Ne. 552 ♦ 42. Jahrgang
3. Seilage ües vorwärts
Sonntag, 22. November 1425
Die Entwicklung öes Welthandels.
Weltmirtsdjnftliche Umschau«
Auf d«r kürzlich stattgefundenen internationalen Tagung der Handelskammern sprach deren Vorsitzender Dr. Walter Leas, Präsi- dem der Westminsterbank in London , über die Politik der gegen- seitigen Abschließung im iMernotionalen Warenverkehr, die zwar den Nachbarn zu schädigen, dem betreffenden Lande selbst aber einen noch viel größeren Schaden zuzufügen pflege.(!s scheine, als ob E ü r o p a sich entschlofjpn habe, wirtschaftlichen Selb st- in o r d zu begehen,— sagte W. Leas. Di« kürzlich erschienen« Untersuchung de» Völkerbund «» über den WeUhandel im Jahre 1924 gibt lehrreich« Jllustratlonen zu diesen Behauptungen. Der'Zvelkhandel im Zahre 1924 Der Welthandel im Jahre 1924 war zwar erheblich größer als ein Jahr zuvor, trotzdem hat der Gesamtumfang desselben den Vorkriegsstand immer noch nicht erreicht. In Geld ausgedrückt war der Welthandel zwar um 59 Proz. höher als vor dem Krieg, mindestens um so viel sind aber die Preise gegenwärtig höher, so daß der Welthandel des Jahres 1924 noch um 5 Proz. hinter dem der Vorkriegszeit zurückblieb. Die Verteilung des Welt- Handels auf die einzelnen Länder zeigt jedoch, daß Europa gegen. über den anderen Wellteilen stark zurückgedrängt worden ist. Vor dem Kriege entfielen 66 Proz. des Welthandels aus Europa , 1924 dagegen nur noch 56,6 Proz. Noch größer ist aber der Rückgang, wenn man die Ausfuhr betrachtet. Der Anteil der europäischen Ausfuhr betrug 1924 51 Proz. des Welthandels gegenüber 62>i Pro�. vor dem Krieg. Dabei ist auffallend, daß Englands Anteil am Welthandel nicht zurückging, ja im Gegenteil sich erhöht hat. Das jedoch allerdings nur deshalb, weil seine Wareneinfuhr gegen- über dem Vorkriegsstand erheblich gestiegen ist: dagegen zeigte die englische Ausfuhrquote eine, wenn auch nicht sehr erhebliche Ab- nähme. Der Rückgang im Welthandel betraf am meisten die zentral- und o st europäischen Länder, deren Anteil am Welthandel von 21,44 aus 14,37 Proz. sank. Auch hier ist der Rück- gang der Ausfuhr erheblich größer als der der Einfuhr. Aber auch für die anderen europäischen Länder ergibt sich ein Rückgang des Welthandels von 29,27 Proz. 1913 auf 25,82 Proz. des gesamten Welthandels. Die aubereuropSlschea Erdteile im Dellhandel. Auf Kosten Europas erhöhte sich der Anteil der üi igen Erdteile am Welthandel. Die Vereinigten Staaten und Konada waren 1924 mit 19,10 Proz. am Welthandel beteiligt. gegenüber 14 Proz. vor dem Krieg, Asien mit 19 Proz. gegenüber 7� Proz. Australiens Anteil stieg von 2,54 aus 3,29 Proz, der Afrikas von 2,14 aus 2,26 Proz. In diesen Erdteilen gab es eilie Anzahl von Ländern, die den Wert ihrer Ausfuhr zu ver- vielfachen oermochten. So stieg die Ausfuhr Kanada » von 432 Millionen Dollar 1913 auf 1979 Millionen 1924, die Japan » von 315 auf 728 Millionen, die Ausfuhr Chinas von 294 auf 625, die von Euba von 164 auf 434 Millionen Dollar. Der Export von Mexiko stieg von 154 auf 354, der von Neufeeland von 192 auf 227 Millionen. Die Ausfuhr der Vereinigten Staaten betrug 1913 2 448, 1924 dagegen 4 498 Millionen Dollar. Die Verschiebung des Außenhandels vom„Atlantischen* zum Stillen Ozean ist unverkennbar. Die am AtlaMijchen Ozean gelegenen Länder vermochten ihren Welthandel um 18 Proz, die pazifischen Länder um 92 Proz. zu steigern. Bei Berücksichtigung einer durch- schnittlich fünfprozentigen Erhöhung der Warenpreise zeigt sich dem- nach für die.atlantischen* Länder«in erheblicher Rückgang, für die pazifischen ein« große Steigerung. Die größten Gewinne im Welthandel haben dt« Ver» einigten Staaten, Japan und Kanada zu verzeichnen. Der amtliche Mengenindex der kanadischen Ausfuhr betrug 1924 trotz der schlechten Ernte 161, d. h. die Ausfuhrmengen waren um 61 Proz höher als vor dem Krieg, die weitaus größte Steigerung unter sämtlichen Ländern der Welt. Auf den Kops der Bevölkerung ge- rechnet blieb immer noch die Ausfuhr von Neuseeland an der Spitze. Auffallend ist der Umstand, daß der Handel zwischen Amerika u n d A s i e n sich außerordentlich stark entwickelt hat. Die Vereinigten Staaten und Kanada aus der einen, Japan , China und Australien aus der anderen Seite, haben ihren gegenseitigen Handelsverkehr gewaltig gesteigert. So entfällt z. B. aus der Gesamtausfuhr der Vereinigten Staaten der doppelte Prozentsatz aus die Ausfuhr nach Asien als vor dem Krieg und aus Kanada der dreifache. Süd- o f r i k a s Anteil am Welthandel zeigt einen Rückgang gegenüber dem Vorkriegsstand, was auf die Entwertung des Goldes, der Haupt- Ausfuhrware Südafrikas zurückzuführen ist. -Jenlschlands Anteil am Wetthandel. Dem Bericht des Völkerbundes zufolge betrug Deutschland » Anteil am Welthandel 1924 7,2 gegenüber 13,2 vor dem Kriege. Infolge der Stabilisierung der Währung und der damit verbundenen Wirtschaftskrise siel die Menge der deutschen Aussuhr gegenüber
dem Vorjahr um 19 Proz, dagegen waren die erzielten Goldpreise selbstverständlich viel höher als 1923. Trotz des erheblichen Rüa- ganges seiner Ausfuhr sank Deutschland von der dritten nur aus die vierte Stelle. Setzt man den Außenhandel Deutschlands 1913 mit 199, so betrug dieser 1924 für die Einfuhr 63, für die Aussuhr 51, d. h. kaum mehr als die Hälfte. Die zentral- und osteuro- päifchen Länder sind am Welthandel mit ein Drittel, oder, wenn man Rußland nicht einrechnet, mit ein Fünftel weniger beteiligt als vor dem Krieg. Europäische Länder mit steigendem Ansfnhranteil. Trotz de, allgemeinen Rückgange» de» europäischen Außen- Handel» gibt es einige europäische Länder, deren Anteil an der Well- ausfuhr 1924 größer war als vor dem Kriege. Dazu gehören Frankreich (mit einer Steigerung von 7,3 auf 8,6 Proz.), Spanien (von 1,12 auf 1,48 Proz), Schweden (von 1,29 auf 1,33), Dänemark (von 0,24 auf 1,31) und Griechenland (von 9,13 auf 9,25 Proz). Setzt man den Vortriegsaußenhandel mit 199, so wurde dieser erreicht auch noch in Finnland und Nor- wegen, sowohl was die Einfuhr, wie was die Ausfuhr anbelangt. England führte zwar erheblich mehr ein als vor dem Krieg, feine Ausfuhr blieb jedoch erheblich unter dem Borkriegsstand. Der Alchen Handel de» Jahres 1325. lieber die Entwicklung de» Welthandel» im lausenden Jahr und in den letzten Monaten orientteren folgende Angaben: Die aktiven Handelsbilanzen von Frankreich und der Tschechoslowakei werden im laufenden Iahe noch er- heblich größer sein als vor dem Kriege, was vor allem auf die Steigerung der Ausfuhr dieser Länder zurückzuführen ist. Der Ein- fuhrüberschuß der deutschen Handelsbilanz wird dagegen, b» deutend größer fein als 1924. Englands Handelsbilanz gestattete sich in den echen acht Monaten ungünstig und zeigte eine Steigerung des Einfuhrüberschusses gegenüber 1924 um beinahe 18 Proz. Die Oktoberziffern sind dagegen viel günstiger, eine Besserung, die durch oerminderte Einfuhr und etwas gesteigert« Aussuhr hervorgerufen ist. Die jüngst erfolgt« Verbesserung der holländischen Han- d e l s b i l a n z ist ein günstiges Zeichen, da dies« nicht durch Abnahme der Einfuhr, sondern durch Zunahme der Ausfuhr erreicht wurde. Die stark passive Handelsbilanz Italien « zeigte im Herbst infolge der guten Getreideernte eine erhebüche Besserung. Au» demselben Grund«, weit mehr aber noch infolge der Einfuhrverbote, oerbesserte sich die polnische Handelsbilanz welch« im Monat September sogar einen Ausfuhrüberschuß von 36 Millionen Zlotq er- reichte. Gebessert hat sich ferner die u n g a r i s ch e Handelsbilanz in- folge der Getreideausfuhr. Die österreichische Handel»- b i l a n z zeigt einen geringeren Einfuhrüberschuß gegenüber de» Vorjahr, was aber nicht auf«ine Berbesserung der Wirtschaftslage, sondern auf die Unmöglichkeit der Einfuhr und die Notwendigkeit der Ausfuhr zu Schleuderpreisen infolge der Wirtschaftsnot zurückzu- führen ist. Unter den überseeischen Ländern ist die außerordentlich große Berbesserung der japanischen Handelsbilanz zu verzeichnen, wo da» Defizit gegenüber dem Borjahr beinah« auf die Hälfte redu- ziert werden koxinte. . Diese Tatfachen zeugen zwar vielleicht von einer Zunahm« de» Ausfuhrhandel». Wenn man aber bedenkt, daß die Leistungsfähigkeit der meisten Industriezweige heute viel größer ist al» vor dem Kriege, so ist da, bisher erreichte Ausmaß des Außenhandels keineswegs befriedigend. Wenn z L. Polen die Berbesserung seiner Handelsbllanz nur durch Einführung strenger Einfuhroerbote zu erzielen vermocht«, fo wird domst nicht nur dem Ausland Schoden zugefügt, sondern letzten Ende, auch der polnischen Wirtschaft selbst. Polen muß auf diese Weis« trotz der Armut seiner Bevölkerung zum teuersten Land werden. In England wurde vor kurzem da, Verbot der Kapitals- anlage im Ausland aufgehobep. Man erwartet von dieser Aufhebung einen Aufschwung des Ausfuhrhandels, weil mit den ausländischen Anleihen bekanntlich die Erhöhung der Ausfuhr einherzugehen pflegt. Ein schweres Hindernis für die Entfallung des Außenhandels sind heute die Hochschutzzollmauern, die die meisten Länder umgeben. Der Abbau der Zollmauern, der unbedingt anzustreben ist. kann jedoch die Lösung de» Problems des Welthandel» allein noch nicht bringen. Notwendig ist die Umstellung der Produktion der einzelnen Länder in der Weise, daß die Pro- dukte der einen die der anderen besser ergänzen können al» die» heut« der Fall. ist. damit die in der Kriegs- und Nachkriegszeit gestörte internationale Arbeitsteilung wieder hergestellt werde. Es ist die große Aufgabe für die von dem Franzosen Loucheur an- geregte und vom Völkerbund in Aussicht genommene europäische Wirtschaftskon serenz, sich mit diesem für ganz Europa so wichtigen Wirtschaftsproblem zu befassen und sie einer Lösung näherzubringen. A. H.
Zur Anleihe ües kalispnöikats. Auf unsere Kritik der Anleihe des K a l i s y n d l k a t» e» hatten wir vom Aufsichtsrat des deutschen Kalisyndikats«ine Eni- gegnung, die wir um ihres öffentlichen Interesses willen ab- drucken, obwohl sich das Syndikot vor der Abfassung unseres Artikels geweigert hat, irgend welche zweckdienlichen Auskünfte über das Anleiheprojett zu erteilen. Das Kalisyndttat schreibt jetzt: 1. Ein Vorvertrag zwischen dem Kalisynditat und der Firma I. Henry Schroeder u. Co. in London besteht nicht. Die „Rhoinisch-Wcstiälische Zeitung* hat offenbar infolge einer Indis- krction einen Vertragsentwurf erhalten und dessen Hauptbestandteile publiziert. Der Entwurf t r i f f t n i ch t m e h r z u. da er inzwischen Gegenstand dauernder weiterer Verhandlung gewesen ist. 2..Der Anle'heoertrog ist nicht mit der Firma I. Henry Schroeder u. Co. in London allein, sondern außerdem mit einer Reihe von Banken abzuschließen, welche ihren Sitz in New sstork, Amsterdam und Zürich haben. Ein Ausgabeturs, also auch der von Ihnen angegebene von 93, ist bisher nicht vereinbart. 3. Ihre Angabe, es sollten rund 399 Millionen in der Kali- industpse neu angelegt werden, ist total unrichtig und wird am Schlüsse des ersten Zlbsatzcs Ihres Artikels selbst durch die Mit- teilung widerlegt, daß aus dem Erlöse alle früheren hypothe- karilchenBelastungenzu tilgen sind, also auch Auswertung». und Bgnkenhypotheken. 4. Es ist uns völlig unersindlich, woraus Ihre Schätzung sich er- gibt, daß das gesamte in der Koliindustrie i n v e st i e r t e Kapital 259 Millionen Mark beträgt. Die Abschätzung zur Dawes- Abgabe, bei welcher Bergwerksanlagen mit höchstens 29 Proz., chemische Anlagen niedriger(um'beide handelt es sich bei der Kali- tnduslrie) zu oeranlagen sind, beträgt für die Kalilndustrie 1 3 6 M i l- lionen Mark. Bei Zugrundelegung dieser Schätzung hat die Regierung also das in der Kaliindustrie angelegte Kapital über dreimal so hoch geschä-tzt, wie Sie. Ein nominelle» Anlage- kapttal der deutschen Kaliindustri« gibt es, nicht. Die Mehrzahl der
Werke besteht au« Gewerkschaften, die überhaupt kein Nominal. kapital haben. 5. Der Zinsendienst, den Sie entgegen Ihrer eigenen Angabe, wonach Zinsen und Amortisationen 8,19 Proz. von 299 Mit- lionen ausmachen, fälschlich mit 29 Millionen Mark beziffern(wir hatten die Nebenkosten für Hypothekeneintragungen usw. mitgerechnet. Red.), ist zu mindern um die außerordentlich viel höheren Zinsen der Verbindlichkeiten, welche die Kaliindustrie aus der Anleihe von 2si9 Millionen abdeckt. Es ist also keine Rede davon, daß die Zinsen allein aus der Steigerung des Absatzes und der Senkung der Le- triebskosten herauszuwirtschaften wären. Wir rechnen allerdings mit einerSteigerungdesAbsatzes, allein schon durch die propagandistische Wirkung einer derartigen Anleihe, die eine In- vestierung von Kapital aus der ganzen Well in die deutsch « Kali- industrie bedeutet. 6. Sämtlich« Anleiheverhandlungen sind in volleb Kenntnis der Reichsregierung und der Reichsbank geführt. Um gleich beim letzten Punkt zu beginnen: Wir können natür- lich nicht nachprüfen, inwieweit Retchsregierung und Reichsbank über den Abschluß unterrichtet sind, stellen jedoch fest daß die näch st beteiligt« Behörde, nämlich der Reichskalirat, keinerlei amtliche Kenntnis von den Anleihever- trag erhalten hat, ehe die Presse den Vertragsentwurf oeröffent- lichte. Die ersten beiden Punkte der vorstehenden Mitteilung sind eine Richtigstellung, die wir nicht zu beanstanden hoben. Der dritte Punkt enthält bereits eine Unrichtigkeit. Denn in dem Vertrags- entwurs war ausdrücklich vorgesehen, daß die Anleihe zur Er- Weiterung der Anlagen und zur Abdeckung von anderen Schulden bestimmt sei. Interessant ist der vierte Punkt der Erwiderung. Unsere Schätzung de« Anleihekapitals der Kaliindustrie, die von jedem nach- geprüft werden kann, beruht aus der«insachsten und kaufmännisch
oerläßttchsten Grundlage, nämlich aus der Umrechnung de» Aktienkapital» der mtt Aktien arbeitenden Kaliwerke unter Heranziehung der Beteiligungsquote auf die gesamt« Industrie. Legt man zum Beispiel die Deutschen Kaliwerke zugrunde mit einem Aktienkapital von 14,4 Millionen Mark und eine Beteiligungsquote von—/»«», so würde entsprechend der gesamte Anlagewert der Kali» didustrie mit rund 197 Millionen Mark einzuschätzen sein. In gleicher Weise erhall man, wenn man vom Aktienkapital des Westerregeln-Konzerns ausgeht, für die gesamt« Kaliindustrie einen Wert von 242,5 Millionen Mark. Wir haben absichtlich die höher« Ziffer zugrunde gelegt. Wenn diese dennoch nur ein Drittel der. jenigen, die das Kalisyndikat für ihre Dawes-Belastung angibt, ist, so ist es nicht unser« Schuld, wenn die Kaliindustri« ihr verantwort- liches Aktienkapital zu niedrig festsetzt. Man scheint jedenfalls im Kalisyndikat wie auch in anderen Zweigen der Industrie die.doppelte* Luchführung bei der Bewertung der eigenen Anlagen, ja nachdem ob diese zu propagan- distischen, zu steuerlichen oder zu aktienrechtlichen Zwecken erfolgt» praktisch tüchtig auszuüben. Di« Kaliindustri« darf sich nicht dar- über beschweren, daß die Oeffentlichkeit bei solchen Anlässen ihre eigenen Maßstäbe sucht, besonders wenn das Deutsche Kali- syndikat selbst sich auf den Standpunkt stellt, daß sie der Oefsentlich- kell keinerlei Auskünfte über eine so gcwallige Transattion zu geben oerpflichtet ist und sogar auf unsere Anfrag« rund heran» erklären ließ, da» Reich ginge die Anleihe gar nicht» an. MU irgendwelchem Verantwortungsgefühl Akgenüber der Allgemeinheit haben jedenfalls derarttge Auskünfte der Press»- stelle de» Kalisynditats nicht» mehr zu tun. Daraus mag Herr Kempner fein« eigenen Schlüsse ziehen. �nhaltevüer Rückgang See Sefthästigung. Der Arbettsmarkt Berlin » und auch anderer Kreis« ist auch während der letzten Woche im Zeichen wetteren Abstiegs. Der Rückgang der Leschäfttgungsverhältnisse fast aller Berufs» grnppen hält in Berlin an. Besonders wirken sich auf dem all» gemeinen Arbeitsmarkt die ungünstigen Verhältnisse der Metall» industrie aus, die erfahrungsgemäß den Berliner Arbeitsmartt mit entscheidend beeinslußt. Betriebseinschräntungen und Einführung von Kurzarbeit dauern noch immer an. Auch die E l e t t r p industrie, in der der Abstieg bisher noch nicht in so hohem Grad« in Erscheinung trat, hat größer« Entlassungen, hauptsächlich weiblicher Arbeitskräfte, infolge Auftragsmangel vornehmen müssen. Auch die Lage in der Holz- und Konfektionsindustrie verschlechtert sich ständig. Das Baugewerbe ist nur noch vereinzett gut beschäftigt. Die Handel»- well verspricht sich vom Weihnachtsgeschäft keinen entsprechenden Erfolg. Die hierfür fabrizierenden Industrien entlassen bereit» Ar» beUskräfte. Der gering« Beschäftigungsgrad in der Edelmetall- iudustrie deutet darauf hin, daß die mangelnde Kaufkraft auf Immer weiter« Schichten übergreift. Auf dem Etellenmarkt für Angestellt« ist noch bemerkenswert, daß in letzter Zeit auch Kräfte de» Exportgeschäftes zur Entlassung kamen bzw. gekündigt worden sind, was auf weitere abnehmende Exportmöglichkeiten schließen läßt. Die Zahl der Arbeitsuchenden ist insgesamt wiederum um rund 9999 gestiegen. Bon den rund 83 999 gemeldeten Arbeitsuchenden entfallen etwa 65 999 auf Facharbeiter und Angestellte. E» waren S3258 Personen bei den»rbeitvMch. »eisen eingetragen, gegen 74114 der Vorwoche. Darunter be- fanden sich 56 291(59 311) männlich« und 26 967(23 893) weipche Personen. Unterstützung bezogen 27 552(23 633) männliche und 7197(5718) weibliche, insgesamt 34 659(29 351) Personen, davon bei Rotstondsarbeiten befchäfttgt 1459(1466). Die Lage der Ufa. Unsere kürzlich« Kritik der Ufa wird durch ein« Veröfsent- lichung der Ufa-Derwaltung über die Lage des Unternehmens ge» rechtferttgt und bestätigt. Di« Geschästslag« ist charakterisiert durch die Ankündigung einer Dividende von 6 Proz. und die gleichzeitige Aufnahme eine» 15-Millionen-Kredits bei der Universal Picwres Corporation New Park, dem größten amerika - nischen Konkurrent/» in der Filmproduktion. Daraus allein rechtfertigt sich schon die Vermutung, daß die Ufa sich finanziell fest- gefahren hat und die Dividende nur verteilt, um ihr Ansehen und ihren Kredit nicht zu gefährden. Daß e» ein amerikanisches Konkur- renzunternehmen ist, das den Kredit gewährt, läßt auch, entgegen der Behauptung der Ufa-Derwaltung, erwarten, daß das amerika - nische Filmkapital auf die Ufa weitreichenden Einfluß nehmen wird. Jedenfalls ist klar, daß die Rückzahlung der Bankkredite(mit nur 11,5 Will, angegeben), die die Ufa bis 31. Mai nächsten Jahres abwickeln wollte, nicht aus den Ueberschüssen, sondern aus der Anleihe erfolgen wird. Di« für den 31. Mai 1925 gegebenen Bilanzziffern unterstreichen die Notwendigkeit der finanziellen Konsolidie- rung. Den 19,7 Mill. Gläubigern stehen nur 19,4 Mill. Schuld- ner gegenüber, unter denen sich unsere» Wissens noch ein großer Posten Vorratsaktien befindet. Die fertigen Filme sind mit 14,9 Mill. (gegen 1,9 Mill. im Borjahr), die halbfertigen Filme mit 7,8(gegen 4,4 Mill.) bewertet. 5,5 Mill. der fertigen Filme laufen noch nicht; sie heute schon voll al» Aktiven zu buchen, ist gefährlich, da sie ihre Spielbarkeit nicht übersehen läßt. Jedenfalls scheint die Bilanz alle Reserven zu erschöpfen, um zu der erwähnten Dividende auch in der Bilanz zu kommen. Auflösung von stillen Reserven liegt ossen- bar auch bei den Grundstücken und Gebäuden(8,6 gegen 4,8 Mill.) und bei den Einrichtungen der Filmterrains und Theater vor(3,9 gegen 1,9 Mill.). Di« Verwaltung führt aus, daß das letzte Jahr die stärkst« Entwicklung seit der Gründung gebracht habe und heute 129 Tochtergesellschaften(134 Theater mtt 118999 Sitzplätzen) vorhanden seien. Der Reingewinn von 3,97 Mill. wird fast voll für die Dividend« beansprucht. Um den großen Optimismus zu rechtfertigen, den die Ufa-Verwattung in ihrem Kommunique äußert, sind jedenfalls noch die allergrößten Anstrengungen nötig. Deutsche Werke. (BerNu-Wilmersdars.) Wie uns von gut in» formierter Seite mitgeteilt wird, ist die bekanntlich im Februar de» schlössen« Dezentralisation soweit vorgeschritten, daß die Umwandlung der für den Weiterbetrieb In Betracht kommenden Werke in selbständige Gesellschaften schon seit einiger Zeit statt- gefunden hat. Damit hat sich die Deutsche Werke A.- G., in deren Eigentum sich heute die Aktien der neuen Gesellschaft Lwz oder zum erheblichen Teil.befinden, tatsächlich in eine Holding- Gesellschaft umgewandelt, wen» sich auch in ihrem Eigentum noch erhebliche weiter« Werke befinden, die in Grundstücken und zur- zeit nicht in Betrieb befindlichen Fabrikanlagen stecken. Eigene Pro- duktionsstätten besitzt dementsprechend die Deutsche Werke A.-G. nicht mehr. Die Agfa zum AnMnlrust. Die von uns schon behandelt« Bildung de» Anilintrust» nahm gestern insofern ihren praktischen Fortgang, als die außerordentliche Generalversammlung der Aktien- gesellfchaft für Anilinfabrikation in Treptow (Agfa ) die Fusion mit der Badischen Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen beschloß. Erwähnenswert ist nur, daß in der Berfammlung kein Wort über den Umfang der nach der Fusion zu erwartenden Entlassungen von Angestellten gesagt wurde.