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Reichstagund Fürstenaufwertung

Die Gesetzentwürfe dem Rechtsausschuß überwiesen.

Bor Eintritt in die Tagesordnung der Donnerstag- Sigung des Reichstags gibt Abg. Dr. Wirth( b. L. Fraftion) eine Er. flärung ab, in der es u. a. heißt:

Nach der Ermordung des Außenministers Rathenau   habe ich auf die in Deutschland   bis zur Siedehige gesteigerte Mord hege hingewiesen. Dr. Wirth verliest die Stelle aus dem Steno gramm der betreffenden Reichstagssigung, in der u. a sagt, daß eine Mordheße unser Baterland bedrohe. Ich gab, so fährt Dr. Wirth fart, dann Beispiele der von uns allen beklagten Mordheße in Deutschland  . Ich habe die Mordhehe abgelehnt, habe dann von der Demokratie gesprochen und gesagt: Darüber ist kein Zweifel: Der Feind steht rechts.( Unruhe und Zurufe rechts.) hatte ich Anlaß, damals von einer Mordheße zu sprechen? Ich lege nachher auf den Tisch des Hauses das Juniheft 1922 der Konservativen Monatsschrift mit dem Motto: Mit Gott für König und Bater. land. Darin finde ich einen Artikel des Königlich Preußischen Majors Henning: Das wahre Gesicht des Rapollo- Bertrages."

Dr. Wirth verliest den Artikel, in dem es u. a. heißt:

Der deutsche Jude hilft dem russischen Juden zur Erreichung des gemeinschaftlichen Zieles..... Raum hat der internatio nale Jude Rathenau   die deutsche Ehre in feinen Fingern, so ist davon nicht mehr die Rede.( Buruf b. d. Böl fischen: Sehr richtig! Pfuirufe links). Die deutsche Ehre ist feine Schacherware für internationale Judenhände."( Sehr richtig rechts.)

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Und weiter heißt es dann: Die deutsche Ehre wird gefühnt werden. Sie aber, Herr Rathenau, und Ihre Hinterleute werden von deutschen   Männern zur Rechenschaft gezogen werden."( Abg. Henning( völf.): Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie das verlesen haben.)

Heute fest fich die gesamte Rechte für den deutsch  - ruffischen Handelsvertrag ein. Das ist die beste Sühne für Rathenau  und sein unschuldig pergossenes Blut.( Beifall links.) Es folgt die Fortseßung der ersten Beratung der Anträge

über die

ntiffe.

Auseinandersehung mit den früheren Fürstenhäusern. Hampe( Wirtsch. Bgg.) behauptet, daß auch demokratische Richter an den für die ehemaligen Fürsten   so günstigen Urteilen mitgewirft hätten. Seine Fraktion schließe sich der Meinung des Zentrums an, wonach die Regelung dieser Frage im Geiste des Rechtes erfolgen Abg. Kahl( D. Vp.): Wenn man nach den vorliegenden Anträgen verfahren wollte, so würde man das tun, was die Juristen als rechts­widrige Besigentziehung, das heißt also Diebstahl, bezeichnen. Die Gegenüberstellung des Abg. Scheidemann, der Not des Boltes auf Der einen Seite und der fürstlichen Ansprüche auf der anderen Seite, müsse den Eindrud erweden, als ob die Fürsten   an der Not des Boltes schuld selen. Das sel aber nicht der Fall. Bei einem Bolts­entscheid würden zwar viele der Schädigung der Fürsten   zustimmen, aber viele würden sich daran erinnern, wo as bie Fürsten   seit sechs Jahrhunderten für das beutsche Bolt ge leiftet bätten.( Seiterfeit links.) Nach den Ausführungen des Abg. Scheidemann sollen die deutschen Fürsten   noch dank bar dafür sein, daß fie nach der Revolution Joan ständig be handelt worden seien.( Stürmisches fehr richtig links.) Es feien ihnen doch aber erst Abmachungen aufgezwungen worden, später habe man ihnen die Abfindungssumme in wertlofem, Gelde ausgezahlt. Man tönne es also verstehen, wenn die Fürsten jeht Aufwertungen verlangen. Der Ausschuß werde nicht umhin können, auch die Gegen­

feite zu hören.

259. Dr. Pfleger( Bayer, Bo) betont, es fel außer Frage, dab Me Annahme des demokratischen Entwurfs eine schwer miegende Berfassungsänderung bedeuten würde. Die Bayerische Volkspartei   werde unter teinen Umständen eine Regelung mitmachen, bei der der ordentliche Rechtsweg ausgeschloffen wird. Abg. Schröder- Mecklenburg( volk.): Die Haltung der Sozial­demokraten ist nur bestimmt von ihrem Haß gegen die Hohenzollern  . Die Hohenzollern   haben aber mehr foziales Berstände nis gezeigt als die ganze Sozialdemokratie. Abg. Dr. Bredt( Wirtsch. Bag.) betont, es drehe sich der Ber. gleich in Preußen rein um das Hausvermögen. Der Prozeß sei vom Staat angestrengt worden, und der Prozeß sei verloren worden. Es handelt sich bei dieser Frage darum, ob wir den Boden der bürgerlichen Rechtsordnung beschreiten wollen oder nicht.( Beifall bei der Wirtschaftspartei.) Abg. Brodauf( Dem.) hält die Ansprüche der Fürsten für be. frembend in einer Zeit, in der Hunderttausende von Staats. bürgern entfchädigungslos enteignet worden sind. Die Aussprache hat ergeben, daß die Mehrheit des Hauses bereit ist, auf der Grundlage unseres Entwurfs nach einer Lösung zu suchen. Tatsächlich fommt dabei also nicht das Zivilrecht, sondern das öffentliche Recht in Frage. Bismard hat nach 1866 ausdrück­lich betont, daß der Staat auch über privatrechtliche Ansprüche hin weggehen muß, wenn das öffentliche Interesse es erheischt. Dem Abg. Kahl erwidere ich: summum jus, summa injuria, das formale Recht, auf die Spike getrieben, wird zum allergrößten Un­recht an unserem verarmten deutschen Bolt, dem allein wir mit unferem Antrag helfen wollen.( Beifall b. d. Demotraten.)

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Hierauf werden die Gesetzentwürfe der Demokraten und der Rommunisten dem Rechtsausschuß überwiesen.

Es folgt die dritte Beratung des Haushalts des Reichs tags. Dazu liegt ein Antrag der Sozialdemokraten, des Zentrums, der Bolkspartei und der Demokraten vor, zum Grunderwerb für einen Erweiterungsbau des Reichstags 1 420 000 m. zu bewilligen. Nach furzer Aussprache wird der Antrag angenommen.

Der Haushalt des Reichstags wird im übrigen unverändert be­willigt. In der dann folgenden dritten Beratung des

Haushalts des Reichsminifteriums für Ernährung und Landwirtschaft begründet Abg. Thomsen( Dnat.) eine Interpellation, in der die Regierung gefragt wird, was sie zu tun gedentt, um die augen­blidliche ungeheure Kreditnot in der Landwirtschaft rasch und wir jam zu beheben, insbesondere die Umwandlung der Bechfelverbind. erträglichen Binsfähen lichkeiten in langfristige Realkredite zu

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schleunigft durchzuführen. Die Interpellanten fordern weiter eine Herabminderung der öffentlichen Berwaltungskosten und einen Aus gleich des mikverhältnisses zwischen den Breifen für landwirtschaft liche Erzeugnisse und für landwirtschaftliche Betriebsmittel. Bemerkenswert war das Eingeständnis des Redners, daß die Breissenkungsaktion der Regierung, an der doch die Deutschnatio nalen so hervorragend beteiligt waren, fo gut wie gar feinen Er. folg gehabt habe. Eine verantwortliche Regierung müsse jetzt alles tun, um eine Ratastrophe der Landwirtschaft zu verhindern.

Abg. Hörnle( Komm.) begründet einige fommunistische Ent schließungen.

Die weitere Aussprache wird um 6% Uhr auf Mittwoch, ben 9. Dezember, nachmittags 2 Uhr, verlagt.

Kleine Etats im Landtag. Bertagung des Landtags bis zum 9. Dezember.

Der Landtag fegte gestern nach der Erklärung des Innen­ministers Severing die Besprechung über den Haushalt der allgemeinen Finanzverwaltung fort. Der Abg. Stolt ( Stomm.) benutzte wie gewöhnlich die Gelegenheit zu einer Agi­tationsrede gegen die Sozialdemokraten. Finanzminister Dr. Höpter- Aschoff erffärt, daß das Staats­ministerium es mit Rücksicht auf die allgemeinen Verhältnisse nicht habe verantworten können, über den allgemeinen Anteil der Länder hinaus noch weitere Borzugsaktien der Reichsbahn zu erwerben.

Briands Heimkehr und Sieg.

Knappe Kammermehrheit für Loucheurs Finanzprogramm.

Raum war Briand   aus London   zurückgekehrt, da er zitierte damit vielleicht unbewußt ein berühmtes Wort des wartete ihn im französchen Barlament eine schwere Beenglischen Staatsmannes Gladstone in einer ähnlichen la ftungsprobe. Er mußte zunächst die Programm. Situation: Für mich sind es noch immer fünf erflärung feines neuen Rabinetts vortragen, die furz Stimmen zuviel!". Mit diesem Appell schlug er eine Bresche gehalten war und das Schwergewicht naturgemäß auf die in die Reihen seiner Gegner und die Gesamtvorlage wurde Sanierungspläne des neuen Finanzministers mit 257 gegen 221 Stimmen angenommen, also Loucheur legte. So geſtaltete sich die eigentliche Pro- immerhin mit 36 Stimmen Mehrheit. Die Linke brachte ihm grammdebatte fast ausschließlich zu einer Finanzdebatte, die am Schluß eine ungeheure Ovation dar, zu der, ent­mit der Verabschiedung der Loucheurschen Vorlagen verbunden gegen aller Tradition, auch der Präsident Herriot   das wurde. So entstand eine Dauerligung von einer Aus- Signal gab. dehnung, wie sie wohl fein Parlament Europas   in den letzten Jahren erlebt hat. bauerte die Gigung den ganzen Abend, die ganze Nacht und Um Mittwochnachmittag eingeleitet, den ganzen Donnerstagvormittag, also etwa zwanzig Stunden. In dieser Zeit fanden wiederholte Ab­ftimmungen von größter Tragweite statt, bei denen Briand   immer wieder die Vertrauensfrage stellen mußte.

Bei den Abstimmungen, die im Laufe der Nacht stattfanden, war die Regierung infofern nicht in Gefahr, als entweder die Rechte sich bei Borstößen der Sozialisten der Stimme ent­hielt oder die Sozialisten Borstöße der Rechten nicht unter ftükte. Kritisch wurde die Sache iedoch im Laufe des Bor­mittags, als die sozialistische Fraktion auf Grund eines mit fnopper Mehrheit gefaßten Beschlusses gegen die entscheidende Stelle des Loucheurschen Entwurfs stimmte. Es handelte sich um die Ermächtigung an die Bank von Frant reich, fofort 6 Milliarden Bapierfrant neu reich, sofort 6 Milliarden Papierfrant neu zu drucken, die erst im Laufe der Zeit durch neue Steuern bzw. Steuerzuschläge gedeckt werden sollen.

in einer Front mit der Opposition der Rechten gegen die Re Von dem Augenblic an, wo auch die Sozialisten gierung vorgingen, schien deren Schicksal besiegelt. Benig ftens theoretisch. Denn ohne die Sozialisten zählt die Linke mur etwa 220 Abgeordnete, während die Opposition der Rechten sich um 100 Stimmen, auf etwa 330 vermehrt. Und doch hat das neue Kabinett diese gefährliche Probe be­standen, allerdings zunächst nur mit fechs Stim men Mehrheit. Die Ermächtigung zur Inflation wurde mit 245 gegen 239 erteilt.( Eine erste Bählung hatte fogar men Mehrheit. Die Ermächtigung zur Inflation wurde irrtümlich eine Mehrheit gegen die Regierung ergeben.) Dieses Resultat ist mir möglich geworden badurch, daß sich etwa 60 Abgeordnete her Stimme enthielten, hauptsächlich Ab­geordnete der Mitte, die fich sonst zum Nationalen Blod rechnen, und etwa fünfzig Sozialisten, also rund die Hälfte der sozialistischen   Kammerfrattion die die Verantwortung für den Sturz Briands in dieser Gituation nicht übernehmen wollten.

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Vor allem verdankt Briand   feinen Sieg der Politik von Locarno  . Kein anderer Ministerpräsident hätte es ver­mocht, eine solche Maßnahme gegen die vereinigte Opposition der Rechten und der Sozialisten durchzusehen und die dafür nötigen Stimmenthaltungen aus beiden Teilen der Opposition zu bewirken, als der Mann, deffen Prestige durch die Ber­handlungen von Locarno   und durch die Unterzeichnungs­fonferenz von London   so ungeheuer gestiegen ist. Briand   soll nach übereinstimmenden Berichten aus Paris   einen der größten Tage feines an parlamentarischen Kämpfen und Siegen so reichen Lebens gehabt haben. Er ergriff im Laufe der Debatte wiederholt das Wort, vor allem am Vormittag, um die Kammer zu beschwören, den Mut zu einer unpopulären Maß­Kammer zu beschwören, den Mut zu einer unpopulären Maß nahme aufzubringen. Großen Eindrud machte seine Erklä nahme aufzubringen. Großen Eindrud machte feine Ertlä rung, daß er sich 3 um ersten Male in feinem Leben an die Macht flammere und zwar im Interesse des Landes". Wer die geradezu sprichwörtliche Wurst i g- teit tennt, mit der gerade Briand in den letzten zwanzig teit tennt, mit der gerade Briand in den letzten zwanzig Jahren das Ruder ergriff und wieder verließ, Jahren das Ruder ergriff und wieder verließ, das letztere meist ohne dazu formell, verpflichtet zu fein, sondern nur weil ihm seine Mehrheit nicht genügte oder weil ihm ihre Zu­fammenlegung nicht behagte der wird es begreifen, daß diese Erklärung geradezu fenfationell wirkte.

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Als er nun mit sechs Stimmen die schwerste Klippe über­wunden hatte, ergriff er nochmals das Wort vor der Ab ſtimmung über die Gesamtvorlage um zu erflären, daß er es im Allgemeininteresse lebhaft bedauern müsse, nicht eine im Allgemeininteresse lebhaft bedauern müsse, nicht eine größere Mehrheit erzielt zu haben. Aber, fügte er binzu und

In der Einzelberatung wird beim Kapitel auszin's Steuer eine Position von 2 millionen Marf eingefügt, die den Gemeinden als Beihilfe für die aus öffentlichen Mitteln aufgeführten Raubauten bewilligt wird.

Beim Kapitel 3uschuß für Walbed" meift der Abg. Barteld Hannover( Dem.) auf die Waldeckschen Berfassungs­verhältnisse hin. Der Etat der Finanzverwaltung ist damit in zweiter Lesung erledigt.

Das Haus erledigt eine Reihe fleinerer Borlagen, mie u. a. Aenderng der Amtsgerichtsbezirte Dorum und Wesermünde Lehe und Erweiterung des Stabtfreifes Raffel, benen in erster und zweiter Lesung zugestimmt wird. Der Gefeßentwurf über die Abänderung des Grund Dermögenssteuergefeges wird dem Hauptausschuß, der über die meitere Gültigkeit des Schugpolizeibeamtengefeges bem Beamtendusschuß überwiesen.

Es folgt die zweite Beratung des Gefeßentwurfs zur Aenderung des Feld und Forstpolizeigefetes, in welchem ein in welchem ein wirksamer Schuh gegen Entwendung von Felderzeugnissen aus. mirtfamer Schutz gegen Eniwendung von Felderzeugnissen aus. gesprochen wird, während er bisher bestehende Härten gegenüber bem fanstigen Strafrecht fallen läßt.

ledigt. Die Abstimmungen werden vertagt. Ohne Debatte, wirb anschließend auch die britte Beratung er Es folgt die Besprechung der sozialbemokratischen Großen Anfrage über die bei den

Knappschaftsinvaliden im Ruhrrevier vorgenommenen Lohnfürzungen.

Abg. Offer-   Bochum( Soz.) begründet ble Anfrage, die u. a. zum Ausdrud bringt, daß in letzter Beit die Zechenbesiker im Ruhr revier und auf den anderen Bergrevieren gegen die Knappschafts­invaliden brutal vorgehen. Die Maßnahmen der Bechen­verwaltung widersprächen dem vereinbarten Tarifvertrag. Die Spruchpraris der zuständigen Gerichte bestreite den Invaliden ihr Recht.

In der Beantwortung erflärt ein Regierungsvertreter, es fel zutreffend, daß ber Lohn der Invaliden teilweise gefürst worden fet, aber nicht in der in der Interpellation behaupteten Höhe. Auf einer großen Zahl von Zechen sei ein Einvernehmen mit den Arbeitern über die Kürzungen zustande retominen. Es liege auch fein Grund vor, die Unparteilichkeit der Richter in Frage zu ftellen. Zu besonderen Maßnahmen fehe die Staatsregierung gleichfalls feinen Anlaß.( Lebhaftes Hört, hört! bei den Sozialdemo gleichfalls feinen Anlaß.( Lebhaftes hört, hört! bei den Sozialdemo. fraten und Kommunisten.)

Ein Kampf auf Tod und Leben.  

Paris, 3. Dezember  .( Eigener Drahtbericht.) Die Kammer hat heute nach einer Sigung, die ohne Unterbrechung von gestern abend 10 Uhr bis heute mittag 12 Uhr gedauert hat, den gestern ein­gebrachten Gesetzentwurf, der einen neuen Kredit von 6 Milliarden mit 257 gegen 221 Stimmen angenommen. Die nächtliche Debatte und eine Erhöhung des Notenumlaufs um 7,5 milliarden vorsieht, Wiederholt hing war ungewöhnlich bewegt und reich an zwischenfällen.

das Schicksal des Kabinetts nur an einem Faden,

und in der Abstimmung über den Artikel 4, der den tragenden Pfeiler der Gesetzesvorlage bildet, hat die Regierung nur eine Mehrheit von 6 Stimmen erhalten. Allerdings hatte   Briand schon vorher erklärt, daß die Regierung angesichts des ungewöhnlichen Ernstes der Situation es für ihre Pflicht halte, auf ihrem Posten zu bleiben, felbft, wenn sie nur eine Majorität von, e iner einzigen Stimme erhalten würde. In ungewöhnlicher Gr regung erflärte Briand, daß wohl noch niemals zuvor eine Regierung bereits in ihren ersten Anfängen sich einer so triti. fchen Situation gegenüber befunden habe wie heute und daß er im vollen Bewußtsein der übernommenen Verantwortung fich nur dem Gebot eiserner Pflichterfüllung beuge, wenn er sich zum ersten Male in feinem Leben mit beiden Händen an die Regierung flammere.

Er tönne nur dem Wunsche Ausdruck geben, daß sich die Kammer, parteipolitischen Gesichtspunkte erhebe und sich der ganzen Größe auf der heute das Schicksal   Frankreichs laste, sich über die engen übernehme. der Berantwortung bewußte werde, die sie mit ihrer Abstimmung

Den am Abend son ben Sozialisten in ihrer Fraktions figung gefaßten Beschluß, gegen die Vorlage zu stimmen, begründete Céon Blum damit, daß die Partei in der

Jnflation ble Quelle allen Uebels.

fehe und sich nach reiflicher Gewissenserforschung Sie habe sich dabei in vollem Umfange davon Rechenschaft gegeben, nicht dafür entscheiden tönne, der Regierung ihre Stimme zu geben. Krisen heraufzubeschwören drohe und daß, wenn die daß sie mit dieser Haltung eine der schwierigsten politischen weisungen abgelehnt habe, nunmehr auf die Inflation zurückgreife, Kammer, nachdem sie die Konsolidierung der furzfristigen Schaban­das parlamentarische Regime mit dem verbängnisvollen Vorwurf der politischen Ohnmacht und Unfähigkeit beschuldigt werden fönne Trogdem fei die Fraktion getreu der bisher von ihr einge Umständen für die Inflation stimmen fönne. nommenen Haltung zu der Entscheidung gelangt, daß sie unter feinen

Bei der Abstimmung tam es zu einer Spaltung der   sozialistischen Fratilon.

Etwa 50 Abgeordnete haben sich in Widerspruch mit dem Frattionsbeschluß der Stimme enthalten, ber Reft zusammen mit der Rechten und den Kommunisten stimmte gegen die Regierung.

Die Borlage ist heute nachmittag im Senat eingebracht und von diesem der Finanzkommission überwiesen worden, nachdem die Regierung die Erklärung abgegeben hatte, daß fie unter allen Um ständen darauf bestehen müsse, daß die Vorlage noch heute de finitio verabschiedet werde. Das Blemim des Senats, das ursprünglich eine neue Sigung für 6 Uhr abends anberant hatte, mußte diefe auf 9 Uhr verschieben, da die Kommission zur Stunde mit der Diskussion der Vorlage noch nicht zu Ende gekommen ist. Die Kammer ift zur, definitiven Verabschiedung heute um 12 Uhr zusam menberufen. Obwohl angesichts der ernst en Gegnerschaft eines großen Teiles der Linken die Sitution für die Regierung im Senat nicht minder heitel ist als in der Kammer, rechnet man damit, daß die Vorlage auch hier, wenn auch nur eine geringe mehr. heit finden werde.

Das Haus vertagt sich darauf auf den 9. Dezember. Es erfolgt dann die Besprechung der Interpellation; außerdem steht die britte Beratung des Gesamthaushalts auf der Tages­ordnung. Schluß 4 Uhr.

Ke'n wirklicher Umschwung in   Spanien.

Nur ein erster Abban der Militärdiktatur.  Madrid, 3. Dezember  .( Eigener Drahtbericht.) Die neue spa­nische Regierung des Generals Primo de Rivera murde am Don. nerstag, vormittags 11 Uhr, vereidigt. In dem Kabinett befinden fonen find. Aber bas tann nicht darüber hinwegtäuschen, daß fich drei Generäle, während die übrigen Minister 3ivilper. auch die jetzige Regierung einer Diftatur gleichkommt, und zwar einer militäbittatur in 3ivit Borläufig denkt der spa­nische Ministerpräsident z. B. nicht daran, wenigstens einen fleinen Anfang mit der Rückkehr zu den konstitutionellen Verhältnissen, insbesondere die Wiederherstellung der Verfassung und des Parla­ments, zu machen. Auch die Breffe und Telegramm den für wirh weiter aufrechterhalten. Bemerkenswert ist ferner, daß gerade die wichtigsten Aemter von Generälen befeßt find. Jeden. falls ist das verfündete Ende der   spanischen Militärdiktatur" mit größtem Steptizismus zu betrachten. Borläufig kann in der Umbildung der   spanischen Regierung nur ein Versuch gesehen werden, die immer stärker werdende Opposition gegen das Militär. regiment zu entfräften. Aber es ist mehr als zweifelhaft, ob das auf die Dauer gelingen wird. fühlen sich in   Spanien heute schon wieder lo start, daß die Militär. Die oppositionellen Kräfte dittatur in Sivil in absehbarer Zeit gezwungen werden dürfte, bie vor zwei Jahren auf dem Wege der Gewalt aufgehobenen ver faffungsmäßigen Zustände nach und nach wiederherzustellen.

Ueberfritt zweier ehemaliger Generale zur Jozialdemokratischen tätten die Generale Ujfaluiio und Till öffentlich ihren Gir Varlei Ungarns. Bei einer Staatspensioniitenverfammlung er tritt in die fozialdemokratische Partei. Regierung, Erwachende" und die sonstige Reaktion ist perpleg

Das   britische Unterhaus hat auf Antrag des Premierministers Baldwin die( von   Churchill beantragte) Ausschließung des Arbeiterabgeordneten Adam aufgehoben.