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Nr. 531 42. Jahrg. Ausgabe A fr. 271

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297.

Dienstag, den 10. November 1925

Vorwärts- Verlag G.m. b. H., Berlin   SW. 68, Lindenstr.3

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Der Weg des bayerischen Putschismus.

Wird der Oberreichsanwalt einschreiten?

Die bayerischen Butschisten fühlen, daß ihre Zeit vor über ist. Die Republik   ist stärker, als sie geglaubt haben. Der Boden schwindet unter ihren Füßen. Sie haben verfucht, den Geist der Republit in einer Schlammwoge von Ver leumdung, von Beschimpfung, von Fanatismus zu ertränken. Sie haben die Tatsachen der Geschichte vergewaltigt, sie haben eine Propaganda der Pseudorevanche betrieben, um mit dieser Propaganda Leidenschaften gegen die Republik   zu erweden. Aber die Republit lebt, und die Schlammflut der Ver­leumdung ebbt zurüd. Was bleibt übrig von der Dolchstoß­lüge, von der Agitationsphrafe gegen die Novemberver­brecher"? Der Dolchstoßprozeß in München   hat der Dolchstoß lüge einen Stoß versezt, von dem sie sich nicht wieder erholen wird. Auf dieser Geschichtslüge aber, auf der Heze gegen die deutsche Sozialdemokratie und ihre Führer, ist die Propa­ganda der bayerischen Putschisten aufgebaut. Die Grund­lage ihrer Propaganda manft. Dazu kommt ein anderes: troß aller Heze, trotz aller Königsparaden, trok des theore tischen Bekenntnisses des Chefs der bayerischen   Regierung zum Monarchismus wendet sich die bayerische   Bevölkerung immer mehr der Republik   zu. Es ist ein Geständnis, daß die Herren aus der Umgebung des bayerischen Thronprätendenten Rupp recht von Wittelsbach in ihrer Besprechung mit dem Minister präsidenten held abgelegt haben: bie Verhältnisse in Bayern   haben fich gefestigt und beruhigt, das Bolt läuft Gefahr, sich mit der Republik   abzufinden". Sie wollen die imere Ronfolidierung der Berhältniffe nicht, die Bayern   so dringend braucht wie ein anderes deutsches Land, sie sehen mit Ingrimm, daß die monarchische Bewegung in Bayern   ein fünstliches, im Boffe nicht verwurzeltes Produkt ist, daß auch die Zurschaustellung des Kronprätendenten nicht vermag, die Feftigung der Republit in Bayern   zu erschüttern.

Weil der Boden unter ihren Füßen wankt, weil sie selbst an der Zukunft und der Siegestraft des monarchischen Ge­Denkens verzweifeln, denten fie an den Staatsstreich. Sie wollten vorsichtiger sein, als die um Hitler   und Luden dorff fie haben deshalb bei der Regierung angefragt, ob ihr Staatsstreich opportun fei und Aussicht auf Erfolg habe. Sie haben, wie Hitler   und Ludendorff, darauf gerechnet, daß die Behörden mit ihnen sein würden und sie fonnten mit einem Schein von Recht diese Vermutungen haben, da die Behörden sich zweideutig genug verhalten hatten. Sie haben eine neue, verschlechterte Auflage des Ludendorff- Butsches geliefert.

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Bayerische   Vertuschungsversuche.

sollte der königliche Purpur emporsteigen? Nein, die baneri­sollte der königliche Purpur emporsteigen? Nein, die baŋeri­schen Butschisten sind schlechte Monarchisten! An ihnen voll zieht sich verdientes Geschick: sie erschlagen mit ihrer Be­wegung zugleich den Nimbus des Königtums, dem sie durch den Staatsstreich zur Macht verhelfen wollten!

Aber der Zusammenbruch des bayerischen Butschismus in Lächerlichkeit darf die Republikaner in Deutschland   nicht in forglofe Ruhe wiegen. Ihre Aufgabe ist es, die Republik   zu schüßen. Sie müssen bereit sein, gegen einen Ausbruch der Verzweiflung der Staatsstreichler und Monarchisten ihre ganze Entschloffenheit und ihren festen Willen zur Republit einzusetzen. Es muß endlich einmal Schluß gemacht werden mit jenem Treiben, das im Reich in den monarchistischen Paraden zum Ausdrud fommt, und in Bayern   in dem Un­mesen der Bünde   der Heimat- und Königstreuen", der Bayerntreue" und wie sie alle heißen.

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| archistischen Gedankens mit Wittelsbach als dem legitimen Herr scherhaus. In dieser Interpretation ist selbstverständlich die tatsäch­liche Illegialität dieser Organisation nicht aus der Welt geschafft, nachdem sich ihre Gründung vollständig im dunkeln vollzogen und die Drahtzieher es bisher nicht gewagt haben, ihre Namen der Deffentlichkeit preiszugeben.

Nachdem jetzt die Schleier über ihre Unterredung mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Held gelüftet sind, verlangt die Deffentlichkeit mit aller Entschiedenheit, daß ihr die Führer der Putschorganisation sofort bekanntgegeben werden.

Chamberlains Guildhallrede.

Locarno  , der Becher der Hoffnung". London  , 9. November.  ( WTB.) Vormeldung. In seiner Es genügt nicht, daß der bayerische   Ministerpräsident versichert, er sei heute verpflichtet, Staatsordnung und Ber- Rede auf dem Guildhallbankett fagte Chamberlain, wenn die fassung zu schützen. Es heißt, die bayerische Regierung wolle Ergebniffe von Locarno   mit jo allgemeiner Zustimmung be­ein Dementi veröffentlichen. Was soll das für ein Dementi ein Dementi veröffentlichen. Was soll das für ein Dementi grüßt worden find, so war das deshalb, weil die Verträge von Co­sein? Will die bayerische Regierung, monarchisch von Gesprachen. Er vertraue darauf, daß die Locarnoverträge von den carno einem von der ganzen Welt tiefgefühlten Bedürfnis ent­finnung, sich deckend und schüßend vor die Butschisten um Rupprecht   von Wittelsbach stellen? Will sie verschweigen, ner jämtlichen beteiligten Ländern unterzeichnet werden tuschen, damit das Treiben weiter gehen fann, und die But- würden. Denn fein Staatsmann könne vor der Geschichte schisten sich nur auf einen späteren Termin vertrösten? Will die Berantwortung dafür übernehmen, daß er den Becher fie, monarchisch von Gesinnung, Rupprecht   von Wittelsbach, der Hoffnung, den die Ergebnisse von Locarno   darstellen, zurüd­den Thronprätendenten, vor verdienter Lächerlichkeit be- gewiesen habe. Die. Welt bedürfe des Geistes von Locarno  , wahren? Steht ihr der Nimbus des Königtums höher als das und diese Konferenz sei ein Anfang, nicht ein Abschluß ge­Recht des Staates, als die Verfassung der Republik  , als die wefen. Er hoffe, der Geist von Locarno   werde auch in der chineji­Einheit des Reiches, die das Treiben des Prätendenten und ichen Zollfonferenz gegenwärtig sein, die dem fernen Osten seiner Clique zu zerstören droht? schließlich den Frieden bringen werde.

Es ist die Pflicht der bayerischen   Regierung, die hochper­räterischen Organisationen, deren Chess   beim Ministerpräsi­denten vorgesprachen haben, aufzulösen. Ueber ihren Charaf ter ist fein 3weifel mehr. Es wäre ihre Pflicht gewesen, die Chefs dieser Organisationen verhaften zu lassen.

Es muß Klarheit geschaffen werden. Eine vorbereitende Handlung zum Hochperrat ist geschehen. Es ist die Pflicht der obersten Justizbehörde des Reiches, ein Verfahren ein zuleiten gegen Rupprecht von Wittelsbach und seine Helfer. Der Kronprätendent steht nicht außerhalb der Justiz! Die Strenge des Rechts, die gegen jeden Hochverräter der äußersten Linfen angewandt worden ist, muß die monarchistischen Hochverräter in gleicher Weise treffen. Sollen sie ungestört durch die zum Schuß der Ber­fassung und des Reiches berufenen Behörden ihr hochperräte risches Treiben fortseßen dürfen?

Die Deffentlichkeit braucht jetzt nicht verhüllende Demen­tis und beruhigende Erklärungen. Sie muß Klarheit haben! tis und beruhigende Erklärungen. Sie muß Klarheit haben! Wenn es den bayerischen Monarchisten um Rupprecht  von Wittelsbach nach einem Staatsstreich gelüftet, so müssen sie wissen, daß sie die ganze Kraft der Republikaner   gegen sich haben werden. Republikaner, seid wachsam!

Es soll vertuscht werden!

Die Erinnerung an den November 1923 steigt herauf. Es war nicht das Kraftgefühl einer aufsteigenden Bolts­bewegung, das die Ludendorff und Hitler   zum Putsch trieb. Es war die Sorge, daß ihre Zeit schon vorüber sei, daß sie losschlagen müßten, ehe es endgültig zu spät sei. So unter­nahmen sie ihren Theaterputsch, jene erbärmliche Komödie im Bürgerbräufeller in München  , die sie dem Hohngelächter der ganzen Welt preisgab. Aber Hitler und Ludendorff  --so sehr sie auf die Teilnahme von Behörden rechneten- schufen doch wenigstens Tatsachen des Staatsstreichs. Sie demastierten sich, sie fahen ein, daß sie wenigstens Herrn von Rahr vergewaltigen" müßten. Sie hatten geglaubt, am Tage der Revolution die Gegenrevolution zum Siege zu führen München  , 9. November.  ( Eigener Drahtbericht.) Gegen die von aber sie demonstrierten nur die aufgeblasene Hohlheit der von eingeweihter Seite mitgeteilte Tatsache eines drohenden Monarchisten­ihnen geführten putschistischen Bewegung. Zugleich die innere putsches in Bayern   wurde mit zwei Arten von Dementis Unehrlichkeit, die weideutigkeit jener Staatsbehörden, die fich vorgegangen. Zunächst wurde glatt abgeleugnet, daß über­von ihnen im Rebenzimmer des Bürgerbräufellers vergewal haupt irgendwo in Bayern   ein Gefahrenherd vorhanden sei. Gleich tigen ließen. 3wei Jahre nach ihrer Niederlage haben die bayerischenzeitig wurde aber durch das Organ des Ministerpräsidenten eine offiziöse Meldung verbreitet, die die Existenz der akti­Butschisten aus dem Lager der Königstreuen", die um vistischen weiß- blauen Königsmache zugab und die indirekt als eine Rupprecht von Wittelsbach, an einen neuen Butsch gedacht. Mahnung an diese zum geduldigen Abwarten aufgefaßt werden Ihr Versuch endet wie der Versuch der Hitler und Ludendorff.   mußte. Unbestrittene Tatsache ist, daß diese Attivisten im Bunde der Bu feige, fich offen zu demeskieren, dachten sie die Methode" Bayerntreuen" zentralisiert sind, einer Organisation, die alle des unausgesprochenen, erbärmlichen Staatsstreiches weiter großen und kleinen sogenannten Führerpersönlichkeiten aus einer zu spielen. Diese Putschisten haben keinen Kahr und feine Reihe vaterländischer Verbände umfaßt. Ihnen gehört auch der Behörde vergewaltigt. Sie sind zum Ministerpräsidenten Kabinettschef des Kronprätendenten Rupprecht, Graf von Go gelaufen und haben einmal angefragt, was er zu einem Staatsstreich fagen würde. Was fagen Sie, Herr Minister­präsident, wenn wir Rupprecht ein wenig zum König machen? Was fagen Sie, wenn wir ein wenig die bayerische   und die Reichsverfassung brechen, wenn wir ein wenig die Reichs­einheit zerstören?

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Bon der Bergewaltigung im Bürgerbräufeller im Novem­ber 1923 zu der Anfrage bei der Regierung, ob sie den Staats ftreich dulden werde im November 1925- das ist der Weg bes bayerischen   Putschismus zur Verzweiflung, von Lächer lichkeit zu Lächerlichkeit. Diese Lächerlichkeit fällt zurück auf den bayerischen Brätendenten, auf Rupprecht   von Wittelsbach. Aus der Propaganda der Verleumdung und des ohnmächtigen Haffes gegen die Republif, aus der Schlammflut der Lüge, aus dem Chaos von Lächerlichkeiten

den, an.

Sein Besuch bei dem bayerischen Ministerpräsidenten zusammen mit dem ehemaligen Reichswehrgeneral von Moehl fann nicht abgeleugnet werden.

Man sieht deshalb mit Spannung einer bereits angefündigten Erklärung des ehemaligen Kronprinzen entgegen, in der ojjen­bar die monarchistischen Staatsstreichpläne vertuscht werden sollen. In interessierten Kreisen wird dieser Besuch, der vor etwa 14 Tagen beim Ministerpräsidenten stattgefunden hat, lediglich als eine lonale Anfündigung der Gründung des Führerbundes der Bayerntreuen hingestellt. Weiter wird erklärt, daß dieser Bund nur zur Pflege zweier besonderer banerischer Traditionen diene, 1. der Pflege des föderalistischen Staatsprinzips im Bismardschen Geiste und 2. der Pflege des mon.

An dem vom neuen Lordmayor gegebenen Bankett nahmen teil die Botschafter und Gesandten der auswärtigen Mächte, darunter der deutsche Botschafter Dr. Sthomer, dem eine besonders warme Begrüßung zuteil wurde und dem der neue Lord­mayor mit ganz besonderer Herzlichkeit und lange die Hand schüttelte. Chamberlains Cintreffen, war das Signal für laute Hochrufe aller Anwesenden, die sich erhoben hatten und ihm einen begeisterten Empfang bereiteten.

Der französische   Finanzkonflikt. Regierungsfrise in Sicht?

Paris  , 9. November.  ( Eigener Drahtbericht.) Der Konflikt zwischen der Finanzkommission und der Regierung Bainlevé dauert in unvermirderter Schärfe fort. Auch die Aussprache am Montag zwischen Painlevé und der Kommission hat keine Aussichten für einen Ausgleich der Gegenfäße eröffnet. Die von der Kommission angenommene Resolution Auriol bedeutet nicht nur die Ablehnung der neuen Infiction, wie sie im Projett der Regie­rung vorgesehen ist, sondern auch die nicht minder kategorische Zu­rückweisung des von Painlevé vorgesehenen Steuerprogramms. Der Ministerpräsident hat am Mortag morgen die Erklärung wieder­holt, daß er zu jeder Aenderung der Gesetzentwürfe bereit sei, die dessen Fundamente respektierten, jedoch nicht sein ganzes Programm über den Haufen werfen lassen fönne. Aus diejer Erklärung geht einstweilen nicht mit Klarheit hervor, ob die Regierung bereit ist, die von der Kommission geforderte pöllige Umgestaltung der außer­ordentlichen Abgabe zu einer mirtlichen Vermögers- und Kapital­steuer zu akzeptieren. Auch in der Frage der Inflation sind am Montag morgen die Gegenfäze wieder sehr heftig aufeinander­gestoßen. Painlevé gab die Erklärung ab, daß die Regierung, die am 8. Dezember verfallenden 2,6 Milliarden Schatzobligationen nicht anders einlösen könne, als durch die Inanspruchnahme eines neuen kredits bei der Bank von Frankreich. Die Sozialisten Leon Blum  und Vincent Auriol   forderten statt dessen die 3wangsfonso lidierung der furzfristigen Schuld, was Painlevé mit dem Hinweis auf die schwere Erschütterung, die der öffentliche Kredit durch eine derartige Maßnahme erfahren würde, ais für die Re­gierung absolut un annehmbar bezeichnete. Painlevé hat schließ­lich angekündigt, daß die Sanierung einen Aufschub mehr dulde und er deshalb

spätestens am Donnerstag in der Kammer die Vertrauensfrage stellen werde. Wenn diese Erklärung auch richt als eine direkte Kampfanjage angesehen wird, so läßt doch andererseits die völlige llnmöglichkeit, über die Vorlage in ihrer gegenmärtigen Form zu einer Einigung zu gelangen, eine neue politiche Krise fast unvermeidlich erscheinen, da die Regierung, felbst wenn ein Teil des Kartells mit ihr gehen sollte, diesmal teinerlei Unter­ftügung vor der Rechten zu erwarten haben wird.

Die Rammer sollte heute mit der Beratung des Sanierungs­gefeges beginnen. Abg. MaIon bat als Vorsitzender des Finanz­ausschusses um eintägige Bertagung, da der Ausschuß die Lösung noch nicht gefunden habe. Die Kammer beschloß demgemäß.