schiedene der Herren Reichsratsverireter nicht vorher um gütige Erlaubnis gefragt worden sind. Dann wieder neben- sächliche Dinge— Angelegenheiten der Post—, weil Bayern keine Extrawurst bekommen hatte. Dann ging durch sein Zutun dos Gesetz zugrunde, nach dem uneheliche Mutterschaft an sich kein Grund zur Einleitung disziplinarer Maßnahmen gegen eine Beamtin sein durfte. Das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten ist an feinen! Widerstand ebenfalls gescheitert. Und so könnte man noch eine stattliche Reihe anderer Heldentaten aufzählen bis zur Haltung gegenüber den Sozialrentnern, das dem Verhalten des Reichsrats aller- dings die Krone aufsetzt. Dabei ist zu beachten, daß sich der Widerspruch des Reichsrats nicht immer aus der Welt schaffen läßt. Denn bei Gesetzen, die im Reichstag nach harten Kämpfen mit einer Mehrheit von nur wenigen Stimmen beschlossen werden, kommt eine Zweidrittelmehrheit bei der zweiten Beschlußfassung natürlich nicht zustande. Damit sind diese Gesetze endgültig gefallen, wenn der Reichspräsident nicht einen Volksentscheid anordnet. In dem akuten Fall ist noch besonders zu beachten, mit welchem an Zynismus grenzenden Ton in dem„Gutachten" dem Reichstag gesagt wird, daß, wenn kein besonderer Bc- schluß vorliegt, es von dem guten Willen des Reichsrats und der Rcichsregiernng abhänge, ob er sich bei der wiederholten Beschlußfassung mit einer Lesung begnügen dürfe, oder ob er drei abhalten müsse, wenn er den Widerspruch des Reichsrats überwinden wolle. Man sagt wohl nicht zu viel, wenn man behauptet, daß in dieser Wendung die wahre Meinung der meisten Mitglieder des Reichsrats über das Verhältnis des Reichsrats zum Reichstag zum Ausdruck kommt. Der denkende Staaisbürger wird sich darüber wundern und sich fragen, wie es denn so weit hat kommen können. Der Sozialdemokrat, der den R e i ch s r a t als völlig überflüssig empfindet, dessen Ideal die deutsche Ein- h e i t s r e p u b l! k ist, und der die Vertreter der deutschen Gaue im vom Volk gewählten Reichstag sieht, wird darüber hinaus es schmerzlich empfinden, daß es ein Gremium gibt, in dem versucht wird, die Allüren verflossener Standesherren nachzuahmen. Wie gesagt, nicht alle Mitglieder de? Reichsrats wandeln diese Wege. Aber die meisten tun es. Soweit diese Herren Vertreter der preußischen Provinzen sind, also aus den Wahlen zu den Provinziallandtagen hervorgehen, wird man wenig dagegen machen können. Sie haben eine den Abgeord- neten ähnliche Stellung und sind nur ihren Wählern verant- wortlich. Und je nachdem die Wahlen zum Pro- vinziallandtag ausfallen, wird ein rechts- oder links- gerichteter Provinnalabgeordneter seine Provinz im Rsichsrat vertreten. Ein Fehler der Weimarer Verfassung war es. nicht festzulegen, daß auch diese preußischen Stimmen sich den Anweisungen der preußischen Regierung zu fügen haben. Was da heraus konimt, spiegelt sich in den oben geschilderten Vorgängen wieder. Und der unmögliche Zustand, daß die preußischen Stimmen im Reichsrat sich infolge der Struktur der Vertretung Preußens regelmäßig zersplittern, und so den Einfluß Preußens teilweise oder ganz ausschalten, ist noch immer nicht beseitigt. Der andere Teil der Reichsratsmitglieder sind aber Be- amts der Länder. Sie sind an die Instruktionen ihrer Re- gierungen gebunden und haben auch nicht annähernd die Eigen- schaften als Abgeordnete. Das hindert aber einen ganz erheb- lichen Teil dieser Herren nicht, in einer Weise aufzutreten, als wären sie„Mitglieder des Herrenhauses", die nur mit Gering- schätzung auf den Reichstag herabsehen. Treffen diese, die mit- unter auch nicht viel nach den Instruktionen ihrer Regierungen fragen— manchmal haben sie auch die„richtigen" Jnstruk- tionen—, in ihrem Gedankengang mit den reaktionären preußischen Provinzialvertretern zusammen, dann ist der Feudalklub fertig, und es gibt Zusammenstöße und Konflikte mit dem Reichstag und auch mit der Reichsregierung. Leider hat der Reichstag es bisher immer verabsäumt, einen solchen Konflikt bis zu Ende durchzufechten und den Reichsrat in feine Schranken zurückzuweisen.
Klara Zetkin . Warum kehrt sie jetzt zurück? In großen Lettern kündet die„Rote Fahne" die Rück- kehr Klara Zetkins an. Dieselbe amerikanische Reklame, die über ein Jahr lang für Ruth Fischer und M a s l o w gemacht wurde, wird jetzt für die greise Führerin der Kom- munisten ausgewandt. War früher die Parole:„Ohne Maslowismus keine Weltrevolution!" so lautet jetzt die Parole schlechthin:„Klara Zetkin !" Ihr Name bedeutet, nach der Versicherung Wichelm Piecks in seiner Begrüßungsansprache auf dem Schlesischen Bahnhof , „ein Program m". Daß sie auf einmal aus dem Dunkel hervortritt» daß sie j e tz t in allen Spalten der kommunistischen Presse als große Führerin des Proletariats gepriesen wird, kann aber die Frage nicht unterdrücken, woKlaraZ'etkin bisher gewesen ist, und wo ihr Programm bisher wirksam war. Jahrelang ist die greise Klara Zetkin der deutschen Politik entzogen worden. Seit dem verhängnisvollen Märzputsch von 192l kam sie in der deutschen Kommunistischen Partei ins Hintertreffen. Ihr enges Zusammengehen mit Paul L e o i, den sie schließlich im letzten Augenblick im Stiche ließ, brachte sie in Moskau in den Verdacht der Ketzerei. Selbst in den Iahren der Brandler-Zentrale ist Klara Zetkin stets argwöhnisch beobachtet worden und nach dem Zusammen- bruch der opportunistischen Taktik der KPD., nach dem Siege der Ruth Fischer mußte sie überhaupt in Ruß- land bleiben. Sie war die Gefangene der Bolsche- witi, die ihr die Heimkehr nicht gestatteten, well sie von ihr eine ungünstige Beeinflussung der deutschen Kommunistischen Partei erwarteten. Klara Zetkin , jetzt auf einmal die große Führerin, war die Verbannte, und sie spielte in der Verbannung nur die gleiche Rolle, die sie auch jetzt spielen wird: eine Figur auf dem Schachbrett der bolschewistischen Taktik zu sein. Höchstens durfte sie im Innern Rußlands bei feierlichen Anlässen sich den russischen Arbeitern zeigen, denn die Bolschewisten verstehen es sehr gut, zur Beruhigung ihrer Arbeitermassen Vertreter der europäischen Arbeiterbewegung auszunutzen. Jetzt kehrt Klara Zetkin nach Deutschland zurück, weil die Bolschewiki ihr die Rückkehr gestattet haben. Sinn- fällig wird die Bedeutung dieser Rückkehr dadurch, daß gleich- zeitig Ruth Fischer , die bisherige kommunistische Göttin. in Moskau bleiben muß, während M a s l o w eine Verbannung nach Sibirien dadurch erspart bleibt, daß der deutsche Staatsgerichtshof ihn zu vier Jahren Gefängnis ver- urteilte, wodurch er den Bolschewiki diese Arbeit abnahm. Klara Zetkins Rückkehr ist lediglich die Folge des Front- Wechsels der Bolschewiki. Er durfte nicht gleich nach dem Erscheinen des Ekki-Brisfes erfolgen, weil gerade der Wandel der Personalpolitik die kommunistischen Organi- sationen zu mißtrauisch gestimmt und die Umstellung erschwert bätl«. Jetzt hat sich die neue Taktik in der kommunistischen Parteiorganisation durchgesetzt, nachdem alle angestellten Funktionäre befehlsgemäß eingeschwenkt sind und n u n k a n n auch Klara Zetkin zurückkehren. Noch wird Brand ler von Deutschland ferngehalten, well der Prozeß gegen die Komnrunistenzentrale noch unentschieden ist. Aber auch da s wird bereinigt und auch diese Personalsrage wird im Sinne der neuen Taktik erledigt werden. Klara Zetkin ist gedacht als Attraktion für die sozialdemokratischen Arbeiter. Sie soll in dem Kampf gegen die sozialdemokratisch« Festung, gegen die Ge- schlosienheit, Einheitlichkeit der Arbeiterbewegung als stärkster Sturmbock dienen. Moskau hat erkannt, daß Ruth Fischer dieser Aufgabe nicht gewachsen war. Klara Z e t k i n soll Ge- legenheit gegeben werden zu zeigen, ob sie es besser versteht. Niemand wird eine Frau von dem Namen Klara Zetkins um diese Roll« beneiden.
Seamtengehälter im ffauptausfthuß. Tie Regierung Nnll eine Erhöhung vertagen. Der Haushaltsausschuß des Reichstags verhandelte heute die Anträge auf Er höhungder Beamtenbesoldung, die von den Sozialdemokraten und anderen Parteien gestellt sind. Staatssekretär Zischer vom Reichsfinanzministerium machte ernste Bedenken geltend. Die Folgen ließen sich überhaupt nicht übersehen, da sie auf die Länder, die Gemeinden, auf die Post und die Reichsbahn übergriffen. Eine abschließende Stellungnahm! sei noch nicht möglich, solange nicht das Deckungsproblem geklärt sei. Denn jetzt liege ober dem Reichsrat ein Entwurf zur Senkung der Lohnsteuer vor, der die Einnahmen vermindere. Reichskanzler Dr. Luther wies darauf hin, daß sich die Regierung in einem Uebergangsstadium befinde, der ganze Kroftkreis konzentriere sich auf die Außenpolitik. Während dieses Zwischen- zustand» könne die Regierung nicht innenpolitische Handlungen vor- nehmen, deren finanzieller Ausgang sich nicht übersehen lasse. Dafür könne sie nicht die Verantwortung übernehmen. Er bitte also die Frage der Beamienbesoldung bis zu dem Augenblick zu ver- tagen, wo die Regierung zurückgetreten sei. Müller-Franken(Soz.) erklärt, es gehe nicht an, diese Frage gänzlich zu vertagen. Seine Fraktion habe angenommen, daß die Regierung selbst eine Erhöhung der Gehälter anstrebe. Trotz de: Krise müsse eine Verständigung der Partelen herbei- geführt werden. Reichskanzler Dr. Luther pflichtet dem Vorredner darin bei, daß eine Vertagung ins Unbestimmte unerträglich sei. Es empfehle sich jedoch, Stcuerfragen, Bcamteniragen, ander« Erhöhungsfragcn und auch die Kreditfrage e i n h e i t l i ch zu beraten. Der preußische Finanzminister Dr. Höpker-Aschoff bat. zu be- rücksichtigen, daß Länder und Gemeinden an der Einkommen- und Lohnsteuer mit 75 Prozent beteiligt seien. Die Fragen könnten also nicht ohne Länder und Gemeinden gelöst werden. Die Not der Beamten sei anzuerkennen, aber das sei nur ein Teil der ollgememen Not, in der sich auch die Steuerzahler einschließlich des Mittelstandes befinden. Nach weiteren Reden der Parteivertreter, in denen die Notwendigkeit einer Aufbesierung anerkannt wurde, sprach Sleinkops (Soz.), der die Frage auswarf, ob es nicht möglich gewesen wäre, schon heute die erforderlichen Unterlagen einzubringen. Eine Vcr- ständigung der Parteien müsse unbedingt erstrebt werden. Die preußische Erklärung sei unklar gewesen. Es wäre außer- ordentlich bedauerlich, wenn die Länder die Rot der Beamten zu einem Druck für die Aenderung des Finanzausgleichs benutzen wollten. Steinkopf sragt« die Regierung, ob es möglich sei, daß min- destens die unteren Besoldungsgruppen noch vor Weihnachten wenigstens bis Ist Proz. für die Besoldungsgruppen 1— 6 in die Hand bekommen könnten. Dabei dürfe diese Reform nicht mit de? Veränderung des Systems an sich verquickt werden. Di« Reichsbahn dürfe nicht dauernd eine besonder« Besoldungspoiitit treiben und nicht Einspruch erheben, wenn im Reich etwas unternommen werde. Preußilcher Finanzminister hoepker-Afchosf bestreitet, unklar gewesen zu sein Für Preußen bedeute der Antrag der Sozio'' demokraten «ine Mehrausgabe von 25 Millionen, eben viel für die Gemeinden. Preußen ist ober in seiner Steuer m' souverän, eine weitere Erhöhung seiner Steuern sei kaum möglic Man müsse also immer fragen, welche Möglichkeiten die Lände' haben, den Forderungen der Beamten Rechnung zu tragen, un ob sie das ohne Hille des Reiches tun könnten. Dos sei aber ni' der Fall. Aber die preußisch« Regierung würde c nur begrüßen, wenn man den Beamten helfc k ö n n t e. Staatssekretär Fischer weist nochmals auf die Schwierigkeit dc Materie hin. Auch für die Anregung des Abg. S t e i n k o p f sei eine Prüfung des Materials unerläßlich, es sei eine endgültige Antwort also nicht möglich. Nach weiterer längerer Aussprache wurde ein sozlaldemo- kratischer Antrag angenommen, der verlangt, daß dem Hauchaltsausschuß bis spätestens den 9. Dezember das einschlägig« Material vorgelegt wird, damit noch vor Weihnachten die Entscheidung getroffen werden kann.
Kultivierte Unterbaltungsöramatik. Der erste Abend des Gastspiels des Deutschen Theaters im Theater am K u rf ü rst e n d a m m wurde zu einem rauschenden Erfolg für Max Reinhardt , dem Regisseur, und Käte Dorsch, die Trägerin der weiblichen Hauptrolle. Die beisallsselige Stimmung des Publikums entzündete sich an dem Schauspiel„Regen" von W. S. Maugham und Clemence Randolph, einer Komödie, die mit starken Effekten arbeitet und in Amerika Serien- aufführungen erzielt hat. Für Berlin ist der Autor Maugham kein Unbekannter. In der Originalität seiner Einfälle und dem spannen- den Aufbau der Handlung spürt man die sickere Hand des ge- schickten Bühnentechniters.„Regen" hat fünf Akte. Die ersten drei lassen sogar Hoffnungen auf tieferen seelischen Gehalt aufsprießen. Die Komödie spielt auf einer einsamen Südseeinsel. Der Dampfer bringt in das Haus des Händlers Horn ein« bunte Gesellschaft, einen Arzt, einen Missionar, beide mit ihren Ehegesährten, und die lockere Sady, ohne legitimen Anhang, aber dafür mit einer sehr zweifelhosten Vergangenheit und einer Freundschaftsbcreiischaft, die sie sofort zur umworbensten Persönlichkeit macht. Mit ihrer sorg- losen Lustigkeit und Tanzfreudigteit stellt sie das sonst so öde Quartier auf den Kops— und erregt natürlich das Mißfallen des Missionars, der stets freudig gewillt ist, sittliches Aergernis zu nehmen. Dieser Gotte-strester ist kein Heuchler. Er nimmt sein« Pflicht, gegen die Sinnlichkeit zu kämpfen, bitter ernst. Er fühlt in sich die göttliche Sendung. Aber die Mittel, die er anwendet, um seine Aufgabe durchzuführen, sehen nicht aus wie Werke christlicher Rächsteniiebe. Der Gouverneur ist sein Handlanger. In den, erbitterten Kampf zwischen dem Prediger und Sady, in dem alle auf feiten des grausam unterdrückten Mädchens stehen, unterliegt dieses schkeßlich der Gewalt. Sie soll per Schub nach San Franziska zurückgebrocht werden, wo sie eine Zuchthausstrafe abzusitzen hat. Und nun geschieht dos Wunderbare: Sady, die sich vorher mit aller Kraft gegen die Bckchrungsversuche gestemmt hat, wird zur reuigen Büßerin. Wir sino aufs höchste gespannt, wie sich der Knoten lösen wird. Aber da werden unsere Hofsnungen schmählich enttauscht. Die Tragödie biegt ins Banale und Kitschig- ab. Der Missionar, selbst von der Brunst gepeinigt, schleicht sich in Sadys Kammer und zahlt den Trieben der Natur«inen Tribut. Und aus der Büßerin wird wieder die frühere lustige lole Dirne Sady. An das Stück das sich erst in der letzten halben Stunde als Reißer entpuppt, wendet Mar Reinhardt sein reiches Können. Ein erlebnishaftes Bild von erotischem Treiben rollt sich vor unseren! Augen auf. Wir fühlen die kumpfe Schwüle der tropischen Regen- ucriode und leben für drei Swnden in einer anderen Welt. Hans Brausewetter (ein prächtig jungenhafter Matrose), Oskar Homolka (ein fetter phlegmatischer Händler), Hedwig Mangel(eine naturecht« schmierige Mulattin). Liselotte D e n e r a(eine köstliche dumme Pute van Arztsrau) und F r i e d r i ch Kühne(ein torkelndes Schifsssakiotum mit famoser Grondezza) geben den bunten Rahmen für die Haupigestalten der Komödie. Sady— Käte Dorsch— hat ihre Paradcrolle, in der sie ihre reichen künstlerischen Fähigkeiten entfalten kann. Das girrt und zwitschert und keift dazwischen, daß es seine Art hat. Man glaubt ihr, daß sie die ganze Bude in einen Freudentaumel versetzt. Und
dann erschüttert sie wieder in ihrer longsam aufkeimenden Der- zweiflung. In ihrem Ton liegt etwas Hilfloses und Mitleidheischendes, dos die Seele mitschwingen läßt. Eugen K l ö p s« r als Missionar hält sich in den ersten Akten tapfer im Zaum, die schmierige Sal- baderei findet nicht war in der Stimme, sondern in seiner ganzen Haltung ihren Ausdruck. Wie er aber seine Rolle anpackt, kommt etwas Zwiespältiges zustande. Er gibt dem Missionar die heuchle- rischen Züge einer Tartüff-Figur, die im Stück nicht begründet sftid. Und in der Szene, wo es ihn in Sadys Kammer reiht, verliert er die Gewalt über sich. Da spielt er auf große Wirkung und es wird bloßes Theater und zwar schlechtes Theater. Ernst Dcgner.
Die„Auslönderel der Berti m-r Schausptelbühneu". Der Verband deutscher Bühnenschriftsteller und Bühnen- k o m p o n i st e n E. L. protestiert in einem Aufruf gegen die„Ans- länderei der Berliner Schauspielbühnen", die in der laufenden Spiel- zeit einen bisher unerhörten Grad erreicht habe.„Der Verband als Derufsorgamsation der deutschen Bühnenautoren", heißt es darin. „ist weit davon entfernt, die Einbürgerung bedeutender Dichter des Auslandes zu banstanden: er erblickt vielmehr in der Universalität des deutschen Theaters einen Ruhmestitel. Da dieses aber nach seiner Meiming zuvörderst die deutsche drainatische Dichtung zu pflegen und zu fördern hat, wendet er sich um so energischer gegen den wohl- losen Massenimport theatralischer Marktware, die weder an Onalitöt noch an Zugkraft die verdrängte heimische Produktion übertrifft.' Wir vermuten, daß dieser Appell wenig fruchten wird. Die dentschen Theaterdirektoren wählen für ihren Spielplan die Stücke. von denen sie sich im Rahmen ihrer Bühne den größten geschäft- lichen Erfolg versprechen. Andere Rücksichten kommen kaum in Betracht. Daran wird und kann sich nichts ändern, solange die Bühnen fast ausschließlich kapitalistisch« ErwerbsuMernehmungen sind. Der Lehrplan de» Bauhauses. Das von Weimar nach Dessau übergesiedelte und dort neuorganissert« Bauhaus hat jetzt feinen Lchrplan herausgegeben. Die Lehrgebietc zerfallen in Werk- lehre, und zwar Tischlerei, Silber, und Kupferschmiedeorbeit, Wandmalerei, Weberei und Färberei und schließlich Buch, und Kunstdruck mit den ergänzenden Gebieten Material- und Werkzeug- kund« und Grundbegrisse von Buchführung. Preisberechnung und Vertragsabschlüssen, zweitens in Formlehre, die Werkstosj. künde, Naturstudium. Projektions- und Konstruktionslehre. Werk- zeichnen. Modellbau. Entwerfen, Raum- und Farblehre umfaßt. Ueber die Ausgestaltung dieser einzelnen L-hrg-biete sowie über die Aufnahmebedingungen und die Lehrsolge werden sehr ausführliche Mitteilunaen gemacht. Gropins und Moholy-Nagy geben im Ver- lag von Albert Longen in München auch eine Folge von..Bau. Hausbüchern" heraus, in denen Vertreter des internationalen Kunst- leben» künstlerische, wissenschaftliche und technische Fragen mit dem Blick auf die Gesamtheit der Gestaltungsgebiete behandeln. Die Zusammensetzung der Berliner Sludenlenschafl. In den Kreisen, die ihre Söhne auf die Universitäten schicken können, ist in den letzten zehn Jahren eine wesentlich« Umschichtung vorgegangen. Das lehrt die«tatistik, die auf Grund der Angaben der Berliner Universitätsstudierenden jetzt von Ludwig Suphan in den„Berliner Hochschulnachrichten' veröffentlicht wird. Von den 6268 männlichen
und 1043 weiblichen Studierenden rekrutieren sich 1075 aus den Kreisen der höheren Beamten. 1651 Studierende hatten mittlere Beamte zu Vätern. 102 Studierenden wurde von ihren Vätern aus dem Stand« der unteren Beamten das Studium ermöpl cht. Aus den Familien der Angehörigen freier Berus « mit akademischer Bildung entstominen 338 Studierende, die Angehörigen freier Berufe ohne akademische Bildung stellten 138 Studierende. 145 Studierende haben Väter, die Offiziere und höhere Militärbeamte waren oder sind. Von den Gütern der Großlandwirte kamen 82, von denen der Kleinland- mirte 200 Studierende. 1997 Studierend« weist die Statistik aus als Kinder von Handels- und Gewerbetreibenden: darunter 413, deren Bäter Besitzer und Direktoren von Fabriken, Direktoren von Aktien- gesellschasten und G. m. b. H., und 354, deren Väter selbständige Handwerksmeister sind. 232 Studierende suchen ihre akademische Ausbildung als Sprößlinge von Privotangestcllten in leitender Stellung, während 816 Studierende Vätern, die als sonstige PrivatangesteUt« geführt werden, den Hochschulbcsuch verdanken. 60 Saldierende sind Söhne von Arbeitern,(davon 3 Theologen, 9 Juristen, 4 Mediziner und 44 bei der philosophischen Fakultät). Evangelisch sind 4689, katholisch 788. jüdisch 1021. bekenntnisfrei 85. Di« Ueberalterung der Stiidentenschait zeigt sich u. a. in dem Vor- handensein von 1043 preußischen Studenten im 12. dder einem höheren Semester(bei einer Gesamtzahl von 30 001) und 2050 Stu- dierenden, die dos 30. Lebensjahr überschritten hoben. Diese letztercn sind zum Teil die früheren Offiziere oder Bankbeamte, die nicht selten schon ein zweites Mal umsatteln, aber auch die älteren Volk»- und Mittelschullehrer, die ihre Kenntnisse erweitern wollen. Der Abbö weticrlö, dessen Tod wir an anderer Stelle melden. war bei allen ungünstigen Eharakterelgenschasten immerhin ein recht witziger Mensch. Noch vor wenigen Monaten wurde in den Wand»'- aängen der Pariser Kammer, der er nach dem Kriege angehörte. iolgende Anekdote kolportiert: Ein freidenkerischer Abgeordneter fragte ihn, ob er denn wirklich an Paradies und Holle glaube, was er unter Hinweis auf seine Priestereigcnschaft selbstocrständlich bejahte. Aus die weitere Frage, wohin er noch seinem Tode lieber wandern möchte, erwiderte er mit einem seinen Lächeln:.Wissen Sie, Herr Kollege, das ist kein- leichte Frage. Was die Temperatur anbelangt, bin ich unbedingt für das Paradies. Was die Gesellschaft betrifft, würde ich die höll« vorziehen." virektor Carl Bieder, der ssiihere Mitdirektor t-S Theaters dc« V-stenS. ist nach Ichlvereni Leiden verstorben. Zur.m«n,dweih« cmpücbl« da««rl'e!le,b!ll>ung,ii!slitllt sseij,,.;» Gescheiilbüchlein, da« von ilnn In dic'cm Iabie uerrtii«aeocacht varoen i(t und al: gemein Nnertennung ä�unden bat.?a» Büchlein enibält t-Zcdichie. Aussätze. Erzädlungcn»nd guten Bildlchmuck und kostet in Halbieinen xe- bundcn ni». eine Mark. Organssationen erhallen bei Eammelbestellung PreiZermägigung. La» TNarx-venkmal w IN-»k-u. Da« Denkmal, weiche« MoZkau Karl Marx errichten will, bat nun nach längeren Dcbaitcn seinen Platz acsunden ll« wird auf dem S-scrdlow.Pl-tz ausgestellt werden. Ter Schöpfer de« Denkmal« ist der rnssilche Bildbauer Zll-fchin. Auf einem grossen Gran-t- block wird die Gestalt von Zdorl Marx sich erheben. Am Sockel steht eine Gruppe vou Arbeitern. Bauer», Soldaten der Roten Armee ur-d preletorischen Frauen und Mädchen.