfte des Tabaks wegzurauchen. dann könnte sie einem bayerischen Zille zum Modell dienen. Und dann die wundernette Wimpsingerin Anamierl Hock»! Der Sohn de- Bartl und der Anamierl, der Schmied Jochen und sein Weib Pepi, wurden von Karl Mittermayr und Fannerl Mittermayr- Terofal geschickt, aber mit einem zu offensichtlichen Liebäugeln nach dem Zuschauerraum dargestellt: doch vielleicht war das nur ein Fehler des ersten Abends.— Das Publikum war, na3j dem Beifall zu schließen, mindestens befriedigt. Besondere Freude erregte das Schlierseer Birtuosen-Trio, da« sich nach dem ersten Akt hören ließ. Es sei sestgestelll, daß der stürmisch« Applaus ver- dient war. iTes.s ver hegarchor hatte sich eine groß« Aufgabe gestellt, als er in der Neuen Welt größere Werte der Romantik mtt Orchester zu Gehör brachte. Unter H. G. Rohrbach» sicherer Leitung wurden Webers Ouvertüre zu.Euryanthe '. Rheinbergers.Johannis- nacht' und als Hauptstück des ganzen Abends das länger« Ehorwerk „König Laurins Rosengarten ' von Bolbach zu Gehör gebracht. Das letztere erklang zum erstenmal in Berlin . Es segelt im typischen Oratorienstil, stellt besonders zahlreiche und auch stellenweise recht hohe Anforderungen an den Chor, die der Berein geschickt und sicher löste, und bedient sich im Orchester der ganzen Palette Wagnerscher und Nachwagnerscher Forben. die in der Hand eines Nur-Ialentes allerdings bald abgeschmackt wirken. Die Sprechchorstell« des dritten Telles ist der Gipfel ästhetischer Geschmacklosigkeiten. Der Hegar- chor nun hatte sich dieses Wertes mit viel Fleiß und Hingabe angenommen, vielleicht mtt mehr Aufopferung als diese uns doch eigentlich recht gleichgültig lassende.Deutsche Heldenmär' es«igent- lich verdient. Und er sang das Werk mtt schönem Klang, auter Sprachbehandlung und einer stellenweis« besonders packenden Schlaga kraft. Thormeister Rohrbach setzte stch mft Verve und Elan !ür sein« Erstaufführung«in und hatte seinen Chor und auch da» Orchester fest in der Hand. Die Blüchnerleute(Berliner Sinfonie- Orchester) durchsetzten die Aufführung mit prächtigen Klängen, wenn sie auch nicht aus der reservierten Hallung zu bringen waren, die unser« großen Orchester eben nur unter ganz starker Hand auf- zugeben pflegen. Theodor Heß von der Wyk sang Pen har- fenden und kämpfenden teutschen Helden mit all seinen schönen Mitteln. Der Bereln kann mtt dem Erfolg dieses ersten Abends wohl zufrieden sein._ S.®.
Dl« Geveralverwalbma der Slaolslhealer hat der Hedwig. Wanael- Hille da» Schill«r-»h«ater jür Bufttag, den IS. Nov., 11 V, Uhr, zu einer Matinee zur Verfügung gesielt. Mitwlrlende: Äimmerlängerin ntscher-Marexki. Tllla Durieuz. Gertrud Neri dein,(Teindaia), IS(I beim Karra»(Rezitation). Billett« zu 2 und 1 M bei verthenn. Bat« k Bock und an der Tageskasse.