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daß es nunmehr mit der Passivität vorbei sei, deshalb berief er als Chef des Stabes den Kapitän von Trotha und als Chef der Operationsleitung den Kapitän vonLevetzow die drei Münchener   Sachverständigen des Professors Coßmann für den Dolchstoß: Scheer, v. Trotha, v. Levetzow! Daß Scheer mit berechtigtem Stolz von der siegreichen Schlacht im Skagerrak   spricht, ist verständlich, daß er aber an vielen Stellen die Bedeutung der Flotte erheblich über- schätzt, ist deshalb unverständlich, weil er selbst einmal zu- gesteht:Englands Seemacht aber so niederzukämpfen, daß unser Sechandel wieder aufgenommen und der britische durch unsere Kreuzer empfindlich geschädigt werden tonnte, das zu erreichen wäre doch über unsere Kraft gegangen." In einer Eingabe an den Kaiser nach der Skagerrak  - Schlacht schrieb er, daß die Hochseeflotte Mitte August zu neuem Schlage bereit sein werde: .Bei günstigem Verlauf der dann einsetzenden Operationen wird der Gegner zwar empfindlich geschädigt werden können, trotz- dem kann kein Zweifel bestehen, daß selbst der glücklichste Ausgang einer Hochseeschlacht Enzland in diesem Kriege nicht zum Frieden zwingen' wird. Die Nachteile unserer militärgeographischen Lage gegenüber der des Jnselreiches und die große materielle Ucbermacht des Feindes werden durch die Flotte nicht in dem Maße ausgeglichen werden können, daß wir der gegen uns gerichteten Blockade oder des Jnselreiches selber Herr werden, auch nicht, wenn die UiUerseeboote für mili- tärische Zwecke voll verfügbar sind...* Ein siegreiches Ende des Krieges in absehbarer Zeit könne nur durch Niederzwingen des englischen Wirtschaftslebens erreicht werden, also durch Ansetzen des Unterseebootes gegen den englischen Handel. Daß der später beschlossene wirklich rücksichtslose U-Boot-Krieg das englische Wirtschaftsleben nicht lahmgelegt hat, kann dem Admiral Scheer doch nicht ein Geheimnis geblieben sein. Aber trotz alledem glaubte er im letzten Kriegsmonat noch an einen Sieg? Merkwürdig, sehr merkwürdig! Des Raummangels wegen muß hier auf Anführung weiterer Einzelheiten verzichtet werden. Folgende Tatsache sei noch angeführt: Als nach Ltiüendorffs Bitteleorammen um Waffenstillstand der U-Boot-Krieg selbstverständliche ein- gestellt worden war, wollte Scheer noch einen großen Schlag zur See führen, obwohl er, wie bereits angeführt, genau wußte, daß England dadurch nicht unterzukriegen war. Er gab folgenden Befehl:Hochsecstreitkräfte sollen zum Angriff und Schlagen gegen englische Flotte angesetzt werden". Er berichtet in seinem Buch weiter: Die Absicht des Flottcnunternehmens war, mit zwei Kreuzer- gruppev und Torpedobooten gleichzeitig die flandrische Küste und die Themsemündung anzugreifen. Das Gros der Flotte sollte ihnen folgen." Am 28. Oktober vier Wochen nach den verzweifellen Bitten Ludendorffs, sozusagen in der letzten Stunde des Krieges, wollte Scheer die Hochseeflotte auslaufen lassen! Mit diesem Befehl provozierte er die Matrosen zur Meuterei. Der Kessel explodierte: die Funken sprangen von Kiel   über nach Hamburg  , München  , Berlin  ... Jahrelang ist bestritten worden, daß die Absicht bestanden hätte, Flotte und Mannschaften in letzter Minute noch zwecklos zu opfern. Jetzt stellt Scheer selbst fest, daß die von den Matrosen angegebenen Gründe für ihren Widerstand der Wahrheit entsprochen haben. Am Schluß seines Buches sagt er: Ich selbst habe mir noch lange Zeit Gedanken darüber gemacht, wie es wohl gekommen wäre, wenn ich den Befehl zum Ein- setzen der Flotte unterlassen hätte. Aber ich fühle mein Ge- wissen frei.. Wenn Scheer den Befehl nicht gegeben hätte, wäre die Meuterei der Matrosen im Großen unterblieben. Kein Mensch kann sagen, wie die Dinge dann gelaufen wären. Scheer ist anderer Meinung, denn trotz seiner erwähnten Eingabe an den Kaiser versichert er auch zum Schlüsse noch einmal:Die
Flotte konnte die Entscheidung zu unseren Gunsten bringen." Noch am 28. Oktober 1918! Herr Scheer mutet seinen Lesern allerlei zu!_ Beitröge zur Klassenjustiz. Republikanische Beamte vogelfrei. Völkische Geheim- bündler läßt man laufe«. Der Hallenser   Stahlhelmführer Düsterbero hatte vor einiger Zeit die Frechheit, sich mit einer Depesche an die Reichsregierung zu wenden, in der er den preußischen Innen- minister S e v e r i n g, den Regierungsvräsidenten des Be- zirks Merseburg  , G r ü tz n e r, und den Oberpräsidenten H ö r s i n g, alles Sozialdemokraten und Beamte, die es mit ihrem Dienst an der Republik   ernst meinen, für eine Reihe Bluttaten verantwortlich machte, die an Stahlhelmleuten begangen worden sein sollten. Er rief den Schutz des Reichspräsidenten an, .damit nicht in Deutschland   alt« Frontsoldaten hin- gemordet und schwer verletzt werden können, nur weil sie treu blieben und keine Lumpen wurden". Die Untersuchung ergab, daß zu der schon der äußeren Aufmachung nach beleidigenden Beschwerde nicht der ge- ringste Anlaß vorlag. Das unverantwortliche Vorgehen Düsterbergs erregte selbst in rechtsgerichteten, dem Stahlhelm wohlgesinnten Kreisen Aergernis und Empörung. DieTägliche Rundschau" schrieb damals: .In jedem Falle aber erscheint es besonders bedauer- l t ch, wenn die Sache, deren Zielen wir gern unsere Sympathie zuwenden möchten, sich durch blinde Leidenschaftlichkeit ins Unrecht setzt und statt besonders in der Jugend und in der Masse echte Hingabe und Begeisterung für das Vaterland zugleich mit der Achtung vor Gesetz und Ordnung zu pflegen, den inneren Unfrieden schürt und die strenge Wahrheitsliebe außer acht setzt. Daraus kann nichts Gutes erblühen und dem Vaterland kein Heil erwachsen." Die Richter dagegen denken anders über den Fall. Eine Beleidigungsklage des Regierungspräsidenten Grützner w"rde, wie TU. meldet, abgewiesen, .da in der Klage keine Beleidigung(!) erblickt und Oberst- leutnant Düsterberg die Wahrung berechtigter Jnter- essen(I) zugebilligt wurde". Was soll man dazu sagen? Wirft man den Richtern Klassenjustiz vor, dann fühlen sie sich beleidigt. Ist es ihnen angenehmer, den Vorwurf der Rechtssabotage gegen republikanische Beamte zu hören? » Dem Polizeipräsidenten von Königsberg ist es vor eini- gen Tagen gelungen, auf ostpreußischen Gütern ein Nest von 20 rechtsradikalen bewaffneten Geheim- b ü n d l e r n auszuheben. Die Untersuchung ergab, daß es sich nicht nur um eine regelrechte Militärorganisation, sondern auch um vorbestrafte schwere Jungens handelt, nach denen zum Teil wegen Spionage gefahndet wird. Ein Haft- befehl aus Hamburg   liegt vor. Der Amtsrichter von A l le n st e i n setzt sich über alle diese Tassachen hinweg er gibt den Putschbrüdern bedenkenlos die Freiheit w'cher! Klassenjustiz? Grevesmühlen   gibt die Antwort!
ein Willkürakt. Ter Wohlleiter der Provinz Brandenburg   als Helfershelfer der Rechtsparteien. Aus dem Bureau des Brandenburger   Bezirksverbandes unserer Partei wird uns geschrieben: Vom Provinzialaueschuß der Provinz Brandenburg   ist der erste Landesrat Geheimrat Gerhardt zum Provinzialwahlleiter er- nannt worden. Nach§ 2 Abf. 2k der Provinzialwahlordnung hat er die Ausgabe, die Stimmzettel für die Wahlhandlung amtlich her. stellen zu lassen. Da die PWO. nichts Genaues darüber bestimmt, ob der Wahlausschuß oder der Provinzialwahlleiter die Reihen-
folge der Parteien auf dem amtlichen Stimmzettel festsetzt, so hat in diesem Fall der Prooinzialleiter es getan. Maßgebend hierfür ist der Z 55 Abf. 2 der PWO. In der Provinz Brandenburg   sind von 18 verschiedenen Parteien gültige Wahloorschläge eingereicht worden. Unter diesen 18 Vor- schlagen sind nicht weniger als 1l>, die im alten Provinziallandtog nichtvertreten waren. Alle möglichen Gruppen und Grüppchen glauben sich um die Wählerstimmen bewerben zu müssen. Da der Z 55 Abs. 2 der PWO. wörtlich bestimmt:Dabei erhallen die Wahl- Vorschläge solcher Parteien oder Vereinigungen, die im bis- h e r i g e n Provinziallandtog oertreten waren, die Nummer 1 und folgende nach der Reihenfolge der Fraktions stärke, bei gleicher Fraktionsstärke nach dem Alphabet. Di« übrigen Wahl- Vorschläge(d. h. die im allen Provinziallandtog keine Vertretung hatten. D. R.  ) erhalten die anschließenden Nummern nach dem Alphabet." wäre für jeden logisch Denkenden klar, daß aus dieser klaren Muhvorschrift der PWO- zu folgern ist, daß die 10 neuen Wahlvorschläge Himer den alten Parteien zu arrangieren sind. Herr Geheimrat Gerhardt hat es anders bestimmt. Rein will- kürlich, ohne Rücksicht auf die Stärke der alten Fraktionen, ist der amtliche Stimmzettel von ihm festgestellt worden. Wie ist hier der Tatbestand? Bei der Wahl am 20. Februar 1921 gingen Deutschnationale. Deutsche   Voltspartei, Zentrum, Wirt- schaftspartei des deutschen   Mittelstandes und Bürgerliche Verein!- gung selbständig mit eigenen Wahloorschlägen vor. Nach der Wahl schlössen sich diese fünf Parteien zurBürgerlichen Arbeitsgemein- schaft" zusammen. Zur diesmaligen Wahl am 29. November tritt nun die FraktionBürgerliche Arbeitsgemeinschaft" nicht etwa als selbständige Partei in den Wahlkampf ein. Jede Partei mit Ausnahme der Bürgerlichen Vereinigung, die ganz verschwunden ist, hat ihren eigenen Wahlvorschlag eingereicht. Durch diese Tatsach« hat die FraktionBürgerliche Arbeitsgemeinschaft" aufgehört z u existieren. Auf Grund des§ 51 der PWO. sind die alten Parteien der Bürgerlichen   Arbeitsgemeinschaft mit Ausnahm« der verschwundenen Bürgerlichen   Vereinigung und der Zentrumspartei   eine Listenverbindung zur Gamm- lung der Rest stimmen eingegangen. Zu diesen verbleibenden alten Parteien traten neu hinzu: Deutschvölkische Freiheitspartei  , Nationalliberaler Prooinzialverband der Mark Brandenburg, Bürgerblock, Gemeindewohlfahrtsblock, Wahloereinigung Stadt und Land, Wirtschaftsblock Osthaoelland. Als gemeinsames Gruppen- kennwort wurde die Bezeichnung.Bürgerliche Vereinigung" gewähll. Jetzt unternimmt der Provinzialwahlleiter Geheimrat Ger- Hardt die kühne und gewagte Konstruktion: die verbliebenen alten Parteien der Bürgerlichen Arbeitsgemeinschaft plus neue, im Pro- vinziallandtag noch nie vertreten gewesenen Parteien= olle Frak­tionBürgerliche Arbeitsgemeinschaft". Die Folge dieser kühnen Konstruktion und offensichtlichen Verletzung der PWO. ist, daß die neun Parteien der Listenverbindung ohne Rücksicht darauf, ob sie im alten Provinziallandtag vertreten waren oder nicht, auf dem amtlichen Stimmzettel die Nummern 19 erhallen, während die Sozialdemokratische Partei   die Nummer 10 erhöll, ob- wohl sie den Rechtsanspruch auf Nummer 1 hat. Es scheint dem Provinzialwahlleiter gar nicht aufgefallen zu sein, daß das Zerrtrum der ListenverbindungBürgerliche Vereinigung" nicht beigetreten ist, sondern mit der Demokratischen Partei unter dem Gruppenkennwort.Block der Mitte" den Kampf gegen die Bürgerlich« Bereinigung führt. Wie soll diese Bürgerliche Vereinigung identisch sein mit der Bürger­ lichen   Arbellsgemeinschaft des alten Prooinziallandtages, wenn ein« Partei ausbricht und den Kampf dagegen führt? Die Frage wird Herr Gerhardt nicht beantworten können. Fest steht die Tatsache, daß Listenverbindungen verschiedener Parteien unter einem Gruppenkennwort die Parteilennworte und somit die Parteien nicht verschwinden lassen. Sie können es, müssen es aber nicht, sich im neuen Provinzial- landtag als eine Fraktion zusammenfinden. Hieraus geht hervor, daß wir keinen WahlvorschlagBürgerliche Bereinigung", sondern Partei-Wahloorschläge wie Volkspartei. Deutschnationale. Deutsch  - völkische usw. haben. Ist dem aber so, und die PWO. bestimmt dies ganz eindeutig, dann liegt hier»in« offene Gesetzesverletzung durch den Provinzialwahlleiter vor.
Stäötifche Kunstpflege. Der Berliner   Oberbürgermeister Böß Halle gestern mittag eine Anzahl Vertreter der Presse und Künstlerschaft zu einer Aussprach« über die K u n st p o l i t i k der Stadt Berlin ins Rathaus geladen. In einleitender Rede führte er aus, daß der Kunstfpnds der Stadt einschließlich der Vororte früher 100 000 M. pro Jahr betragen habe. Dieser Fonds ist seit der Schaffung der Einheitsgemeinde erhöht worden und stellt sich für das laufend« Etatsjahr auf S00 000 M. Außerdem sind im vorigen Jahre 200 000 M. zu einer einmaligen Unterstlltzungsaktion für notleidende Künstler zur Verfügung gestellt worden. Von dieser Summe wurden Werke angekauft, bei denen man weniger auf die künstlerische Qualität als aus die Bedürftigkeit der betreffenden Künstler gesehen Hab«. Der Klage, daß die Oeffenllichkeit von den angekauften Arbeiten so gut wie nichts zu Gesicht bekäme, soll in Zukunft durch die Gründung einer Städtischen Galerie abgeholfen werden, in der all« Ankäufe der Stadt Berlin   vereinigt werden. Das Ermeler-Haus in der Breiten Straße   ist für diesen Zweck in Aussicht genommen. Die Kunstdeputation besteht au» 32 Mitgliedern, aus denen einzelne An- kaufsausschüsse von drei bi» fünf Personen gebildet werden, die in Zukunft Künstler und kunstsinnige Bürger zu ihren Beratungen zu- ziehen wollen. Zum Beweis dafür, daß die Stadt in ihrer Kunst- Politik einenneuen" Kurs eingeschlagen habe, nannte der Ober- bürgermeister einige Namen von Künstlern, deren Arbeiten an- gekauft worden seien: Baluschek  , Corinth  , Dettmann, Otto Engel, Hübner, Max Koch, Kolbe, Kruse, Langhammer, Hans Meid  . Schlichting, Vesser Urn, Zille, Meyerheim, Lederer, Lcwin-Funke u. a. Uebrigens habe sich die Finanzlage der Stadt Berlin   seit 1924 wesent- lich verschlechtert, indem der Verwaltung durch die Gesetzgebung bisherige Einnahmequellen verschlossen und höhere Ausgaben auf- erlegt worden seien. Auch verlange die Städtische Oper erhebliche Zuschüsse. In der Diskussion, an der sich namentlich Paul We st heim und Dr. Max O s b o r n mit längeren Ausführungen betelligten, wurde vor allem die Notwendigkeit einer strengen T r« n n u n g der Erwerbslosenunter st ützung und der e I g e n t- lichen Kunst pflege betont. Die notleidenden Künstler sollen ihre Unterstützungen, wie jeder andere Erwerbslose, in barem Geld« erbalten. Die Ankäufe der Stadt dürften von persönlichen Rück- sichten nicht beeinflußt werden: nur erstklassige Kunstwerke seien zu erwerben. Was jetzt angekauft werde, sei zum großen Test minder- wertia. Die meisten der auf den öffentlichen Plätzen der Stadt aufgestellten plastischen Werke könne man ohne Uebertreibung als Attentate gegen den guten Geschmack bezeichnen. Auch auf dem Gebiet der städtischen B a u p o l i t i k sei schwer gesündigt worden und namentlich die der modernen Richtung angehörenden Lrchi- tekten beklagten sich über baupolizeüiche Schikanen. Der Plan- und Ziellosigkeit der städtischen Kunstpflege sei am wirksamsten dadurch abzuhelfen, daß ein einzelner, etwa«in städtischer Kunstwart «ingesetzt werde, der die gesamte zeitgenössische Kunstentwickluim»u übersehen vermag und großzügige Pläne ausarbeitet, die vom Geist einer produktiven Kunstpolstik erfüllt lind. Er müsse die Auswahl der anzukaufenden Kunstwerke provisorisch treffen, sie dann der endgültig entscheidenden Deputation vorführen und sein« Wahl im
einzelnen verteidigen. Nur durch ein« grundlegende Aenderung der fianzen Organisation könne die Berliner   Kunstpflege fruchtbarer ge- tollet werden. Der Oberbürgermeister sagt« zu, daß die Unterstützungen an erwerbslose Künstler in Zukunft nur noch in barem Geld« ge- leistet werden sollen. Einen Stadtkunstwart könne man au» eigener Macht nicht einsetzen, da dazu eine Aenderung der Gesetzgebung er- forderlich sei. Die Verantwortung für die städtischen Bauten müsse die Stadtverwaltung ablehnen, da ihr erst seit kurzer Zell   die Bau- Polizei als Auftrag vom Staate überwiesen worden sei. Die Teilnehmer der Konferenz gewannen im allgemeinen den Eindruck, daß der Berliner   Oberburgermeister zwar die besten Ab- sichten habe, daß er aber das bewies vor allem die Aufzählung der seiner Meinung nach einenneuen Kurs" vertretenden Künstler- namen den Kunstdingen recht fern stehe. Daß die heutige Organi- sation der Berliner   städtischen Kunstpflege den ihr obNegenden Aufgaben in keiner Weise gewachsen ist. hat sie zur Genüge bewiesen. Die Einsetzung eines Stadtkunstwarts könnte Besserung schassen, vor- ausgesetzt, daß der rechte Mann für das Amt gefunden wird. Wir gestchen, daß wir keine allzu großen Hoffnungen hegen.
Ver SUnüe und See Krüppel. Ans einem Spaziergang stand an einem Wege ein Mann auf den Knien. Ein Krüppel, dem die Unterschenkel fehlten. Er hatte vor sich eine Schachtel mit Streichhölzern stehen. Manche Leute gaben ein Almosen und nahmen eine Schachtel dafür, andere wieder gaben das Geld, ohne eine Streichholzschachtel zu verlangen, wieder andere, und das war der größte Teil, gaben nichts. Das kann ja jeder machen, wie er will. Ich setzte mich dem Manne gegenüber auf eine Bant, denn es interessierte mich, wieviel gaben und wieviel nicht, wie die aussahen, die etwas schenkten, und wie die anderen in die Well guckten. Aber ich konnte zu keiner Nummer kommen. Eine seine Dame gab. die nächste nicht, ein Herr im Zylinder nahm für seinen Groschen zwei Schachtel Streichhölzer, ein Arbeiter, ein kleiner Junge, eine alle ärmlich gekleidete Frou schenkten mit freundlicher Miene, ein Schutz- inann kontrollierte irgendeinen Lappen von Legllimation und notierte sich was. Die Dämmerung kam und der Mann ohne Beine rüstete sich zum Aufbruch. Er nahm seine Schachtel unter den Arm, drückte den Filz auf den Kopf und humpelle davon. Da stand aber dreißig Schritte von ihm die Konkurrenz, ein Blinder. Der Halle auch Streichhölzer zu verkaufen. Er lehnte an einem Baum und blickte starr geradeaus. Als aber der Krüppel an dem Blinden vi rbeiging, da blieb er stehen, faßte in die Tasche und gab dem Blinden einen Groschen. Einen Augenblick schwankte er dann und besann sich, nahm ober dann eine Streichholzschachtel aus des Blinden Kistchen und verleibte sie seinem Vorrat ein. Dann humpelle er weller. Möge ihm diese Streichholzschachtel recht viel Glück bringen! _ Ulrich Kamen. Ein Gemälde von Eesne in der Hedwigekirche cnldeckl. An. toine Pesne, der große Meister des Rokoko, ist uns durch die meister- haften Bildnisse bekannt, die er am preußischen Hof« unter Friedrich Wilhelm I.  
und Friedrich II.   schuf, und durch die Decken- und Wand- oemälde, mll denen er die Schlösser von Rheinsberg  , Eharlollenburg, Potsdam   und Sanssouci   schmückte. Er ist aber auch ein religiöser Maler gewesen, und die Krone dieses Schaffens war dieGeburt Christi  " in der Berliner   H e d w i g s k i r ch e. ein Werk, dos ein Jahrhundert lang verschollen war und erst jetzt durch Karl Walter wieder entdeckt worden ist. Der glückliche Finder beschreibt die abenteuerreiche Geschichte dieser Entdeckung in einem Aussatz des von Adolph Donath   herausgegebenen.Kunstwanderer»". Ihm fiel auf, daß in allen Inventaren als das schönst« Bild der Hedwigs- kirche die Geburt Christi von Pesne angegeben war, die sich auf dem Seitenaltar rechter Hand befinden sollt«. Aber dort ist das Gemälde längst nicht mehr, und so mußte man weiter suchen. Da gab eine Bemerkung Borrmanns einen welleren Fingerzeig. Dieser erwähnt nämlich in seiner Geschichte der Archllektur Berllns. daß un Bodenraum der Kirche ältere und neuere Bilder untergebracht seien, darunter auch ein ehemaliges Allarbild von Pesne  . Walter ging dieser Spur nach..Nun drang ich auf den Kicchenboden." erzähll er,.wahrscheinlich als erster seit gut hundert Jahren, um das BUd zu suchen. Ich fand es endlich unter nmn anderen staubbedeckten Bildern auf einem hohen, sch.nalen, in den Boden hineinspringen. den Ausbau des Chores, wo icb in fast lebensgefährlicher Stellung herumhantierte. Selbst wenn dieses schöne Bild nicht von Pesne  gewesen wäre, verdiente es«in« Trane, weil man es verbannt Halle. Nun ist dieses Bild unter dm Schöpfungen des Meisters ober geradezu bedeutend, nicht nur relativ, sondern auck absolut." Daß das schöne Wert wirklich von Pesne   ist, zeigt nicyt nur der unverkennoar« Stll der Malerei, sondern es geht auch aus einer signierten Oelskizze des Meisters hervor, die wahrscheinlich die Bor  - stufe zu derGeburt Christi  " bildet: diese dürft« aus dem Jahre 1727 stammen, und in diese Zell   fällt überhaupt das religiöse Schassen Pesnes, das bisher wenig beachtet war, aber durch die Wieder- entdeckung dieses Heroorragenden Bildes nun ins hell« Licht gerückt wird. Die neumIlnsserbllchm". Die Academie franyaise hat die Ersatzwahlen für drei verstorbene Mitglieder vorgenommen. An Stelle von Maurice Barres   wurde im ersten Wahlgang der Schriftsteller Louis B e r t r a n d, der sich in der Hauptsache durch historische Romane bekanntgemacht hat, gewählt. Für den durch den Tod des Grafen d'Haufsonville freigewordenen Sitz kan- didlert« der Graf de l a Force, der einige namentlich in der Revue des deux rnondes" veröffentlichte geschichtlich« Aussätze ver- faßt hat. Besonders umstritten war der Sitz von A n a t o l« France. Um ihn bewarben sich der ehemalige Unterrichtsminister George Berard, der Senator Victor Berard   und der Dichter und Schriftsteller Paul V a l 4 r y. Im vierten Wohlgang wurde Valöry mit 17 Stimmen gewählt. Er hat seine Laufbahn als Redakteur derAgence Havas" begonnen, wurde dann Mitarbeiter desMercurc de France" und später derNouoelle Revue de France" und hat seitdem literarhistorische Studien sowie eine Anzahl Bände Gedichte verfaßt. 5taat»oper. Im Opernhaus wirb am Montag, hm ST h. M«., nichtButierflyT sondern als erster Abend de»»Ring des Nibelungen  " die»Walküre  " gegeben. Ansang Sst, Uhr.