Dinge meistern zu müssen. So hat die Konferenz von Locarno , die so informal war, zu einem Erfolge geführt. Sie konnte dazu führen, weil sie in Ihnen, Sir Austen, einen Führer hatte, der durch seinen Taft und durch seine Freundlichkeit, unterstützt von seiner liebenswürdigen Gemahlin, zunächst einmal jenes Band persönlichen Vertrauens um uns wob, das wohl ein Bestandteil dessen ist, was als Geist von Locarno bezeichnet wurde. Aber es war etwas anderes, das wichtiger war, als dieses persönliche Näher tommen; das war der Wille, der in Ihnen und uns lebendig war, dieses Wert zum Abschluß zu bringen. Daher die Freude, die Sie und wir alle empfanden, als wir es in Locarno zur Paraphierung bringen konnten; daher unser aufrichtiger Dank an Sie am heutigen Tage. Lassen Sie mich von diesem Gedanken über Form und Willen auch ausgehen, wenn ich jetzt von dem Wert von Locarno selbst Spreche. Bir alle haben
in unseren Parlamenten Debatten
zu bestehen gehabt über dieses Wert. Man hat es nach allen Rich tungen hin durchleuchtet. Man hat versucht festzustellen, ob irgend melche Widersprüche bestünden in der Anschauung über diese und jene Baragraphen. Tarf ich demgegenüber das eine aussprechen: Ich sehe in Locarno nicht eine juristische Konstruktion politischer Gedanken, sondern ich sehe in dem Wert von Locarno die Basis einer großen Zukunftsentwicklung. Die Staatsmänner und Völker befennen sich darin zu dem Wiffen, dem Menschheitssehnen nach Frieden und Berständigung den Weg zu bereiten. Wäre der Batt nichts als ein Bündel von Paragraphen, so würde er nicht halten. Die Form, die er zu finden fucht für das Zusammenleben der Bölfer, wird nur Wirklichkeit merden fönnen, wenn hinter ihnen der Bille steht, neue Verhältnisse in Europa zu schaffen, ein Wille, von dem auch die Ausführungen getragen waren, die Herr Briand foeben gemacht hat. Ich möchte Ihnen, Herr Briand , aufrichtig danfen für das, was Sie gesprochen haben, über die Notwendigkeit des Zufammenwirtens aller Bölfer und derjenigen besonders, die Joviel in der Vergangenheit gelitten haben. Sie gehen von der Idee aus, daß jeder von uns seinem Vaterlande zuerst angehört, ein guter Franzose, ein guter Engländer, ein guter Deutscher, ein Teil seines Bolles sein soll, jeder aber auch ein Angehöriger Europas , verbunden mit der großen fulturellen Idee, die sich in dem Begriff unferes Erdteils auswirkt. Wir haben ein Recht, von einer europäischen dee zu sprechen; hat doch dieses Europa im Weltkriege die größten Opfer gebracht, steht es doch jetzt vor ber
fahr, durch die Auswirkungen des Weltkrieges die Stellung zu verlieren,
auf die es nach seiner Tradition und Entwidlung Anspruch hat. Was dieser Erdteil im Weltkriege hingegeben hat, wird vielfach nur gemessen an den Verlusten materieller Art, an den Verwüstun gen, die der Krieg im Gefolge hatte.
Wir haben ein Recht, von einer europäischen Idee zu sprechen, hat doch dieses Europa im Weltkrieg die größten Opfer gebracht, steht es doch jetzt vor der Gefahr, durch die Auswirkungen des Weltkrieges die Stellung zu verlieren, auf die es nach seiner Tradition und Entwicklung Anspruch hat. Was dieser Erdteil im eft. friege hingegeben hat, wird vielfach nur an den Verlusten materieller Art und an den Berwüstungen gemeffen, die dem Kriege folgten. Den größten Verlust tragen wir dadurch, daß eine Generation dahingesunken ist, von der wir nicht wiffen, wieviel unent midelte Kräfte und Möglichkeiten, wieviel Geift, Genie, Tat- und Willenstraft in ihr zur Entfaltung gefommen wären, wenn sie ihr Leben hätte ausschöpfen tönnen. Zusammen mit den Erschütterungen des Weltfricges ergibt sich daraus die eine Tatsache, daß
uns eine Schidjalegemeinschaft aneinander tellet. Benn wir untergehen, gehen wir gemeinschaftlich unter; menn mir in die Höhe kommen wollen, fönnen wir es nicht im Kampfe gegen einander, sondern nur im Zusammenwirken miteinander. Deshalb dürfen wir, wenn wir überhaupt an die Zukunft unserer Völker glauben, nicht in 3wist und Feindschaft miteinander leben, sondern müssen uns die Hände reichen zu gemeinschaftlichem Zusammen
mirten.
Nur dann wird es möglich sein, die Grundlage für eine Zukunft zu legen, von der Sie, Herr Briand , in Worten, denen ich mich nur anschließen fann, fagten, daß sie getragen sein soll von dem Wetteifer der fulturellen Entwidlungs möglichkeiten. In diesem Zusammenwirken muß die Basis für die Zukunft gesucht werden.
Für diesen Frieden fritt die große Mehrheit des deutschen Boltes ein.
Gestützt auf diesen Friedenswillen feßten wir unsere Unterschrift unter diesen Vertrag. Er soll eine neue Aera des Zusammenwirkens der Nationen einleiten. Er soll an die sieben Jahre der Nachkriegszeit eine Zeit wirklichen Friedens anschließen, der von dem Willen verantwortungsbewußter Bersönlichkeiten getragen mirb, die den Weg zu dieser Entwicklung wiesen, und der von den Bölkern unterstützt werden soll, die wissen, daß nur auf diese Weise Wohl. fahrt gedeihen kann. Mögen fpätere Geschlechter Grund haben, bankbar des heutigen Tages als eines Anfanges einer neuen Ent widlung zu gebenken!
Der belgische Außenminister, Genosse Vandervelde erklärte, daß in einigen Tagen bie Abrüstungsfommission des Bölferbundes in Genf zusammentreten werde. Er hoffe, daß in Kürze ein Abrüstungsvertrag zu den Sicherheits- und Schiedsver. trägen hinzutrete. Bandervelde schloß mit den Worten:„ Ich vertraue darauf, daß eines Tages
wiffenfchaft und Frieden die Unwiffenheit und den Krieg befiegen
merden".
Der italienische Bertreter
Scialoja
die solche Gelegenheiten geschici zwischen einem allzu feierlichen Pathos und allzu geschäftsmäßiger Erledigung hindurchzusteuern weiß, bewährte sich hier ebenso wie Chamberlains in Locarno erprobte Geschicklichkeit als Borsigender. Es war ihm anzumerken, daß er in seinem Hochgefühl eines frischen Adels und des Abschlusses monatelanger Verhandlungen von dem Bewußtsein durch drungen war, auf dem Höhepunkt einer in der Vergangenheit nicht immer erfolgreichen politischen Karriere zu stehen. Im übrigen war die Szenerie viel weniger prächtig als die Bezeichnung des Raumes im Außenamt als„ Goldener Saal " vermuten lassen möchte. Der Raum hat jene fatale überladene Renaissance des 19. Jahrhunderts, wie sie auch in den Balais der Wilhelmstraße in Berlin zu finden ist. Infolge des Hin und Her der Beamten, die die Verträge herumreichten, was ziemlich eindrudslos verlief, erreichte die Zeremonie erst nach her ihren Höhepunkt. Das war insbesondere Briand zu danken, der in einer für alle Anwesenden unvergeßlichen Rede ein hohes Lied Paneuropas jang.
fenheit des in
Niemand, der Zeuge der Ergriffenheit des in letzter Zeit auffallend start gealterten Briand war, wird den mindesten Zweifel an seiner Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit hegen können. Schräg der deutschen Delegation gegenüber placiert fra er huntfächlich zu Luther und Stresemann hinüber. Auf ihn folgte Stresemann , deffen haftige Sprechweise in unvorteilhaftem Gegensatz zu feiner Rede selbst stand, die ungewöhnlich taftvoll und angemessen war. Sie hat auf die Delegierten der Entente, wie Ihr Korrespondent erfährt. als sie ihnen nach der Zeremonie übersetzt wurde, einen sehr guten Einbrud gemacht. Es wurde allerdings allgemein be dauert, daß die deutschen Delegierten sich der für die Mehrzahl der Anwesenden unverständlichen deutschen Sprache bedienten und sich dadurch selbst um einen Teil ihrer Wirkung gebracht haben, zumal sämtliche übrigen Redner, einschließlich Chamberlains, mit Ausnahme Baldwins, französisch sprachen.
Als erste unterzeichneten Luther und Stresemann ( weil Deutschland Allemagne im Alphabet voran ist. Red.), hierauf Bandervelde, Briand , Baldwin und Chamberlain( mit einer goldenen, ihm in Locarno verehrten Feder), Scialoja, Strzynski und Benesch. Nachdem die Unterzeichnung der verschiedenen Dokumente beendet war, überreichte Chamberlain Reichskanzler Luther die in Locarno entworfene, gewisse Erklärungen bezüglich Art. 16 der Völkerbundsjagung enthaltene Rollettivnote.
Hierauf hielt Briand , hauptsächlich der deutschen Delegation zugewandt, fichtlich bewegt eine längere Rede. Nach ihm ergriff Stresemann das Wort zu einer ebenfalls mit großer Bewegung vorgetragenen Rede, die ebenso wie die Worte Briands tiefen Einbrud auf die Zuhörer machte. Nach dem deutschen Außenminister Sprachen erneut Scialoja, Vandervelde, Benesch und Strzynski. Zum Schluß hielt Premierminister Baldwin eine turze Rede in englischer Sprache, die Lampssh ins Franzöfifche überfekte. Auf Vorschlag Chamberlains wurde aus Anlaß der Unterzeichnung des LocarnoBattes ein Danttelegramm an die Schweiz abgefandt. Hierauf erklärte Chamberlain die Sizung für beendet.
Die Originalurkunde des Vertrages von Locarno oder wie feine offizielle Bezeichnung lautet Bertrag der gegenseitigen Garantien( Treaty of mutual guarantees) wird nach der Unterzeichnung durch König Georg beim Sekretariat des Bölkerbundes niedergelegt werden.
Nach der Feierlichkeit.
London , 1 Dezember.( WTB.) Die Delegierten ber ver. schiebenen Mächte verließen das Foreign Office nach der Unter zeichnung der Verträge gegen 1 Uhr 15 Minuten nachmittags. Bald. min entfernte sich durch einen privaten Ausgang und begab sich, ohne mit der vor dem Foreign Office martenden Menge in Berüh rung zu fommen, in feine Amtswohnung. Als die Bertreter der fremden Mächte das Außenamt verließen, wurden sie von den Neugierigen mit Beifall begrüßt. Als aber die deutschen Dele gierten im offenen Wagen abfuhren, brach die Menge in laute, herzliche 3urufe aus.
Condon, 1. Dezember. ( Eigener Drahtbericht.) Am Dienstag nachmittag gab Außenminister Chamberlain zu Ehren der fremden Delegierten ein Effen, an dem auch Baldwin, Churchill und andere britische Minister teilnahmen. Reben wurden nicht gehalten.
in den späten Nachmittagsstunden im Budingham- Balaft vom Die Unterzeichner des Locarno- Bertrages wurden am Dienstag Sönig empfangen Chamberlain stellte die einzelnen Delegierten
Dor.
Condon. 2. Dezember.( Eigener Drahtbericht.) Am Diens tag abend fand im Foreign Office eine Beratung zwischen Chamberlain, Briand , Luther und Bandervelde statt. Briand stellte fest,
Ein völkischer Seelsorger.
20%
Pastor Münchmeyer und der Kuß des Apostels Paulus . Einer der größten Radauhelden der völlischen Klique auf der Insel Borfum war der Herr Pastor Münchmeyer. Ueber ihn viel Worte zu verlieren, ist nicht notwendig. Immerhin, bei der unverschämten Sege, mit der solche Burschen gegen Anders. dentende aufzutreten pflegen, ist es doch ganz nüglich, zwei Briefe zum Abdruck zu bringen, die das„ Berliner Tageblatt" mitteilt. Sie bedürfen feines Kommentars. Der eine ist der Brief des Herrn Pfarrers an ein Fräulein H., in dem er seine offenbar fehr weitgehenden Berührungen ihr gegenüber ab streitet. Der andere ist ein Auszug aus einem Brief des Fräulein H. an einen Arzt, in dem sie ihre Aussagen über den ehrwürdigen Herrn Pfarrer betätigt.
Pfarrer L. Münchmeŋer.
I.
Bortum, 11. November 1925.
Sehr geehrtes Fräulein H...! Ihren Brief vom 4. November habe ich erhalten... Ihre Darstellung des ganzen Borganges ist mir natürlich, nachdem ich zuvor meine Efilberung gegeben habe, so, mie ich den Vorgang aufgefaßt habe, vorgehalten worden. In einigen Punkten weicht dieselbe von der Ihrigen ja ab...
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Das Zuneigen zu mir zum Schluffe Sie sagen allerdings, es wäre zweimal an dem Abend gewesen, das halte ich für ausgeschlossen und das freundliche Berstehen meinerseits in der Art, wie es geschah, war doch meiner Auffassung nach fein eigentlicher Kuß, in der Weise, wie Liebende sich wohl zu küssen pflegen...
Ich glaube bestimmt, daß der Apostel Paulus, derim Römerbriefe Kap. 16 B. 16 Männer und Frauen aufgezählt, die er grüßen läßt und auffordert: Grüßet euch untereinander mit dem heiligen Auß", das nicht anders würde bezeichnen fönnen, was sich an dem Abend beim Abschied ereignet hat. Daß ich genau feststellen wollte, wo Ihre Operations wunde war, hatte seinen Grund doch allein darin, daß ich als ein der medizinischen Wissenschaft nicht ganz Fernstehender nach Ihren Berichten gern feststellen wollte, woran Dr. H. Sie eigentlich operiert hatte...
Sch wollte mit der genauen Feststellung der Operations stelle feststellen, ob es der Blinddarm, Nerven oder eine Verwachjungsnachoperation der angeblich früheren Blinddarmoperation war, um eventuell dabei mein Material gegen diese Herren zu verdichten, über die mir schon manches in letter Zeit zu Chien gelommen war..
gez. 2. Münchmeyer, Pfarrer. II.
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Fräulein H. an Dr. B. B..., 24. November 1925. Es ist eine Schande, daß M. sich in einer Weise reinzu. waschen versucht, die ihresgleichen sucht. M. hat mich zweimalgetüßt. Daran läßt sich nichts, gar nichts ändernund dafür gibt es auch feine Ausrede. gez. F..... Die richtige Abschrift des Briefauszuges bescheinigt Borkum , den 26 November 1925. ( Stempel)
Der Gemeindevorstand.
In Bertretung: Der erste Beigeordnete Huten. Im Zusammenhang mit diesen beiden Briefen steht ein Offener Brief eines Herrn Dr. Bensch, der in der Borfumer Zeitung und Badezeitung" als Inserat veröffentlicht wird. Dieser Brief hat folgenden Wortlaut:
Offener Brief an Herrn Pf. Münchmeŋer. Nachdem nunmehr durch eidliche Zeugenausfage er. härtet ist, daß Sie eine meiner Patientinnen im Krankenhause nächtlich besucht und gefüßt haben und nachdem Eie felbft vor dem Untersuchungsrichter zugegeben haben, daß Sie gelegentlich dieses Besuches ben Unterleib der jungen Dame abgetaft et haben, um angeblich die vor handene Operationsnarbe zu fühlen, unterstelle ich erneut dem Urteil der Deffentlichkeit, ob Sie noch weiter für bie Tätigteit als Pfarrer und Seelsorger geeignet und würdig sind.
Der Vorwand, daß Sie die Narbe nur betaftet hätten, um Material gegen mich zu sammeln", da Sie mich ber fahrlässigen Tötung für verdächtig hielten!!! ist ebenso gewiffenlos wie unglaubwürdig, zumal Sie mit dieser unsinnigen Behauptung erst jezt und offensichtlich zu Ihrer Entlastung hervorgetreten find.
Sollten Sie trotzdem jezt den Anschein ermeden wollen, daß man Sie mit Ihrer Ausrede ernst nehmen sollte, so erwarte ich von Ihnen, falls es noch nicht geschehen sein sollte, daß Sie un verzüglich gegen mich bei der Staatsanwaltschaft Straf. anzeige erstatten und das öffentlich bekanntgeben. Unterlassen Sie diese Anzeige, fo find Sie ein gemeiner Berleumder. Dr. med. Bensch. ohne Berufung auf den Apostel Baulus( an die Römer Danach dürften die Aften über den Herrn Pfarrer mit oder im 16. Rapitel, 16. Bers) wohl endgültig gefchloffen sein.
Litauische Memeldiktatur.
daß alle Fragen, einschließlich der Räumung der befehlen deutschen Gebiete, in dem Geifte von Locarno gelöst werden würden. Briand drüdte fich in der allgemeinen Entwaffnung zu tragen, der noch einmal wegen der Bildung des neuen nungsfrage optimistisch aus
Die Folgen der Räumung. Entlastung auf dem Wohnungsmarkt.
Köln , 1. Dezember. ( Eigener Drahtbericht.) Die Räumung der erften Zone soll vom 3. Dezember ab wesentlich beschleunigt werden. Die erste Zone, deren Räumung nunmehr mit einfähriger Berspätung durchgeführt wird, zählt rund 2½ Millionen Einwohner auf einem Gebiet von rund 6400 Quadratkilometer. Bon großer Bedeutung für die Einwohner der Städte ist die Entlastung auf dem auf dem Wohnungsmartt. In Köln werben, abgesehen von zahlreichen öffentlichen Gebäuden, nicht weniger als 1400 Wohnungen frei. Am 1. April 1924 wohnten 126 Offiziere mit ihren Familien in Bürgerquartier und 149 Offiziersfamilien in Neubauten. Außer dem waren 502 Unteroffiziere und Mannschaften mit ihren Familien in Privatquartieren, 373 in Neubauten und 185 in Rotwohnungen untergebracht. Daneben hatten 295 Offiziere und 123 Unteroffiziere Bürgerquartier. In Bonn waren 280 Familien und 96 Dffiziere in Bürgerquartieren untergebracht. Aehnlich lagen die Verhältniffe in den übrigen Garnisonstädten der ersten Bone. Abgehört 3war bleibt in Stöln ber Zivilvertreter der RheinlandMit dem 1. Dezember hat das Delegierten fyftem auf tommiffion zur Abwidlung der laufenden Geschäfte noch weiter im Amte, ebenso in Krefeld . Hier handelt es sich jedoch um eine gegen. feitige Vereinbarung. Tatsächlich ist die bisherige 3ivilver. waltung der Besaßung nahezu restlos abgebaut und schon gehen Gerüchte um, daß auch bei der Rheinlandtommiffion felbst ein Wechsel bevorstehe und ihr Chef Tirard seinen Boken ver
fagte, daß es mussolini zu seinem großen Bebauern nicht möglich gewesen sei, die Unterzeichnung dieses großen Friedens merfes mitzumachen.
Benesch und Strzyniti erinnerten an die besonderen In tereffen Zentraleuropas. Ihr Hauptinteresse sei aber gleichfalls der Friede. Sie dankten den Mächten dafür, daß fie das heutige
fommen ermöglicht haben.
Nach der Unterzeichnung ergriff Ministerpräsident Baldwin
das Wort, um auf die Bedeutung des unterschriebenen Dokuments. für den Frieben, den die Welt solange gesucht habe, hinzuweisen. England werde alles tun, um die Welt nicht zu enttäuschen.
laffen wird.
Die Mißzachtung des Volkswillens. Memel , 1. Dezember. ( Eigener Drahtbericht.) Nachdem der Landtag gestern nachmittag fich auf morgen vertagt hatte, um der Bitte des litauischen Gesandten in Berlin , Sidzilaustas, Redh Landesdirektoriums mit der litauischen Regierung in Romno ver hondeln wollte, hat nun der Gouverneur zum neuen Präsidenten des Landesdirektoriums den bisherigen Landesdirektor Juozupaitis ernannt. Dieser gehört der nationalistischen litauischen Minder heit an. Er fandidierte bei der letzten Stadtverordnetenwahl für eine großlitauische Minderheitslifte und zog als deren Bertreter in das Stadtparlament ein. Der Gouverneur, der den Bräsidenten des Landesdirektoriums zu ernennen hat, fonnte sich nicht entschließen, den Willen der Landtagsmehrheit auszuführen; ihren 27 Abgeord neten stehen nur 2 Großlitauer gegenüber. Sie verlangte, daß das bemofratische Brinzip in der Regierungsbildung durchgeführt und ein Landespräsident ernannt wird, ber das Bertrauen der Mehrheit des Memelvoltes genießt. Der Gouverneur hat sich jedod an diesen Grundsatz nicht gefehrt, sondern nur Personen vorge schlagen, die der großlitauischen Minderheit angehören und daher von der Einheitsfront abgelehnt wurden. Schließlich mußte Sidzilauskas aus Berlin fommen, der ebenfalls versuchte, eine Einigung zu er zielen. Nun hat man einen Großlitauer zum Bräsidenten ernannt. Der Landtag wird morgen mittag zu diefer Ernennung Stellung nehmen. Es ist damit zu rechnen, daß dem Bräsidenten ein Mißmeber einen neuen Bräfidenten ernennen muß, oder den Landtag trauensvotum ausgestellt wird und daß der Gouverneur ent auflöst. Ferner werden die Einheitsfrontparteien eine Rom miffion zum Bölferbund nach Genf schiden, um dort fitauische Regierung Brotest einzulegen. Die litauische Regierung gegenüber ber neuen Bergewaltigung der Memelländer durch die hat durch diese Ernennung bewiesen, daß sie das bemokratische Brinzip in der Verwaltung des Memelgebietes nicht anerkennen, fondern die bisherige Diftatur einer fleinen Minderheitsgruppe auf.
rechterhalten mill.
Mandatsniederlegung. Der Amts- und Gemeindevorsteher von Riettendorf bei Breslau , Growig, Landtagsabgeordneter und Mit glied des Kreistages, hat, wie WEB. meldet, feine Ehrenamter und alle feine Mandate niedergelegt. Als Grund hierfür ist der Um stand anzusehen, daß gegen Gromig ein Verfahren wegen Ber Aradh im Unterhaus. Der Abg. Adam( Arbp.) wurde auf Anführung einer minderjährigen schwebt. Als Landtagsabgeordneter hätte er nicht zur Verantwortung gezogen werben können, ba er als folcher das Recht der Immunität genießt. Da Srowig aber das Berfahren wünscht, um seine Person von den ihm gemachten Bor mürfen reinigen zu fönnen, ist die Niederlegung der Mandate erfolgt. Srowig, der der SPD. angehört, bestreitet jede Schuld.
Der Vorgang der Unterzeichnung. Condon, 1. Dezember. ( Eigener Drahtbericht.) Die Unterzeichnungszeremonie gestaltete sich, soweit sie nicht durch das Auftrag Churchills mit 200 gegen 91 Stimmen aus geiloffen, meil er sich weigerte, feinen Sig wieder einzunehmen, als er vom flammen und Abblenden der für die Kino- Operateure aufgestellten stellvertretenden Sprecher dazu aufgefordert wurde. Die Aus Scheinwerfer und das Schwirren ber Rino- Apparate gestört fchließung Adams erstreckt sich auf den Rest der Session, wurde, außerordentlich würdig. Die alte englische Tradition, wenn die Regierung die Ausschließung nicht früher aufhebt.