Nachlese zum Zest. Aus Lugano wird uns unter dem 8. November, asio unmittelbar vor der„Entdeckung" des„Komplottes" gegen Mussolini geschrieben: Die Faschistenfeste sind vorüber, mit großen Maffenver- schiebungen von Schwarzhemden, Gratistransporten aus öffentlichen Mitteln, Reden. Feiern, Feuerwerk usw. Man ist mit Worten geschwollen bis zum Platzen.... In einer ssiner zahllosen Reden, die alle damit anfangen: „ich will keine Rede halten", hat M u s s o l i n i außer den be- kannten und bewährten Zutaten, wie„Pulver trocken halten", „Gewehr bei Fuß",„bereit, zu sterben und zu siegen",«für das heilige Andenken unserer Toten", folgendes gesagt: .Legionärel Für das nächste Jahr gebe ich euch ein Stelldichein, aber der Ort bleibe unbekannt. Ich habe die mathematische Sicherheit, daß ihr all« meinem Ruf» folgen werdet.(Rufe aus der Menge: Ja. ja. wir werden alle kommen). Ich habe die mathematische Sicherheit, daß ihr hingehen werdet, wo ich euch zu gehen heiß«, und daß ihr bereit seid, der Gefahr, dem Tod« entgegen zu marschieren, weil ihr fühlt, daß das Leben nichts ist, wenn die höchsten Interessen des Daterlandes auf dem Spiele stehen". Was ist mit diesem Rätselwort gemeint? Krieg mit Frankreich , sagen die einen: Verdrängung einer alten Dynastie durch eine neue, des Königreichs durch das Kaiserreich, sagen die andern; es ist nichts als der übliche Bluff, sagen die meisten, wie die am 3. Januar verkündete Klärung innerhalb 48 Stunden. Wir denken, da die 48 Stunden heute offenbar noch nicht herum sind, wird auch das Jahr entsprechend ausgiebig werden. Einstweilen hat der Verband der„Mütter und Witwen der Kriegsge- fallenen" Mussolini eine goldene Kaiserkrone ver» ehrt mit einer Widmung, die den Empfänger als den Wür- digsten für dieses Symbol bezeichnet. Davon, daß in der Nacht vom 27. zum 28. Oktober in einem Viertel von M o l i n e l l a die Häuser der Führer der dortigen Gewerkschaftsbewegung angezündet worden sind, wobei man nur mit knapper Not diekleinenKinder vor dem Tod in den Flammen rettete, schweigt die Presie. (Und der ehrenwerte WTB.-Direktor M a n t l e r attestiert dem„hervorragenden Staatsmann" Muffolini unter anderen Lobhudeleien, daß in Italien die schönste Ruhe herrsche! Red. d.„V.") Alle Gewalttat ist offenbar noch nicht zum Staatsmonopol geworden. Da man in Molinella, um das Verderben eines Teils der Ernte zu verhindern, auch die boykottierten Gewerkschaftler brauchte, haben diese mehrere Tage gearbeitet: nachher bot man ihnen weitere Arbeit durch Vermittlung der faschistischen Korporationen an, auch ohne ihren Beitritt zu fordern. Die Leute lehnten ab, unter Hin- weis auf ihren eigenen Arbeitsnachweis. Daher die„ge- rechte Strake". Alle Schönheiten der Auflösung des talieni- fchen Presseverbandes, mit Ersatz der antifaschisti - fchen Leitung durch faschistische Kommissäre, sind umnöglich bei der telegraphischen Berichterstattung hervorgetreten. Schon längst vor den Bluttaten von Florenz war der Dorsistende des Schiedsgerichts der Journalisten, der Frei- ma'n-er M« o n i, durch Florentiner Faschisten aus Rom »erbannt worden, unter Androhung der Er« m o r d u n g. Um dann die Freimaurerhetze in dem von Farinacci angeregten Sinne vorzubreiten, veröffentlichte ein römisches Nationalistenblatt ein gefälschtes Rund» schreiben des Vorsitzenden„des Hohen Rates der 33", in dem eine Art Komplott mit dem Ausland gegen den Fa- fchismus befummelt wurde. Die Frückte dieses Schreibens wurden in Florenz am 8., 4. und 3. Oktober geerntet und waren ausgiebig. Der Bildhauer Ettore Ferrari , dem man das falsche Schreiben untergeschoben batte, wendete sich an den italienischen Presseverband um Feststellung der Fälschung. Dieser forderte das Fälscherblatt auf, den B e w e i s der Echt- heit zu bringen. Die Ehrenmänner der Redaktion lehnten ab; gleichzeitig forderten sie den sofortigen Zusammentritt des Schiedsgerichts. Dieser tonnte natürlich nicht erfolgen, da Meoni vertrieben ist. Man konstatierte also, daß de? Presseverband nicht funktionsfähig war, und löste ihn auf. Der Mai- l ä n d e r Vresseverband folgte, dem T u r i n e r erwartet das gleiche Schicksall Und es leuchtet auch Schönes am Horizont. Nachdem das Ausland mit kommunistischen Zellen beglückt war, wird es nunmehr mit faschistischen beglückt werden, deren Seele und Kitt die Spionage sein wird. Nichts ist dem gesunden Gefühl des Italieners verächtlicher, wie Svitzelei: im neuen Regime strahlt alles Praktische und Nükliche von ihr aus. Durch sie kommt man. wenn nicht gerade„nackt ans Ziel" so doch ans Ziel. Man lefe die nachstehende R e- folution des Kongresses der Auslandsfaschisten: „Indem der erst« Kongreß der italienischen Fasci im Ausland« feststellt, wie verderblich für den guten Namen und die Intercsien Italiens die fanatische Aktion sener Italiener ist, die als Sklaven der Porteileidenschaft oder im Dienst fremder Interesien, zum Mittel- punkt oder Werkzeug der Herabsetzung ihres eignen Vaterlandes und zu Verleumdern seiner Institutionen werden, konstatiert er mit Bedauern. daß es für dieses Verbrechen, das die Selbstachtung Jedes Menschen als Bürgers eines Daterlandes tief verletzt, keinerlei internationale Sanktion gibt, und wendet sich Im Namen der außerhalb der Grenzen für Italien wirkenden Italiener, die bereit find, sich für Italien zu opfern, an die das Vaterland neu er- bauende Regierung, auf daß ein besonderes Gesetz endlich festsetze, daß es einem Italiener nicht freisteht, im Namen der Gedanken- und Redefreiheit fein eigenes Land zu verleumden, damit für dieses Verbrechen— das dem Verrat gleichkommt, die nachftehendenStrafen sanktioniert werden: t. Verlust der lkaNenischen Skaat-angehörlgket«: 2. veschlagnahme der In Zlalieu befesleneu Güter: 3. Zuchthaus: 4. verbot der Handels- beziebungen mit 3 lallen". Man denke sich, welch reizendes Leben das in jeder italienischen Kolonie iin Auslande werden wird. Der-ine wird den anderen ausschnüffeln, besonders den, der etwas zu beschlagnahmen hat. Wir sind unbedingt für„Gewinnbeteiligung des Angebers". Sonst könnte die rechte Begeisterung sehlen. Zum Schluß sei gesagt, daß die F i a t w e r k« in Turin am t. November 600 Arbeiter entlassen heben. Offiziös beißt es dazu:„Mebr denn als Ausdruck einer Krise ist diese Entlassung als ein Schrill zu deuten, durch den man Störungen zwischen der Zahl der Bestellun- gen und der Produkt ionskraft der Arbeiter vermeiden will."(!!) Das ist freilich ganz was anderes als eine Krise!
Wilhelm unü i Cine Erinnerung Im September 190Z standen zwei verantwortliche Redakteure des „Vorwärts", die Genossen Karl Leid und Julius Kaliski . vor einer Berliner Strafkammer unter der Beschuldigung. Wilhelm II. dadurch beleidigt zu haben, daß sie ihm unterstellten, er würde möglicherweise vor einer Revolution ausreißen. Zwar war in den angefochtenen Artikeln von Wilhelm II. selbst nicht die Rede gewesen, sondern nur van gewissen.Hofkreisen", in denen abenteuerliche Pläne geschmiedet würden. Aber Staats- wall und Gericht meinten, eine Hofgesellschaft ohne den Kaiser sei nicht denkbar und Behauptungen, die gegen die Hoftgesellschaft auf- gestellt würden, mühten deshalb ohne weiteres auch den Kaiser treffen! Es handelt sich um einen damals großes Aufsehen erregenden Artikel, den der„Vorwärts" in seiner Nummer 190 vom 16. August 1903 unter der Ueberschrist »Die Kaiserinsel" veröffentlicht hatte, und mehrer« andere Artikel, die im Anschluß hieran auf Grund einer heftigen Zestungsfehd« erschienen waren. In dem ersten Artikel wurde gesagt, daß in Hofkreisen höchst sondbar« Pläne erörtert werden. Die große Döberitzer Heer- stroße, deren Zweck nicht recht erkennbar gewesen sei, würde ihre eigentliche Bestimmung in einem Projekt erhalten, das auf gewisse, ebenso unbegründete wie düstere Stimmungen schließen lasse. Der Plan gehe dahin, avf der Znsel Pichelswerder ein �amlllenschloh des Kaisers jn errichten, das der kaiserlichen Familie zum künftigen Aufenthalt dienen solle. Die ganze Insel solle in den vesih der Krone übergeführt nnd dann streng von der Außenwelt abgeschloffen werden. Durch die Döberitzer Heerstraße könnten dann in kürzester Zeit Truppen um die Insel konzentriert werden. Auch sei eine besonder« Art der Aushebung der Gardetruppen geplant und eine besonder« Anwendung des Enteignungsrechts solle zur Durchführung des Planes dienen. Man gehe weitet mit dem Gedanken um, die Insel , den Heerstraßenbezirk und die Spandauer Stoatswerkställen zu einem besonderen Verwaltungsbezirk und Reichstagswahlkreis zu ver- einigen, in dem nur noch Angestellte des Kaiser « wohnen dürfen. Man zerbreche sich am Hose über die Zukunft der Monarchie den Kopf. Daß man aber bei Hose gcsliffeallich und ohne jeden Anlaß derartige Aufruhrphanlasieu verbreite nnd de« Thron nur noch auf einer militärisch geschützten Znsel für gesichert halte, zeige. daß allerlei Geister tätig seien, welche ein Znlereffe daran haben, durch Erzeugung schwarzer Vorstellungen die Geschäfte der Reaktion und des Junkertums spekulativ zu fördern. Nach der Meinung der Anklage geh« die T e n d« n z der Artikel dahin, den Kaiser selbst als denjenigen zu bezeichnen, der die „höchst sonderbaren Pläne" entworfen habe und betreib«. Cs werde zwar immer nur von Hofkreisen", Hofleuten",„bei Hofe tätigen Geistern",„hohen Projekten" usw. gesprochen, dies fei aber nur«ine vorsichtshalber beliebte Verhüllung, denn die vom Verfasser gewollte Beziehung der Kaiserinsel-Artlkel auf den Kaiser selbst leuchte deutlich hervor. Die Artikel seien für den Kaiser beleidigend, denn es werde ihm angedichtet, er sei au« wahrhafter Angst vor dem Aufruhr auf den Plan gekommen, zu seinem und seiner Familie Schutz, nötigenfalls unter Mißachtung der Gefetze, sich auf die zu einer Beste verwandelten Insel Pichelswerder zurückzuziehen und
Terror in Italien . Verhaftungen— Beschlagnahmen, aber keine Veweise! Rom . 7. November.(Eigener Drohtberichl.) Zm Zusammen. hang mit dem angeblichen Aklenlatsplon gegen Mussotinl sind am Freitag und Sonnabend in ganz Italien neue verhasiuugen vorgenommen worden. Allerdings erfährt man über die näheren Umstände nur etwas au» der allein geduldeten faschistischen Presie. Daß ihre Angaben in jedem Falle zur Hälfte erlogen sind, ist längs ermiesen. Ausfallend ist, daß die Faschislenblätter die fortgesetzten Verhaftungen zwar melden, ober nur in ganz wenige» Fällen die Rameo der angeblich an dem Somvloil beteiligten nnd verhasteten Personen zur Kenntnis geben. Inzwischen ist der gleichzeitig mit dem General Eapello verhaftete Redakteur O u a g l i o wieder aus freien Fuß gesetzt worden, well ihm nicht da» geringste nach- gewiesen werden konnte, und er im Gegeniell vewei» zu führen verstand, daß seine Person mit dem sogenannten Attentat nichts zutun hat. Dagegen wurde der Bruder de» Generals Eapello ebenfalls in Hast genommen. Außer lhm sperrte man noch den Chefredakteur des in Genna erscheinenden„Lavoro ". A u- saldo, somie die beiden Gewerkschaftsführer Acquoroue und M a n g e n i von der Kohlentrimmerorganisatioa ein. Ins- gesamt wird die Zahl der allein in Genua festgenommene« Personen auf acht beziffert Di« endlosen Verhaftungen sind begleitet von der Unterdrückung der gesamte« oppositionellen Presse. Am Sonnabend nachmittag wurde t« der Ktrche Ularia degll Äugelt, w der alle offiziellen Feiern der Faschisten stattfinden, ein feierlicher Gottesdienst für die Errettung Mussolinis ab- gehalten. Aehnllche Feiern sind auch für die nächsten Tage ge- plant, damit das Mitleid für den erreiielen Heros um Gottes willen nicht so schnell erblaßt. Aber auch da» dürste wenig nützen, denn langsam dringt allaemein der Eindruck durch, daß es sich um ein fingiertes Attenlat mit dem Zweck gehandelt hat. eine Handhabe zum Verbot der Freimaurerbewegung und der fozia- llstischeu Organisation zu haben. Französischer Protest. Paris . 7. November.(Eigener Drahtbericht.) Die Andeutungen der italienischen Zeitung„Epoca", wonach die Untersuchung de» angeblichen Mordanschlags gegen Muffolini Beweise für die Mit- Wirkung einer fremden Macht ergeben haben soll, werden in Pari« als eine offensichtlich gegen Frankreich gerichtete Ver- d ä ch t i g u n g mit großer Schärfe zurückgewiesen. Da es ein offenes Geheimnis sei, schreibt der..Iniransigeont", daß der Ab- geordnete Z a n i b o n i in der letzten Zelt sehr häufig in Paris gewesen ist. bestehe Grund zur Annahme, daß die Anspielungen der „Epoca" sich gegen die französische Regierung richten. Angesichte der Leichtfertigkeit dieser Anklage werde man erwarten dürfen, daß die italienisch« Regierung diese Verdächtigung mit aller Entschieden- heit zurückweisen wird._
ver griechische Unlerrlchtsminlster Rufo» ist von dem Mmister- präsideuten BangaloS zum Aurenminister und der ehemalige Ab- geordnet« LivatbhnepuloS zum UnterrichlSminister ernannt worden. Das Finanzministerium wird PangaloS vorläufig selbst übernehmen.
m Revolution. an die Kaiserinsel. streng von der Außenwelt abzusperren, um bei Ausbruch einer Revolution mit Hilf« der Döberitzsr Heerstraße in kürzester Zeit Trupoen um die Insel konzentrieren zu können. In seinem Plaidoyer ließ sich der damalige Oberstaatsanwalt I s e n b i« l zu folgendem Hymnus auf den mutigen W i l- Helm II. hinreißen: „Wer den Charakter und die ganze Persönlichkeit unseres Kaisers kenne, der werde und könne unmöglich glauben, daß ein solches Projett in seiner nächsten Umgebung ventiliert werden könnte, ohne daß der Kaiser eine ganz bestimmte Stellung zu einem solchen Plan nähme... Die Behauptung, die der Artikel aufstell«, stelle eine schwere Majestätsbeleidigung dar, denn fle suche die Ansicht zu erregen, daß der INouarch in blasser Furcht vor der Revolution und in ernster Sorge um seine Sicherheit sich merkwürdigen Plänen zuneige: daß er daran denke, sich vor dem Anstürmen der Reoolullon in Sicherheit zu bringen. Dos fei eine grobe Beleidigung für den Monarchen, der mit fester Hand das Steuer des Stoatsschiffes lenke, einer Persönlichkeit gegenüber, wie unser Kaiser, der bis jetzt noch nie den g«- ring st en Grund genommen habe, sich vor seinen, Volke abzuschließen, der sich fast täglich seinem Volke zeige, seine Spaziergänge Im Tiergarten usw.! Einem solchen Monarchen werde gesagt, er traue nicht mehr seinem Dolle und auch nicht mehr seinem Heere. Wenn solche Pläne wirklich gefaßt würden, daun würde das an T i b e r i u s erinnern, der sich be- kanntlich auf Anroten der Prätorianer auf die Insel Caprea« zurückgezogen hatte. Aehnliche» werde hier dem Kaiser an- gedichtet." Das Gericht hielt, nachdem alle möglichen Hofmarschälle und Hofbeamten die Existenz eine» solchen Planes abgeleugnet hallen, ebenfalls eine Beleidigung Wilhelm» II. für vorliegend. Es ver- urteilte den Genoffen Karl Leid zu neun Monaten Ge- f S n g n i s und zum Verlust seines Stadtoerordnetenmandats, Kaliski wegen Beleidigung des Hosmarschalls vonTrothazu vier Monaten Gefängnis. In der Urteilsbegrüichung hieß es ganz wie beim Staatsanwalt: „Es sei kein Zweifel, daß der Artikel auf den Kaiser gemünzt sei. Dies geh« hervor aus der Ueberschrist„K a i s« r l n s e l", aus der Bezugnahme auf die Döberitzer Heerstraße, aus der de- hauptung, daß der Plan schon schwarz auf weiß feststehe, und aus der Tendenz des„Vorwärts", die nicht dahin gehe, den Kaiser vor der Hoskaramille zu schützen, sondern die Autorität der Krone zu untergraben. Der Gerichtshof habe den ehroerlctzenden Charakter des Artikels unbedingt bejaht, denn es werde behauptet, daß der Salier eingeschüchtert sei nnd nicht davor zurückschrecken würde, den Plan mit ungesetzlichen Mitteln durchzuführen. Jeder weiß, daß der Kaiser keine Furcht vor Menschen hat und sich sehr oft seinem Volke zeigt... Da» Urteil wurde am 25. September 1903 gesprochen. Fünfzehn Jahr« später kam die einstmals befürchtete Revolution wirklich. Da Hölle sich der Kaiser doch eigentlich„seinem Volke" zeigen müssen, wenn er es nicht vorzog,„an der Spitze seiner Truppen zu sterben". Aber nichts von dem geschah! Als die Regierung mit ihm in Berlin oerhandeln wollte, rückte er heimlich ab ins Hauptquartier nach Spa, wo er sich sicher glaubte. Und als es selbst dort brenzlich wurde, flüchtete«r zwar nicht nach Pichelswerder, wohl aber nach Holland , allwo er heute noch ein geruhsames Leben als Schloß- Herr führt. War es nun tatsächlich«ine Beleidigung, wenn man dissttn-■ Mann wirklich Furcht vor der Revolution zutraute und da»— wenn auch nicht direkt und eindeutig— im„Vorwärts" fünfzehn Jahre vorher zum Ausdruck brachte?
flus üem tschechischen Wahlkampf. Tie Partei des Jnnenininisters predigt Terror. Der Kampf für die am 15. d. M. vorzunehmende Parlaments- wohl ist sehr lebhaft. Große Erregung hat es hervorgerufen, daß da» Jugendorgan der tschechischen Agrarpartei, deren Führer Mi- nlstecpräsident Dr. S v e h l a und Innenminister M a l y p« t r sind, die bäuerlich« Jugend auffordern konnte, Wahlredner aller anderen Parteien hinauszuhauen, ohne daß sich der Staatsanwalt gerührt hat. Das tschechisch-sozialdemokratifche Hauptorgan„Provo lidu" (Voltsrecht) fordert daher den Rücktritt Machpetrs. der ungeeignet sei, die Agitationssreiheit aller Parteien zu sichern: das Blatt droht, daß die tschechische Sozialdemokratie als Mitglied der Regierung«- koalition diesen Rücktnll fordern werde. In unseren sudetendeutschen Parteiblättern wurde der Abdruck jenes Terrorausrufs konfisziert, während ihn tschechisch« Blätter ungehindert mitteilen konnten. Auf die rechtsagrarische Partei des P r a s ch e ck, die von der Soehla-Partei abgesplittert ist, wird ein scharfer Behördendruck durch Absetzung als Beamte, Anhängen von Schutzgesttzprozeffen usw. ausgeübt, wie es scheint, mit Erfolg: zahlreiche Kandidaten sind ibr davongelaufen. Internationale tzanöelskammer. Einsetzung von Arbeitsausschüssen. Pari», 7. November.(WTB.) Die Arbeiten der Tagungdes Verwaltungsrats der Internationalen Hondtls- lamm er. die Freitag abend ihren Abschluß gesunden haben, galten in dem formellen Teil hauptsächlich der Einführung der deutschen Delegierten. Des weiteren hat Präsident Leas den Mitgliedern des Verwaltungsrates eingehend über alle fett der letzten Verhandlung gefaßten Beschlüffe Bericht erstallet. Von Wichtigkeit ist der Be- schluß, an Stell« des in Brüssel geschaffenen Komitees für den wtrt- schastlichen Wiederaufbau nunmehr drei Ausschüsse«inzu- seyen, von denen der erste sich mit der Transferierung»- frag«, der zweite mit dem In Brüssel gestellten Antrag Ell Iostah Stomps beschäftigen soll, ob es möglich sei. die Ausführung ö f f e n t- licher Arbeiten zum Tell auf Reparationskostsn durch- führen zu lasten, auch wenn es sich um Länder handelt, die nicht an den Reparationslieferungen interessiert sind. Der drille Ausschuß soll sich mll Wtrtschasts- und Zollsragen beschäftigen. Die Zusammensetzung der drei noch zu schaffenden Ausschüsse ist noch nicht bestimmt worden. Es wurde jedoch beschlossen, daß In allen drei Ausschüssen Deutschland vertreten sein sost. Die nächste Sitzung des Verwallungsrates der Intenmtionalen Handelskammer wird am 5. M ä r z 1 v 2 6 in Pari» stallfinden. Die deutschen Delegierten sind bereits heut« noch Deutschland zurückgereist. Sozialistische Abrüstungsarbeit. Di« polnisch« sozialistisch« Par- tei hat im Sejm die Herabsetzung des stehenden Heeres von 300 000 auf 150000 Mann und die Verminderung der Dienstzeit auf ein Jahr beantragt. Bei Annahme des iozialistijchsn Antrages würden jährlich 200 Millionen Zloty erspart werden. Das Heeresbudget beträgt zurzeit rund 700 Millionen Zloty.