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Iranzosische Dauerkrise. Unsicherheit überall. Paris . 4. November. �Eigener Drohtbericht.) In den Kreisen der sozialistischen Fraktion ist man sich darüber einig. daß vom Gesichtspunkt der politischen Opportunität aus gesehen sich der Beschluß des Nationalrats mehr und mehr als ein t a k- tischcr Fehler schwerster Art darstellt. Er belastet nicht nur die Sozialistische Partei mit der Verantwortung für den heute alz definitiv zu betrachtenden Bruch des Kartells, dessen Fortsetzung zweifellos dem politischen Willen der breitesten Massen des französischen Volkes entsprochen haben würde, sondern er hat dem Ministerium Painleoe, das die politische Kom- Mission der Sozialistischen Partei in ihren Besprechungen auf eine den sozialistischen Wünschen und Forderungen sehr weit entgegen­kommende Politik festgelegt hatte, die volle fjandlungs- f r e i h e i t wiedergegeben. Auf der anderen Seite aber hat Herr Painleve selbst am Dienstag den Beweis erbracht, wie b e r e ch t i g t das M i ß t r a u e n ist, das er trotz der formellen Abkehr von der Politik des 12. Juli und trotz seiner Rückkehr zu den Grundsätzen des Kartells einem Teil der Sozialistischen Partei einflößt. Painleve, der am Montag abend in der Unterredung mit den sozialistischen Führern die for. mclle Erklärung abgegeben hatte, daß er n u r mit einer ausge. sprochenen L i n k s m e h r h e i t regieren werde und gegebc- nenfalls nicht zögern werde, seine Demission zu geben, hat, ehe der Hahn das zwritsmal krähte, noch nicht 24 Stunden nach dieser Er. klärung sich selbst und sein eigenes Bekenntnis verraten. Er hat am Dienstag in Erwiderung auf die Angriffe der Rechten an die Gefolgschaft aller derer appelliert, die guten Willens seien und das von ihm angekündigte Programm als der augenblick- lichen Lage angepaßt hallen. Das ist fast genau die gleiche Formel, mit der er im Juli angesichts der Opposition, auf die seine und seines Finanzministers Gesetzentwürfe bei einem großen Teil der Linken gestoßen waren, die Unterstützung der Rechten forderte und die dann zum endgültigen Bruch zwischen ihm und den wirklich demokratischen Elementen des Kartells geführt hatte. Tatsächlich war es auch am Dienstag wieder die teils offene, teils oersteckte Unterstützung der Parteien der gemäßigten Reaktion, welche die Existenz des neuen Ministeriums Pain- lcvs gerettet hat. Von der Mehrheit von 32 Stimmen, die Pain- lese erhalten hat, entfallen 13 Stimmen auf Mitglieder von Par- teien, die nicht zum Kartell gehören. Etwa 30 Abgeordnete der Reaktion haben sich der Stimme enthalten. Wäre das nicht der Fall gewesen, so wäre das Kabinett schon am Dienstag gestürzt. An dieser brutalen Tatsache vermögen auch die S o p h i st e. reien der bürgerlichen Linkspresse, wie desQuoti- dien", desOeuvre" und der Er« Nouvelle" nichts zu ändern, die vergeblich die gewagtesten Rechenkunstftücke spielen lassen, um Painleve attestieren zu können, daß seine Politik nach wie vor die des Kartells sei. Schon der Wortlaut des am Dienstag an- genommenen Vertrauensvotums ist charakteristisch für die Situation. Es ist darin nicht mehr von einer Mehrheit der Linken die Rede, wie das bei den Tagesordnungen des Ministeriums cherriot stets der Fall gewesen ist, sondern nur von einer Mehrheit der Republikaner . Als solche bezeichnen sich bekanntlich auch die Parteien der Natio- nalen Blocks. Man wird sich danach kaum wundern dürfen, wenn am Mittwoch ein Teil der reaktionären Presse bereits der Hoffnung Ausdruck gibt, daß das neue Ministerium, der gegenüber den Sozialisten eingegangenen Bindungen-mrnmchr ledig, in seinen Finanzprojekten den Wünschen der Opposition, deren Unter- stützung er nicht entbehren könne, Rechnung tragen werde. Welchen Weg Painleve gehen wird, ist vorlausig noch unbestimmt. Di« Sozialtstische Fraktion hat ihm am Dienstag durch die Erklärung eine goldene Drücke gebaut, daß die Ablch. rmng des Dertrauensvotums keineswegs die Möglichkeit ausschließe, von F a'll zu Fall eine wirklich den Interessen der breiten Massen dienende Polittk zu unterstützen. Painleve brauchte diesen Weg nur zu beschreiten, um auch ohne offizielle Bindun. gen eine wirklich stabile Mehrheit der Linken hinter sich zu bringen. Die große Frage ist nur, ob er dazu heute noch den Mut haben wird. Der weiiaus größte Teil der Presse, von den Organen der bürgerlichen Linken abgesehen, spricht von der Fortdauer der Krise und bezeichnet das Kabinett Painlevä als nicht mehr lebens- fähig. Auch in den parlamentarischen Kreisen herrscht die Auf- fassung vor. daß die Existenz des Kabinetts nur noch nach Tagen zählen werde. Als voraussichtlicher Nachfolger wird allgemein Briand genannt, der. wie die ihm am Dienstag gelegentlich der Erwäh­nung seiner Verdienste um das Werk von Locarno von der Kammer mit sellener Einmütigkeit von der Linken bis zur äußersten Rechken dargebrachten Ovation gezeigt hat. tatsächlich auf eine stabile Mehrheit würde rechnen können und der nach den Wünschen der Opposition dieKonzentration nach der Mitte", d.h. die Einigung der bürgerlichen Links- und Mtttelparteien gegen den Sozialismus vollziehen soll. Die große Frage ist nur, ob sich die Rodikalsozialen, deren übergroße Mehrhell sich unter Füh- rung Henriots auf dem Kongreß van Nizza zu einer ausgesprochenen Politik der Demokrätte und des sozialen Fortschritts bekannte, zu Kombinattonen dieser Art hergeben werden.

EnAsrgebrn'süerLonöonerGemdnöewahkn lieber ein Drittel der Titze von Labour besetzt. condon. 4. November. lTll.) Nach den nunmehr endgültigen Ergebnissen der Londoner Sladtwohlen hat die Arbeiterpartei 361 Sitze erhalten. Di« übrigen Parteien werden durch 1002 Ab- geordnete vertreten. Die Arbeiterpartei errang 87 Sitze. Sie bat die Mehrheit in acht S t a d i b ez i r k e n i. während sie bei den letzten Wahlen 1022 nur in sechs Bezirken die Mehrheit davon- getragen hatte. In einem weiteren Stadlbezirk sind die Sipe zu gleichen Teilen aui die Arbeiterpartei und ihre Gegner verteilt, während in den übrigen 10 Bezirken die Arbeiterpartei zwar«ine wesentlich? Stärkung erfahren hat, aber dennoch in der Minder- h e i t geblieben ist._ Palen hat Sparsamkeit nickst nötig. Der vom Kriegsminister einberufene LanSesverteidigungSrat Roda Obronp Panstia, dem Vertreter der Regierung und der Geneialität angehören, hat sich gegen die vom Finanzminister geforderten Einschränkungen im HeereZbudget ausgesprochen. <kin polnisch-schwedische» Schiedsgerichksabtammen wurde gestern durch den schwedischen Äußenminister llnden und den polnischen Ge- sandten in Stockholm unterzeichne». völkcrbundssendung an die Regierungen. Der. Generalsekre- tär de? Völkerbundes sandte an alle Regierungen, die an der Opiumkonferenz im Jahre 1024 teilgenommen haben, Rundschreiben, in denen er die Aufmerksamkeit der Regierung auf die Entschließun- gen der Oplumkonserenz lenkt, die vom Völkerbundsrat genehmigt wurden.

kulturöebatte im Lanötag. Die Dentschnationalen predigen Moral und erleiden eine Schlappe.

Der Landtag setzte gestern die Kutturdeballe fort. Wg. prelle(Wirtsch. Vg.) hetzt gegen das Reichsbanner. Abg. Baczewski(Pole) erneuert seine Klagen und Beschwerden über die Vergewalligung der polnischen Minderheit durch die Schul- Verwaltung in Ostpreußen . Kultusminister Becker erklärt dazu, daß der Vorsitzende der Kommission für Oberschlesien . Präsident Calander, sich über die Regelung des Schulwesens durchaus befriedigend ausgesprochen habe.(Hörtl hört!) Im übrigen ständen den vereinzelten Be- ichwerden Tausende gegenüber, die wir gegen Polen zu erheben haben.(Schr richtig!) Abg. Leincrk(Soz.) beschäftigt sich mit dem»Fall Lessing". Es gäbe überhaupt keinen Fall Lessing, sondern einen Fall fanatistischer Hetze von Profefloren und Studenten gegen Lessing . Was Lessing über Hindenburg ge- sagt habe, hätten auch andere gesagt und geschrieben. Was Lessing geschrieben habe, decke sich mit Ansichten, die auch O b e r st B a u e r und General Hossmann über Hindenburg geäußert hätten. Der Artikel, über den man sich so aufrege, enthalte nicht ein Tausendstel von dem, was man gegen den üandidaten des Bolksblockes Marx an Beleidigungen ausgesprochen habe. Es sei erfreulich, daß der Minister den Wünschen von rechts nicht statt- gegeben habe. Die Studenten werden immer als kommende Führer des Volkes hingestellt. Sind das kommende Führer, die das Autoritätsgefühl so oerletzen? Es ist eine völkische, antisemitische Hetze, die sich gegen Lessing austobt. Dagegen wenden wir uns! Wir wollen, daß die Lehrfreiheit und die Freiheit der persönlichen Meinungsäußerung geschützt wird. Wir wünschen, daß der Minister diesem Treiben mll aller Entschicdenhell entgegen tritt.(Beifall links.) Abg. Koch-Oeynhauisn(Dnat.) spielt den Entrüsteten über die Angaben des Kullusministers. betr. die Parteizugehörigkell der Beamten, obwohl die Feststellungen aus Veranlassung der Deutsch - nationalen erfolgten, und predigt im übrigen dem Kultusminister und dem Zentrum Maßhalten und Duldsamkeit in konfessionellen Fragen!! Abg. Schuster(D. Vp.) gibt für seine Partei eine Erklärung ab: Die Volkspartei fühlt sich durch die Aeußerung des Kultusministers gekränkt, ein Minister sei um so unabhängiger und selbständiger, je weiter nach links er steht und wird abhängiger, je weiter rechts er gerichtet ist. Darin sieht die Lolkspartei eine Beschuldigung der Parteibefnngenheit ihrer Minister und protestiert dagegen in scharfer Form. Aba. Koch ist weiter böse darüber, daß Minister Becker sich gegen den Rechtsradikalismus der Jugend gewandt hat. und richtet sich dann gegen Professor Lesslng. Abg. Dietrich(Z.) weist darauf hin, daß die Zahl der Lehrfleven feil 1922 nrn rund 7000 gefallen. die Zahl der Bewerber dagegen von 2S 000 aus 37 000 ge­stiegen sei. Cs ergebe sich ein Mißverhällnis zwischen evangelischen und tatho- lischon stellenlosen Bewerbern. Der katholische Volksteil hat hier die größere Last des Krieges zu tragen. Es muß Sorge getragen werden, daß die Junglehrer recht bald in Verbindung mit der Schule kommen. Wir erwarten, daß die preußischen und Reichs- Hilfsmaßnahmen den Zustand mildern. Wir haben dann in Preußen immer noch 12 485 Schal Nassen mll mehr als b0 Kindern. Abg. Kilian(Komm.) beschäftigt sich Mll dem Schieleschen Ent­wurf und dem Junglehrerproblem. Abg. Wickel(Dem.) tritt für die Si m u l t a n s ch u l e als die gegebene Fonn.det- Volksschule ein. Für die pädagogische Akademie müsse pie fllnullane Form die Generalforderung sein. In Nassau hat selbst der katholisch« K�l» r u s die simultane Schul- versasiung stets als die beste anerkannt. Die pädagogischen Akade- mien sollten auch in organische Verbindung mll den Universitäten gebracht werden, was durchaus tunlich wäre. Von den im Reiche für die Junglehrer als Hilfsfonds zur Verfügung gestellten 6 Millionen sollte der weitaus größte Teil an Preußen gegeben werden. Minister Becker weilt die Unterstellungen der Erklärung der Bolkspartei als unbegründet zurück und wendet sich gegen die deutschnationalen Ausführungen in Sachen Parteizugehörig- keil der Beamten: Ich stelle mich nicht hinter, sondern vor meine Mitarbeiter, und ich freue mich, daß in meinem Minsstenum ein Vertrauensverhältnis berricht, ohne jede Rücksicht auf rechts oder links, und daß ich ein Ministerium zusammengestellt habe, das wirk» lich lebt und arbeitet.

Abg. Doh!(Soz.) spricht sich entschieden gegen den neuen Entwurf des Reichssapu- gcfetzss aus. Er widerspricht der Verfassung und den Versprechungen, die seinerzeit in der Nationalversammlung gegeben worden seien. Die S i m u l t a n s ch u i e, nicht die Bekenntnisschnle, sei als Regel aüfgestellt worden. Wir fordern freie Entwicklungsmöglich- keiten. Herr Boelitz scheint vergessen zu haben, däh bereits im Jahr« 1868 Baden seine Simultanschule erhalten hat, und zwar durch die Nationalliberale Parteil Das Ziel der Lehrerbildung muß sein, einen Volkserzieher heranzuziehen. Dazu ist die Ho ch s ch u l b i I d u n g nötig. Wir lehnen es ab, daß nur kür 10 Proz. der Grundsatz der Bildungseinheit durchgesetzt wird. Akademien, wie sie die Denkschrift vorsieht, können unser« Unter- stützung nicht finden: sie müssen s.o eingerichtet werden, daß auf ihnen jeder, der die Universitätsreise erlangt bat, unabhängig von seiner Religion oder seiner Weltanschauung seine Ausbildung erhalten kann. Abg. Kickhässcl(Dnat.) fordert Förderung der L a n d s ch u l«. Die Personalpolitik de? Ministers müssen wir ablehnen. Noch immer werden Dissideiten zu K r e i s s ch u l r ä t e n in evangelischen Schulen ernannt. Bei Besetzung der Schulrätssiellen wird da, Wort Demokrat" groß geschrieben. So haben in Pommern die Demo- traten von den Wählern 4 Proz., von den Kreisschulräten aber 40 Proz.(Hört! hört!) Abg. Frau Stoffels(Zentr.) fordert die konfessionelle Lehrerbildung und Trennung der Vorbildung für Lehrer und Lehrerinnen. Die Landschule bedürfe besonderer Förderung, es dürften ihr gute Kräfte nicht entzogen werden. Abg. Frau v. kitlesza(D. Dp.): Leider hat die Reichs- regierung bei den Aufgaben, die ihr von den Ländern über- wiesen sind, zu starke Zurückhallung gezeigt. Lediglich hie Grund- schule ist reichsgefetzlich geregelt, und auch da sind schon Abände- rungen nötig geworden. Rednerin fordert, daß in den Versuch mll den Akademien eine simultane Akademie hineingenommen wird. Sie fordert schließlich mehr Beachtung für die hygienischen Belange und endliche Lösung der Frage des Lesebuches, dos ein Familienbuch sein muß. Abg. Hoff(Dem.) tritt den Ausführungen des Abg. Kickhöfsel entgegen. Die heutigen unter den schwierigsten Verhältnissen ge- machten Fortschritte seien nur gegen den äußersten W i de r- st and der oltpreußischen Reaktion ermöglicht worden. Abg. Frau Oventrop(Soz.) tritt für die weltlichen Schulen ein, deren Lebensfähigkeit die Erfahrung erwiesen habe. Der Minister solle der weltlichen Schule die Entwicklungsmöglichkcit geben. Die konsessionelle Schule bedeute den unerträglichen Gewissenszwang. Abg. Lukassowlh(Dnat.) wendet sich unter der Unruhe des Hauses scharf gegen das Zentrum. Abg. Devsemann(D. Vp.) betont, daß das Loltsschulwescn be- sonders in Schlesien schwere Not leide. Es folgen persönliche Bemerkungen, die zu teilweise sehr erregten Auscinandersetzunzen führeit. Unter anderem wirft Abg. König(Soz.) dem deutschnattonalen Abg. Luiassowlh vor. er. der das Zentrum jetzt so angreife, habe früher selb st dem Zentrum angehört: außerdem babe er sich bei Minister H a e n i s ch seinerzeit um eine Stelle b e- warben. Abg. Lukassowlß(Dnat.) erwidert, er habe ni« dem Zentrum angehört.(Lebhaste Pratestrufe bei den Soz. und beim Zentrums Die Angelegenheit der Bewerbung beim Minzster Haenisch habe sich, ganz nnders- abvespiMtter.chäbe sich alkeckiiüas be­worben(Lebhafte Aha! Rule bei den Soz.): dge> sei aber«xst L«. schehen, nachdem ihm ein Angebot gemacht woziden sei. Abg. König(Soz.) littst seine Darstellung vollinhaWcb ansrecht und erklärt. Zeugen dafür nennen zu können. Herr Lukässowitz habe auch den Vorwurf des Abg. Müller(Soz.) bewußter Der- l e u m d u n g auf sich sitzen lassen. Abg. Müller(Soz.) bestätigt, er habe Lukassow-tz einen Per- leumder und Ehrabschneider gcnantll lind halt« daran auch heute noch fest.» Abg. Lukassowitz(Dnat.) lehnt c? ah, Herrn Müller auf Grynd der Einschätzung seiner Persönlichkeit noch zu antworten.(Große Unruhe im ganzen Hause.) Donnerstag 11 Uhr: Weiterberatung. Anträge und Anfragen. In der Donnsrstag-Abendsitzung soll der Finanzausgleich beraten werden. Schluß gegen 8 Uhr.......

Rußland und Locarno . Rakowstys ruhige Auffassung. London , 4. November. (MTB.) Der Poriser Botschafter der Sowjet-Union. Rakowsky, erklärte in einer Unterredung mll einem Sonderberichterstatter desManchester Guardian", es beständen keine formalen Widersprüche zwischen den Abkommen von Locarno und denen von Rapallo . Es dürfte jedoch nicht oer- gessen werden, daß die Bezichmrgen zwischen Staaten nicht nur durch Vertragsformeln bedingt werden, sondern durch die tatsäch- lichen Interessen, die sie verbänden, und es sei augenblicklich u n- möglich, zu sagen, welche Gestall die Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland in diesem Sinne annehmen werden. Ra- kowsky wies auf die wiederHollen Erklärungen Luthers und Strefe- manns hin. daß Locarno die deutsch -russische Freundschaft nicht beeinträchtige, sowie auf die Tatsache, daß am Vorabend des Abschlusses des Locarno-Abkommens«in deutsch -russisches Handslsabkommen zum Abschluß gelangt sei und daß die deutschen Banken den russischen Staatsbanken einen Kredit von 100 Millionen Goldmark für den Ankauf von Waren bei der deutschen Industrie eröffneten. Er sagte, wenn die An wen ung des Locarno-Ab- m m e n s in Zukunft ausschließlich von Deutschland abhänge, so könne wohl angenommen werden, daß«sin keiner Weise die gegenseitigen Beziehungen zwrschen Deutschland und Nußland beeinflussen werde, aber tatsächsich werde diePolitik, die Deutsch - land gezwungen sein wird, uns gegenüber zu verfolgen", nicht nur vom eigenen guten Willen Deutschlands abhängen. Rakowsky faßte jedoch sein Urteil in die Bemerkung zusammen, daß er persönlich nicht der Ansicht sei, daß das Locarno -Ab kommen auf jeden Fall in einer sehr nahen Zukunft die Einleitung einer aktiven gegen die Sowjetregierung gerichteten Politik sein müsse. Rakowsky erklärte außerdem, die Sowjetregierung sehe kei- neswegs die asiatisch« Frage als ein unüberwind- l i ch e s Hindernis an für die Schaffung vollkommen normaler Beziehungen mll Großbritannien . Natürlich könne die- sung einer solch wichttgen Frage wie der asiatischen nur der Kul­minationspunkt der Lösung der übrigen leichter zu lösenden Schwierigkellen zwischen beiden Ländern sein. Das Kriegsbeil ist vergcnbea. Die vom Bösterbundsrat an die griechisch-bulaarjsche Grenz« entsanotcu englischen, französischen und italienischen Militärattaches haben jetzt dem Rot berichtet, daß die endgültige Räumung der Grenzgabicte ohne Zwischenfall vollzogen sei. An der Grenze herrschen wieder normale Zustänb«.

Der Verwalter des Memeilanöes. Bor einem scharf litauischen Kurs? Memel , 4. Novn�ber.(Eigener Draytbericht.) Der Gouverneur des Memelgsbietes Jonas B u d r y s hat seinen R ück tritt erklärt, nachdem er bereits vor einem halben Jahre der litauischen R�gienmg sein Rücktrillsgesuch eingereicht hatte. Der Rücktritt ist darauf- rückzuführen, daß Budrys es nicht mehr oera.ntwörZen konnte, die Wünsche der litauifchen Regierung im Memelgebiet zur Durchführung zu bringen. Infolgedessen setzt« von extremlitauischen Kreisen des Gebiets eine scharfe Hetze gegen ihn bei der Zentral- regierung in Kowno ein. Budrys hatte im Laufe der letzten zwei- etnhalb Jahre, während der er den Posten innehatte, sich völlig auf den memelländischen Standpunkt eingestellt, da er erkannte, daß man mit den Regierungsmethodcn, wie sie' in Graß- Litauen üblich sind, nicht das Memelgebiek ohne schwere Schädigung verwasten könne. Als Nachfolger werden der früher« lllauifch« Konsul Zifcs und der amerikanische Litauer Dr. G a b r y S genannt. Letzterer soll nach einer Meldung aus Kowno berells ernannt worden sein., Sollte(das zutreffen, so könne diese Tatsache nur als ein böses Vorzeichen'für die Zukunft des Memelgebietes angesehen worden, da Gahrys als fanatischer Lllouer bekannt ist.* China tzerr über seine Zölle. London . 4. November.(Eigener Drahtbericht.) Der amtliche britische Funkdienst meldet: Auf der am Dienstag stattgefundenen Sitzung der Zolltarifkommission in Peking ist die Zollautonomio Chinas von allen an der Konferenz teilnehmenden Delegierten angenommen worden. Der Führer der brllischen Delegatton, Sir Ronald Maclay, er- klärte, daß England bereit sei, die Rattfitation der Mahnahmen zu gewähren, die innerhalb einer vernünftigen Periode dem chinesischen Reich die vollkommene Freiheit de» Handels in bezug auf die Tarife sichert. Der Führer der chinesischen Delegation erklärte darauf, daß sich die chinesische Regierung verpslichtet, die Binnen-- zolle spätestens bis zum 1. Januar 1920 abzuschaffen. Die Maß- nahmen, die in der Zwischenzeit ergriffen werden, sollen von einem anderen Konferenzkomitee, das im Laufe dieser Woche zu- sammentritt, beraten werden.'' England anerkennt Persien -> neuen Herrn. Di« englische Re- gierung hat, nach einer Havas-Meldung aus Teheran , den neuen Herrscher von Persten, König Pähläwi, anerkannt..,